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Telekom-Rating: Das sind die besten Anbieter für Privat- und Geschäftskunden

Fixnetz, Internet, TV, Mobilfunk, Cloud: Das sind die besten Anbieter für Privat- und Geschäftskunden.

Marc Kowalsky

CARDIFF, UNITED KINGDOM - MAY 02: Spectators hold up mobile phones at an event on May 2, 2018 in Cardiff, United Kingdom. (Photo by Matthew Horwood/Getty Images)

KLEIN, ABER FEIN: Die Mobilfunkanbieter ohne eigenes Netz machen Privatkundinnen und -kunden viel glücklicher als die grossen Telekom-Firmen, die über eine eigene Infrastruktur verfügen.

Getty Images

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Es war ein beispielloser Shitstorm, dem sich die Swisscom im Juli ausgesetzt sah: Erst waren die Notrufnummern während Stunden nicht erreichbar – ausgerechnet zur Hochwasserzeit und schon zum dritten Mal innerhalb von 18 Monaten.

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Wenig später legte eine neue grossflächige Störung die Internetdienste des grössten Schweizer Telekom-Anbieters lahm. Das brachte das Fass zum Überlaufen: Auf den sozialen Medien wurde über die «Pannenfirma par excellence» geschimpft, in Leserbriefen über den «ineffizienten und korrupten Sauladen», das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bezeichnete die Ausfälle als «nicht akzeptabel», Politiker forderten gar den Rücktritt von Konzernchef Urs Schaeppi. «Dass die Swisscom so viele Ausfälle hat, hat man sich vor drei bis vier Jahren noch gar nicht vorstellen können», sagt Jörg Halter von der Telekom-Beratung Ocha.

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Für Pannen gibt es nie einen guten Zeitpunkt. «Aber diese kamen im dümmsten Augenblick», sagt Halter. Nämlich just als die Befragung lief für das grösste Schweizer Telekom-Rating, das Ocha auch heuer exklusiv für BILANZ durchgeführt hat.

8667 Privat- und 978 Geschäftskunden gaben ihrer Zufriedenheit mit ihren Telekom-Anbietern Ausdruck, wie immer aufgeschlüsselt nach den Kategorien Qualität, Innovation, Preis, Flexibilität und Support. Und die Swisscom, die es auch schon in normalen Jahren nicht leicht hat, landete prompt in allen Kategorien auf einem der hintersten Plätze. Auch weil das BILANZ-Telekom-Rating keine Messstudie ist, sondern eine Wahrnehmungsstudie: «Veränderungen wie Pannen, Merger oder Umstrukturierungen werden daher deutlich stärker empfunden, als ihre Auswirkungen eigentlich sind», sagt Studienautor Halter.

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Darunter leiden auch UPC und Sunrise, die gerade fusionieren: Die Verunsicherung über das zukünftige Angebot führt zu einem schlechten Abschneiden, gerade bei Geschäftskunden.

Die Swisscom-Pannen mögen politische oder personelle Konsequenzen haben – auf Kundenseite werden sie dennoch wenig bewegen. Zumindest bei den Privatkunden: «Die Leute rufen zwar aus, aber sie handeln dann nur selten», sagt Halter: «Den Anbieter wechseln sie in der Regel nur, wenn sie mehr Bandbreite oder ein neues Gerät brauchen.»

Und das passiert nur alle paar Jahre. Geschäftskunden hingegen reagieren deutlich sensibler. Wenn Marktführer Swisscom durch die Panne ein paar tausend Kunden verliert, tut ihr das also nicht sonderlich weh. Doch für kleinere, regionale Player wie GGA Maur (Zürcher Goldküste), Citycable (Lausanne) oder Breitband (Basel) sind diese Kundengewinne wichtig. So schaffen sie es erstmals in die Auswertung.

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Das sind die besten Telekom-Anbieter für Privatkunden und Geschäftskunden 2021

Zufriedene Cloud-Kunden

Eine weitere Erkenntnis des 22.  BILANZ-Telekom-Ratings: Die Anbieter sind sehr nahe aneinandergerückt. «Die Märkte haben sich stabilisiert, das ist gut für die Anwender», sagt Martin Steinmann, Co-Autor der Studie. Das merke man besonders in noch jungen Bereichen wie Cloud Computing, die sich nun grossflächig bei den Anwendern etablieren. Auch dank der Pandemie, in der Remote Work und Videoconferencing auch für den Privatkunden zum Alltag geworden sind. Cloud-Anbieter werden dieses Jahr auffallend positiv bewertet. Das liegt nicht nur an ihren guten Leistungen: «Viele Kunden sind stolz auf sich selber, dass sie den Schritt in die Cloud gewagt haben, und geben deshalb gute Noten ab», sagt Steinmann.Im Mobilfunkmarkt werden gleich die ersten sieben Ränge von Mobile Virtual Network Operators (MVNOs) belegt, also Anbietern, die kein eigenes Netz haben, sondern ihre Dienste auf der Infrastruktur von Swisscom, Sunrise oder Salt anbieten. Diese MVNOs machen inzwischen die Mehrheit des Marktes aus, wie dies in Deutschland und Österreich bereits seit Jahren der Fall ist. Einen grossen Sprung nach vorn macht dabei Aldi, die auf dem Sunrise-Netz basiert: Der Discounter betreibt sein Mobilfunkangebot aus Deutschland heraus und profiliert sich nicht nur als Billiganbieter, sondern auch mit vielen Nebendienstleistungen. «Wenn sich Aldi noch bei der Flexibilität verbessert, könnte das hierzulande eine ernst zu nehmende Spitzenkraft werden», sagt Steinmann.

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Doch auch traditionelle Dienste wie die Fixnetztelefonie spielen weiterhin eine wichtige Rolle: «Es gibt immer noch neue Anbieter, die in diesen Markt kommen», sagt Halter. «Totgesagte leben länger.» An Bedeutung verloren hat hingegen das TV-Angebot: Der Privatkunde wählt heute zuerst den Breitbandanbieter, Fernsehen läuft dann quasi nebenher darüber. Der Absturz von Init7 von Platz 1 auf Rang 6 erklärt sich durch eine Philosophieänderung: Hatte der Winterthurer Anbieter früher auf Apple TV und andere Settop-Boxen gesetzt, so pusht er jetzt sein eigenes Produkt – was bei den Kunden offensichtlich weniger gut ankommt.

 

Dafür kann Init7 seine Spitzenposition als Internetanbieter verteidigen. Hier ist Green der grosse Verlierer und fällt von Platz 3 auf Rang 10. Die Firma hat sich umpositioniert und die Bereiche Internet und Datacenter letztes Jahr integriert. «Das hat bei den Kunden zu Verunsicherung geführt, Stichwort Wahrnehmungsstudie», sagt Halter.

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Auch im Geschäftskundenmarkt gibt es einiges an Bewegung. Am deutlichsten zeigt sich das in der Mobiltelefonie: Mit den Westschweizer Playern VTX und Net+ setzen sich auch hier zwei MVNOs an die Spitze, die man – ebenso wie die Swisscom-Tochter Wingo – schon aus dem Privatkundenmarkt kennt. «Früher begannen die Anbieter im Geschäftskundenbereich und gingen von dort aus in den Privatkundenmarkt, heute ist es andersherum», hat Steinmann festgestellt. Wobei es in allen Kategorien immer wieder vorkommt, dass reine Privatkundenanbieter auch geschäftlich genutzt werden und umgekehrt –schuld ist die unpräzise Kundenansprache.

««Die Netzabdeckung ist nicht mehr zentral, sondern die Serviceleistungen drum herum.»»

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Die beiden Grossanbieter Swisscom und UPC (die ebenfalls das Swisscom-Netz nutzt) sind im Mobilfunk auf die letzten beiden Plätze abgestürzt – auch weil die Kunden inzwischen ihre Prioritäten neu setzen: «Die Netzabdeckung ist nicht mehr das zentrale Kriterium, sondern die Serviceleistungen drum herum», sagt Halter. Und da sind die kleinen Player offensichtlich innovativer.
 

US-Tech-Konzerne unbeliebt

Auffallend ist die Rückkehr von iWay auf das Podest sowohl in den Bereichen Datacenter wie auch Cloud Services. Der neue Besitzer, die St. Gallisch-Appenzellischen Kraftwerke (SAK), hat viel Geld in ein neues Rechenzentrum investiert. Wegen der Umstellungen und der damit verbundenen Probleme stürzte iWay letztes Jahr im Rating ab, jetzt aber zahlen sich die Investitionen aus. Auch als Internetanbieter sowie im Privatkundenmarkt in gleich mehreren Disziplinen belegt iWay Spitzenplätze.

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Aus dem Rating verschwunden ist hingegen Nexellent, letztes Jahr Spitzenreiter bei den Cloud-Diensten und auf Platz 2 bei den Datacentern: Die Firma wurde aufgekauft und mit zwei kleineren Anbietern fusioniert, jetzt firmiert sie unter dem Namen Netrics. Momentan ist sie mit sich selbst beschäftigt. «Ich gehe aber davon aus, dass sie nächstes Jahr wieder im Ranking auftaucht», sagt Halter. Auffallend: Die grossen internationalen Player im Bereich Datacenter wie InterXion, e-Shelter oder Equinix sprechen zwar die wenigen Schweizer Multinationals an. Bei den lokalen Schweizer Kunden können sie aber nur selten landen. Auch die Cloud-Dienste der grossen US-Tech-Konzerne Microsoft und Google sowie Dropbox sind unbeliebt und belegen im Rating die letzten Plätze. Die hohen Preise sowie der fehlende Kundendienst vor Ort und in einer Landessprache dürften dabei eine wichtige Rolle spielen.

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Die Universalanbieter Swisscom, Sunrise, UPC und Salt schneiden in den meisten Kategorien schlecht ab, die kleinen Spezialanbieter haben die Nase vorn. Wer denn noch alles aus einer Hand beziehen will, ist mit Salt (Privatkunden) bzw. Sunrise (Geschäftskunden) am besten bedient. Entsprechende Bundle-Angebote gibt es bei allen vier Universalanbietern, auch wenn sie anders als früher kaum mehr beworben werden. Doch Rabatte hin oder her: Aus Risikogründen ist es sinnvoll, verschiedene Dienste von verschiedenen Anbietern zu beziehen. Auch das hat die Pannenserie der Swisscom deutlich gezeigt.

 

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