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Kosmetik

Teens und Tweens fluten den Beauty-Markt mit ihrem Sackgeld

Der Hype um Schönheit unter Jugendlichen treibt das Wachstum von Marken wie Sephora an. Schweizer Player haben nur wenig vom Megatrend.

sdf

Schauspielerin Millie Bobby Brown lancierte mit 14 Jahren ihre Beauty-Marke.

Schauspielerin Millie Bobby Brown lancierte mit 14 Jahren – damals selbst noch ein Teen – ihre Beauty-Marke.

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Ariana Grande glänzt als Glinda, die gute Hexe, im Kinomusical «Wicked». Laut Beauty-Experten liegt das nicht nur an der glänzenden Performance der Sängerin und Schauspielerin – sondern auch an ihrem Glam-Make-up. Dabei verwende Grande immer auch ihre eigene Kosmetiklinie, lassen sich Kollegen vom Filmset marketingwirksam zitieren.

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Wer im Showbiz etwas auf sich hält, hat heute eine eigene Kosmetiklinie. Grammys, Emmys oder sogar eine Oscar-Nominierung sind schön und gut, doch den grossen Fame – und das ganz grosse Geld – verdienen die Stars mit eigenen Lipglosses, Foundations oder Bodylotions.

Diese Stars haben Beauty-Marken

<p>Sängerin Ariana Grande ist ein Star auf der Leinwand und als Beauty-Unternehmerin.</p>
<p>Reality-TV-Star Kylie Jenner ist die Pionierin der Influencer-Beauties.</p>
Fenty Beauty
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Sängerin Ariana Grande ist ein Star auf der Leinwand und als Beauty-Unternehmerin.

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Ariana Grande, Schönheitsideal für zahllose junge Mädchen rund um den Globus, erzielte mit ihrer Kosmetikmarke R.E.M. Beauty im vergangenen Jahr angeblich einen Umsatz von fast 90  Millionen Dollar und zählt damit zu den erfolgreichsten Promi-Marken. Auch «Stranger Things»-Teenie-Darstellerin Millie Bobby Brown hat eine eigene Beauty-Linie auf den Markt gebracht: Florence by Mills richtet sich selbstredend an ihre Fans der Generation  Z. Schon fast eine Grande Dame des Beauty-Unternehmertums ist Reality-TV-Star Kylie Jenner. Mit ihrer Marke Kylie Cosmetics wurde die 27-Jährige laut «Forbes» die jüngste Selfmade-Milliardärin. Kaum eine Celebrity kann noch der Verlockung widerstehen, Schönheits-Unternehmerin zu werden.

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Die Zielgruppe von Rihanna, Selena Gomez, Jessica Alba oder Hailey Bieber sind nicht nur Teens, sondern auch die sogenannten Tweens – Kinder zwischen 9 und 13 Jahren. Sie bewundern ihre Stars im Kino, auf Netflix oder hören deren Songs auf ihren Smartphones. Und was noch wichtiger ist: Sie sind verrückt nach Kosmetik und Hautpflege. Dafür geben sie Jahr für Jahr mehr Geld aus. Während sich internationale Kosmetikfirmen und Detailhändler mit dem Sackgeld der Kids ein goldenes Näschen verdienen, haben in der Schweiz erst wenige Player verstanden, wie man die Generationen Z und Alpha richtig anspricht.

Im Bann der Skinfluencer

«Jugendliche suchen zunehmend nach Einzigartigkeit. Düfte und Kosmetik sind ihre Form der Selbstdarstellung. Aber auch Wohlbefinden und Selbstfürsorge sind für junge Menschen wichtiger geworden», sagt Alyssa Cornuz, die bei Robeco einen Aktienfonds für Sustainable Healthy Living verwaltet. Die Pflege ihrer Haut ist für viele Teens und Tweens ein zentraler Teil ihres Alltags. Eine umfassende Hautpflegeroutine ist Standard. Nicht nur bei Mädchen, auch bei Jungen stehen das tägliche Reinigen des Gesichts sowie das Auftragen von Feuchtigkeitscreme und Sonnenschutz auf dem Programm.

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Was sie dafür «brauchen», wie man all die Produkte anwendet und was es Neues in der Beauty-Welt gibt, erfahren sie – wo sonst? – in den sozialen Medien. Auf Tiktok, YouTube oder Instagram werden sie dank unzähliger «Skinfluencer» zu Experten. «Sie sind sehr, sehr gut informiert. Diese Zielgruppe kennt sich mit den Produkten und deren Inhaltsstoffen bestens aus», weiss Sonia Valero, Einkäuferin für Beauty-Produkte bei Globus. Eine Studie von Common Sense Media, einer US-Organisation, die Medien auf die Eignung für Kinder prüft, fand heraus, dass sich 78  Prozent der Teenager in den USA Schönheits-Tutorials im Internet ansehen – ein Trend, der auch schon bei jüngeren Zielgruppen sichtbar werde.

Copacabana-Feeling

Es ist Samstagnachmittag. Bei Globus an der Zürcher Bahnhofstrasse herrscht das übliche Treiben. Im Erdgeschoss schlendern die Kunden durch die Luxusauslagen; massvolle Lautstärke, unaufgeregte Stimmung. Ein völlig anderes Bild in der Kosmetikabteilung im ersten Stock: Die fröhliche Stimme der brasilianischen Sängerin Luedji Luna hallt aus den Lautsprechern. Teenager plappern, kichern, besprühen sich und ihre Besties mit süssen Düften. Sie schmieren Lipgloss und Cremes auf ihre Handrücken und halten sie ihren Freundinnen unter die Nase. Ein gut gelaunter Verkäufer erläutert einer zierlichen Teenagerin die Wirkung von «Rose» im Vergleich zu «Honig», vor einem Regal mit einer bizarr grossen Auswahl an koreanischen Gesichtsmasken. Zwei Jungs mit Undercuts inspizieren die Shampoos und Spülungen der Pariser Kultfirma Ouai.

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Das grösste Gedränge herrscht vor dem Gestell mit den knallbunten Flakons, Tiegeln und Tuben von Sol de Janeiro. Die Marke, die den Körperkult der Copacabana zelebriert, stammt eigentlich aus den USA und ist seit 2021 Teil der Kosmetikfirma L’Occitane, deren 100-prozentiger Eigentümer wiederum der Österreicher Reinold Geiger ist. Sein Sohn Adrien leitet das Unternehmen seit vergangenem Jahr vom Headquarter in Genf aus. In den 1990er-Jahren erwarb Reinold Geiger die strauchelnde französische Firma L’Occitane en Provence und transformierte sie in einen Milliardenkonzern. Vor vier Jahren kaufte er die Mehrheit an Sol de Janeiro und fügte seinem Markenportfolio damit eine der am schnellsten wachsenden Körperpflegemarken hinzu.

Die erschwinglichen Produkte von Sol de Janeiro sind die Lieblinge der Teens und Tweens und auch bei Prominenten und Influencern sehr gefragt. Selena Gomez, Dua Lipa und andere angesagte Celebrities sind bekennende Fans der «Bum Bum Cream». Angeblich wird alle sechs Sekunden eine Dose der Creme verkauft, die nicht nur angenehm riecht, sondern auch einen straffen Po verspricht.

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Zahlen zum Trend

Mehr als 19 Millionen Videos wurden zum Hashtag #skincare auf Tiktok schon hochgeladen.

Kosmetikfirmen haben 2024 in den USA rund 475 Millionen Dollar mit Hautpflegeprodukten für Babys und Kinder verdient.

Gen Alpha gab 2023 23 Prozent mehr für Kosmetik, Hautpflege und Parfum aus als im Vorjahr.

Der Markt für Baby- und Kinderhautpflege wird laut Prognosen bis 2028 mit fast 8 Prozent pro Jahr wachsen.

78 Prozent der Teenager in den USA sehen sich Schönheits-Tutorials im Internet an.

Der Schweizer Kosmetikmarkt wird in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich mit 2,55 Prozent pro Jahr wachsen.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr stieg der Umsatz von L’Occitane um fast 25  Prozent auf 2,5  Milliarden Euro – wobei Sol de Janeiro mit einem Umsatzplus von 167  Prozent den Löwenanteil zum Wachstum beigetragen hat.

Die Welt von Sephora

Im Vergleich zum Teenager-Gewimmel, das nach Schulschluss und am Wochenende in den Filialen von Sephora stattfindet, geht es in der Kosmetikabteilung von Globus ruhig zu. Die Parfümeriekette, die Teil des französischen Luxusgüterkonzerns LVMH ist, profitiert wie kein anderes europäisches Unternehmen vom Kosmetikhype bei den Youngsters und prägte so den – durchaus negativ konnotierten – Begriff der «Sephora-Kids». Davon lässt sich das Unternehmen aber nicht irritieren und hält an seiner Strategie fest. Laut dem Jahresbericht 2023 hat sich die Zahl der Kunden im Alter von neun bis zwölf Jahren in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Da ist es nur konsequent, dass man nun in einigen Sephora-Filialen seinen Kindergeburtstag feiern kann.

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Beauty

Die glücklichen Sephora-Kids: In einigen Filialen der französischen Parfümeriekette Sephora kann man jetzt Kindergeburtstage feiern.

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Die glücklichen Sephora-Kids: In einigen Filialen der französischen Parfümeriekette Sephora kann man jetzt Kindergeburtstage feiern.

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Im letzten Geschäftsjahr erzielte Sephora einen Umsatz von 17,9 Milliarden Euro, bei einem organischen Wachstum von 25  Prozent. Branchenanalysten führen den Erfolg darauf zurück, dass Sephora bereits ein etablierter globaler Beauty-Einzelhändler sei und auch im vergangenen Geschäftsjahr seine Fähigkeit, Trends zu erkennen und schnell darauf zu reagieren, unter Beweis gestellt habe. Damit ist Sephora der Konkurrenz um einiges voraus. Für das starke Ergebnis heimste Sephora so auch Lob von LVMH-CEO Bernard Arnault ein. Er betonte bei der Veröffentlichung der Zahlen, dass «Sephora weiterhin Marktanteile durch ihr unverwechselbares, innovatives Angebot an Produkten und Dienstleistungen gewinnen konnte».

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Das weltweite Netz an Verkaufsstellen ist auf mehr als 3200 gewachsen. Auch in der Schweiz gibt es inzwischen 26 Sephora-Shops und -Store-in-Stores. «Die Schweiz ist für uns ein wichtiger Markt in Europa, und wir freuen uns sehr, dass unsere lokale Gemeinschaft mit Frauen und Männern jeden Alters wächst», sagt Sephora-Sprecherin Marion Bouchut.

Geniestreich von Manor

Vor fast zehn Jahren eröffnete der erste Sephora-Verkaufspunkt im Manor-Warenhaus in Genf – ein echter Geniestreich der Schweizer Warenhauskette. Heute gibt es einen Sephora-Corner – mit Verkaufsflächen von teilweise mehr als 100 Quadratmetern eine etwas untertriebene Bezeichnung – in fast allen Manor-Warenhäusern und im Manor-Onlineshop. Dort gibt es alles, was das Teenagerherz höher schlagen lässt: die vegane und parabenfreie Linie Milk aus New York City, die knallbunten Flaschen von Byoma sowie die sehr beliebte Sephora-Eigenmarke. Im vergangenen Mai wurde ein neuer Shop im Glattzentrum auf fast 200 Quadratmetern eröffnet. «Es ist noch zu früh, um über zukünftige Ladeneröffnungen zu sprechen», betont Bouchut. Man kann aber davon ausgehen, dass die Expansion der Franzosen noch nicht zu Ende ist.

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Wer bei den Schweizer Kosmetiknamen wie La Prairie, Valmont oder Juvena nach Produkten oder Linien für Teenager sucht, wird nicht fündig. Weder die Wirkstoffe gegen all die unvermeidlichen Zeichen der Hautalterung noch die Preise in diesem Segment sind auf jugendliche Haut oder Portemonnaies zugeschnitten. Doch auch ausserhalb des Luxus- und Premiumsegments haben nur wenige Schweizer Player Jugendliche als Kunden im Fokus. Bei der Migros, die nach wie vor einen Käufer für die Eigenmarke Mibelle sucht, scheinen junge Kunden keine grosse Rolle zu spielen. Die Migros-Medienstelle verweist lapidar darauf, sich mit Fragen zu Kosmetik und Hautpflege für eine junge Kundschaft doch besser an Sephora zu wenden.

Hier wird das lukrative Feld wohl den etablierten Playern überlassen. Bei Coop hingegen versucht man wenigstens, der jungen Zielgruppe etwas zu bieten: Unter der Eigenmarke Naturaline hat Coop die Linie Skinfood speziell für junge Erwachsene entwickelt und bewirbt diese auf den Social-Media-Kanälen von Coop und Coop City. Seit der Einführung wurde die Linie laufend erweitert. «Angefangen haben wir mit Gesichts- und Reinigungsprodukten, im vergangenen Jahr sind Körperpflegeprodukte hinzugekommen», sagt eine Sprecherin.

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Anti-Aging für Kinder

Der Kosmetik- und Hautpflegetrend bei Kindern hat schon einige Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht. So geriet die Marke Drunk Elephant, die bei den Sephora-Kids sehr hoch im Kurs steht, in den sozialen Medien ins Kreuzfeuer der Kritik. Viele der Produkte enthalten Wirkstoffe, die gegen Hautalterung verwendet werden und somit für ältere Konsumenten geeignet sind. Teenager und noch jüngere Nutzer könnten ihrer Haut mit derartigen Produkten nachhaltig schaden. Drunk Elephant, die zum japanischen Mischkonzern Shiseido gehört, reagierte auf den Shitstorm, indem sie Ende vergangenen Jahres auf Instagram erläuterte, welche ihrer Produkte speziell für Kinder empfohlen werden. Die Produktsicherheit bereitet grossen Konzernen Kopfschmerzen, da die empfindliche Kinderhaut viele Chemikalien und Wirkstoffe nicht gut verträgt.

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Diese Produkte sind im Trend

Sol de Janerio
<p>... Milk ...</p>
<p>und Quai.</p>
<p>Vegan und ohne Tierversuche: Bubble, ...</p>
<p>... Byoma ...</p>
<p>... und Drunk Elephant.</p>
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Bunt, süss und exotisch: Sol de Janeiro, ...

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Unabhängig von den Inhaltsstoffen ist es nicht unproblematisch, dass Jugendliche schon früh mit Schönheitsnormen konfrontiert werden, bei denen das Aussehen wichtiger ist als alle anderen Eigenschaften. Einige Konzerne wenden sich daher bewusst nicht an junge Kundschaft, wie beispielsweise Beiersdorf. Der Hamburger Hautpflegekonzern, der für Marken wie Nivea und Eucerin bekannt ist, versendete kürzlich ein internes Briefing an alle Marketingabteilungen mit dem Hinweis, dass Influencer, die gezielt Tweens ansprechen, nicht mehr unterstützt werden sollen.

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Einen Schritt weiter geht Dove, eine Marke von Unilever. Um sich für die Förderung des Selbstbewusstseins junger Frauen einzusetzen, hat die Firma die Kampagne «TheFaceof10» ins Leben gerufen. Auf Tiktok weisen Dermatologen und andere Experten auf die Risiken und die Absurdität hin, wenn Kinder Anti-Aging-Produkte verwenden. Eine ähnliche Art von Anti-Marketing postete kürzlich Kiehl’s, die zu L’Oréal gehört, für die fast eine Million Instagram-Follower. Auf dem Foto sieht man ein Mädchen, dessen Gesicht mit Eiscreme verschmiert ist. «Die einzige Anti-Aging-Creme, die Kinder kaufen sollten», lautet die Bildunterschrift.

Beautiful Boomer

Im aktuellen Hype darf man die «Boomer» als Wachstumschance nicht vergessen. Branchenkenner prognostizieren 200 Millionen zusätzliche potenzielle Konsumenten bis zum Jahr 2030. «Ein Drittel der Ausgaben auf dem globalen Kosmetikmarkt könnte bis dahin auf die Jahrgänge 1946 bis 1964 entfallen», sagt Alyssa Cornuz von Robeco. Diese kaufen auch teurere Produkte als jüngere Kunden. Schon heute tätigen in Westeuropa Frauen über 55 fast die Hälfte aller Kosmetikkäufe.

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Das hat sich wohl in Hollywood herumgesprochen. So wirbt Filmdiva Jennifer Lopez (55) mit ihrer alterslosen Schönheit für ihre eigene Beauty-Marke JLo Beauty. Und Serienstar Courteney Cox (60) hat schon eine neue Hautpflegelinie vorgestellt, mit luxuriösen Körperreinigungsmitteln und Parfumöl.

Über die Autoren
sdf

Anne-Barbara Luft

Anne-Barbara Luft

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