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Seat/Cupra-Chef Griffiths im Gespräch

«Keine Auslaufstrategie für Seat»

Wayne Griffiths im Interview über Cupra und Seat, über seine Schülerjobs in England, über Barcelona, seine Strandbar – und David Bowie.

Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

Wayne Griffiths, wie üblich in Sneakers und Thom-Browne-Sakko, kürzlich bei der Präsentation des elektrischen Cupra Raval. Und Griffiths hat noch grosse Pläne für neue Modelle – auch Sportwagen.

Wayne Griffiths, wie üblich in Sneakers und Thom-Browne-Sakko, kürzlich bei der Präsentation des elektrischen Cupra Raval. Und Griffiths hat noch grosse Pläne für neue Modelle – auch Sportwagen.

Ferran Nadeu

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Dieser Mann ist die lässigste Socke der gesamten Autoindustrie: Wayne Griffiths hat eine komplett neue Automarke an den Start gebracht, die dem VW-Konzern etwas Coolness schenkt.

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Covid, Ukraine-Krieg, Chipmangel: In diese Zeit hinein wurden Sie im Oktober 2020 CEO von Seat und Cupra. Wie war das?

Eine verrückte Zeit! Ich bin dieses Jahr 57 geworden. Die ersten 54 Jahre meines Lebens ist nichts Grosses passiert. Es war eine Evolution, ich war immer in der Autoindustrie, hab angefangen mit Diesel und Benziner, bin Handschalter gefahren. Dann Bumm – alles anders. Covid, Halbleiterkrise, jetzt haben wir Krieg in Europa, das hätte man im schlimmsten Alptraum nicht gedacht.

Zugleich muss die Autobranche ihre technische Basis umstellen: vom Verbrenner auf Elektro.

Es passiert gerade alles auf einmal. Dazu habe ich zwei Thesen.

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Bitte.

Krisen muss man als Chance begreifen. Weil sie helfen, Dinge zu tun, die man sonst nicht oder nicht so gemacht hätte. What doesn’t kill you, makes you stronger. Ohne diese Krisen stände Cupra nicht da, wo wir heute stehen. Auch neue Automarken aus den USA oder China sind entstanden, und die überleben jetzt, weil es eine neue Welt gibt. Ich denke auch: Der Wunsch, dass wieder eine neue Normalität eintritt, wird wohl nicht erfüllt. Ich glaube, wir werden bis zum Rest unseres Lebens im Krisenmodus leben. Hier in Spanien sieht man schon die nächste kommen: Wasserknappheit.

Und die zweite Theorie?

Erneuerbare Energien. E-Autos machen nur Sinn, wenn der Strom, der da reingeladen wird, sauber ist. Das ist eine Riesenchance für Spanien, wir haben hier schon fast 50 Prozent der gesamten Stromerzeugung generiert aus erneuerbarer Energie. Das könnte die Karten der Industrieländer in Europa ganz neu mischen. Denn wo baut man eine Batteriefabrik hin? Doch dort, wo die Kosten niedrig sind, etwa für Sonnenenergie. Wie hier in Spanien.

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Ihre Sportmarke Cupra ist super gelaufen im vergangenen Jahr. Seat dagegen hatte Probleme beim Verkaufen…

Nein, beim Verkaufen nicht. Beim Bauen. Uns haben Teile gefehlt, sprich Halbleiter.

Cupra verdoppelte sich beinahe auf über 153'000 verkaufte Autos, Seat sank auf 233'000 Autos. Wird Cupra dieses Jahr Seat überholen?

Es gibt keinen Wettbewerb zwischen den beiden Marken.

Aber die Zahlen zeigen, wie stark Cupra geworden ist.

Ja, das ist leider passiert, aber nicht, weil wir Seat schwächen oder durch Cupra ablösen wollten. Wir wollen beiden Marken weiter entwickeln. Beide haben ihre eigene Zielgruppe und Fokussierung – Seat noch auf Verbrenner und Plug-in-Hybride, Cupra soll ab 2030 rein elektrisch fahren. Gott sei Dank haben wir beide! In vielen Ländern fallen E-Auto-Subventionen weg, es gibt plötzlich viele Fragezeichen: wo kommt die Energie her, wie dicht ist die Ladeinfrastruktur, und so weiter. Wir sind gut beraten, mit beiden Technologien und Marken in den nächsten zehn Jahren parallel zu fahren.

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Aber nur Cupra boomt. In der Schweiz hat Cupra bereits Seat überholt.

Klar, Cupra wächst sehr schnell, Design und Performance haben einen Nerv getroffen. Wir mussten zudem priorisieren. Hast du zu wenig Halbleiter, dann gehen die dorthin, wo man die stärkeren Ergebnisse erzielt. Da hat Seat gelitten. Aber jetzt kommt Seat wieder, die Nachfrage war immer stark und ist aktuell stärker denn je.

Es gibt ein Zitat von Ihnen: Solange Cupra erfolgreich E-Autos verkauft, wird es Seat nicht machen. Heisst doch: spätestens 2035, Stichwort Verbrennerverbot, gehen bei der Marke Seat die Lichter aus.

Es existiert keine Auslaufstrategie. Seat Ibiza, Arona und Leon werden diese Dekade noch als Verbrenner weiterlaufen. Dann muss man überlegen, was passieren soll. Denn ab 2035 werden es Verbrenner schwerhaben. Deshalb ist die E-Wende richtig. Wir arbeiten bereits an Szenarien, wie wir Seat in die elektrische Zukunft bringen. Aber nicht nur mit Fahrzeugen, sondern ganzheitlich, als bezahlbare E-Mobilität.

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Wie Ihr elektrischer Scooter Seat MO?

Damit haben wir angefangen. Wir haben schon rund 10'000 Scooter verkauft. Der Markt boomt, und das wird so weitergehen. Wir schauen uns auch andere Ideen für Micro-Mobility in Städten an, Fahrzeuge mit vier Rädern.

Viele Marken setzen derzeit auf Retro-Modelle. Sind Sie manchmal im Seat-Archiv und schauen, was man wiederbeleben könnte?

Nein, ich bin kein Retro-Typ. Unsere Marken sind das auch nicht. In meiner Garage steht zwar ein roter Jaguar E-Type von 1966, mein Jahrgang also, als Cabrio, Reihensechszylinder, 4.2 Liter… mit dem fahr ich gern! Hab auch einen Jeep von meinem Vater geerbt. Aber wir werden kein Retro machen. Die neue Generation wird vieles anders haben wollen als ihre Eltern und Grosseltern. Premium, Luxus, Prestige, Heritage, das spielt für die Jungen keine Rolle mehr. Sustainability, Emotionen, das Leben Hier und Jetzt geniessen, aber verantwortungsvoll – das wollen die Jungen, und das liefert Cupra. Unsere Zielgruppe schaut nicht zurück.

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Vor dem Studium haben Sie im Autohaus Ihres Vaters gearbeitet. Was hat der verkauft?

Ford. Angefangen hat er mit Gebrauchtwagen. Seit ich 10, 11 Jahre alt war, war ich im Betrieb. Alle anderen Jungs sind Fussballspielen gegangen, ich hab mit meinen Brüdern die Autos gewaschen und innen geputzt. Wir waren noch so klein, dass wir gar nicht auf die Mitte der Dächer kamen, mein Vater musste dann kommen und die Streifen wegwischen – jeden Samstag, so haben wir unser eigenes Geld verdient, für ein Auto oder ein Motorrad.

Dann sind Sie studieren gegangen, internationales Management in Leeds.

In den Semesterferien, wo alle in der Welt herumgefahren sind, hab ich bei meinem Vater als Verkäufer gejobbt. Dann wollte er, dass ich den Betrieb übernehme, aber ich hätte ganz unten anfangen müssen, das wollte ich nicht ( lacht)… nach dem Studium, 1989, startete ich meine Karriere bei Audi. Da war ich dann bis 2016, dann kam ich zu Seat.

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Ein gradliniger Weg.

Wenn ich zurückschaue: Ich hatte eigentlich nie Urlaub, nie ein Sabbatical. Ich sag den jungen Leuten immer: Das müsst ihr jetzt machen! Ich selber bin 57, und die Zeit ging wie ein Fingerschnipp vorbei. Wo war mein Jahr in Australien? Als Backpacker? Alles nicht gehabt. Zu Seat kam ich nicht, um CEO zu werden, sondern um Autos zu verkaufen, als Vertriebsvorstand. E-Autos standen damals noch gar nicht auf der Liste. Und jetzt drehen wir das Unternehmen auf Elektro um, haben eine neue Marke eingeführt – ich sage oft, ich habe den geilsten Job der Autoindustrie!

Glück gehabt oder gezielt gesucht?

Das Schicksal hat eher mich ausgesucht. Wobei, ich bin nicht so der Destiny-Typ. Aber ich hatte mal eine kurze Audi-Auszeit, mit 25 bin ich zu Seat gewechselt, habe von 1991 bis 1993 hier in Barcelona gearbeitet, während der Olympischen Spiele. Das war auch eine geile Zeit. Und genau mit 50, wo Männer normalerweise ihre Midlife-Krise kriegen, kam ich dann hierher zurück. Konnte hier helfen, mich auch selber neu erfinden. Dann lief es hier gut, und vor zweieinhalb Jahren haben die mich zum Vorstandsvorsitzenden berufen. Cupra und Elektrifizierung, das sind zwei Wahnsinns-Jobs. Super spannend.

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Warum sind Sie anfangs zu Audi, zur VW-Gruppe? Nicht zu Aston Martin oder Bentley?

Ich hatte auch Deutsch studiert, es war ein Doppelstudium. Ich hab Goethe und Kafka gelesen. Über Fassbinder hab ich meine Diplomarbeit geschrieben, wenn nicht Autos, wäre ich vielleicht Filmregisseur geworden. Also, es ergab sich wegen der Sprache. Und als ich den 80ern herumschaute, wer die interessantesten Autos machte, sah ich den ersten Audi 80, oder den Ur-Quattro. Also bin ich 1987 dorthin, fürs erste Praktikum, und nach dem Studium dann fix. Aluminium, Quattro, TDI, Luftwiderstand… Piech hat damals tolle Sachen gemacht.

Nie Lust auf Briten gehabt?

Ich bin ja damit gross geworden. Ich bin mit Jaguars, Bentleys und Rolls schon bei meinem Vater auf dem Hof herumgefahren…

…die hatte er als Gebrauchte da stehen?

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Alle. Ich musste ihn abends, wenn er zu seinen Rotary-Treffen wollte, im Rolls Royce abliefern. Bin ich mit 17 Rolls Roye gefahren!

Sie machten Ihre Karriere in Sales und Marketing. Autokonzerne werden aber von Ingenieuren, Entwicklern oder auch Produktionsexperten dominiert, wie etwa Oliver Blume, CEO der VW-Gruppe. Gibt es da nicht viele Culture Clashs?

Mit mir und Blume auf keinen Fall, wir kennen uns lange und verstehen uns sehr gut. Er war jahrelang im Aufsichtsrat von Seat und unterstützt uns hier sehr beim Aufbau der Marke Cupra. Klar musst du auch geile Autos bauen.

Verstehen das Fahrwerksingenieure?

Was sicher stimmt: Viele im Konzern haben und zu Beginn nicht verstanden, uns wohl auch unterschätzt. Oder gezweifelt, ob das klappt. Und plötzlich verkaufen wir im vergangenen Jahr 100'000 Formentor. Wir wurden zur schnellstwachsenden Automarke Europas, und das mit praktisch einem einzigen Auto.

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Und nun kommt die Modelloffensive?

Die neue Generation der Cupras, also der Tavascan, der Terramar, der Raval, die sind alle im Entstehen, und kommen 2024, 2025 auf den Markt. Im Konzern sieht man auch: Gegenüber all den neuen Brands, die an den Markt kommen, sind wir als Cupra die einzige in der VW-Gruppe, die denen eine Frische und Zukunftsimage entgegensetzen können. Wir sind eine Stärke für den Konzern. Weil wir niemanden kannibalisieren. Unsere Zielgruppe ist viel jünger als die der anderen… wir machen auch andere Autos, solche, die auch viele Kunden provozieren. Gefällt dir nicht? Pech! Das Auto haben wir nicht für dich gemacht.

Ein Fingerzeig in die Zukunft: Wayne Griffiths (links) zeigt uns die Materialien und den Aufbau des Cockpits im kommenden Modell Cupra Tavascan.

Ein Fingerzeig in die Zukunft: Wayne Griffiths (links) zeigt uns die Materialien und den Aufbau des Cockpits im kommenden Modell Cupra Tavascan.

Ferran Nadeu
Ein Fingerzeig in die Zukunft: Wayne Griffiths (links) zeigt uns die Materialien und den Aufbau des Cockpits im kommenden Modell Cupra Tavascan.

Ein Fingerzeig in die Zukunft: Wayne Griffiths (links) zeigt uns die Materialien und den Aufbau des Cockpits im kommenden Modell Cupra Tavascan.

Ferran Nadeu

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In Europa ist Cupra einzigartig, eine komplett neue Marke. Wie war das damals, es alles begann?

Wir hatten verschiedene Strategien. New Mobility, Connectivity… die üblichen Trends. Und wir hatten eine vage Idee, etwas mit der Seat-Ausstattungslinie Cupra zu machen. Im Grunde war das die Sportversion eines Modells, des Leon. Der wurde auch mein Dienstwagen, weil ich was Sportliches wollte. Die anderen Vorstände nahmen lieber den grösseren Ateca, der war gerade neu.

Was dann?

Ich fing an, mit dem Auto zu spielen. Auch mit Abt, dem Tuner von Audi, die kannte ich ja. Erst neuer Auspuff, dann Felgen, Chiptuning… immer mehr. Dann kam ein Kollege mit der Idee, den Ateca als Cupra zu bringen: 300 PS rein, strafferes Fahrwerk, das würde ein kleiner Porsche Macan. Dann haben wir das für schmales Geld entwickelt. Und dann, 2018, habe ich mit Luca de Meo vereinbart, dass wir es riskieren, Cupra als eigene Marke zu lancieren. Er hat mich damit beauftragt.

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Sie haben in einer Garage auf dem Werksgelände losgelegt.

Um mir etwas Freiraum zu haben im Ministerium Seat, haben wir die alte Seat Sport zu Cupra Racing umbenannt, ich machte das neben dem Hauptjob als Vertriebsvorstand. Wir entwickelten eine eigene Kultur, aber ich wollte auch, dass wir Teil von Seat bleiben, dass das die Zukunft der Firma wird. Mit rund 50 Leuten fingen wir an. Heute sind wir 136.

Sie und Luca de Meo sind nicht die klassischen Automanager. Eher Typ Freidenker.

Wir haben uns bei Audi kennengelernt, da war er Vertriebsvorstand, also mein Chef. Und als er bei Seat CEO wurde, hat er gesagt: du kommst mit! Ich wollte erst noch bei Audi einiges fertigmachen, ein knappes Jahr später hat er mich geholt. Er ist ein Visionär, begeisternd, lässt einen machen, hat mich immer ermutigt. Wir sind bis heute gute Freunde. Hat gesagt, Cupra ist jetzt deine Firma, wir helfen von Seat aus, und wenn du damit Geld verdienst, können wir eigene Modelle machen.

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Das kam dann mit dem flachen SUV Formentor.

Der war ein Meilenstein. Und es war tatsächlich meine Entscheidung, den nur als Cupra zu bringen. Luca sagte, überleg Dir gut, ob Du das Volumen hinkriegst. Die Projektplanung waren 50'000 Formentor, aber unter dem Brand Seat! Und das alleine mit Cupra zu stemmen… jetzt sind es sogar 100'000, also war es genau richtig. Der Born war ja auch zuerst als Seat El-Born angedacht, daraus haben wir den Cupra Born gemacht. Der Formentor gab uns Mut und Selbstvertrauen, dass die Marke fliegt, wenn sie eigenständig genug ist.

Eine neue Marke aufzubauen, das ist den wenigsten Automanagern vergönnt.

Ja, wenns einem gelingt (lacht) – ich glaube fest dran. Aber selbst wenn es nicht klappen sollte: dann waren wir zumindest diejenigen, die es versucht haben! Ich bin mir auch sicher: wer nur an der Vergangenheit klebt, der wird verschwinden. Die Kodaks und Nokias dieser Welt, es gibt tausende Beispiele – bist Du nicht schnell genug, dann bist du weg vom Fenster! Und diese Veränderungsphase wird man durchleiden müssen. Eventuell muss man umstrukturieren, muss vielleicht viel investieren, hat weniger Gewinn. Man wird nicht populär. Mir ist klar: Wenn Cupra mal eine der geilsten Marken der Welt ist, etabliert und tolle Gewinne einfährt – dann wird der Wayne Griffiths nicht mehr hier sein. Sondern am Strand liegen, in seinem Chiringuito!

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Das haben Sie vor? Strand und Strandbar?

Den Chiringuito hab ich von meinem Vater geerbt, in Mojacar, Andalusien. Vor zwei drei Wochen war ich mal wieder da. Ist derzeit verpachtet. Wenn ich dann zurückschaue, kann ich sagen: ich hab die Samen gesät, andere werden die Früchte vielleicht ernten. Aber diese Grosszügigkeit muss man haben. Ich hätte Seat voll ausquetschen können, nicht das Risiko mit Elektro und mit Cupra eingehen, doch dann hätte das Unternehmen langfristig gar keine Zukunft. Also muss man das Unangenehme versuchen.

Aber der Spassfaktor ist doch auch höher?

Klar. Ich bin jetzt 57, und es war ein Geschenk, dass Luca mich hierher geholt hat. Wäre ich bei Audi sitzen geblieben - man hätte weiterhin Erfolg gehabt. Aber ich wäre alt geworden. Hier fangen wir gerade erst an. Dieser Hunger, der Überlebenskampf, das motiviert und gibt Energie. Da muss man sich selber auch wieder neu erfinden.

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Wo sehen Sie die Modellpalette in zehn Jahren – nach Ihrem Abgang?

Auf jeden Fall Fahrzeuge, die man global verkaufen kann. Auch in den USA. Wir haben dort schon Tests gemacht und sehen, dass Cupra gut ankommt. Aber dort braucht es nicht nur eine geile Marke, sondern auch die passenden Fahrzeuge. Und das sind grössere Autos. Wir brauchen zudem Volumina, die rentabel sind, das heisst 100'000 Autos pro Modell und Jahr. Und das wird man nicht nur in Europa schaffen können.

Welche Formen werden diese Autos haben? Die Marke ruft nach einem Sportwagen.

Elektrisch und cooles Design. Da werden Crossover-SUV dabei sein, denn dieses Segment geht gerade ab und wird die nächsten Jahre noch abgehen. Man muss in wachsenden Segmenten sein, um Investitionen wieder einzuspielen. Das geht nicht mit Nischenfahrzeugen. Deshalb Crossover-SUV. Aber um eine Marke richtig aufzuladen, brauchst Du auch richtig geile Autos. Das sind dann Sportwagen! Deshalb haben wir vor kurzem den Dark Rebel virtuell gezeigt, als Idee, wie ein E-Sportwagen von Cupra aussehen könnte.

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Eine Ikone für den Brand.

Genau, wie bei Audi damals TT oder R8. Cupra braucht auch so was. Kerngeschäft sind vier bis fünf Modelle in wachsenden Segmenten, Crossover-SUV wie der Formentor. Oder auch der Tavascan, der wird nicht rational wie andere SUVs, sondern emotional. Ziel sind rund 500'000 Autos weltweit, und hoffentlich gegen 2030 der Schritt in globale Märkte, für einen Schub Richtung Wachstum und Profitabilität. Dafür will ich jetzt die Weichen stellen.

Und das Team zieht mit?

Neben Cupra und Elektrifizierung will ich etwas Drittes erreichen, weil ich mit 60 nicht mehr hier sein werde: Ich will den Cupra-Tribe hier so etablieren, dass das unumkehrbar ist. Eine Truppe von Gläubigen aufbauen, die jeden Tag bereit sind, aus der Kurve zu fliegen und den Mut haben, rausgeschmissen zu werden, weil das irgendwem nicht gefällt. Cupra darf nicht ins Verwalten und Optimieren zurückfallen. Und mir geht es vor allem darum, Leute von intern zu entwickeln. Wir haben genug Talent hier!

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Der Appeal kommt mit dem Erfolg – und der Erfolg ist ja da!

Na ja, wenn man glaubt, erfolgreich zu sein, ist man schon auf dem Weg nach unten. Es gibt immer mehr, das man tun kann. Man darf nie zufrieden sein. Sonst wird man selbstgefällig. Dieser Cupra-Tribe, das wäre das grösste Erbe, das man als Manager hinterlassen kann. Nicht das Auto; jeder kann schöne Autos bauen, dann kommt das nächste, puff, ist es weg. Aber eine Truppe von Menschen, die mehrere solche Autos baut, das hat Zukunft. Ich weiss noch nicht, wie man das macht, aber ich weiss, wo ich hin will. Ähnlich wie meine Ikone David Bowie!

Bowie hatte Management-Weisheiten?

Ich bin totaler Bowie-Freak. Er hat gesagt: I don’t know where I am going from here, da bin ich nicht mit ihm einig, weil ich weiss, wo das Ziel liegt. Aber der zweite Teil: But I promise you, it’s wont be boring! Bowie war immer fähig, sich neu zu erfinden. Er wollte nie den Leuten gefallen, war nie kommerziell, aber war einer der Besten. Diesen Spirit, das müssen wir hinkriegen. Und noch was!

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Ja?

Wir müssen authentisch sein. Denn die jungen Leute riechen Marketing-Bullshit. Meilenweit! Wörter wie progressiv oder so kann keiner mehr hören. Wir wollen geile Autos machen, die geil zu fahren sind. Mehr wollen wir gar nicht.

Authentisch zu sein - das behaupten viele von sich.

Wenn wir sagen, wir seien eine coole Marke und laufen dann alle in Anzügen rum oder schreiben spiessige Texte auf Social Media – dann passt das nicht zusammen. Du musst tun, was du sagst, und dann liefern. Wir schreiben, wie wir reden, das ist manchmal schwierig für unsere Kommunikations-Leute (lacht). Ich schreibe auch meine Interviews nicht um. Wenn ich mich verplappert habe, dann ist das so. Die Leute müssen erkennen können, dass das der Wayne ist, der da spricht. Ich ziehe mich auch nicht so an, wie ich es tue…

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… Sie mögen die Marke Thom Browne, gut erkennbar an den Streifen am Ärmel.

… nicht weil mir ein Berater das empfohlen hat. Ich hab diese Jungs zufällig mal kennengelernt. Einige im Konzern runzeln immer noch die Stirn wegen meines Stils. Auch Luca sagte mal, Du musst doch im Anzug zu dem Event kommen, die ganze Porsche-Piech-Familie ist da. Aber das passt zu Cupra, sagte ich. Und war dort mit meiner Lederjacke.

Über Sie heisst es, Sie seien der entspannteste Manager der gesamten Autoindustrie.

Ja, und der bunte Vogel… in Sitzungen, mit meiner Jacke mit Streifen, mit Turnschuhen. Dann bin ich halt der bunte Vogel.

Wie lebt es sich in Barcelona? Würden Sie noch mit Ingolstadt oder Wolfsburg tauschen?

Ich bin schon gern in einer Grossstadt. Als ich bei Audi war, habe ich in München gelebt. Ich möchte schon eine Stadt, die Kultur hat. Oper, Konzerte, Kunst. München wird immer Teil meines Lebens bleiben. Barcelona auch. Ich hatte mir hier schon zu Audi-Zeiten eine kleine Party-Wohnung zugelegt, in der Altstadt, mit Blick auf den Hafen.

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Party-Wohnung klingt nicht verkehrt.

Die Wohnung habe ich noch. Jetzt bin ich etwas älter, brauche etwas mehr Platz und habe gerade eine hundertjähige Wohnung renoviert. Und dann mein Chiringuito in Mojacar…

Die Strandbar…

… ich muss mal sehen, ob ich da selbst einsteige. In Österreich bin ich auch sehr gern, in Kärnten. Das sind meine drei Orte: Kärnten, München, Barcelona. Wo ich keine grossen Wurzeln mehr habe, ist England.

Ihr Vater hatte sein Autohaus in Dukinfield bei Manchester. Sind Sie Team Manchester City oder United?

United natürlich! Wir wollen jetzt, dieses oder nächstes Jahr, eine Cupra City Garage in Manchester eröffnen. Auf diese Veranstaltung freue ich mich. Das ist dann so was wie: Poor boy comes home! Von meiner Familie ist leider fast niemand mehr da. Aber meine Erinnerungen an das Aufwachsen sind lebendig. «Hacienda» war in den Achtzigern einer der geilsten Clubs überhaupt! Damals fing House-Music an. Dort war ich Samstagabends. Bis ich mit 25 England verliess.

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Inzwischen haben Sie die deutsche Staatsbürgerschaft.

Ich werde immer Engländer bleiben. Ich habe viel Shakespeare gelesen und bin froh darüber. Betriebswirtschaft braucht man auch, aber Musik und Literatur, Bildende Kunst, das ist für mich wahre Bildung. Als die Engländer entschieden hatten, die EU zu verlassen, war ich doch enttäuscht. Ich sehe mich als Europäer. Separieren und Trennen, das ist glaub ich nicht gut für die einzelnen Länder. Ich glaube, wir sollten eher zusammenstehen, natürlich jeder mit seiner Sprache, seinen Eigenheiten. Nach dem Brexit habe ich sehr schnell die deutsche Staatsbürgerschaft erworben. Ich will Europäer bleiben.

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