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Marc Forster: Der Schweizer Regisseur ändert sein Geschäftsmodell und wird Produzent und Unternehmer.
«Gemäss Algorithmus spielt jeder Dollar, den man in einen Film von mir investiert, zwei Dollar ein.»
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Der Schweizer Regisseur Marc Forster (55) war Anfang Mai in Zürich für die Premiere von «White Bird», seinem neusten Film. Im Interview mit BILANZ wollte er nicht gross darüber reden, sondern übers Geschäft an sich. Spoiler: Er hat grosse Pläne und sucht Investoren. Das Treffen fand in einem Zürcher Restaurant statt, mit am Tisch: Renée Wolfe, die, wie sich gleich zu Beginn herausstellte, nicht nur die Produzentin von «White Bird» ist.
Beides.
Wir ergänzen uns sehr gut, sie hat, was ich nicht habe, und umgekehrt. Es ist, wie wenn unsere beiden Gehirnhälften zusammenklickten. Ich führe Regie, sie schreibt. Zusammen machen wir Filme von A bis Z.
Weil wir nicht nur Filme machen, sondern auch die Rechte daran besitzen. Normal ist in der Branche ja, dass man als Regisseur engagiert wird, am Ende einen Check bekommt, und das wars. Die Studios besitzen das gesamte Rechtepaket. Bei einer TV-Sendung zum Beispiel auch noch die Filmrechte, die Rechte für Videospiele, Broadway-Stücke und so weiter.
«White Bird» (o.) erzählt von einem jüdischen Mädchen, das von Franzosen vor den Nazis versteckt wird.
Larry Horricks/Lionsgate«White Bird» (o.) erzählt von einem jüdischen Mädchen, das von Franzosen vor den Nazis versteckt wird.
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Die Filmproduktionsfirma haben Renée und ich gegründet, als wir unseren ersten Film, «World War Z», gemacht haben. Das war vor mehr als zehn Jahren. Nun haben wir unser Geschäftsmodell geändert.
Wir haben immer wieder Filme gemacht, die uns nicht gehören. Für «Christopher Robin» und «Winnie the Pooh» etwa haben wir das Drehbuch und alles andere zusammen mit Disney entwickelt. Was entstanden ist, gehört Disney. Anders bei unserem vorletzten Film, «Ein Mann namens Otto»: Da haben wir einen Financier gesucht und in der schwedischen Verlegerfamilie Bonnier auch gefunden. Sie haben das gesamte Budget von 38 Millionen Dollar bezahlt.
Wir haben den Film für 60 Millionen Dollar an Sony verkauft.
Ja, aber wir hätten noch mehr lösen können. Wir hatten mehrere Kaufinteressenten, und es ist auch üblich, dass man je nach Weltregion jemand anderen berücksichtigt. Aber für diesen Film fanden wir es besser, einen globalen Verleiher zu haben, der ihn herausbringt.
Wir machen nun einen letzten Film mit Disney. Wir verfilmen «Das Graveyard- Buch» des Briten Neil Gaiman, das preisgekrönt ist.
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Gemäss Algorithmus spielt jeder Dollar, den man in einen Film von mir investiert, zwei Dollar ein.
Wenn man alle Filme, bei denen ich Regie geführt habe, in den Algorithmus einbezieht, sieht man, was sie gekostet und was sie eingebracht haben. Im Ergebnis kommt doppelt so viel heraus, wie man in mich investiert.
Finden Sie? Die Leute wissen ja, was sie bekommen, weil sie mich, meinen Stil, meinen Track Record und alles kennen. Unsere Idee ist es zudem, dass wir insgesamt drei Projekte entwickeln und potenziellen Investoren vorlegen.
Marc Forster mit seiner Mutter Ulli Forster sowie Produzentin und Lebensgefährtin Renée Wolfe.
Thomas MeierMarc Forster mit seiner Mutter Ulli Forster sowie Produzentin und Lebensgefährtin Renée Wolfe.
Thomas MeierJa, und zwar mit dem Argument, dass sie, wenn sie nur in einen Film investieren, den ich leite, auch ins Casino gehen könnten, denn den sicheren Erfolg gibt es einfach nicht. Wer in drei Filme investiert, die ich leite, hat hingegen eine reelle Chance auf einen guten Gewinn.
Wir arbeiten an den Skripts. Es wird einen Actionfilm, einen Thriller und einen komödiantischen Film geben. Alle drei haben unterschiedliche Budgets. Insgesamt reden wir von 120 Millionen Dollar.
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Genau, und wir führen auch schon Gespräche, haben mehrere Leute, die interessiert sind. Geld aufzutreiben, scheint nicht besonders schwierig zu sein. Der Challenge wird mehr sein, die richtigen Partner zu finden.
Wir müssen wissen, woher das Geld kommt, prüfen, wer die Leute sind, mit denen wir ins Geschäft kommen.
Das Budget ist 120 Millionen Euro. Wir wollen nicht zu viele Investoren.
Schwer zu sagen. Wir hatten kürzlich ein Angebot von Leuten, die uns einen Betrag angeboten haben, aber im Austausch für einen Prozentsatz am Unternehmen.
Das sind genau meine Worte.
Wir möchten Investoren, die rational und freundlich sind und einen langen Schnauf haben: Es ist ein weiter Weg, vielleicht machen wir aus den Nebenrechten ja auch noch ein Videospiel oder ein Broadway-Musical. Und ganz wichtig: Die Finanzierung muss aus legalen Quellen kommen.
In der Filmografie von Marc Forster ist alles drin: Blockbusters wie «James Bond 007: Ein Quantum Trost» und «World War Z», beide spielten allein in den USA einen dreistelligen Millionenbetrag ein. Andere floppten, darunter «Machine Gun Preacher» und «All I See Is You». Sie liefen in den USA so schlecht, dass sie in Europa gar nicht erst in die Kinos kamen.
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Wir wollen die Menschen inspirieren, sie auf eine emotionale Reise mitnehmen und unterhalten – und dabei wirtschaftlich profitabel sein.
Ich liebe Kunst um der Kunst willen, aber wir leben in einer Gesellschaft, in der das sehr schwer zu verkaufen ist.
In Zusammenarbeit mit einem Studio bekommt man eine Liste von Leuten, die sie sich für das veranschlagte Budget vorstellen können, und dann versucht man, diese Leute zu bekommen. Anders, wenn wir selbst Filme machen. «Ein Mann namens Otto» haben wir von Anfang an mit Tom Hanks entwickelt. Er war einer der Produzenten. Daneben arbeiten wir schon seit vielen Jahren mit demselben Kernteam.
Ich habe als Regisseur sehr viel über Führen gelernt. Das Allerwichtigste, um gut führen zu können, ist, ganz klar vor Augen zu haben, was man will, und das ganz präzise, einfach, klar und vor allem auch in Ruhe zu kommunizieren.
Das Zweitwichtigste ist, zu wissen, wo man Kompromisse eingehen kann und wo nicht. Diese Projekte laufen ja nie so, wie man das geplant hatte.
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Bringt mich nicht aus der Ruhe, schon gar nicht auf dem Set. Es ist der Ort, wo ich mich am ausgeglichensten und ruhigsten fühle, das ist wie Meditation.
Geld an sich nichts. Was man damit machen kann, ist aber grossartig.
Machen. Für uns ist nur das wichtig, was wir im Moment geniessen können, und das kostet nicht viel. Wir nähern uns dem japanischen Ansatz von «Weniger ist mehr» immer mehr an. Unser Haus in Santa Monica ist nur mit dem Nötigsten eingerichtet. Wir verbringen ja nur drei, vier Monate da, reisen sehr viel, wohnen irgendwo.
Wir drehen an Orten, die uns gefallen und die steuerliche Vorteile bieten. Letzteres ist sehr wichtig für uns. In England zum Beispiel bekommt man 25 Prozent auf jeden Dollar.
Für jeden Dollar, den man dort ausgibt, erhält man von der Regierung 25 Cent. Das gilt auch für die Gehälter und auch für alles andere, was man ausgibt. So werden aus 100 Millionen Dollar, die ein Studio für einen Film budgetiert, 125 Millionen Dollar.
Nein, das wird dem Budget hinzugefügt.
Es gibt drei wirklich relevante weltweit, weil ein Filmmarkt dazugehört: Berlin, Cannes und Toronto. Diese sind sehr wichtig, wenn Sie einen Film finanzieren und verkaufen wollen. Dann gibt es noch die kleineren Festivals in Venedig, London, New York und das Sundance, die aus künstlerischen Gründen wertvoll sind.
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Schön, aber kein Markt.
An keines, «White Bird», unser neuster Film, ist in Europa angelaufen und kommt im Oktober auch in den USA in die Kinos.
Ja, wir haben immer zwischen fünf und sieben in Arbeit. Manche sind in der Ideen-, manche in der Drehbuch-, manche in der Castingphase. Aber im Moment geht es wirklich vor allem darum, dass wir für unser Projekt mit den drei Filmen für insgesamt 120 Millionen Dollar die richtigen Partner finden.
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