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Als Zürcher Regierungsrätin hat Natalie Rickli nun ein paar schwere Brocken zu stemmen, von Corona mal ganz abgesehen.
Natalie Rickli: Die Zürcher Regierungsrätin verantwortet eine Reihe mitunter umstrittener Entscheide.
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Klar, Natalie Rickli, seit eineinhalb Jahren Gesundheitsdirektorin im Kanton Zürich, davor zwölf Jahre SVP-Nationalrätin, wollte in die Exekutive. Die 44-Jährige sagt auch, sie bereue den Entscheid nicht. Doch: Fraglos kam alles etwas schwieriger als vorgestellt. Gesundheitspolitik war für die auf Sicherheits-, Ausländer- und Medienthemen fokussierte Rickli Neuland. Es steht Wegweisendes an wie die Spitalplanung. Den Termin dafür hat sie – «sonst hätte ich mich nicht einbringen können» – um ein Jahr auf 2023 verschoben. Es war ihre erste Amtshandlung.
Dass sie neu sei im Fach Gesundheit, berge den Vorteil der Unbefangenheit, so eine ihrer ersten Botschaften. Die Corona-Krise ist eine beispiellose Zeit und Zaudern für Rickli ein Fremdwort. Sie verantwortet denn auch eine Reihe mitunter umstrittener Entscheide, wie die systematische Erfassung der Daten von Flugpassagieren, begleitet von einer Quarantäne-Kampagne, die sie innert kürzester Zeit mit der Werbeagentur Ruf Lanz aus dem Boden gestampft hat.
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Mit der Anschaffung von zwei Maschinen zur Herstellung von Swiss-made-Masken landete sie einen Flop. Vorerst. Die Mängel sind behoben und die Maschinen an den Hersteller veräussert. Swiss-made-Masken sind ihr bei Bedarf und on demand zugesichert.
Im siebenköpfigen Zürcher Regierungsrat sitzt Rickli mit der Winterthurerin Jacqueline Fehr öfter am gleichen Tisch, als ihr lieb sein kann. Die beiden waren schon im Nationalrat nie einer Meinung. Kleines Beispiel: eine breit angelegte Maskenpflicht. Bis sie am 24. August vom Regierungsrat eingeführt wurde, war Fehr dagegen, Rickli dafür.
Für Kopfzerbrechen sorgt das Führungstrio des Universitätsspitals Zürich – CEO Gregor Zünd sowie Martin Waser und Urs Lauffer, Präsident und Vize des Spitalrats. Sie finden aus dem Debakel, welches das Image der einst angesehenen Herzchirurgie schwer schädigt, offenbar nicht heraus. Rickli hat nun ein Gutachten in Auftrag gegeben, um aufzuräumen und die Herren in die Pflicht zu nehmen. In die Pflicht nimmt sie auch die Clubbesitzer, welche die Angaben der Besucher seit dem Fall mit dem Superspreader im Zürcher «Flamingo» auf Richtigkeit gegenchecken müssen.
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Zudem gibts ohne Tracing-App keinen Einlass mehr. Zuwider ist Rickli zuweilen auch SVPlerisches. Als ihre Partei 2019 in einer Kampagne die politischen Gegner als Maden im Apfel darstellte und «Weltwoche»-Chefredaktor und SVPler Roger Köppel das Plakat mit «Endlich Wahlkampf» bejubelte, ging sie auf Distanz. Rickli lässt sich nichts gefallen: Gegen den sie verunglimpfenden Rap-Song der Berner 200 BPM & Tilt erstattete sie Strafanzeige. Das war im März 2016. Im Februar 2020 erhielt sie von der Staatsanwaltschaft Bern recht.
Die Gegenspieler: Jacqueline Fehr, Gregor Zünd und Martin Waser (v.l.).
ZVGDie Gegenspieler: Jacqueline Fehr, Gregor Zünd und Martin Waser (v.l.).
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Christiane Meier, ab 1. September Zürcher Kantonsärztin, sowie ihre Stellvertreterin Bettina Bally sind für Gesundheitspolitikerin Rickli fraglos Schlüsselfiguren. Rickli sitzt zudem im Vorstand der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren, deren Präsident Lukas Engelberger Anfang Juni angetreten ist, «um zur Weiterentwicklung des Schweizer Gesundheitswesens beizutragen» – das ist Wasser auf ihre Mühlen, hat Rickli oben auf ihrer To-do-Liste doch das neue Spitalgesetz stehen.
In diesem Kontext ebenfalls höchst wichtig ist Christian Schär, Präsident des Verbands Zürcher Krankenhäuser (VZK). Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr spielt ihr Passagierdaten zwecks Eindämmung von Corona in die Hände.
Die Mitstreiter: Christiane Meier, Mario Fehr, Bettina Bally und Lukas Engelberger (v.l.).
ZVG/Keystone/Sabina BobstDie Mitstreiter: Christiane Meier, Mario Fehr, Bettina Bally und Lukas Engelberger (v.l.).
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Rickli galt im Nationalrat als gründlich, pflichtbewusst, fleissig, linientreu und dossierfest. Und sie galt auch als Politikerin, der Konsens in der Sache wichtiger ist als Parteizugehörigkeit. Damit hat sie immer wieder weit über die SVP-Stammwählerschaft hinaus Punkte gesammelt – und für sich persönlich tragfähige Beziehungen aufgebaut. Zum Beispiel zu Daniel Jositsch, Strafrechtsprofessor an der Uni Zürich sowie Zürcher SP-Ständerat: Mit ihm ist sie seit dem gemeinsamen Kampf für eine harte Bestrafung von Pädophilen befreundet.
Mit FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen, dem Tessiner CVP-Nationalrat Marco Romano und dem einstigen FDP-Parlamentarier und heutigen Zürcher Stadtrat Filippo Leutenegger gehörte sie zum harten Kern der SRG-Kritiker und zum Vorstand der «Aktion Medienfreiheit», deren Präsidentin sie bis zu ihrer Wahl in den Zürcher Regierungsrat war. Gregor Rutz, Zürcher SVP-Nationalrat und langjähriger Weggefährte, ersetzt sie dort ad interim.
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Eng ist auch die Freundschaft mit der Winterthurerin Chantal Galladé, bis 2018 SP-Nationalrätin. Heute ist Galladé GLP-Mitglied und eine von vier Schulpräsidenten in Winterthur. Mit Stadler-Rail-Boss und SVP-Mann Peter Spuhler war sie meist auf einer Linie und pflegt bis heute den Austausch.
Die Bern-Connection: Daniel Jositsch (l.) und Peter Spuhler.
Theodor Stalder/KeystoneDie Bern-Connection: Daniel Jositsch (l.) und Peter Spuhler.
Theodor Stalder/KeystoneRickli hat ihre KV-Lehre bei Fenaco absolviert. Bundesrat Ueli Maurer, der sie Jahre später bei ihrer Kandidatur für den Nationalrat unterstützte, sass damals bei der Agrargenossenschaft im Verwaltungsrat. Beruflich steuerte sie in die Werbebranche, politisch als 19-Jährige zur SVP. Beim Werbevermarkter Goldbach Media arbeitete sie während zwölf Jahren eng zusammen mit Michael Frank und Beat Curti.
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In der SVP sorgte unter anderem der Unternehmer und SVP-Politiker Walter Frey dafür, dass sie gute Listenplätze erhielt. Rita Fuhrer war Co-Präsidentin bei all ihren Wahlen und ist bis heute eine enge Verbündete. Der Aufstieg war rasant: Mit 25 Gemeinderätin in Winterthur, mit 30 Kantonsrätin und 2007 dann Nationalrätin. Sie erzielte bei den Nationalratswahlen 2011 das schweizweit beste Resultat, 2015 landete sie auf Platz zwei.
Ihren Job bei Goldbach gab sie 2018 auf und gründete eine Kommunikationsagentur – was von kurzer Dauer war: Rickli wurde im Herbst 2018 von den Delegierten der SVP Zürich für den Regierungsrat nominiert und im März darauf in die Exekutive gewählt. Sie übernahm von FDP-Mann Thomas Heiniger die Gesundheitsdirektion – und einige Baustellen, Stichworte dazu sind Axana und Spitalgesetz.
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Ueli Maurer, Beat Curti und Rita Fuhrer (v.l.).
Keystone/Joseph Khakshouri/Lea MeienbergUeli Maurer, Beat Curti und Rita Fuhrer (v.l.).
Keystone/Joseph Khakshouri/Lea MeienbergSo aufgeschlossen sie als Berufsfrau wirkt, so diskret ist Rickli, wenn es um Persönliches geht. Immerhin machte sie am letzten Kispi-Ball im «Baur au Lac» Frank Eisenhut als ihren Partner öffentlich. Der 51-Jährige ist Head Real Estate Controlling bei Swiss Life. Die beiden leben zusammen in Ricklis Heimatstadt Winterthur.
Eng ist das Band zu ihrer Schwester Ronja, die zwei Jahre jünger ist als sie. Rickli gleicht sich mit Yoga aus, geht Walken. In den Ferien ist sie gern entweder weit über oder ein paar Meter unter dem Meeresspiegel: Sie liebt Wandern, Skifahren und Tauchen.
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Natalie Rickli mit Partner Frank Eisenhut.
David BiedertNatalie Rickli mit Partner Frank Eisenhut.
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