Guten Tag,
Die italienische Edelmarke hat schwierige Jahre hinter sich. Erstmals spricht CEO Davide Grasso über seine Umbauten.
Dirk Ruschmann
CEO Davide Grasso mit dem MC20 Cielo. Als Externer ins Autogeschäft gekommen, gilt er als Experte für Marketing und Brandbuilding.
PDWerbung
Ich freue mich riesig! Und zwar über zwei Dinge: Erstens, wie sehr sich unsere Leute für die Rückkehr in den Rennsport ins Zeug gelegt haben – wie hungrig sie darauf sind. Auch, wie viel Interesse unsere Marke auf sich zieht. Zweitens ist es ein tolles Ergebnis, dass wir gleich beim allerersten Rennen Elfter geworden sind und dass wir bei all den Änderungen in der Formel E, Stichwort neue Motoren und neue Reifen, so gut mithalten. Da wird noch einiges kommen von uns.
Maserati wurde als Marke vor über hundert Jahren auf den Racetracks zum Leben erweckt. Die vier Maserati-Brüder bauten Autos fürs Racing um. Bis Mitte der fünfziger Jahre fand man keinen Maserati auf öffentlichen Strassen. Wenn man den Brand wieder aufbauen will, muss man zu den Wurzeln zurückgehen. Und Formel E – da geht die Technologie hin. Wir lancieren selbst bald Batterie-elektrische Fahrzeuge.
Werbung
Der Job, für den ich geholt wurde: die Marke wieder in die Spitze der Luxus-Autohersteller zu führen. Zunächst startete ich eine Analyse: Eine sehr ehrwürdige Marke wirkte verstaubt, aus der Mode gekommen. Es fehlten frische Produkte und Qualität. Damals verloren wir pro Arbeitstag eine runde Million Euro. Alles lag am Boden. Also haben wir vier Handlungsfelder definiert: Produkt, Brand, Marktauftritt und Team. Das wurde vom Board der Fiat-Gruppe genehmigt. Als dann die Fusion zu Stellantis kam und Carlos Tavares Chef der ganzen Gruppe wurde, setzten wir uns zusammen. Unsere Pläne wurden bestätigt, und zwei Dinge stellten wir in den Mittelpunkt: erstens die Kunden. Luxus-Kunden sind global unterwegs, achten auf Qualität – deren Vertrauen muss man sich verdienen. Darunter fallen eben auch alle Themen wie Produkt, Design, Qualität.
Wir mussten uns aus der Volumen-Falle befreien. Also aufhören, das Geschäft nach Zahl der verkauften Autos zu steuern – was in unserer Branche aufgrund der hohen Investitionen in die Fabriken aber die natürliche Messlatte ist. Als einzige Luxusmarke im Konzern war diese Umstellung durchaus ein kritischer Punkt, aber das konnte ich im Board durchsetzen. Sie werden mich nie über Volumen reden hören. Natürlich managen wir Volumen, das gehört dazu, aber Verkaufszahlen sind für uns eine Konsequenz daraus, wie gut wir designen, entwickeln, fertigen, ausliefern. Zunächst müssen wir, und dann die Kunden, unsere Autos lieben.
Werbung
Ich fragte mich: Warum sollte ich als Externer hier erfolgreich sein? Sergio Marchionne hat das geschafft, aber Marchionne war ein sehr aussergewöhnlicher Manager. Ich sprach also mit einem guten Freund, der Berater und Harvard-Professor ist.
Er sagte: Davide, du weisst, wie man ein Flugzeug fliegt; ich war ja davor CEO von Converse, und mit «Flugzeug» meinte er: einen Brand. Er sagte, es muss ja nicht die gleiche Maschine sein, aber du weisst, wie ein Flugzeug funktioniert. Warum konzentrierst du dich nicht darauf? Heute kann ich sagen: Meine Transition hat funktioniert. Wir haben Wert geschaffen, Profit erwirtschaftet, mit dem Team die Marke aufgefrischt.
Nike sahen wir als Premium Sports Brand. Als wir Ende der Neunziger eine Art Krise hatten und uns neu finden mussten, sagten wir: Wir wollen nicht die Grössten sein, sondern die Besten – in Produkt, Marketing, Management, Team. Das kann man übertragen: den Mindset, der Beste sein zu wollen. Dann schaut man nicht aufs Pricing, denn das ergibt sich aus Produktentwicklung, Fertigung, Vermarktung.
Werbung
Die beiden wichtigsten: Die Geschäftsmodelle sind ganz anders. Sportartikler können es sich leisten, keine eigene Produktion zu unterhalten, alles ist ausgelagert; das macht alles viel einfacher. Und diese Branche ist viel schnelllebiger, alle sechs Monate eine neue Welt, und die Kundenbasis ist im Schnitt 17 Jahre alt. Das Tempo ist unglaublich. Zwar bewegt sich die Autoindustrie heute viel schneller, als sie es jemals getan hat – aber es ist immer noch kein Vergleich.
Der Kompakt-SUV Grecale avanciert zum wichtigsten Volumenmodell.
PDDer GT erhält endlich einen Nachfolger.
PDDarf ich vorab sagen, dass ich ein sehr gutes Gefühl habe, wie wir die Modellpalette bereinigt und modernisiert haben? Vor allem wenn man sieht, was die Kunden für Luxusautos heute nachfragen. Fangen wir mit unserem Supersportwagen MC20 und seiner offenen Variante Cielo an: Das Auto hat enorm viel Anklang gefunden, viele Preise gewonnen. Das gilt auch für unseren neuen Kompakt-SUV Grecale. Wir haben so viele Testkilometer abgespult, dass wir sicher sein konnten, die Autos sind qualitativ auf Augenhöhe mit deutschen oder japanischen Herstellern, aber mit der typischen Italianità im Auftritt, mit Emotion, Sexyness.
Werbung
Absolut. Zudem haben wir optimierte Versionen unserer Viertürer Ghibli und Quattroporte und vom grossen SUV Levante. Damit haben wir diverse Baustellen ausgemerzt, die die Autos hatten: Das Infotainment war veraltet, jetzt ist es auf dem Level anderer Topmarken. Wir haben auch die Fronten und die Rückseiten der Autos etwas überarbeitet.
Der kommende GT ist sehr innovativ, von innen nach aussen gebaut, mit unglaublicher Performance, aber die Optik verändert man bei Ikonen wie dem GT nicht allzu stark. Denn das Design ist fantastisch. Dennoch ist alles neu. GT und Grecale starten beide noch in diesem Jahr mit Batterie-elektrischem Antrieb. Und die Elektrifizierung setzen wir mit dem neuen Quattroporte fort, der 2024 kommt, und später mit dem neuen Levante.
Mit Maserati sind wir, wie ich sagte, nicht mehr volumengetrieben. Und viele Luxus-Kunden möchten diese Limousinen. Maserati hat seinerzeit mit dem Quattroporte die sportliche Limousine erfunden, wir haben den Viertürer also in unserer DNA. Und dasselbe gilt für den GT.
Werbung
Die letzteren beiden sind höchst respektable deutsche Hersteller – wir wollen uns jedoch auf Luxus konzentrieren. Wir wollen in den nächsten 15 bis 18 Monaten bei der Profitabilität auf 15 Prozent Betriebsgewinnmarge kommen. Das Pricing folgt also unserer Kundengruppe und diesem Renditeziel, aber natürlich müssen die Fahrzeuge diesen Anspruch verkörpern. Auch gegenüber den Wettbewerbern.
Die Zukunftsperspektive sind 15 bis 20 Prozent operative Marge. Wissen Sie: Hat man keinen Profit und keine guten Margen, dann ist man nicht im Luxussegment. Wenn Sie LVMH oder Kering anschauen – deren hohe Bewertungen sind keine Folge der Umsätze, sondern ihrer Fähigkeit, hohe Margen zu liefern und verlässlich noch zu steigern.
Der künftige Quattroporte tritt auch mit E-Motor an.
PDDer Sportler MC20 hat die Erneuerung der Marke eingeleitet.
PDWäre ich früher hierhergekommen, hätte ich die Wende noch schneller eingeleitet. In Europa und China bewegt sich die Mobilität sehr zügig Richtung Batterieantrieb. Und für Maserati ist dieser Schritt ein logischer – wir haben eine Historie im Rennsport, dort immer wieder Innovationen eingeführt. Für uns war Elektrifizierung ein No-Brainer. Als der Stellantis-Merger kam, konnten wir die Entwicklung der Technologie sogar noch beschleunigen und schliesslich in die Formel E einsteigen. Und die Formel E ist ein Katalysator für die Entwicklung von Elektromotoren.
Werbung
Die Wertschätzung für unsere Autos kommt vom Design, vom Luxus, von der Performance, vom Speed, vom Fahrverhalten. Klar, den V8-Sound können wir nicht ins E-Zeitalter retten, es muss authentisch sein. Also entwickelten unsere Ingenieure über eineinhalb Jahre einen Sound, der elektrisch ist, aber einzigartig. Wir haben ihn verglichen mit den Wettbewerbern – und sind hochzufrieden!
Natürlich! Das Geld ist genau richtig, sonst wäre es ja anders … Spass beiseite: Ich kann nur Gutes über Carlos sagen. Wir haben mit ihm die Chancen, als Teil dieser grossen Gruppe mit riesigen technischen Ressourcen unser Wachstum weiter anzukurbeln. Er ist sehr fordernd, absolut, aber das ist der einzige Weg, um zu gewinnen. Ich komme ja aus der Sportbranche. Wir wussten immer: Es ist gut, Erfolge zu feiern, aber dann auch wichtig zu schauen, was man noch besser machen kann. Denn jedes Jahr ist eine neue Meisterschaft, und man kann jedes Jahr absteigen, wenn man zu schlecht ist. Kobe Bryant …
… mit dem ich befreundet war, sagte immer: Es ist leichter, an die Spitze zu kommen, als oben zu bleiben. Also haben wir es im Blut, ständig nach Verbesserungen zu schauen. Und von Carlos haben wir volle Unterstützung.
Werbung
Für uns fantastisch! Es gibt Märkte, da zählt man, wie in den USA oder China. Und es gibt andere Märkte, die wiegt man. Die Schweiz ist ein kleiner Markt, aber hochrelevant im Luxussegment. Lassen Sie mich ein Beispiel nehmen, das auf der Hand liegt: die Uhrenindustrie.
Der Schweizer Markt ist sehr wohlhabend, aber es ist auch viel Wissen da. Die Kunden sind Connaisseurs. Sie wissen, welche Uhr Luxus ist und welche nicht. Für uns heisst das: In der Schweiz wettbewerbsfähig zu sein und weiterzuwachsen, ist critical. Ich glaube, wir haben noch viel Potenzial in der Schweiz.
Ich habe im Leben gelernt, dass man immer das Positive sehen soll. Ich habe immer die Produkte geliebt. Produkte und Marken. Ich hatte das Glück, immer in einem Umfeld mit tollen Produkten und Marken, wie bei Nike, zu arbeiten. Und als Italiener, der in den USA lebte, habe ich immer zurückgeschaut nach Italien auf Maserati: eine absolute Ikone und einer der ganz seltenen Brands, die niemand ablehnt.
Da brauchte ich nicht zu überlegen. Ich folge der Devise: Tu das, was du liebst, der Rest kommt dann schon.
Werbung
Werbung