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Nach mehreren Flops in der Medikamentenentwicklung dümpelt der Kurs des Pharmariesen Roche. Kann der neue CEO Thomas Schinecker für die nötige Revitalisierung sorgen?
Nach zwanzig Jahren bei Roche nun ganz oben angelangt: Thomas Schinecker, neuer CEO von Roche.
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Seinen ersten Tag als neuer Chef des Weltkonzerns feierte er nicht mit einer Party, sondern mit einer abendlichen Trainingseinheit im lokalen Fitnessclub. Seine Frau habe ihn mitgenommen, erzählt er, Spinning sei es gewesen, 45 Minuten schweisstreibender Einsatz, und dann wieder heim zu den Kindern.
Am 14. März war das, nach der Generalversammlung in Basel und der dort abgesegneten Rochade in der Führung: Severin Schwan, der 15 Jahre lang als CEO die Geschicke des Konzerns geleitet hatte, wurde zum neuen Präsidenten gewählt, Schinecker, bisher Chef der Diagnostiksparte, ersetzt ihn als CEO.
Nach der Generalversammlung fuhr der 47-Jährige heim. Er wohnt mit seiner Familie seit knapp sechs Jahren in der Nähe von Rotkreuz ZG, wo der Sitz der Diagnostiksparte ist. Fortan wird er unter der Woche in Basel eine kleine Wohnung haben und ansonsten pendeln: «Ist ja nicht so weit und erlaubt meinen Kindern, weiterhin in ihrem Umfeld zu bleiben», sagt Schinecker.
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Zum Gespräch mit BILANZ empfängt er im 44. Stock des Roche Tower 2, der Konzernzentrale am Rheinknie. Der Turm ist mit 205 Metern das höchste Gebäude der Schweiz und damit auch Manifestation des Selbstbewusstseins des 127 Jahre alten Unternehmens. Mit sieben Metern pro Sekunde rauschen die Lifte nach oben, später wird Schinecker vor einem der grossen Fenster mit imposantem Blick auf Basel für den Fotografen posieren. 2800 Fenster hat der Turm, es dauert drei Monate, um sie alle zu putzen.
Der 127 Jahre alte Pharmakonzern strotzt vor Selbstbewusstsein (Bild: Konzernzentrale in Basel mit den beiden Türmen, gestaltet von den Stararchitekten Herzog & de Meuron).
F. Hoffmann-La Roche Ltd.Der 127 Jahre alte Pharmakonzern strotzt vor Selbstbewusstsein (Bild: Konzernzentrale in Basel mit den beiden Türmen, gestaltet von den Stararchitekten Herzog & de Meuron).
F. Hoffmann-La Roche Ltd.Werbung
Er selbst setzt sich weit bescheidener in Szene als seine Firma: schlichter Anzug, Hemd ohne Krawatte, offenes Lächeln zur Begrüssung – ein Mann ohne Allüren. Sein bodenständiger Auftritt passt gut zur Kultur von Roche, wo Unaufgeregtheit und eine langfristige Ausrichtung seit eh und je Kernwerte sind. Auch Schinecker hat diese Werte verinnerlicht. Auf die Frage, welche persönlichen Zeichen er nun setzen und wie er Roche als CEO prägen wolle, verweist er zunächst mal ausführlich auf die Bedeutung von Kontinuität, die für eine innovationsgetriebene Firma die Grundlage sei.
Aber der Mann hat durchaus das Zeug zum Veränderer: Leute, die mit ihm gearbeitet haben, schildern ihn nicht nur als Mann der Beständigkeit, sondern ebenso als Anpacker und schnörkellosen Umsetzer. Im Bereich Diagnostik, den er in den letzten vier Jahren leitete, liess er keinen Stein auf dem anderen und krempelte die Führungsstruktur grundlegend um. Sein Gesellenstück wurde die schnelle Anpassung der Produktion an die Erfordernisse der Pandemie, die im Februar 2020 die Schweiz erreichte, knapp ein halbes Jahr nachdem Schinecker die Leitung der Sparte übernommen hatte. Unter Schineckers Management wurde Roche zum führenden Hersteller von Corona-Tests, mehrere Milliarden an Zusatzeinkünften flossen in die Kasse des Konzerns. Er und sein Team arbeiteten fast rund um die Uhr, gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» beschrieb er diese Zeit mal als «100-Meter-Sprint auf Marathonlänge».
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Auch dem Gesamtkonzern stünde ein gehöriger Schub Veränderung gut an. Der Aktienkurs von Roche ist im Sinkflug, im Jahresvergleich ist er um über 30 Prozent gesunken, auch im laufenden Jahr sind die Papiere rund 11 Prozent im Minus (Stand 27. März) und gehören damit zu den schlechtesten Werten im Swiss Market Index (SMI).
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Die Konkurrenz zieht davon: War Roche noch vor wenigen Jahren der Primus der Branche, haben nun andere die Nase vorn. In Europa hat der dänische Konzern Novo Nordisk Roche als wertvollstes Pharmaunternehmen vom Thron gestossen, vor allem dank einer starken Positionierung im Bereich Diabetes, einem entscheidenden Wachstumsbereich bei einer immer dicker werdenden Weltbevölkerung. Um über 30 Prozent legte der Kurs der Nordländer im Jahresvergleich zu. Auch AstraZeneca hat tüchtig aufgeholt und konnte den Kurs in den letzten drei Jahren um über 50 Prozent steigern – unter einem Ex-Roche-Mann notabene, Pascal Soriot, ehemals Pharmachef, der bei Roche nicht zum Handkuss kam und nun beim britisch-schwedischen Konzern für Furore sorgt. Auch andere Ex-Roche-Topleute können sich ausserhalb offenbar besser entfalten: Bill Anderson, Pharmachef bis Dezember, wechselt als CEO zu Bayer, sein Vorgänger Daniel O’Day ist heute CEO der US-Firma Gilead. Dass Roche derlei Topleute nicht halten kann, spricht nicht für die Firma.
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Roche wächst zwar noch, aber nur mehr bescheiden: Um zwei Prozent stiegen die Gruppenverkäufe im vergangenen Geschäftsjahr – einzelne US-Konkurrenten konnten mit zweistelligen Wachstumsraten auftrumpfen. Dazu kommt, dass sich Roche zu viele Flops leistet: 2022 scheiterten gleich drei Wirkstoffe in einer späten Phase der Entwicklung. So unter anderem der Hoffnungsträger gegen Alzheimer, ein Präparat namens Gantenerumab – dies nach Investitionen von mehreren Milliarden. «Der Markt scheint das Gefühl zu haben, dass vorher alles funktioniert hat und jetzt plötzlich nichts mehr. Gemessen am Aktienkurs scheint sich der Markt zu fragen: Liegt hier nur ein unglückliches zeitliches Zusammentreffen vor, oder schlummert da womöglich ein systemisches Problem?», sagt Stefan Schneider, Healthcare-Analyst bei der Bank Vontobel.
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Die Ex-Roche Topleute Daniel O’Day (im Bild), Bill Anderson und Pascal Soriot wurden CEOs bei Konkurrenten.
ReutersDie Ex-Roche Topleute Daniel O’Day (im Bild), Bill Anderson und Pascal Soriot wurden CEOs bei Konkurrenten.
Reuters«Wir haben eines der besten Portfolios in der Pharmaindustrie», sagte Schwan im Dezember der «NZZ», doch der Markt teilt seine Euphorie nicht. Viele Analysten sind skeptisch: «In der mittelfristigen Pipeline gibt es wenig, was einen bedeutenden Unterschied machen würde», schrieb etwa die UBS Anfang März in einer Studie. Im Titel ist einfach keine Fantasie. Kundenberater von Banken bestätigen dies. Es fehle an einem «Trigger», so Eugi Burgener, Head of Swiss Equity bei Mirabaud Securities. Ihm falle auf, «dass sich amerikanische Kunden im Vergleich zu den Vorjahren weniger für die grossen Schweizer Pharmafirmen interessieren». «Es braucht mal wieder einen richtigen Erfolg, etwas, das die Leute energetisiert», sagt Christian Lach, Lead Portfolio Manager des Bellevue-Biotech-Fonds.
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Klar ist: Nach 15 Jahren Severin Schwan wirkt die Firma etwas betriebsmüde, man erhofft sich nun frischen Wind von Neuen. Schwan hat aber schon im Sommer bei der Ankündigung der Rochade klargestellt, dass es unter ihm als Präsident keine grossen strategischen Änderungen geben werde.
Das Problem von Schinecker ist: Er muss den Spagat schaffen zwischen der herbeigesehnten Energetisierung und der Tatsache, dass zu viel Veränderung indirekt auch als Kritik an der Zeit und am Wirken seines Vorgängers Schwan gesehen werden könnte. Und das ist heikel, denn Schwan bleibt als Präsident des Verwaltungsrats der starke Mann.
In Thomas Schinecker als neuen CEO wird grosse Hoffnung gesetzt.
Joseph KhakshouriIn Thomas Schinecker als neuen CEO wird grosse Hoffnung gesetzt.
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Dass der bisherige CEO nach seiner Amtszeit Präsident wird, gilt aus Corporate-Governance-Erwägungen als ungünstig, weil sich der neue CEO im Schatten des Vorgängers eventuell nicht frei entfalten könnte. Schinecker sieht dies bei Roche nicht: «Severin Schwan ist einer, der viel Freiheit lässt.» Auch in seiner Zeit als Chef der Diagnostiksparte sei er mitunter anderer Meinung gewesen als Schwan, doch man habe dies stets ausdiskutieren können: «Ihm wie mir geht es stets um die Sache und nie um Personen». Schwan selbst hatte eine andere Ausgangslage: Präsident Franz Humer machte 2014 dem Branchenfremden Christoph Franz Platz, der vorher Chef der Lufthansa war und vom Pharmabusiness wenig Ahnung hatte. Das stärkte die Position des CEO, umso mehr, als Schwan seit 2013 zusätzlich auch im Verwaltungsrat Einsitz hatte und dort mit seinem Fachwissen auftrumpfen konnte. Im Umfeld von Franz wird vermutet, der scheidende Präsident hätte gerne noch länger auf dem Sessel verweilt – kein Wunder, ist der Job des Roche-Präsidenten doch höchst angesehen und mit sechs Millionen im Jahr auch fürstlich bezahlt (CEO Schwan bekam für 2022 gar über 14 Millionen). Dass sich Franz jetzt verabschiedet im Einklang mit den Vorgaben moderner Corporate Governance, die eine Amtszeit von zwölf Jahren als obere Grenze sieht, ist ihm als ehrenhaft anzurechnen, steht aber vor dem Hintergrund, dass jetzt Schwan kommt, etwas quer in der Landschaft. Denn Schwan dürfte sich auf eine deutlich längere Amtszeit einstellen – er ist ja schon zehn Jahre im Rat, und dass er jetzt nur zwei Jahre als Präsident wirken wird, ist kaum anzunehmen. Dass Schwan mit Schinecker schnell einen Nachfolger aus dem Sack zaubern konnte, war auch für ihn ein Vorteil. Auf den letzten Zacken schaffte Schwan es 2022, sich von der taumelnden Grossbank Credit Suisse, wo er als VR-Vize eine Schlüsselrolle innehatte, abzusetzen. Ohne den imageschädigenden Job im Nacken war im Frühling 2022 ein wichtiges mögliches Hindernis auf dem Weg ins Roche-Präsidium weggeräumt, und als die Sache im Sommer 2022 konkret wurde, war die Präsentation von Schinecker als CEO ein weiteres zentrales Element in Schwans Zeitplan. Auch unter diesem Gesichtspunkt sind die Karrieren von Schwan und Schinecker also eng verbunden. Schinecker muss allerdings aufpassen, dass er nicht einfach als Schwan-Mann gilt. Ein Beobachter schildert, wie Schinecker an einer Analysten-Konferenz fast genau die gleichen Worte wie Schwan gebraucht habe: «Mein Eindruck war: Es wird sich nichts ändern.» Dass Schinecker nach Franz Humer und Severin Schwan schon der dritte Österreicher in Folge an der Spitze der Firma ist, trägt zusätzlich zum Eindruck bei, bei Roche herrsche gar grosse Einheit im Wesen der CEOs. Im Hintergrund wirkt bei all dem die Besitzerfamilie Oeri-Hoffmann, die über 70 Prozent der Stimmen hält. Beständigkeit und vertrauensvoller Austausch mit dem Management sind der Familie wichtiger als maximierte Performance im aggressiven US-Stil. Der Verwaltungsrat spielt gerne mit: Die grösste Transaktion der letzten Zeit, der Rückkauf des 33-Prozent-Pakets im Besitz von Novartis, brachte Roche kein einziges neues Medikament, stärkte aber die Stimmkraft der Besitzerfamilie.
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Christoph Franz räumt nach zwölf Jahren als Präsident brav das Feld, Severin Schwan (im Bild) rückt nach – mit längerer Perspektive.
KeystoneChristoph Franz räumt nach zwölf Jahren als Präsident brav das Feld, Severin Schwan (im Bild) rückt nach – mit längerer Perspektive.
KeystoneViele Aspekte der Amtszeit von Schwan werden skeptisch gesehen. Seine Zurückhaltung in Sachen Mergers & Acquisitions (M&As) etwa. Während bei Konkurrenten wie AstraZeneca Zukäufe ein wichtiges Element des Wachstumskurses waren, blieb Schwan zögerlich. «Vieles war ihm irgendwie zu teuer», urteilt ein Beobachter. So brach Roche den Bieterkampf um das US-Unternehmen Illumina nach wenigen Monaten ab.
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Ob Schinecker bei M&As mehr Gas geben wird als sein Vorgänger bleibt abzuwarten. «Man kann M&As nicht immer planen» sagt er. Natürlich sei man offen dafür, und es gebe viele Firmen und potenzielle Partner, die man sich anschaue, «aber es muss nicht nur wissenschaftlich, sondern auch wirtschaftlich Sinn machen».
Gross in die Forschung investiert werden soll auch unter Schinecker. Roche gibt in der Branche am meisten für Forschung und Entwicklung aus, fast 15 Milliarden Franken werden es im laufenden Jahr sein, sagt er. Das Geld werde neben dem grossen Forschungsstandort Basel auch in die vier anderen wichtigen Innovationszentren investiert, etwa bei den Töchtern Genentech in den USA und Chugai in Japan.
Was die Positionierung von Roche angeht, ist er anderer Meinung als gewisse Analysten. Zwischen 2015 und 2023 habe Roche insgesamt 18 Medikamente lanciert. Die Patentklippe, die durch den zunehmenden Ersatz der Blockbuster durch billigere Nachahmerprodukte entstanden sei, habe man erfolgreich umschiffen können und mit Topsellern wie Ocrevus gegen Multiple Sklerose oder Hemlibra gegen die Bluterkrankheit Ersatz geschaffen. Schinecker weist zudem darauf hin, dass auch 2022, im Jahr der schlagzeilenträchtigen Rückschläge, zwei neue Medikamente lanciert wurden, das Augenmedikament Vabysmo und das Blutkrebsmedikament Lunsumio. «Viele Firmen würden sich wünschen, zwei solch starke Medikamente in einem Jahr auf den Markt zu bringen.» Auch für die weitere Zukunft sehe es gut aus: «Wir haben heute 80 weitere potenzielle Wirkstoffe in der Pipeline.»
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Bei der Beschreibung der Wirkungsweise der erwähnten Medikamente zeigt sich Schinecker sattelfest, aus dem Stegreif ruft er die Fakten ab und weiss auch auf Detailfragen Antwort – da spürt man seinen schulischen Rucksack als Molekularbiologe. Schinecker hat Genetik an der Universität Salzburg studiert und danach in Molekularbiologie an der New York University promoviert. Sein fundiertes Fachwissen ist wichtig für sein Standing bei den Pharma-Cracks in der Firma, denn die Pharmasparte ist mit über 70 Prozent des Umsatzes immer noch das Herzstück des Konzerns. «Er ist ein Mann mit breitem Background, sehr überlegt, sehr ausgewogen. Roche ist bei ihm in guten Händen», urteilt Vor-Vorgänger Franz Humer.
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Geboren ist Schinecker 1975 in Bayern, sein Vater ist Österreicher, seine Mutter Deutsche. Aufgewachsen ist er grösstenteils in Singapur. Sein Vater war insgesamt 36 Jahre für den Schweizer Konzern ABB tätig, unter anderem als Serviceleiter in Südostasien. Im Alter von neun Jahren kam Schinecker mit den Eltern nach Singapur, 1994, mit 19 Jahren, ging es fürs Studium nach Salzburg, 1997 dann nach New York. Er habe sich zunächst überlegt, Medizin zu studieren, habe sich dann aber für Molekularbiologie entschieden. Er sei in der Schule stets gut in Naturwissenschaften gewesen, und «alles, was in der Zelle passiert, hat mich sehr interessiert».
Seine Frau Brigitte stammt aus Salzburg. Das Paar hat drei Kinder, eine Tochter und zwei Söhne im Alter von 17, 12 und 6 Jahren. Die ganze Familie ist sehr sportlich: Gattin Brigitte läuft (Halb-)Marathon, er selbst ist den Ballsportarten zugetan, vor allem dem Fussball – in Singapur spielte er in der Schweizer Auswahl. «Sport ist für mich ein wichtiger Ausgleich», sagt er, er spiele auch Squash und habe kürzlich mit Padel-Tennis begonnen. Die beiden Söhne haben das fussballerische Talent vom Vater geerbt, der ältere spielt im Team Zugerland, in der regionalen Auswahl. Schinecker gilt als Familienmensch, seine Söhne fährt er gerne persönlich zu den Fussballspielen, etwas, das er auch in der zeitintensiven Rolle als Chef von Roche nicht aufgeben will.
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Schon viele Stationen hat die Familie abgeklappert in seinen inzwischen über zwanzig Jahren bei Roche. Er war nie bei einer anderen Firma. Eingestiegen ist er über ein Managementprogramm von Roche in Singapur, wohin er nach seinem Studium zurückgekehrt war. Es folgten Stationen in Österreich, Schweden, den USA und Deutschland, bis er 2018 als Bereichsleiter nach Rotkreuz kam, im August 2019 folgte die Beförderung zum Leiter Diagnostics.
Er ist auch kulturell interessiert, etwa an klassischer Musik. Mehrmals war er in den letzten Jahren an den Festspielen in Salzburg, der Heimat seiner Frau, wo sie oft den Sommer verbringen. Doch ein Partylöwe ist er nicht, man sieht ihn kaum auf roten Teppichen oder an Gala-Anlässen. Er sei gerne in der Natur, wenn er daheim aus dem Fenster schaue, sehe er Kühe auf der Weide, das finde er schön. Obwohl er lange in Singapur und New York gelebt habe, brauche er das urbane Feeling nicht unbedingt.
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betrugen die Gesamtverkäufe 2022.
beschäftigt der Konzern weltweit.
Erste Zeichen als neuer Chef hat er schon gesetzt. Schon vor seinem Antritt schuf er neue Stellen in der Konzernleitung und hat bestehende neu besetzt. Chief Medical Officer Levi Garraway berichtet jetzt direkt an ihn, ein Element, das die Verbindung zur klinischen Produktentwicklung stärken soll. Und knapp eine Woche nach seinem Beginn konnte Roche eine Kooperation mit Konkurrent Eli Lilly verkünden: Man arbeite künftig gemeinsam an der Entwicklung eines Bluttests, der eine frühe Diagnose von Alzheimer ermöglichen soll. Vom Rückschlag von 2022 habe sich Roche nicht entmutigen lassen: «Wir geben bei Alzheimer nicht auf und forschen weiter», betont er.
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Ein Grundproblem von Roche ist, dass ihre Onkologie-Führerschaft nicht nachhaltig genug ist. Im Krebsbereich aber haben Konkurrenten stark aufgeholt, während in neuen Bereichen wie Neurologie oder Übergewicht andere agiler wirken. Ein «Kategorie-Leader» aber habe eine höhere Wahrscheinlichkeit, nicht nur eine Innovation im jeweiligen Bereich zu entwickeln, sondern diese auch erfolgreicher zu kommerzialisieren, sagt Norbert Hültenschmidt, Healthcare-Experte beim Strategieberater Bain.
Die Pharmabranche ist kompetitiv wie kaum eine andere, unzählige Player kämpfen um einen Markt, der zudem verstärkt unter politischem Druck steht, können doch die Preise angesichts explodierender Gesundheitskosten immer weniger frei gesetzt werden. Die Traummargen – in der Pharmasparte betragen sie über 40 Prozent – in die Zukunft zu retten, wird damit zur Herkulesaufgabe, auch wenn Schinecker für 2023 angekündigt hat, die Margen zu halten.
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Schinecker ist vom ersten Tag an gefordert. Es brauche «eine gute Balance zwischen Veränderung und Stabilität», sagt er. Gerade im Pharmasektor gehen wissenschaftliche Veränderungen heute mit einer ganz anderen Kadenz vonstatten als noch vor ein paar Jahren, und das Tempo nimmt weiter zu. Gut möglich also, dass er auch als CEO den Atem für einen Marathon-Lauf in Sprinttempo braucht – ein paar Spinning-Kurse im Fitnesscenter können da jedenfalls nicht schaden.
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