Guten Tag,
Kurz bevor der Vorhang fällt, liefert Porsche einen Paukenschlag: den scharf gemachten 718 Cayman GT4 RS. Der geht ordentlich ab.
Dirk Ruschmann
ZWEI CAYMANE IN FREIER NATUR Rechts der ganz scharf gemachte 718 Cayman GT4 RS, links sein auch nicht fader kleiner Bruder GT4.
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Er ist der letzte seiner Art: Brutal schnell, jedes Gramm Fett herausgezüchtet, leichtes Karbon all over the machine, der riesige Heckspoiler von oben per «Schwanenhals» aufgehängt, damit die Luft unten besser anströmen kann. Der Motor stammt vom grossen bösen Bruder.
Wo sonst die hinteren Seitenscheiben hocken, also knapp hinter den Ohren des Fahrers, helfen nun Lufteinlässe der Performance und einem wunderbar rotzigen Soundteppich auf die Sprünge, wie man ihn von Porsche bisher nicht gekannt hat: Der 718 Cayman GT4 RS läutet das Ende der hauseigenen Konkurrenz für den Klassiker 911 ein – die kommende Generation des bisherigen Mittelmotor-Sportlers wird nur noch mit Batterieantrieb fahren; 2024 oder 2025 wird es so weit sein, als optische Blaupause stellte Porsche im vergangenen Jahr die Studie «Mission R» auf die Felgen, die mit Hochleistungsbatterien auch als Rennwagen verkehren soll. Bis dahin überbrücken allenfalls noch Sondermodelle die Zeit, so rechnen wir fest mit einem Spyder, der die charakteristischen Bürzel trägt.
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Im GT4 RS rotzt also der Verbrenner aus dem grossen Bruder 911 GT3, der dazu allerdings mit zahlreichen Umbauarbeiten in der Arbeitsrichtung gedreht werden musste. Dass nominell im 718 zehn Pferde weniger als im 911 galoppieren, hat mit diesen Umbauten zu tun: Der Auspuffweg wurde länger, was bei einem Sauger mehr Gegendruck zur Folge hat. Dennoch gelten die gemeldeten 500 PS als höchst konservativer Wert, in der Realität dürfte es mindestens eine grosse Postkutsche mehr sein.
Dieser Sportwagen, den es leicht angepasst auch als «Clubsport», also für professionelle Renneinsätze, zu kaufen gibt, vereint in sich also mit das Beste aus der alten Autowelt – ist deshalb aber noch längst kein Anachronismus. Im Gegenteil: Bei unserer Testfahrt auf der ehemaligen Formel-1-Strecke in Estoril floss kein klassisches Benzin durch die Spritleitung, sondern «Renewable Racing Fuel», kurz Refuel. Es stammt aus Bioabfällen, vor allem Zuckerrüben, und wird bereits in der Porsche-Konzernrennserie Supercup eingesetzt.
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WENN AUTOS IM KREIS FAHREN Estoril ist kein einfacher Kurs, da helfen die Hosenträgergurte beim Sitzenbleiben in der Parabolica. Der Heckspoiler erzeugt enormen Abtrieb, der Spassfaktor ist ähnlich enorm.
Hoch Zwei / Juergen Tap / Porsche AG / ZVGWENN AUTOS IM KREIS FAHREN Estoril ist kein einfacher Kurs, da helfen die Hosenträgergurte beim Sitzenbleiben in der Parabolica. Der Heckspoiler erzeugt enormen Abtrieb, der Spassfaktor ist ähnlich enorm.
Hoch Zwei / Juergen Tap / Porsche AG / ZVGNoch in diesem Jahr soll dann auf «E-Fuel» umgestellt werden: Wasser wird in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten, Letzterer mit aus der Luft abgeschiedenem Kohlendioxid in synthetisches Methanol und dieses schliesslich in Kraftstoff umgewandelt; der Sportwagenhersteller kooperiert dazu mit dem Ölriesen ExxonMobil, der für diesen letzten Umwandlungsschritt eine Technologie bereithält.
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Umwelt-Disclaimer aus – einsteigen und die Hosenträgergurte strammziehen! Estoril ist kein einfacher Kurs, Instruktor David Jahn, ein erfolgreicher Racer, fährt mit einem 911 GT3 vorneweg auf der Ideallinie. Man sollte, theoretisch, im selben Tempo folgen können. Aber kennt man das Auto noch nicht, biegt dann in die kleine Parabolica mit surreal hohem Tempo ein und müsste gefühlt gleich abfliegen, dann geht man doch etwas vom Gas – und hat die Fahrgemeinschaft damit unnötig eingebremst.
Die Rennreifen bieten viel mehr Grip, als Laien am Steuer wie wir uns das vorstellen können, das Limit ist und bleibt trotz stetiger Mutsteigerung ewig weit weg, immer und immer wieder. Einlenken und am Pace Car hängen bleiben, «versuchs, es geht», sagt der Profi, der aber auch zugesteht: Vertrauen in ein unbekanntes Auto aufbauen – das braucht mehr als fünf Runden. Doch auch für vorsichtige Amateure ist unfassbar, was mit dem GT4 RS möglich ist. Im Autojournalisten-Wörterbuch wäre er ein «Rasiermesser der Strasse». Er lenkt punktgenau ein, fährt sich extrem direkt mit klar lesbaren Rückmeldungen vom Strassenbelag (oder den Randsteinen), der Sauger dreht zackig, aber schön linear durch die eng gestuften Gänge hoch, am Ende der Start-Ziel-Geraden liegen über 250 km/h an.
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Man hat immer das Gefühl, das Auto mache genau, was man von ihm möchte – und würde mit wachsender Routine am Steuer den Weg zu schnelleren Kurven und engeren Radien noch so gern mitgehen. Der GT4 RS ist so gesehen ein Versprechen an die persönliche Entwicklungsfähigkeit.
Diese sollte zumindest finanziell von Anfang an gegeben sein. Wer nicht die superleichten Aluminium-Räder, sondern die noch viel leichteren Magnesium-Räder möchte, müsste zunächst das sogenannte «Weissach-Paket» ordern, das viel Sichtkarbon mitbringt und einen knappen Zwanziger kostet, und dann für die Ultraleichtfelgen weitere 18 Kilo Franken aufwerfen. So lässt sich der Preis des Cayman GT4 RS, der bei knapp 177'000 Franken startet, über den Grundpreis des grossen Bruders 911 GT3 treiben.
Dem Verkauf dürfte das, wie bei Porsche üblich, nicht schaden: Zwar ist das Modell nicht formal limitiert, aber schon jetzt soll die Nachfrage weit über den Produktionskapazitäten liegen. Zückerchen auf der Sahnehaube ist eine vom GT4 RS abgeleitete Armbanduhr, die umfangreich personalisierbar ist, deren Aufzugsrotor unter dem Glasboden etwa das Design der eigenen Felgen zitiert. Nur Autokäufer können sie bestellen. Für einen runden weiteren Zehner.
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Einer, der seine Entwicklungsfähigkeit schon unter Beweis gestellt hat, ist Jörg Bergmeister. Der Mittvierziger, eine Leverkusener Frohnatur und langjähriger Werksfahrer, zeigt mit der Clubsport-Variante, was sich aus Motor und Fahrwerk von Profis herausholen lässt. Bremst Bergmeister, reisst es den Beifahrer ruckartig nach vorne, obwohl er ohne Traktionskontrolle fährt, also das Auto im Griff behalten muss. Was im Fernsehen so ruhig und klinisch aussieht, das Beschleunigen, Bremsen, Einlenken, Überfahren von Grasnarben und Curbs, ist im Schalensitz ein brutales Geschüttel, ein Kampf gegen die einwirkenden Kräfte. Also absolut faszinierend.
Als nächsten Schritt entwickelt Porsche synthetisches E-Fuel – in Chile, wo die benötigten Mengen an Strom dank hohen Windstärken günstig herzustellen sind: für die eigenen 911er und Oldtimer, den Motorsport und Testfahrzeuge. Heute noch zehn Dollar pro Liter teuer, kalkulieren Porsche-Leute hinter vorgehaltener Hand, dass 2030 der Preis für E-Fuel deutlich unter zwei Dollar liegen werde.
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Wenn so die Zukunft des klimafreundlichen Verbrennungsmotors aussieht: Lasset die Zukunft zu uns kommen!
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