Guten Tag,
Der Abgang von CEO Pierre-Alain Ruffieux hat Wellen geschlagen. Intern war er aber seit Monaten umstritten.
Dirk Ruschmann
Pierre-Alain Ruffieux (im Bild) war seit November 2020 CEO bei Lonza, kam als Wunschkandidat von Chairman Albert Baehny. Ruffieux konnte die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen.
Paolo Dutto für BILANZWerbung
Als im März dieses Jahres Lonza nach Interlaken zu einem internen Management-Meeting geladen hatte, verfolgten die Kaderleute eine denkwürdige Präsentation von Verwaltungsratspräsident Albert Baehny. Von «Professional Journey» sei dabei die Rede gewesen, also wie man sich an neue Führungsaufgaben adaptieren und weiterentwickeln solle: wie man Glaubwürdigkeit aufbaue, wie man klar kommuniziere oder mit der neuen Verantwortung – Austausch mit mächtigeren Stakeholdern, Arbeiten unter verschärfter Beobachtung – umgehen lerne. «More listening, less teaching» sei eines der Schlagwörter gewesen, berichtet ein Teilnehmer. Sein Fazit: «Ich war nicht der Einzige mit dem Eindruck, das Ganze richte sich vor allem an unseren CEO.»
Der nach aussen hin überraschende Abgang von Lonza-CEO Pierre-Alain Ruffieux hatte sich intern wohl schon länger abgezeichnet, zumindest hatte seit Monaten Unzufriedenheit um sich gegriffen. Viele Mitarbeiter klagten über mangelnde Empathie und Inspiration durch Ruffieux, fanden ihn «technokratisch», vermissten «Leadership». Ein Beobachter sagt, Ruffieux «konnte die Leute nicht hinter sich versammeln». Zumal der unter ihm erfolgte Kursverfall der Lonza-Aktie viele in ihrem Selbstverständnis getroffen habe: Man arbeitete jetzt nicht mehr bei einem stolzen Highflyer, sondern einem Problemfall.
Werbung
Gravierender dürften als Trennungsgrund die Irritationen sein, die Ruffieux bei Kunden und Investoren ausgelöst hat. Schon grundsätzlich galt sein Kommunikationsstil in der Finanzgemeinde als ungenau. Doch die Fragezeichen häuften sich, als Ruffieux im Mai in einem Interview in der «Finanz und Wirtschaft» Zuversicht verkündete, im Juli dann aber eine entsprechend überraschende Gewinnwarnung verkünden musste, die Investoren umso saurer aufstiess.
Die Verwunderung von aussen und die Sorgen um den siechenden Aktienkurs hatten längst den Verwaltungsrat erreicht. Eine Person mit Zugang zum Gremium sagt: «Die haben sich Sorgen gemacht.» Offenbar war Baehny mit seinen Versuchen, Ruffieux für den CEO-Job zu coachen, bei diesem zunehmend auf taube Ohren gestossen. Im Verwaltungsrat, so der Insider, «sind sich die Damen und Herren bewusst, dass sie einen Fehlgriff getan haben». Das gelte insbesondere für Baehny selber, dessen Wunschkandidiat Ruffieux war.
Dass es dann schnell ging, hat sicher mit Lonzas Kapitalmarkttag (CMD) zu tun, der auf Mitte Oktober angesetzt ist. Ein solcher Tag wird vom CEO geleitet, und die Trennung kurz nach dem CMD zu verkünden, wäre bei den Investoren noch schlechter angekommen als davor. Dass Lonza zeitgleich mit der Ankündigung von Ruffieux’ Abgang nicht, wie sonst üblich, die Finanzziele für 2024 bestätigte, sorgte für Angst bei Anlegern – entsprechend rauschte der Kurs abwärts. Baehny, der nun im Doppelmandat den CEO gibt, wird am CMD viel zerbrochenes Porzellan kitten müssen.
Werbung
Für die Nachfolge sind Baehny und die VR-Veteranen Christoph Mäder und Jürgen Steinemann gefragt. Zur GV im Mai 2024 sollte sie geregelt sein.
Werbung