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Start-ups wollen der etablierten Finanzwelt einen neuen Anstrich verpassen. Einblicke in einen pulsierenden Sektor.
Für die Gründer des Start-ups Yokoy, Melanie Gabriel und Philippe Sahli, war schon von Anfang an klar, dass ihr Fintech kein KMU werden soll, sondern ein globaler Konzern. Mit diesem Selbstbewusstsein kann die Frima für Ausgabenmanagement die Investoren überzeugen – es gilt bereits als das nächste Einhorn der Branche.
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Erst vor wenigen Monaten ist das Start-up Yokoy vom Technopark in ein grösseres, topmodernes Büro beim Toni-Areal in Zürich umgezogen. «Und schon platzen wir hier aus allen Nähten», lacht Melanie Gabriel, die zum fünfköpfigen Gründerteam zählt. Heute – drei Jahre nach dem Start – beschäftigt Yokoy 160 Mitarbeitende, wächst mit 400 Prozent pro Jahr und räumt haufenweise Preise ab.
Mehr als 500 Kunden, darunter Stadler Rail, Bühler und ASK Chemicals, nutzen das Ausgabenmanagement-Tool bereits. Nun ist auch noch der begehrteste aller Investoren aus dem Silicon Valley mit an Bord. Yokoy wird als das nächste Einhorn der Fintech-Welt gehandelt. Für Co-Gründer Philippe Sahli ist das alles immer noch kaum zu glauben.
«Ich bin jetzt CEO von einem Unternehmen mit 160 Leuten.» Sahli ist 29 Jahre jung, und man würde ihn, trotz des Steve-Jobs-Gedächtnislooks mit schwarzer Jeans und Rollkragenpullover, keinen Tag älter schätzen.
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Es ist die Erfolgsgeschichte, von der jedes Fintech-Gründerteam träumt. Entschlossene Visionäre, die antreten, den etablierten Banken und Versicherungen die fingerdicke Butter vom Brot zu nehmen. Die sich auf die Fahnen schreiben, jedes Produkt und jede Dienstleistung der Finanzwelt zu digitalisieren, zu skalieren und schliesslich den ganzen Sektor zu transformieren.
Viele hat es auf dem Weg bereits dahingerafft, einige sind der Konsolidierung zum Opfer gefallen, und so manche Idee ist als Teil der Gesamtstrategie in einem traditionellen Finanzinstitut aufgegangen. Trotzdem hat die Fintech-Szene nicht an Dynamik eingebüsst, setzt heute auf Kooperationen und findet Partner in der «alten Welt». Der Schweizer Finanzplatz kann davon nur profitieren.
Noch haben Fintech-Unternehmen die Arbeitsweisen der etablierten Institutionen nicht radikal verändert. Disruptive Geschäftsmodelle gibt es nicht – das Uber der Finanzwelt lässt noch auf sich warten. Trotzdem hat der Boom der Fintechs schon eines verändert: die Erwartungen der Konsumenten. Die Angebote traditioneller Banken werden von immer mehr Kunden in Frage gestellt.
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Der jüngste «World Retail Banking Report» von Capgemini und dem Branchenverband Efma zeigt, dass sich 75 Prozent der Befragten von den kostengünstigen Angeboten der Fintech-Firmen angezogen fühlen. Eine weitere Erkenntnis – bei der die Alarmglocken etablierter Finanzinstitute schrillen: Die Hälfte der Studienteilnehmer fühlt sich nicht emotional mit ihrer Bank verbunden.
Für die Experten von Capgemini ist klar: Banken müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken und sich stärker auf die Kundenbindung konzentrieren.
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In Transformationsphasen, wie die Finanzbranche sie derzeit erlebt, bleiben viele Player auf der Strecke. «Das ist eine ganz typische Entwicklung. Am Anfang gibt es eine grosse Begeisterung, und extrem viele neue Firmen drängen auf den Markt.
Doch laut Statistik sind 70 bis 80 Prozent nicht wirklich erfolgreich», sagt Andreas Iten, CEO und Mitgründer des Fintech-Inkubators F10. Einige Jungunternehmen bleiben kleine Nischenanbieter oder verschwinden gänzlich von der Bildfläche. Ganz anders sind die Zukunftsaussichten für Yokoy.
«Wir werden nicht morgen pleitegehen», sagt CEO Sahli, dem trotz sehr grosser Ideen kein bisschen Grössenwahn anhaftet. «Wir haben über 500 Kunden, viele davon sind börsenkotiert. Die Verträge laufen über drei bis fünf Jahre. Wir bauen eine sehr nachhaltige Firma auf, die eines Tages an die Börse geht oder übernommen wird.»
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Yokoy hat der Zettelwirtschaft bei Spesen und Rechnungen den Kampf angesagt und das Ausgabenmanagement mit Hilfe künstlicher Intelligenz automatisiert. Der potenzielle Markt ist riesig: Jeder mittlere bis grosse Konzern kommt als Kunde in Frage. Vergangenes Jahr ist Yokoy eine Partnerschaft mit UBS eingegangen. Die komplizierten Prozesse der Ausgabenverwaltung bei Verwendung einer UBS-Firmenkarte wurden automatisiert.
Immer wenn ein neuer Kunde unterschrieben hat, wird im Büro von Yokoy eine Glocke geläutet – eine Kuhglocke, die ursprünglich Melanie Gabriels Vater gehörte. Dann kommen alle Mitarbeiter zusammen und klatschen. Seit vergangenem Jahr läuten Schweizer Kuhglocken auch bei den Tochtergesellschaften in Wien, München und Amsterdam.
Das Start-up Lend, 2015 von Michel Lalive (l.) und Florian Kübler gegründet, will Finanzen fairer machen. Über die Plattform wurden bisher Kredite in Höhe von 200 Millionen Franken vergeben. Auch erfreulich: Seit 2021 ist Lend Sponsor der Schweizer Skateboard-Meisterschaft.
© PASCAL MORADas Start-up Lend, 2015 von Michel Lalive (l.) und Florian Kübler gegründet, will Finanzen fairer machen. Über die Plattform wurden bisher Kredite in Höhe von 200 Millionen Franken vergeben. Auch erfreulich: Seit 2021 ist Lend Sponsor der Schweizer Skateboard-Meisterschaft.
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Am 29. März wurde Yokoy auf ein ganz neues Level katapultiert. Sequoia Capital schiesst 80 Millionen Dollar frisches Kapital in das junge Unternehmen ein. Der Start-up-Investor aus dem Silicon Valley hat schon Yahoo, PayPal, YouTube, Apple, WhatsApp, Instagram und Google unter seine Fittiche genommen – um nur einige zu nennen.
Auf der Suche nach dem nächsten Unicorn im Bereich des Ausgabenmanagements wurde Sequoia vor wenigen Monaten auf das Zürcher Jungunternehmen aufmerksam und entschied sich nach vielen Gesprächen für das Investment. «Die Amerikaner denken grösser, deswegen passen wir gut zusammen», sagt CMO Gabriel.
«Wir wollten von Anfang an eine globale Firma werden – das finden amerikanische VCs nicht zu selbstbewusst, sondern suchen genau solche Gründerinnen und Gründer.»
Engagements von bekannten Investoren aus dem Silicon Valley sind in der Schweiz eine absolute Seltenheit – scheinen aber zuzunehmen. Im vergangenen November führte der kalifornische Wagniskapitalgeber Andreessen Horowitz eine Finanzierungsrunde von Nym Technologies, einem Datenschutz-Start-up aus Neuenburg, mit 13 Millionen Dollar an. Ein Indikator dafür, dass die Schweiz als Standort für Fintech-Start-ups an Relevanz gewinnt.
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Neben der Liquiditätsspritze eröffnen namhafte Investoren jungen Unternehmern Zugang zu wertvollen Netzwerken. «Wenn ich bisher eine Frage hatte, musste ich selbst jemanden suchen, der mir helfen kann. Nun schaue ich zusammen mit Sequoia, wen sie kennen, der das Problem auch schon hatte.
Sie nehmen dann mit der Person Kontakt auf – das kann der CEO von Google sein. Das ist so krass», freut sich Sahli und hält kurz inne, um selbst über das Gesagte zu staunen. Jeder der Partner von Sequoia macht etwa einen Deal pro Jahr, so erweitert sich das globale Portfolio in übersichtlichem Mass. In diesem elitären Club hilft man sich gegenseitig.
««In den vergangenen Jahren haben viele erfahrene Finanzprofis Ihr eigenes Unternehmen gegründet.»»
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Investoren wie Sequoia prüfen die Geschäftsmodelle ihrer Ventures ganz genau. Noch wichtiger als alles, was sich in Excel-Tabellen darstellen lässt, sind aber Persönlichkeit und Motivation der Gründer. «Sie haben Hunger nach Erfolg, sehen keine Limiten, sondern immer die nächste Lösung.
Gleichzeitig sind sie sehr kompetent im Umsetzen der Strategien, sehr analytisch und strukturiert», beschreibt Iten von F10 das Yokoy-Gründerteam und erinnert sich an die Anfänge des Start-ups: «Manchmal haben sie sogar mich zu Sales Meetings dazugeholt, weil sie wussten, dass ich einen Kontakt zu der Firma habe. Bei ihnen existieren die normalen Grenzen nicht, die sich andere setzen.»
Das Venture-Capital-Volumen, das in Schweizer Fintechs investiert wurde, ist 2021 im Vergleich mit dem Vorjahr um 72 Prozent auf 446 Millionen Franken gestiegen. Im globalen Vergleich ist diese Zuwachsrate nicht beeindruckend, sondern unterdurchschnittlich.
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«In der Schweiz konzentrieren sich viele Investoren auf Seed- und Serie-A- Finanzierungen, daher ist es für die Start-ups einfacher, in den ersten Runden Kapital aufzunehmen als in den kapitalintensiven Folgerunden», sagt Kathrin Saner vom Corporate-Venturing-Team der Postfinance.
Die Folge davon ist, dass Börsengänge mehrheitlich im Ausland stattfinden. Im vergangenen Jahr haben zehn Schweizer Start-ups ein IPO gemacht – allesamt an ausländischen Börsen. Trotzdem ist die Schweiz als Standort für Fintech-Ventures in einer sehr guten Ausgangslage. Sowohl Finanz- als auch Technologie-Know-how mitzubringen, ist der Heilige Gral in der Branche.
Hierzulande ist die Finanzkompetenz bemerkenswert, die technischen Hochschulen erstklassig – ein idealer Nährboden für erfolgreiche Fintech-Firmen. Hinzu kommt, dass immer mehr hoch bezahlte Banker den Seitenwechsel wagen. «Wir haben in den vergangenen Jahren viele erfahrene Finanzprofis gesehen, die ihr eigenes Unternehmen gründeten», sagt Fintech-Experte Iten.
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Zwei von ihnen sind Florian Kübler und Michel Lalive, die 2015 die Crowdlending-Plattform Lend ins Leben gerufen haben. «Alles, was wir anbieten, hat von Anfang an Erlöse generiert. Aber es gab Zeiten, in denen das Wachstum stockte und wir mehr investierten. Dann verzichteten wir selbstverständlich auch auf Lohn», sagt Co-Gründer Kübler, der in seinem «alten Leben» bei der UBS den europäischen Handel mit Firmenanleihen leitete.
Lalive war als Anwalt und Strukturierer bei der Investmentbank sowie im Wealth Management der Grossbank. Kübler erinnert sich: «Auch in Jahren, in denen es der Bank wirklich sehr schlecht ging, wurde mein Fixlohn erhöht – obwohl ich nicht einmal danach gefragt hatte.»
Darüber muss er heute schmunzeln. Vor allem dann, wenn Banker argumentieren, sie müssten trotz schlechtem Geschäftsgang einen hohen Bonus erhalten, weil sie Key Risk Takers seien. «Das Risiko lernt man erst als Unternehmer kennen», kommentiert er trocken.
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Trotzdem führt für die beiden Lend-Gründer kein Weg zurück – sei dieser noch so vergoldet. Während vor allem den Millennials nachgesagt wird, sie würden Jobs mit Purpose suchen, haben auch Kübler und Lalive, die sich mit Ende vierzig als «schon ziemlich alt» bezeichnen, aus gerade diesem Grund die traditionelle Finanzwelt verlassen.
Die beiden Jungunternehmer sind der Ansicht, dass Banken das Machtungleichgewicht zwischen dem Verleihen und dem Borgen von Geld bis zu einem gewissen Grad ausnutzen. Mit ihrer Plattform wollen sie die Finanzwelt wieder fair machen und diese Ungerechtigkeit beseitigen.
«Hinzu kommt, dass man nach ein paar Jahren als Unternehmer völlig inkompatibel für grosse Konzerne wird», sagt Lalive und lacht und meint es wohl doch ganz ernst.
Geldanlage soll Spass machen und jedem offenstehen, daran wollen Luba Schoenig (l.) und Tonia Zimmermann arbeiten und präsentieren die Plattform UMushroom, auf der jeder ein Portfoliomanager sein kann. Ein Vorteil beim Start-up-Gründen: wenn man sich, wie die beiden, seit 15 Jahren kennt.
© PASCAL MORAGeldanlage soll Spass machen und jedem offenstehen, daran wollen Luba Schoenig (l.) und Tonia Zimmermann arbeiten und präsentieren die Plattform UMushroom, auf der jeder ein Portfoliomanager sein kann. Ein Vorteil beim Start-up-Gründen: wenn man sich, wie die beiden, seit 15 Jahren kennt.
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Seit der Gründung wurden über die Plattform Kredite in Höhe von 200 Millionen Franken ausbezahlt – 75 Millionen davon allein im vergangenen Jahr. Lend ist damit die mit Abstand grösste Plattform dieser Art in der Schweiz. Das starke Wachstum – 2021 waren es 80 Prozent – wollen Kübler und Lalive dieses Jahr noch mal drauflegen.
Angefangen haben die beiden mit Studentendarlehen, später kamen Privatkredite hinzu, inzwischen bieten sie auch Hypotheken und KMU-Kredite an. Die Kreditgeber sind in allen Fällen Anleger, die auf der Plattform mit den Kreditnehmern zusammenfinden – ganz ohne Bank. Vor allem bei Privatkrediten ist die Plattform beliebt.
«Wir können das Gleiche wie eine Bank, bieten aber bessere Konditionen», sagt Kübler. In der Schweiz werden jedes Jahr neue Privatkredite mit einem Volumen von vier Milliarden Franken vergeben.
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Das potenzielle Wachstum für Lend ist sehr gross. Die Digitalisierung erlaubt es, einfach zu skalieren. Derzeit werden bei Lend pro Monat 30 000 Zahlungen vollautomatisch abgewickelt. «Ob es 30 000 oder drei Millionen sind, macht für uns keinen Unterschied», erklärt Kübler.
«Wenn Fintechs versuchen, direkt den Endkunden anzugehen, dann ist das extrem teuer und zeitintensiv, da zuerst ein Brand aufgebaut werden muss», sagt Kathrin Saner, Fintech-Kennerin von Postfinance. Kooperationen mit Banken sind daher interessant.
Aber auch etablierte Banken suchen neue zusätzliche Lösungen und wollen von der Innovationskraft der Fintech-Firmen profitieren. Partnerschaften wie zwischen Yokoy und UBS oder zwischen Lend und Postfinance werden immer häufiger.
Diese finden vor allem im Business-to-Business-Bereich (B2B) statt, und die beteiligten Fintechs sind kaum sichtbar, obwohl sie erfolgreich wachsen.
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So arbeitet etwa die Nationalbank zusammen mit dem Start-up Anapaya am Swiss Finance Network, einem sicheren Netzwerk für den Schweizer Finanzplatz. Die Digitalbörse der SIX und das Zürcher Fintech Aequitec kooperieren im Bereich Aktienregisterung.
Kathrin Saner
Im Team für Corporate Venture Capital der Postfinance ist Saner ständig auf der Suche nach innovativen Fintech-Start-ups.
Keren BisazKathrin Saner
Im Team für Corporate Venture Capital der Postfinance ist Saner ständig auf der Suche nach innovativen Fintech-Start-ups.
Keren BisazAndreas Iten
Mit SIX und drei Partnerbanken gründete Iten 2015 den Fintech-Inkubator F10 und gab bereits über 200 Start-ups Starthilfe.
ZVGAndreas Iten
Mit SIX und drei Partnerbanken gründete Iten 2015 den Fintech-Inkubator F10 und gab bereits über 200 Start-ups Starthilfe.
ZVGPartnerschaften zwischen Banken und Fintechs erhöhen die Dynamik des Transformationsprozesses und treiben die Digitalisierung der Finanzwelt mit hohem Tempo voran.
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Zwar haben Banken – allen voran in der Schweiz – schon früh damit begonnen, einzelne Services und Prozesse zu digitalisieren, doch im Vergleich zu den technologischen Möglichkeiten wurden diese Veränderungen nur langsam vorangetrieben.
Ein Wandel geht naturgemäss nicht von etablierten Playern aus. Das erkannten auch Luba Schoenig und Tonia Zimmermann – beide haben lange bei grossen Schweizer Finanzhäusern gearbeitet und kennen die gesamte Wertschöpfungskette der Industrie.
Grosse Defizite sehen sie bei der klassischen Anlageberatung. «Die Menschen trauen der Bank, wenn es um die Sicherheit ihres Vermögens geht, aber sie zweifeln an der Qualität der Beratung», beschreibt Zimmermann die Lage.
2020 gründeten Schoenig und Zimmermann, die sich vor 15 Jahren bei der Credit Suisse kennengelernt hatten, die digitale Plattform UMushroom, die eine Hilfestellung bei Anlageentscheidungen und ein Marktplatz für Investmentideen sein soll. Anleger finden hier Kurse, Kennzahlen und Ratings von Aktien, ETFs und Fonds. Ausserdem Researchberichte, Community-Ratings, Social Media Sentiment.
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User können Portfolios erstellen und diese mit Banken oder Onlinebrokern verknüpfen. Eines Tages sollen zudem Einzeltitel, Fonds oder Portfolios von der UMushroom-Community bewertet werden – eine Art Financial Social Media für die nächste Generation von Investoren.
Eine Community von Endkunden aufzubauen, ist mühsam und zeitintensiv, daher suchen Schoenig und Zimmermann auch Partner bei Banken, Vermögensverwaltern und Fondshäusern – ihr Netzwerk aus 20 Jahren Bankkarriere ist dabei eine grosse Hilfe. «Kunden mit Vermögen von fünf Millionen Franken und mehr können sehr viel Aufmerksamkeit vom Kundenberater erwarten, wenn man aber darunter rangiert, wird es schwieriger», sagt Schoenig.
Kleinere Kunden würden von grossen Banken aus Kostengründen vernachlässigt, gleichzeitig liege hier viel Potenzial. «Banken wollen zusammen mit uns ihr Advisory-Konzept digitaler, zeitgemässer und frischer aufsetzen, ohne zu viele Ressourcen einzusetzen», erklärt die promovierte Finanzwissenschaftlerin.
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Die beiden Gründerinnen haben aber noch eine zweite Mission: Finanzwissen und somit finanzielle Unabhängigkeit für jeden und jede zu ermöglichen. Alle Schweizer Universitäten arbeiten inzwischen mit UMushroom zusammen, Dozenten nutzen die Plattform im Finanzunterricht. Zudem stellt das Start-up die Plattform fürs «Börsenspiel der Schweizer Universitäten» (BSU).
Es ist ungewiss, für welche Fintech-Firmen in einigen Jahren die Siegesglocken läuten werden – ganz in der Tradition von Yokoy. Sicher ist, dass Fintechs einen immer grösseren Teil des Markts für sich beanspruchen werden. Etablierte Player, die vor diesem Trend nicht die Augen verschliessen, können davon profitieren.
Als CEO der Hypothekarbank Lenzburg hat Marianne Wildi schon früh auf Kooperationen mit Start-ups aus der Fintech-Szene gesetzt. So profitieren Bank und Kunden von Innovationen.
Marianne Wildi ist seit 2010 ist Wildi Chefin der Hypothekarbank Lenzburg. Sie verfolgt eine Open-Banking-Strategie mit Schnittstellen für zahlreiche Fintech-Firmen.
ZVGMarianne Wildi ist seit 2010 ist Wildi Chefin der Hypothekarbank Lenzburg. Sie verfolgt eine Open-Banking-Strategie mit Schnittstellen für zahlreiche Fintech-Firmen.
ZVGAls CEO der Hypothekarbank Lenzburg hat Marianne Wildi schon früh auf Kooperationen mit Start-ups aus der Fintech-Szene gesetzt. So profitieren Bank und Kunden von Innovationen.
Fintechs gegen traditionelle Banken war gestern, heute suchen beide Seiten die Zusammenarbeit. Richtig?
Ja, das stimmt, aber für uns ist das nichts Neues. Wir kooperieren im Rahmen unserer Open-Banking-Strategie seit 2017 mit Start-up-Unternehmen, weil wir Synergien nutzen wollen. Im Start-up-Umfeld entstehen viele spannende Ideen, die wir unbedingt kennenlernen wollten.
Welches war die erste Kooperation?
Als Erstes haben wir mit Sonect, einem Anbieter für virtuelle Bankomaten, zusammengearbeitet. Mit Hilfe der Sonect-App oder Twint können Kunden schweizweit Bargeld beziehen. Die Gründer hatten eine fixfertige Software, ein schlüssiges Geschäftsmodell, eine klare Überzeugung, was sie wollten, und vor allem genug Investoren. Das war der Einstieg ins Geschäft mit unseren Open-Banking-APIs. Es hat uns gezeigt, dass eine Kooperation dann erfolgreich ist, wenn beide Seiten über ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell verfügen.
Ein weiterer Partner der Hypothekarbank Lenzburg ist Neon, der bekannte Anbieter von Smartphone-Konten.
Neon ist für uns die Fintech-Kooperation mit dem grössten Kundenwachstum. Seit dem Start 2018 haben wir gemeinsam über 100 000 Kundinnen und Kunden gewonnen. Jörg Sandrock, einer der Gründer, hat die Idee einer Finanz-App, die es in Deutschland und England bereits gab, sehr früh in der Schweiz umgesetzt. Er und sein Team brachten das nötige Engagement und den Durchhaltewillen mit, und wir trugen unseren Teil zu der Erfolgsstory bei.
Wie muss eine Kooperation mit einem Fintech-Start-up aussehen?
Wenn man den Fokus auf die eigenen Stärken und die Interessen der Kunden setzt, dann wird es ein Erfolg. Durch die Kooperation mit uns musste sich Neon beispielsweise nicht um Fragen betreffend Aufsichtsrecht, Compliance oder Geldwäscherei kümmern. Wir sind verantwortlich für die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben – diese Hürde können Start-ups so umgehen. Bei uns können sie sich voll auf ihr Geschäftsmodell, ihre Kunden und Ideen konzentrieren.
Es nutzen also beide Seiten Synergien?
Wenn ein Start-up zuerst in eine Banklizenz oder die Programmierung eines Kernbankensystems investieren müsste, wäre das Kapital falsch alloziert. Wir haben viele Schnittstellen, über die Fintechs andocken und unsere Bankservices nutzen können. Die Kooperation mit Neon zeigt uns, dass ein Start-up mit seiner Produktgestaltung und seiner Art der Kundenkommunikation eine Ergänzung zum traditionellen Banking sein kann. Wir decken mit unserem hybriden Angebot, in dem persönliche Beratung durch kompetente Mitarbeitende in unserem Geschäftsstellennetz mit digitaler Technologie ergänzt wird, andere Bedürfnisse ab.
Wann wird die Zusammenarbeit problematisch?
Wenn eine Fintech-Firma zu ähnliche Produkte wie die Bank selber anbietet. Die Bankmitarbeitenden fangen dann an, ihre Produkte oder Kunden zu verteidigen, und die Synergien gehen verloren.
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