Guten Tag,
Wer das Klima schützen möchte, wird nicht vegan oder streicht alle Flugreisen – sondern legt sein Geld nachhaltig an. BILANZ zeigt, wie es geht.
Mit Investments aus dem Nachhaltigkeitsuniversum wie in Wasserstoff oder Windkraft können Anleger durchaus auf einen grünen Zweig kommen.
Anne-Marie Pappas / Kombinatrotweiss für BILANZWerbung
Dieser Sommer war weltweit betrachtet der wärmste seit Beginn der Aufzeichnung. Für Klimaforscher steht die Hitze in einem klaren Zusammenhang mit der Erderwärmung – eine Folge der Verbrennung fossiler Energieträger. Neben der Erwärmung der Erdoberfläche sind auch die Temperaturen der Ozeane gestiegen, mit entsprechenden Folgen für die Ökosysteme der Meere. An den Polen ist eine beschleunigte Eisschmelze zu beobachten – mit nur schwer abschätzbaren Auswirkungen auf Strömungen, Meeresspiegel und Atmosphäre.
Ob auch der Starkregen und die Überschwemmungen sowie die Waldbrände in diesem Sommer Auswirkungen des Klimawandels sind, wird in der Wissenschaft debattiert.
Unabhängig davon nehmen die Sorgen über die globale Erwärmung zu und damit der Wunsch, ein umweltfreundliches und klimaschonendes Leben zu führen.
Doch auf Fleisch zu verzichten, nicht mehr zu fliegen oder das Auto durch ein Velo zu ersetzen, sind nebensächliche Massnahmen im Vergleich zu einem anderen Hebel, mit dem deutlich mehr Einfluss genommen werden kann: der Geldanlage.
Im Laufe eines Jahres ist eine Person in der Schweiz im Durchschnitt verantwortlich für die Emission von rund zwölf Tonnen Kohlendioxid (CO2). Ein signifikant höherer CO2-Ausstoss lässt sich einem globalen Aktienportfolio von einer Million Franken zuordnen, nämlich 450 Tonnen – eine Mehrbelastung um den Faktor 35. Nur wenige Anleger sind sich dieser Grössenordnung bewusst.
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Und selbst denjenigen, die ihr Vermögen nachhaltig anlegen möchten, wird es nicht leicht gemacht. Intransparente Investmentprodukte, widersprüchliche Labels und Anlageansätze sowie die Sorge vor Greenwashing und Renditeeinbussen sind Hindernisse auf dem Weg zu einem klimafreundlichen Portfolio. BILANZ zeigt, welche Wirkung ein klimafreundliches Portefeuille tatsächlich haben und wie es – am Beispiel von drei Musterportfolios – aussehen kann.
Die defensive Anlagestrategie.
BilanzDie defensive Anlagestrategie.
BilanzEs gibt eine berechtigte Debatte darüber, inwieweit «grüne» Aktieninvestments eine Wirkung auf das Klima haben. Wer Aktien kauft, gibt sein Kapital nicht wirklich dem Unternehmen, denn das wurde bereits beim Börsengang aufgenommen. Das investierte Kapital erhält einfach ein anderer Anleger, der seine Anteile verkauft.
So bekommen Firmen die meisten Transaktionen an den Börsen gar nicht mit, weil ihnen auch umgekehrt kein Kapital entzogen wird. Daher stellt sich die Frage, ob Anlagevehikel durch den Ausschluss einzelner Titel überhaupt einen Impact erzielen. Eine Wirkung haben solche Produkte ganz sicher: Sie geben Investoren ein beruhigendes Gefühl.
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«Viele Investoren wollen mit ihren Anlagen im Reinen sein», sagt Julian Kölbel, Assistenzprofessor für Sustainable Finance an der Universität St. Gallen, der die Motivation von Anlegern bei nachhaltigen Investments untersucht hat. «Es wird unterschätzt, wie wichtig dieser Aspekt ist. Viele Investoren wollen lieber eindeutig nachhaltige Titel im Depot als solche, die zwar nicht perfekt sind, aber immerhin Verbesserungen punkto Nachhaltigkeit vorzuweisen haben», so Kölbel.
Wenn man es richtig macht, lassen sich mit nachhaltigen Anlagen die Emissionen pro investiertem Franken um bis zu 60 Prozent reduzieren. Doch wie ist das überhaupt möglich? Es gibt nur zwei Hebel, mit denen Investoren eine Wirkung erzielen können: das Geld dahin lenken, wo es fehlt und einen positiven Beitrag leisten kann, etwa in erneuerbare Energien, neue Mobilität oder energieeffizientes Bauen.
Zudem können Investoren ihre Rechte als Anteilseigner ausüben und so auf das Management einwirken. Es gibt keine wissenschaftlich nachweisbare Wirkung, ohne einen dieser beiden Hebel. «Somit hat die Mehrzahl der nachhaltigen Geldanlagen, wie ETFs auf bestimmte Aktienmärkte oder Indizes, keine Wirkung im realen Leben», resümiert Tillmann Lang, Mitgründer und CEO des auf Impact Investing spezialisierten Fintechs Inyova.
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Wer mit seinem Kapital eine sichtbare Wirkung erzielen möchte, investiert in Projekte oder Firmen, die ohne Geld keinen Erfolg hätten oder gar nicht erst realisiert würden. «Denn dann passiert etwas, das sonst nicht passiert wäre», bringt es Lang auf den Punkt. Denkbar sind Investments in Private Equity, Green Bonds, im Mikrofinanzsegment oder Ähnlichem. So können Investoren kleine, innovative Unternehmen, die Lösungen für den Klimawandel vorantreiben, unterstützen und durch die harte Anfangsphase treiben.
«Den grössten Hebel mit seinem Investment hat man naturgemäss dort, wo es noch keinen Markt gibt, wo sonst noch niemand investiert», erklärt Julian Kölbel. Doch solche Investments sind mit hohen Risiken verbunden, erfordern viel Know-how und Zeit und eignen sich daher nicht für jeden.
Die ausgewogene Anlagestrategie.
BilanzDie ausgewogene Anlagestrategie.
BilanzDie Wirkung von Investments an den Aktienmärkten ist im Vergleich zu Engagements an den Privatmärkten gering. Selbst grosse Asset Manager können durch Käufe und Verkäufe im Nebenwertesegment, also bei Titeln mit geringem Handelsvolumen und Marktkapitalisierung, nur wenig bewegen – bei Big Caps ist kaum eine Wirkung möglich.
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Daher versuchen Investmentmanager, an Generalversammlungen klimafreundlichere Strategien durchzusetzen, machen Druck über öffentliche Kampagnen, suchen den regelmässigen Dialog mit den Unternehmen.
Studien zeigen, dass diese sogenannte Active Ownership funktioniert. «Wie in einer Demokratie erscheint einem die eigene Stimme wenig wirkungsvoll, trotzdem ist sie sehr wichtig», sagt Tillmann Lang von Inyova, räumt aber ein, dass sich auch mit der Active Ownership sehr viel mehr als Teil einer Bewegung erreichen lässt.
So nutzen viele Vermögensverwalter Plattformen und schliessen Allianzen mit anderen Anbietern, um ihrer Stimme mehr Gewicht zu verleihen. Inyova-Kunden können auf der Internetseite angeben, welche Nachhaltigkeitsziele ihnen wichtig sind, und per App bei Hauptversammlungen ihre Stimme abgeben.
«Es ist wesentlich wirkungsvoller, nachhaltig zu investieren, als sich vegan zu ernähren und auch mit dem Fliegen aufzuhören», betont auch Andy Ford, Head of ESG Investment Directors beim Vermögensverwalter Aviva Investors. Anleger, die Summen ab 500'000 Franken nachhaltig anlegen möchten, sind bei Globalance an der richtigen Adresse, für diese Kunden stellt die Zürcher Bank dann ein gut diversifiziertes klimafreundliches Portfolio zusammen.
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Anleger mit kleinerem Geldbeutel können bei Inyova, einer digitalen Plattform für Impact Investing, die passenden klimafreundlichen Anlagelösungen finden.
Die Portfolio-Manager von Globalance selektieren Geschäftsmodelle und Unternehmen, die eine positive Wirkung auf Gesellschaft, Umwelt, Klima oder Volkswirtschaft haben. «So setzen Investoren den Firmen Anreize», erklärt David Hertig, Gründungspartner von Globalance, den Ansatz.
Geld habe über die Kostenfunktion eine disziplinierende Wirkung. «Firmen, die schwer an Geld kommen, müssen höhere Zinsen am Kapitalmarkt zahlen. So lässt sich Druck ausüben», fügt der Ökonom hinzu. Wie klimafreundlich, zukunftsfähig und rentabel ihr Portfolio ist, können Anleger bei Globalance mit einem interaktiven Tool – der «Globalance World» – überprüfen.
Dabei wird die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet. «Bei den meisten Branchen ist die Wirkung des Produkts viel wesentlicher als dessen Herstellung», betont Hertig, der sich seit mehr als 20 Jahren mit wirkungsorientierten Anlagen beschäftigt. In den Portfolios von Globalance liegt der Fokus auf Anlagen mit einem Hebel, das heisst auf Produkten, welche die Effizienz steigern oder den Verbrauch von Ressourcen verhindern.
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Nach Jahren mit hohen Mittelzuflüssen und teils deutlicher Outperformance markierte 2022 eine Zäsur. Mit Krieg, Rezession, Inflation und Energiekrise braute sich für ESG-Strategien der perfekte Sturm zusammen. No-Go-Aktien wie Waffenhersteller und Erdölproduzenten waren plötzlich die Lieblinge der Börse. In den USA sind klimafreundliche Anlagen regelrecht in Verruf geraten.
Sogar die Galionsfigur und lautester Verfechter des ESG-Trends, Larry Fink, hat die Tonart gewechselt. Der CEO des weltweit grössten Vermögensverwalters Blackrock war immer wieder beschuldigt worden, zu «woke» zu sein. Vor einigen Monaten gab Fink dann bekannt, den Begriff «ESG» nicht mehr zu verwenden, da er polarisiere.
Doch das ist nicht alles: In den vergangenen zwölf Monaten hat Blackrock an Generalversammlungen deutlich seltener für umwelt- und sozialbezogene Vorschläge gestimmt als in den Jahren zuvor. Auch andere grosse US-Vermögensverwalter wie Vanguard und State Street haben ihr Abstimmungsverhalten zuletzt geändert.
Die Kritik an nachhaltigen Investments kommt in den USA Hand in Hand mit der Anti-Woke-Bewegung. «Das ist gerade in konservativen Kreisen eine Taktik, um Menschen anzusprechen, die sich ohnehin schon von den Zumutungen, die eine gesellschaftliche Transformation mit sich bringt, überfordert fühlen», meint Tillmann Lang von Inyova.
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ESG-Experte Andy Ford vermutet zudem eine gewisse Voreingenommenheit: «Es ist kein Zufall, dass es sich bei den Staaten, die sich gegen den Einsatz von ESG bei der Verwaltung von Pensionskassenmandaten aussprechen, um Staaten handelt, in denen fossile Brennstoffe eine grosse Rolle spielen – also Staaten, in denen die Öl- und Gasindustrie stark vertreten ist, viele Arbeitsplätze schafft und hohe Steuereinnahmen generiert.»
Die aggressive Anlagestrategie.
BilanzDie aggressive Anlagestrategie.
BilanzMit Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine haben Aktien von Gas- und Erdölkonzernen sowie Waffenproduzenten sehr gut abgeschnitten. Titel, die typischerweise nicht in nachhaltigen Portfolios zu finden sind – Wasser auf die Mühlen der ESG-Kritiker.
«Für Spekulanten sind das in solchen Marktphasen interessante Aktien, aber für einen langfristig orientierten Investor, der sein Geld als Altersvorsorge für zehn oder zwanzig Jahre anlegt, eben nicht», argumentiert Lang. Auch die Analysen der grossen Banken würden die Profite der Erdölkonzerne nur noch für die nächsten fünf bis zehn Jahre einkalkulieren.
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Die Frage nach der Performance von nachhaltigen Anlagen ist nicht neu. Die Wissenschaft hat eine klare Antwort darauf: Es lohnt sich. Timo Busch, Professor für Management und Sustainability an der Universität Hamburg, hat 2000 empirische Studien analysiert, die seit den 1970er Jahren zu diesem Thema publiziert wurden.
Während die Hälfte der Analysen einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen ESG-Kriterien und Performance finden, erkennen rund zehn Prozent eine negative Korrelation – alle restlichen Untersuchungen stellen keinen signifikanten Zusammenhang fest. «Für uns geht es bei ESG nicht um Ethik oder darum, die Welt zu retten», betont Ford von Aviva. «Natürlich gehen unsere Portfolios die grossen Herausforderungen der Nachhaltigkeit an, aber wir wissen, dass ESG-Faktoren auch die Rendite von Wertpapieren positiv beeinflussen.»
Für Privatanleger ist es nicht leicht, im Dschungel von ESG-Ratings, -Labels und -Standards den Durchblick zu erlangen, und die Sorge vor der Greenwashing-Falle ist berechtigt. David Hertig von Globalance rät Anlegern daher, der Bank folgende Fragen zu stellen: Verstecken sich in meinem Depot Namen wie BP, Exxon oder Rio Tinto?
Wie stark sind die Sektoren Energie, Rohstoffe und Versorger im Portfolio vertreten? Welcher Nachhaltigkeitsansatz wird verfolgt? Zeigen die Bankenreports auch die Wirkung meiner Anlagen auf? «Investoren sollten zudem die zehn grössten Positionen im Fonds zum Thema Nachhaltigkeit googeln. So kann man schnell Widersprüche erkennen», empfiehlt Hertig. Einen wichtigen Hinweis gibt auch der sogenannte Tracking Error – liegt die Abweichung zur Benchmark unter zwei Prozent pro Jahr, dann ist das Portfolio unwesentlich anders als der breite Markt investiert und eher nicht sehr klimafreundlich.
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Das vergangene Jahr war eine Feuerprobe für nachhaltige Investments. Das Start-up Inyova ist trotzdem jeden Monat gewachsen. Impact Investing kann auch in der Krise funktionieren. Viele Anleger halten an ihren Prinzipien fest, weil sie verstanden haben, dass die Klimakrise real ist und die Investitionsmöglichkeiten dahinter bestehen bleiben. Unternehmen, die langfristig aufgestellt sind und ESG-Faktoren in ihr Risikomanagement einbeziehen, sind auch diejenigen, die in Zukunft wertvoll sein werden.
In einem klimafreundlichen Portefeuille sollten rund 30 Aktien sein, die im Einklang mit dem Pariser 2-Grad-Ziel stehen – weltweit nach Sektoren und Regionen diversifiziert. Eine Ergänzung sind Valoren von Firmen, die Vorreiter bei Megatrends wie Klima und Energie, neuer Mobilität, Kreislaufwirtschaft und Urbanisierung sind.
Aus der Anlageklasse der Festverzinslichen sind Green Bonds die richtige Wahl. Diese werden zur Finanzierung von Umwelt- und Klimaschutzprojekten emittiert. Als Ergänzung sind Bonds von Firmen attraktiv, die hinsichtlich ESG, Klimapfad und finanzieller Qualität überdurchschnittlich gut abschneiden. Attraktive Zinsaufschläge bieten Schwellenländeranleihen. Auch hier soll der Fokus auf einer positiven ESG-Beurteilung liegen.
Tief korrelierte Anlagen sind ein wichtiger Bestandteil im Portfolio. Das können Projektfinanzierungen für grüne Infrastruktur wie Windkraft, Solar oder Batteriespeicher sein. Die Erträge sind vom Windanfall oder von der Anzahl Sonnenstunden abhängig und nicht vom Börsengeschehen. Das Gleiche gilt für Investitionen in Mikrofinanzinstitute, die in Schwellen- und Entwicklungsländern Mikrokredite vergeben. Oft fliessen diese in die Finanzierung dezentraler und erneuerbarer Energielösungen. Die Renditen von Mikrofinanzfonds bewegen sich zwischen zwei und drei Prozent jährlich und werden von der Leitzinspolitik der Notenbanken kaum beeinflusst.
Realwertbeteiligungen an grüner Infrastruktur wie Windkraft, Solar, Batteriespeicher sind eine weitere sinnvolle Beimischung. Der hohe Anteil an fixierten und oft inflationsgebundenen Einnahmen aus verkauftem Strom bieten Schutz gegen Inflation.
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