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den Toten entkommen

So katapultierte Beat Hauenstein Davidoff zurück in die Gewinnzone

Vor fünf Jahren stand Oettinger Davidoff vor dem Abgrund. Jetzt ist der Basler ­Zigarrenhersteller wieder on fire.

Marc Kowalsky

«Ohne die Pandemie stünden wir noch besser da»: Beat Hauenstein.

Hauenstein beim Schmauchen auf der Dachterrasse des Hauptsitzes.

Paolo Dutto für BILANZ

Sein Erweckungserlebnis hatte Beat Hauenstein vor genau einem Vierteljahrhundert: Bei Coop war er damals verantwortlich für die Informatikstrategie, musste sein Budget von 24  Millionen Franken vor den 30 wichtigsten Managern verteidigen. «Was sind diese 120  000 Franken für Middleware?», brummte Konzernchef Hans-Ueli Loosli, als er die Posten durchging. Hauenstein erklärte es ihm und fügte hinzu: «Aber das sind ja nur 120 000 Franken.» Ein schwerer Fehler: «In diesem Moment entwich der gesamte Sauerstoff aus dem Raum, alle schauten mich entsetzt an, ich wollte im Boden versinken», erinnert sich Hauenstein. Loosli, als Rappenspalter bekannt, erwiderte mit schneidender Stimme: «Hauenstein, wissen Sie, wie viel Joghurt Sie verkaufen müssen, bis Sie die wieder reinholen?» Als der IT-Chef 14 Tage später ins HR-Büro gerufen wurde, rechnete er mit seiner Entlassung. Stattdessen wurde er ins Kernteam für die Neuorganisation des Detailhändlers berufen. «Das war meine unternehmerische Zündung», sagt er. «Seither liefere ich nicht nur die Daten, sondern ziehe auch die betriebswirtschaftlichen Schlüsse daraus.»

Offensichtlich mit Erfolg. Heute ist der 56-Jährige CEO eines Konzerns mit 3300 Mitarbeitern, aktiv in 139 Ländern, und einer halben Milliarde Umsatz: Oettinger Davidoff mit Sitz in Basel, Weltmarktführer im Bereich der handgerollten Premiumzigarren (die Preisspanne reicht von 3.50 bis 500 Franken). «Wir verzeichnen unser bestes Ergebnis seit der Firmengründung 1875», freut sich Hauenstein. Seit er die Führung des Tabakkonzerns vor sechs Jahren übernommen hat, ist der Vorsteuergewinn jährlich zweistellig gewachsen und liegt heute irgendwo im Bereich von 60 bis 80 Millionen Franken (genaue Zahlen gibt die Firma im Privatbesitz der Basler Familien Ryhiner und Schaffner nicht heraus). «Ohne die Pandemie stünden wir noch besser da», sagt Beat Hauenstein.

Doppelabgang

Dabei hatte der gebürtige Basler den Chefsessel in einer turbulenten Phase erklommen. Sein Vorgänger Hans-Kristian Hoejsgaard hatte 2011 eine forsche Expansionspolitik ausgerufen: Er vervielfachte die Anzahl der Flagshipstores, baute die Präsenz in den USA stark aus, lancierte ein Feuerwerk von Produktneuheiten. Um diese Investitionen überhaupt stemmen zu können, trennte sich die Firma vom Zigarettengeschäft, vom Grosshandel sowie von anderen Nebenaktivitäten. Die Folge: Der Umsatz halbierte sich auf 600 Millionen Franken. Und Oettinger Davidoff schrieb ab 2012 kontinuierlich rote Zahlen. 2017 dann der grosse Knall: Sowohl Hoejsgaard als auch VR-Präsident und Minderheitsaktionär Andreas Schmid verliessen die Firma gleichzeitig und per sofort. Ein sehr ungewöhnlicher Fall in einem Grossunternehmen und ein Beleg miserabler Nachfolgeplanung. Als gesichert kann gelten: Andreas Schmid hatte sich mit Vizepräsident Tobias Müller überworfen, einem der beiden Vertreter der Eignerfamilien im VR. Über alles weitere kursieren zwei Varianten: Die eine besagt, der Streit habe von dem mangelnden Erfolg der Expansionsstrategie gerührt, weshalb die Eigentümer die Geduld verloren und Schmid wie auch Hoejsgaard vom Hof gejagt hätten. Die andere besagt, dass Hoejsgaard nicht mit dem neuen Präsidenten Domenico Scala zusammenarbeiten und sich – auch angesichts seines nahenden 60. Geburtstags – noch einmal neu habe orientieren wollen.

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