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Vom einstigen Stolz der Schweizer Industrie bleibt nur ein trauriger Rest. Chef Michael Süss sieht das als Heilsweg.
Michael Süss ist nicht unbedingt das, was man sich unter einem Standard-CEO vorstellt.
Florian Generotzky für BILANZWer die Zukunft des Schweizer Industriekonzerns OC Oerlikon sehen will, muss die Schweiz verlassen: Im liechtensteinischen Balzers, in einem drögen Industriequartier, eingeklemmt zwischen einem Blechverarbeiter, einem Akustikgeschäft und einem Elektroinstallationsbetrieb, steht das grösste Werk des Konzerns. Auf 13'500 Quadratmetern arbeiten hier 500 Mitarbeiter, 140 davon in Forschung und Entwicklung. Turmhohe Maschinen besprühen Werkzeuge und Bauteile, die sich langsam in einer Vakuumkammer drehen, mit Dünnfilm, um sie korrosionsfest, härter oder gleitfähiger zu machen. Dieses unglamouröse Geschäft wird das Einzige sein, was demnächst übrig bleibt von OC Oerlikon, dem 148 Jahre alten Traditionskonzern mit derzeit 2,7 Milliarden Franken Umsatz und bewegter Geschichte: Flugabwehrkanonen, Halbleiter, Solarmodule, Weltraumtechnik hat der einstige Stolz der Schweizer Industriegeschichte einst produziert, sogar edle Bally-Schuhe gehörten lange zum Portfolio. Und jetzt also nur noch Oberflächenbeschichtungen. Der Konzern will die zweite noch verbleibende Sparte, Polymer Processing, loswerden. Sie produziert Maschinen zur Herstellung von Chemiefasern, Textilgarnen oder PET-Flaschengranulaten und macht knapp die Hälfte des Konzernumsatzes und ein Drittel der Mitarbeiter aus. Statt wie einst 37'000 Angestellte wird OC Oerlikon dann keine 9000 mehr zählen. Es ist das – vorläufige –Ende eines beispiellosen Schrumpfungsprozesses, der kaum Gewinner kennt. «Nicht die Grossen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen», sagt Michael Süss, und der 60-jährige Executive Chairman von OC Oerlikon macht dabei nicht den Anschein, als plage ihn ein schlechtes Gewissen.
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Einen Mischkonzern mit vier grundverschiedenen Sparten hatte Süss bei seinem Amtsantritt im Januar 2015 vorgefunden – ein Relikt aus dem letzten Jahrtausend, als Oerlikon-Bührle, wie die Firma damals hiess, noch in Familienbesitz war. Denn Familieneigentümer haben die Tendenz, in unterschiedlichste Geschäftsfelder zu investieren, um so das Risiko zu minimieren. Die Kapitalmärkte schätzen derartige Sammelsurien unter einem Dach jedoch nicht, weil die Anleger die Risiken in ihrem eigenen Portfolio verteilen können. Entsprechend haben sich einstige Konglomerate wie Siemens, ABB oder GE in den letzten Jahren Richtung Pure Play entwickelt. «Komplexität ist per se nichts Schlechtes, man muss sie halt managen können», sagt Süss. Doch dafür ist OC Oerlikon zu klein.
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