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Hinter den Kulissen

Auch Traumberufe haben eine weniger glamouröse Rückseite

Ob Rennfahrer oder Schauspielerin: Manche Jobs sehen von aussen toll aus. Falsch ist die Vorstellung nicht – aber auch nie die ganze Wahrheit.

pamela beltrameDirk Ruschmann

Pamela Beltrame

&

Dirk Ruschmann

BAHRAIN INTERNATIONAL CIRCUIT, BAHRAIN - NOVEMBER 10: #94 Peugeot TotalEnergies Peugeot 9X8 - Hybrid Hypercar of Loic Duval, Gustavo Menezes, Nico Muller at Bahrain International Circuit on Thursday November 10, 2022 in Sakhir, Bahrain. (Photo by LAT Images)

Der Alltag abseits von Rennwochenenden besteht aus viel Training.

JEP

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Nico Müller Die coolsten und schnellsten Autos im Grenzbereich pilotieren können

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Das sind Tage, für die es sich zu leben lohnt: beim Saisonfinale, wenn man vorn mit dabei ist, womöglich um den Sieg mitkämpft. Anspannung, Adrenalin, «man kann es richtig krachen lassen», lacht Nico Müller, und wenn alles passt, stemmt man danach einen Pokal in die Luft. Der Thuner startete von 2014 bis 2022 in der deutschen Tourenwagenmeisterschaft DTM, die als eine der stärksten und bestbesetzten Motorsportserien weltweit gilt.

Eine Saison besteht meist aus acht Rennwochenenden, und ein solches beginnt schon donnerstags. Nico Müller wandert die Strecke ab, prägt sich Bodenwellen, die Beschaffenheit der Randsteine und andere Details ein. Gemeinsam mit den Ingenieuren checkt er das Auto, prüft die Sitzposition, geht die Fahrdaten von Tests oder vom Rennen aus dem Vorjahr durch. Freitags werden Trainings gefahren, ernst wird es samstags und sonntags: Am Vormittag steigen jeweils die Qualifyings, kurz nach dem Mittag dann die Rennen.

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Portrait von Nico Müller

Nico Müller ist Rennfahrer.

Nicolas Zwickel
Portrait von Nico Müller

Nico Müller ist Rennfahrer.

Nicolas Zwickel

Früh ins Bett kommt er vor den Starts nicht unbedingt. Manche Rennfahrer ziehen sich gern zeitig zurück, aber Nico Müller möchte sich auf die Quali perfekt vorbereiten; in der DTM geht es viel enger zu als etwa in der Formel 1 – rund 30 Fahrer bekämpfen sich mit Zeitabständen, die oft nur Tausendstel betragen. Also bringt er sich in Technik- und Strategiesitzungen ein, sitzt bis spät in der Nacht mit dem Team zusammen.

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Am Renntag klingelt der Wecker gegen 7 bis 7.30 Uhr, der morgendliche Ablauf ist immer ähnlich, aber ohne fixe Rituale, «denn ich will mir nicht selber im Weg stehen, wenn mal ein Teil davon nicht wie üblich stattfinden kann», sagt Müller. Kurzes Frühstück, bald körperliches Aufwärmen für die Arbeit im Cockpit, letzte Analysen und Absprachen, dann ist Konzentration angesagt: mental «in den Tunnel kommen», wo nur noch Auto, Strecke und Gegner existieren. «Motorsport ist Teamwork, aber als Fahrer sitzt du dann allein im Auto, diese Kombination reizt mich bis heute», sagt Nico Müller. Kurz vor dem Start geht er im Geist noch einmal die perfekte Runde durch, die er im Kopf sekundengenau abgespeichert hat. Dann schaltet die Ampel, und der Adrenalinspiegel geht noch etwas höher.

Elf Siege hat er allein in der DTM gefeiert, der 30-Jährige gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Motorsportlern aller Zeiten. Riesige Partys feiert er nicht nach einem Sieg, «aber ich spendiere dann gern mal dem Team ein grosses Abendessen, denn solche Tage sind selten, und man muss sie geniessen». Diese Erlebnisse «sind der Treibstoff für den nächsten Erfolg».

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Ein neues Karriere-Kapitel

Der Alltag abseits der Renn-Events besteht aus viel Training. Rund einen Tag pro Woche sitzt er im Simulator, trainiert für die nächste Strecke oder arbeitet das vergangene Rennen auf, entwickelt auch den Simulator weiter. Zwei bis drei Mal pro Woche wird die Stabilität in Rumpf und Nacken trainiert, die im Auto extremen Belastungen ausgesetzt sind. Sogar noch öfter absolviert er Cardio-Einheiten: «Ich bin Velofanatiker, fahre sowohl Rennrad als auch Mountainbike», sagt Nico Müller, Laufeinheiten legt er seltener ein. Für Marketing- und Presseaktivitäten sowie zur Pflege der Partner und Sponsoren geht mindestens jeweils ein weiterer Tag drauf. Vor allem aber ist Nico Müller sein eigener Manager. Zwar hat auch er Vertraute, die bei Bedarf mal einen guten Rat geben können, aber seine Karriere kontrolliert er selbst. Ansonsten geniesst er zu Hause «das einfache Leben». Arbeitet gern in Haus und Garten, geniesst die Zeit mit seinem kleinen Sohn.

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Um sich jeweils mehr «seat time», also Fahrzeit unter Rennbedingungen, zu verschaffen, trat er auch in anderen Serien als der DTM an – der er nun, samt dem Werksteam seines bisherigen Arbeitgebers Audi, den Rücken gekehrt hat. Nächste Saison kehrt Müller zurück in die Elektro-Formel-E, die bis dahin einen Sprung bei Technik und Performance machen wird. Fahren wird er für das deutsche Team Abt. Neu wird er zudem für Peugeot als Werksfahrer die Langstreckenweltmeisterschaft WEC bestreiten: in der höchsten Klasse in einem sogenannten Hypercar. Damit wird er auch bei den 24 Stunden von Le Mans antreten. Ein Gesamtsieg beim legendären Rennen ist sein nächstes grosses Ziel.

Die Umstiege vom Tourenwagen ins offene Formelauto bereiten ihm keine Mühe, «da hat man wie zwei getrennte Festplatten im Kopf». Beweisen, dass man in verschiedenen Serien schnell ist, gehört für den ehrgeizigen Müller dazu: «Wer das nicht kann, zählt nicht zu den besten Fahrern der Welt.»

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Mit 30 ist Nico Müller im besten Racer-Alter. Noch drängt die Zeit nicht, Pläne für das Danach zu schmieden. Doch Motorsport werde wohl immer Teil seines Lebens sein, vermutet er, etwa als Coach, in der Nachwuchsförderung. Oder er könnte seine Management-Erfahrungen weitergeben; nicht jeder hat Talent und Ehrgeiz, sich selbst zu managen, «und gerade deshalb weiss ich, wie wichtig gute Beratung ist». Auch TV könnte eine Option sein, in der laufenden Formel-1-Saison sass er erstmals als Experte hinter dem Mikrofon, «das hat auch seinen Reiz».

Traumberuf Rennfahrer? «Ganz eindeutig ja», sagt Nico Müller.

Ozan Yildirim „OZ” Als Musiker im Studio zum Star avancieren

Es ist Montagmorgen, und er schlürft wie üblich seinen Espresso. Dabei hört er im Kopf eine Melodie – zu der wenige Monate später 50  000 Menschen in einer Arena tanzen werden. Ozan Yildirim, sein Künstlername lautet OZ, hat das erreicht, wovon viele träumen: Der Musikproduzent beliefert Weltstars wie Drake und Travis Scott mit seinen Beats. Seine Melodien bescheren den Stars milliardenfache Streams.

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Ozan Yildirim

Ozan Yildirim „OZ” ist Musikproduzent.

Ozan Yildirim Instagram
Ozan Yildirim

Ozan Yildirim „OZ” ist Musikproduzent.

Ozan Yildirim Instagram

OZ ist ein Autodidakt: Sein Gehör ist sein wichtigstes Werkzeug. Um einen Beat zu schmieden, pröbelt er auf dem Keyboard und speist dann die Melodie in sein virtuelles Tonstudio namens «Fruity Loop» ein. Dann mixt er Tonspuren oder fügt Effekte hinzu. OZ lädt auch mal Gitarristen oder Trompeter zu sich ins Heimstudio ein, damit sie ihm genau das vorspielen, was er sich für seinen Beat vorstellt. Die fertigen Kreationen verschickt er dann per Handy an die Weltstars oder trifft sich mit ihnen im Studio.

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Aus seinem Sound-Repertoire wählen die Künstler einen Beat aus und rappen oder singen dazu. OZ muss in diesen Momenten flexibel sein, improvisieren, auch mal etwas spontan aus dem Ärmel schütteln. Es ist der Moment, in dem sich Musikproduzent und Künstler annähern. Aus der Kollaboration entsteht ein Song – im besten Fall ein Welthit. OZ geht mittlerweile selbstbewusst in diese Studiosessions rein: «Auch wenn den Künstlern mal etwas nicht gefällt, was ich ihnen zeige: Sie wissen, dass ich es kann.» Sein Arbeitsethos ist, wie er selbst sagt, «sehr schweizerisch» und wird von den Künstlern geschätzt: «Ich bin sehr präzis, pünktlich und zuverlässig. Das ist man in der Branche gar nicht gewohnt.»

Angefangen hat die Karriere von OZ im bescheidenen Toggenburg: Der türkischstämmige Musikproduzent machte zwar eine Lehre im Detailhandel, seine wahre Passion galt aber der Musik. Im Keller arrangierte er bereits mit 14 Jahren Rhythmen und gewann mehrere DJ-Wettbewerbe. Der waghalsige OZ verschickte eines Tages einen Beat via E-Mail an den weltberühmten Rapper Meek Mill. Das Resultat: Dieser kaufte ihm das Stück sofort ab. OZ’ Talent sprach sich herum, der Rest ist Geschichte.

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Heute lebt OZ ein glamouröses Leben. Die Extravaganza, die das Künstler-Dasein mit sich bringt – teure Autos, fette Zeitmesser, Designerklamotten und ausgelassene Partys – heisst er willkommen. Sein Metier hat aber auch Kehrseiten, manchmal fehlt OZ etwa das Benzin für seine Kunst: die Inspiration. Ausflüge mit Frau und Kindern, alternative Musik oder Dokumentarfilme sind seine Hausmittel gegen Blockaden. «Du musst einfach abschalten oder etwas ganz anderes machen. Manchmal muss ich so lange Pause machen, bis ich es vermisse, Musik zu komponieren.»

OZ’ Kreationen müssen resistent gegen die schnell wechselnde Musikszene sein. Kurzlebige Trends interessieren ihn deshalb nicht, er versucht, den Sound der Zukunft zu erahnen. Denn auch wenn im Studio ein Song entsteht, gibt es für OZ keine Garantie, dass dieser auf dem Album des Künstlers erscheint. Die Songs müssen so lange überleben – und überzeugen –, bis der Künstler das Album zusammenstellt. Erst dann erfährt OZ, ob sich die ganze Arbeit gelohnt hat. Erst dann folgt die Bezahlung: «Der schönste Moment für mich ist der Anruf, bei dem ich erfahre, dass meine Lieder es auf ein Album geschafft haben.» Was dem Künstler bisher oft gelang: Über fünfzig Mal Platin, vierzig Mal Gold und zwölf Grammy-Nominierungen beweisen seinen Erfolg. Doch OZ’ Liebe für die Musik sitzt tief – Auszeichnungen und Geld sind nice-to-have: «Ich werde immer Musik machen, egal ob ich dafür bezahlt werde oder nicht.»

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Florentina Denz Beruflich edle Tropfen verkosten

Wenn Florentina Denz über einen guten Wein spricht, funkeln ihre Augen. Im sorgfältig kuratierten Weinkeller von Denz Weine am Zürcher Zeltweg verkostet die Geschäftsführerin edle Tropfen mit Kunden. Zum Beispiel einen Château Faugères 2018 vom eigenen Weingut im St-Emilion, im Südwesten Frankreichs. Den Weinliebhabern beschreibt sie das vom nahen Atlantik geprägte, milde Klima. Sie erzählt vom Terrain – dem kalkhaltigen Boden –, der die heimischen Merlot-Trauben besonders gut gedeihen lässt. Oder von den vielen Helfern, die angepackt haben, um das reife Traubengut zeitig zu ernten.

Florentina Denz

Florentina Denz ist Weinhändlerin.

PD
Florentina Denz

Florentina Denz ist Weinhändlerin.

PD

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«It’s a sensual business», sagt die Weinhändlerin. Als begeisterte Weinliebhaberin kennt sie viele Geschichten rund um edle Tropfen und weiss auch, wie wichtig sie sind, um das Trinkerlebnis zu bereichern. Denz pflegt eine ganz eigene Passion für Wein, die ansteckt – und die zum Kaufen motiviert. So manch versierten Wein-Crack hat sie von einer Neuheit überzeugt: «Das ist immer wieder ein Erfolgserlebnis für mich», so die 31-Jährige.

Auf ihrer Passion baut auch ihr Business. Denz Weine beherbergt über 500 Weine aus Italien, Frankreich, Spanien und Kalifornien. Und die junge Weinhändlerin will alles über ihr Sortiment wissen. Deshalb hegt und pflegt sie die Beziehungen mit den Winzern, besucht sie regelmässig auf den Weingütern, um die Herkunft eines Weins bis ins Detail zu verstehen, aktuelle Jahrgänge auszuwählen oder neue Wege in der Zusammenarbeit einzuschlagen. Das Herzstück von Denz Weine bilden aber die eigenen Gewächse von Château Faugères, einem Ensemble dreier hochklassiger Weingüter im Bordeaux. Florentina Denz ist unglaublich stolz darauf: «Es ist ein grosses Privileg, eigene Weine keltern und damit von der Rebe bis ins Glas mitbestimmen zu können». Nebst den sinnlichen Angelegenheiten muss sich Florentina Denz als Geschäftsführerin einer Firma mit 14 Mitarbeitenden aber auch um eher trockene Tasks kümmern: Administrations- und Personalarbeit, Budgets, Einkaufspläne, Verkaufsstrategien und Preise.

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Denz ist eine der wenigen Damen in der männerdominierten Branche. Das weiss sie jedoch zu ihrem Vorteil auszuspielen, denn: «Ich bin die Frau, die sich belehren lassen kann», schmunzelt sie. Sie ist sich nicht zu schade, um an Messen und Events langjährige Wein-Koryphäen auszufragen und sich mit deren Wissen berieseln zu lassen. Sie geniesst die Gesellschaft der, wie sie selbst sagt, skurrilen Figuren und Querdenker der Weinwelt. Die Geschäftsfrau zählt auch Branchengranden wie James Suckling und Peter Sisseck zu ihren Bekanntschaften. Letzterer schwang sogar das Tanzbein an ihrer Hochzeit.

Denz hat sich regelrecht ins Weinbusiness eingetrunken, denn angefangen hat sie in der IT-Branche als SAP-Verkäuferin. Ihr Schwiegervater, Luxus-Entrepreneur Silvio Denz, bemerkte jedoch ihre Feinsinnigkeit für das edle Nass und übertrug dem jungen Paar, Florentina und seinem Sohn Claudio, die Weinhandlung. Seither hat sich Florentina Denz in zahlreichen Lehrgängen zur Weinexpertin ausgebildet und ist von der Wine and Spirit Association zertifiziert. «Die Silvio-Denz-Schulung habe ich ebenfalls absolviert», lacht sie. Denz ist heute die alleinige Geschäftsführerin, ihr Ehemann Claudio ist im Verwaltungsrat. Sie ist froh um all die Networking-Möglichkeiten, die ihr Schwiegervater ihr ermöglicht hat: «Das ist im Weinbusiness das A und O.» Doch Denz Weine ist nun zu ihrem Schmuckstück geworden – und sie hat noch einiges vor: «Das Baby hat erst angefangen zu laufen.»

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Karin Pfammatter Auf der Bühne Publikum und Fans bezaubern

Um als fanatischer Joseph Goebbels glaubwürdig auf der Bühne toben zu können, braucht es nicht nur Talent, sondern auch Mut und mentale Resilienz. Doch Karin Pfammatter sucht in ihrem Beruf genau das: «Ich liebe es, für eine Rolle in die Abgründe zu gehen», sagt die Schauspielerin. «Je psychotischer, desto besser», lautet ihr Motto. Aktuell gehört sie zum Ensemble des Schauspielhauses Zürich. In das sonst so tumultuöse Leben einer Schauspielerin bringt das Ensemble mehr Sicherheit und Stabilität. Statt immer nach Arbeit suchen zu müssen oder als einsamer Star von Stück zu Stück und von Stadt zu Stadt zu tingeln, ist Pfammatter ein fester Bestandteil des Hauses.

Karin Pfammatter

Karin Pfammatter ist Schauspielerin.

Diana Pfammatter
Karin Pfammatter

Karin Pfammatter ist Schauspielerin.

Diana Pfammatter

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Viele Schauspielende leben am Existenzminimum und nehmen finanzielle Einbussen für das Ausleben ihrer Passion in Kauf. Deswegen auch der Branchenspruch: «Oh you’re an actor? At which restaurant?» Bei Pfammatter lief das aber ganz anders: «Wenn ich mich mit anderen vergleiche, habe ich sehr viel Glück gehabt.» Bereits mit 18 Jahren schaffte sie es an die Schauspielschule – «der übliche, aber nicht notwendige Weg, um auf die Bühne zu gelangen». Ob im Theater, in Spielfilmen oder Fernsehsendungen – seither war Pfammatter immer beschäftigt. Pausen in ihrer mittlerweile mehr als 30  Jahre langen Karriere gab es nur, wenn sie das wollte. So zum Beispiel bei der Geburt ihres Sohnes.

Auch heute ist Pfammatter mit ihrem Theaterengagement im Ensemble gut beschäftigt: Wenn sie nicht gerade den Text für ein neues Stück auswendig lernt, sind die Proben des Schauspielhauses Zürich angesagt. Jeweils am Morgen bis zum Nachmittag, dann Abendprobe oder eine Vorstellung. In den Proben redet Pfammatter bei der Inszenierung ihrer Rollen mit und möchte die Dramen aktiv mitgestalten. Ab und an kann das auch zu Reibungen führen: «Ich wurde schon mal von einem Regisseur als sture Bergziege bezeichnet.»

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Doch Pfammatter ist für ihr Metier viel zu leidenschaftlich, als dass sie passiv sein könnte. Schliesslich hat sie auch viel in die Recherche investiert: «Ich gehe mit den Figuren, die ich spiele, spazieren», nennt Pfammatter ihren künstlerischen Prozess, um sich auf eine Rolle vorzubereiten. Sie liest viel, schaut Filme, hört Musik und zieht auch Inspiration aus ihrem eigenen Alltag. Und dann kommt die Premiere, und Pfammatter kann ihre Figur zum Leben erwecken.

Nach all den Jahren plagt sie immer noch das Lampenfieber: «Bei meinem Herzschlag denke ich mir manchmal, dass es gar nicht mehr schneller geht.» Doch die Anspannung gewährleistet eine gute Performance – die Pfammatter um jeden Preis abgeben will. Sogar hohes Fieber hält die Schauspielerin nicht davon ab, aufzutreten: «Das sorgt für die nötige Portion Wahnsinn – ich mag das.»

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Goebbels, in einer Inszenierung am Staatstheater Stuttgart, Lady Macbeth, die sie auch noch im sechsten Schwangerschaftsmonat an der Schaubühne in Berlin spielte, und Fieber-Auftritte – «man muss schon ein bisschen verrückt sein für den Beruf», gibt Pfammatter zu. Mit Kritik gut umgehen können muss man auch: «Jeder hat eine Meinung zu dem, was du machst und wer du bist.» Ob die zeitgeistige «woke» Kultur gut für die Kunst sei, fragt sich die Schauspielerin öfters: «Aber das muss im Moment so sein.»

Die Schauspielerei ist und bleibt ihre Berufung. Denn wer kann schon sagen, dass er sich dabei ausleben darf, in unbekannten Welten zu versinken und in fremde Seelen einzutauchen? «Ich kann das, ich darf das – ich bin Schauspielerin.»

Jan de Wit Feriengäste als Held der Lüfte pilotieren

Über der Wolkendecke gegen die orange glühende Sonne fliegen oder von schwingenden, giftgrünen Polarlichtern umhüllt sein – wegen solcher Momente liebt Jan de Wit die Fliegerei. Jahrelang flog er mit Privatpilotenlizenz, heute ist er Berufspilot für Edelweiss. «Mein Hobby ist mein Beruf, und mein Beruf ist mein Hobby», schwärmt de Wit. Das sei bei vielen Piloten so.

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Jan de Wit

Jan de Wit ist Flugkapitän.

Andreas Meier / Edelweiss
Jan de Wit

Jan de Wit ist Flugkapitän.

Andreas Meier / Edelweiss

De Wit hat keine Flugschule bei einer Airline wie Swiss oder Lufthansa absolviert, sondern ist auf der privaten Schiene zu seinem Traumberuf gelangt. Die Ausbildung für die Berufspilotenlizenz war anspruchsvoll: «Die Fliegerei ist eine völlig eigene Welt, man kann nichts vom Alltag ableiten.» Von angehenden Piloten wird Technikaffinität verlangt, sie müssen verstehen, wie die Maschine aufgebaut ist. Auch wenn de Wit die technische Seite spannend findet, bleibt er ein «System Operator»: «Das Ziel ist es, die Maschine zu verstehen, um sie ideal bedienen zu können», erklärt er.

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Hier kommt auch der Autopilot ins Spiel, der für einen reibungslosen Flug genauso wichtig ist wie ein ausgeruhter Jan de Wit: Anders als oft vermutet ist der Autopilot nicht da, damit sich die Piloten zurücklehnen können. Der Autopilot entlastet de Wit und schafft ihm die Kapazität, damit er sich um unzählige blinkende Anzeigen und Monitore kümmern und den Luftraum im Auge behalten kann. Ab einer bestimmten Flughöhe oder bei viel Flugverkehr wird der Einsatz des Autopiloten empfohlen: «Ein Steuerausschlag auf einer Höhe von etwa zwölf Kilometern ist stärker als in tieferen Luftlagen. Der Autopilot ist hier zuverlässiger als die menschliche Grobmotorik.»

Der Edelweiss-Pilot hat keinen Nine-to-five-Job. Seine Tage und Monate sehen immer anders aus. Im Jahr fliegt de Wit 840 Blockstunden, die Zeit berechnet sich von der Parkposition bis zur Ankunft am Zielort. Die Anzahl pro Monat ist jedoch stark saisonbedingt; im Sommer sind es mehr, im Winter weniger Blockstunden. Auch die Destinationen und Fluglängen variieren stark. Edelweiss fliegt 80 Destinationen an. Bei Kurzstreckenflügen startet de Wits Tag bereits um vier Uhr morgens. Er studiert das ihm vom Dispatcher zugestellte Briefing mit Wetterlage, Luftlinie und Andock-Airport. Dann geht es zum Flughafen, denn der Pilot muss bereits einige Stunden vor dem Abflug eintreffen und ist nicht von den Sicherheitskontrollen befreit. Sein Gepäck und er selber werden durchleuchtet, bevor sich de Wit ins Cockpit begibt. Dort kontrolliert er die Anzeigen, programmiert den Autopiloten, bespricht Route und Ablauf des Flugs mit dem Co-Piloten. Obwohl er in aller Frühe aufgestanden ist, ist de Wit topfit. Wäre es anders, dürfte er gar nicht fliegen. Die Fit-to-Fly Policy sieht nämlich vor, dass er bei den leichtesten Halsschmerzen oder wenn ihn seine drei Kinder die Nacht wachgehalten haben, von einem Stand-by-Piloten ersetzt wird.

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Bei Kurzstreckenflügen ist de Wit noch am gleichen Tag wieder bei seiner Familie, bei Langstreckenflügen mehrere Tage weg. Den Flugplan erhält er jeweils Mitte Monat für den nächsten Monat, diese Daten sind nicht verhandelbar. Hochzeiten, Familienfeste oder Geburtstage muss de Wit im Vorhinein ankündigen, dann plant die Airline drum herum: «Ich weiss nicht, wie Familien ohne Onlinekalender funktionieren.» De Wit würde die Unregelmässigkeit des Berufes aber niemals eintauschen wollen. «Manchmal mache ich im Schneegestöber in Zürich den Reifen-Check, ein paar Stunden später liege ich irgendwo am Strand.» Er schmunzelt: «Die Fliegerei hat schon eine gewisse Romantik an sich.»

Kelly Vasileiadou Als Halbgöttin in Grau andere verschönern

Kelly Vasileiadou hat genug geschlafen und gut gefrühstückt, die Pre-Operations-Checkliste hat sie metikulös abgearbeitet. Alles ist bereit und so, wie es sein sollte. Und trotzdem pocht ihr Herz jedes Mal wie wild. Verständlich, schliesslich ist sie im Begriff, das Messer an einen menschlichen Körper zu legen. Manchmal hat sie vor sich einen CEO liegen, ein Fadenlifting soll sein Gesicht für die vielen Medienauftritte verjüngen. Oder Vasileiadou strafft den Körper einer Mutter, deren drei Geburten ihren Tribut gefordert haben.

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Kelly Vasileiadou

Kelly Vasileiadou ist Schönheitschirurgin mit eigener Klinik.

Evangelos Roditis
Kelly Vasileiadou

Kelly Vasileiadou ist Schönheitschirurgin mit eigener Klinik.

Evangelos Roditis

Die Chirurgin schnippelt weg, füllt auf, saugt ab und näht zu: Heraus kommen dabei kleinere Nasen und grössere Brüste – aber eben auch ein stärkeres Selbstvertrauen und mehr Lebensqualität. So lauten zumindest die Rückmeldungen. «Wer plastische Chirurgie nur als Eitelkeit abstempelt, hat die menschliche Psyche nicht verstanden», sagt die 41-Jährige, die während ihrer Assistenzarztausbildung im Universitätsspital Basel in der Abteilung für plastische und rekonstruktive  Chirurgie ihr Flair für die ästhetische Medizin entdeckte.

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Heute ist die Medizinerin ihre eigene Chefin. Seit vier Jahren führt sie eine eigene, von Swiss Medic lizenzierte Schönheitsklinik in Zug. Ihr ist eine Reihe von Kosmetikerinnen und MPAs unterstellt, die kleinere, nichtinvasive Prozeduren durchführen. Die erfolgreiche Klinik ist eine gut geölte Maschine, über die Vasileiadou ständig wacht. Jede Behandlung wird dokumentiert, Vasileiadou kontrolliert und segnet ab – sogar wenn sie im Urlaub ist. Nichts passiert, ohne dass die Chirurgin davon wüsste. «Als einzige Ärztin in der Klinik trage ich schlussendlich die Verantwortung.» Work-Life-Balance hört sich anders an, aber für Kelly Vasileiadou ist das auch nicht wichtig. Ihr Traumberuf verlangt volle Hingabe.

Den Adrenalinschub vor und während der OP liebt sie nicht nur, sie braucht ihn. Ihr Mentor sagte einmal, es sei gut, nervös zu sein, sonst passierten Fehler – und diese fallen in der plastischen Chirurgie besonders auf. Bei Vasileiadou geht es nicht nur um die Gesundheit und das Wohlbefinden des Patienten, sie muss mit viel Geschick ein ästhetisches Endergebnis kreieren: «Wenn die Narbe nur einen halben Millimeter grösser wird als geplant, habe ich das Ziel verfehlt.»

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Die eher blutigen Angelegenheiten wie Brustimplantationen, Bauchstraffungen und Brazilian Butt Lifts plant Vasileiadou frühmorgens ein. Den Rest von ihrem Terminkalender füllen kleinere Eingriffe wie etwa Botox-Injektionen. Am wichtigsten sind jedoch die Sprechstunden. Eine Doppel-D-Brustvergrösserung bei einer Frau, die Marathons läuft? Keine gute Idee. In den Sprechstunden versucht Vasileiadou die Wünsche der Patienten mit ihrem Lebensstil in Einklang zu bringen. Schnippelgeil ist sie gar nicht, chirurgische Eingriffe sieht sie nicht als Massenware. Sie lehnt also Operationen ab, passt Ideen an und schraubt Erwartungen herunter. Das «Expectation Management» ist in der plastischen Chirurgie das Buzzword der Stunde. Ab und an kommen Patienten mit Vorstellungen hereinspaziert, die an mit Filtern überladene Instagram-Bilder angelehnt sind – weit entfernt also vom Rahmen des Menschenmöglichen. Vasileiadou muss in diesen Momenten die Hiobsbotschaft überbringen: Sorry, not possible.

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Es kommt vor – wenn auch selten –, dass Patienten trotz Aufklärung, langer Sprechstunden und detaillierter Skizzierungen enttäuscht sind. Dann merkt Vasileiadou, wie emotional investiert sie in ihren Job ist: «Nach all diesen Jahren geht mir das immer noch sehr nahe.» Genau das macht aber einen Traumberuf aus.

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