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Holcim ist weitaus attraktiver, als dies die Börse meint; Interroll zeigt sich bärenstark, doch sind die Aktien teuer; Landis+Gyr bieten mehr Spannung als auch schon.
Frank Goldfinger
UNTERSCHÄTZT: Holcim unter Führung von CEO Jan Jenisch und Präsident Beat Hess (Bild) wird von der Börse verschmäht – noch.
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Die Aktien sind der Liebling der Finanzanalysten – doch die Anleger machen einen Bogen um sie. Ich rede von Holcim. Die Titel des Zementgiganten sind seit April um über 20 Prozent abgerutscht. Sicher, einiges spricht gegen die Papiere. Da wären einmal die aus der Fusion mit Lafarge übernommenen Hypotheken: So drohen saftige Bussen wegen Zahlungen an syrische Terrorgruppen. Auch sind die Aktien wegen der hohen CO2-Emissionen von Holcim für manchen Investor ein No-Go. Und seit Neustem sorgen Sandkrise sowie steigende Energiekosten für Diskussionen.
Dabei gehen die positiven Argumente etwas vergessen. CEO Jan Jenisch (55) hat mit Rückendeckung von Präsident Beat Hess (72) den Konzern regelrecht umgepflügt – und schafft endlich wieder Aktionärswert. Wenig profitable Ländergesellschaften werden verkauft, alternative Methoden wie grüner Zement oder Häuserbau mittels 3-D-Drucker vorangetrieben, Kosten abgebaut, Aktivitäten ausserhalb des Zementgeschäfts ausgebaut. Zudem stimmt das Marktumfeld, die Nachfrage im Infrastrukturbau bleibt hoch.
Mit einem geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2021 und 2022 von zwölf respektive zehn sind die Aktien attraktiv bewertet. Dazu gesellt sich eine Dividendenrendite von 4,4 Prozent – notabene steuerbefreit. Dennoch warte ich mit einem Einstieg zu, bis sich der Abgabedruck auf den Aktien gelegt hat. Bestehende Aktionäre sollten sich von den Kursverlusten nicht kopfscheu machen lassen und die Papiere halten.
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Der Firmenname Bystronic sagt manchem Anleger noch nicht viel. Dabei handelt es sich um das Überbleibsel eines alteingesessenen Unternehmens; nach der Zerstückelung des Mischkonzerns Conzzeta verblieb Bystronic, eine auf Blechbearbeitung spezialisierte Gruppe. Die Nachfrage nach deren Maschinen ist sehr gut, in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres stieg der Auftragseingang um 61 Prozent. Der Umsatz dagegen hinkt dieser Entwicklung mit einem Plus von 16 Prozent klar hinterher.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ.
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Die differierende Entwicklung begründet CEO Alex Waser (54) mit Beschaffungs- und Logistikproblemen, also Schwierigkeiten, denen sich heute viele Firmen ausgesetzt sehen. Der hohe Auftragsbestand wird sich dafür im kommenden Jahr positiv auswirken. Auch mittelfristig steuert das Unternehmen auf Wachstumskurs, der Bedarf an Automationslösungen ist enorm. Seit Anfang Mai notiert die einstige Conzzeta als Bystronic an der Börse. Die Aktien gewannen seither 15 Prozent. Mit einem für dieses und das kommende Jahr geschätzten KGV von 44 respektive 36 sind die Valoren teuer. Ein Kauf sollte nur auf mittelfristige Sicht erfolgen.
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Der Höhenflug von Interroll ist schlicht atemberaubend. Über die letzten fünf Jahre sind die Aktien um mehr als 300 Prozent in die Höhe geschossen, alleine seit Anfang 2021 resultiert ein Kursgewinn von gut 60 Prozent. Der weltweit führende Hersteller von Produkten für Stückgutförderung, interne Logistik und Automation ist denn auch in einer beneidenswert guten Form. 2020 konnten trotz Lockdown das Ebit und der Gewinn deutlich gesteigert werden. Und im ersten Semester dieses Jahres stieg der Umsatz um 17 Prozent, der Ertrag legte 40 Prozent zu. Der Bestellungseingang von Interroll lag sogar um gegen zwei Drittel über dem Vorjahresniveau.
Nicht weniger rosig sind die Aussichten. Der Boom im E-Commerce wie auch die hohe Nachfrage in der Logistik-Automatisierung werden über Jahre für einen expansiven Geschäftsgang sorgen. Damit erklärt sich auch die Hausse der Aktien. Diese sind mit einem KGV von 44 für dieses und 40 für nächstes Jahr sehr hoch bewertet. Kommt dazu, dass auch die Dividendenrendite mit 0,6 Prozent wenig berauschend ist. Mir sind die Valoren des Tessiner Unternehmens zu teuer. Wer viel Schnauf hat, für den bieten die Titel auf längere Sicht gute Chancen.
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Die Aktionäre von Landis+Gyr sind fürwahr nicht verwöhnt. Gegenüber dem Ausgabepreis beim IPO vom Juli 2017 haben die Titel über 20 Prozent verloren. Das kann nicht verwundern, denn der Spezialist für intelligente Energienetzwerke und Stromzähler kommt auf keinen grünen Zweig. Im letzten Geschäftsjahr rutschte der Umsatz um 20 Prozent ab, unter dem Strich resultierte ein Verlust von 392 Millionen Dollar –obwohl die Belegschaft um nicht weniger als ein Achtel gekappt wurde.
AUFHOLPOTENZIAL: CEO Werner Lieberherr dürfte mit Landis+Gyr vor besseren Zeiten stehen.
picture alliance/dpaAUFHOLPOTENZIAL: CEO Werner Lieberherr dürfte mit Landis+Gyr vor besseren Zeiten stehen.
picture alliance/dpaDabei ist das Tätigkeitsgebiet mit Blick auf modernes Energiemanagement, intelligente Zählermodule sowie Netzinfrastruktur vielversprechend. Vor allem der Ersatz alter Stromzähler bietet weltweit ein enormes Potenzial. CEO Werner Lieberherr (61) versucht seit gut einem Jahr, den Konzern wieder vermehrt unter Strom zu setzen. Und endlich zieht die Nachfrage an. In den letzten Monaten konnte der Konzern aus Cham ZG gerade in den USA einige Grossaufträge ergattern.
Die Aktien von Landis+Gyr bieten wieder spürbar mehr Spannung als auch schon. Mit einem KGV von 17 fürs nächste Geschäftsjahr sind die Valoren jedenfalls günstig bewertet. Ein positiver Punkt ist ebenso die Dividendenrendite von 3,5 Prozent – und die Ausschüttung ist steuerfrei. Dennoch warte ich einmal ab, wie die nächsten Quartalsresultate ausfallen. Vorsichtig stimmt mich, dass die Leerverkäufe in diesen Papieren in die Höhe schiessen.
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