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Bankenbeben

Credit Suisse: Ex-Chefs Oswald Grübel und Josef Ackermann schmiedeten Rettungspläne

Sie gruppierten Investoren um sich, um bei der Bank mit Milliarden einzusteigen: Wie ehemalige CS-Granden die Bank retten wollten.

Erik Nolmans

Oswald Grübel

Oswald Grübel ist einer der Veteranen, der sich für die Bank einsetzen wollte. 

Paolo Dutto für BILANZ

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Das Datum hatten sich die ehemaligen Generaldirektoren dick in der Agenda eingetragen: Donnerstag, 22. September 2022, Lunch im Hotel Storchen in Zürich. Angesagt war das traditionelle jährliche Treffen der CS-Veteranen, ein lockeres Beisammensein von einem knappen Dutzend ehemaliger Mitglieder der Konzernleitung bei gutem Essen und Wein.

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Anwesend an jenem Lunch waren auch drei Ex-CS-Granden, deren Namen weit über die Bank hinaus bekannt sind: Josef Ackermann (75), CEO der CS von 1993 bis 1996, der später seine Karriere bei der Deutschen Bank fortsetzte, wo er bis 2012 Vorstandsvorsitzender war. Oswald Grübel (79), CEO der CS von 2003 bis 2007, der in der Finanzkrise bei der UBS-Rettung nochmals in die Hosen steigen musste. Und Bankerlegende Hans-Jörg Rudloff (82), der die Credit Suisse First Boston in den 1980er Jahren im Eurobond-Markt gross gemacht hatte und später auch im Verwaltungsrat der CS Holding Einsitz hatte.

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Die Stimmung war etwas gedrückter als auch schon, wie Beteiligte schildern: Grund war die missliche Lage der CS, wo wenige Wochen zuvor mit Ulrich Körner ein neuer CEO angetreten war, der zusammen mit Präsident Axel Lehmann eine neue Strategie auf die Beine stellen musste. Die Einschätzung der ehemaligen Chefs über ihre Bank war dieselbe: Das sei ja himmeltraurig, was da bei der Bank geschehe. Da müsse man doch was machen, so der Tenor am Tisch. Es sollte nicht bei markigen Worten bleiben.

In jenen Wochen des Spätsommers 2022 hatten sich zwei Gruppierungen zu bilden begonnen, die ihre ganz eigenen Pläne in Sachen CS wälzten: eine um Ackermann und eine um Grübel. Beide hatten ihre Kontakte spielen lassen und finanzkräftige Investoren gewinnen können.
 

Ackermanns Milliarden

Dass hinter den Kulissen einiges am Laufen war, liess Ackermann später in der Presse etwas verklausuliert durchschimmern. «Wer einmal Teil der Familie war, bleibt es bis zu einem gewissen Grad», liess er die «NZZ» im letzten November in einem Interview wissen. Wenn er die Managementfehler sehe, die gemacht wurden, dann ärgere ihn das «gewaltig».Er habe sich schon im Sommer 2022, kurz nach der Ankündigung der Neupositionierung der CS, Gedanken um die Bank gemacht, sagt Ackermann auf Anfrage von BILANZ. Er habe daraufhin ein Konzept entwickelt und dafür «einen harten Kern von Schweizer Kapitalgebern» gewinnen können: reiche Privatinvestoren, Family Offices und institutionelle Investoren. Namen wollte er nicht nennen, aber rund zwei bis drei Milliarden seien ihm in Aussicht gestellt worden. Wie man hört, soll im Rahmen der Investorensuche unter anderem auch Zementbaron Thomas Schmidheiny zu einem eventuellen Engagement bereit gewesen sein. Der Holcim-Aktionär hat ebenfalls einen persönlichen Bezug zur CS, war er doch einst in deren VR.

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Josef Ackermann poses for a Photograph before a Bloomberg Television interview in Zurich, Switzerland, on Monday, Sep. 3, 2018. Photographer: Stefan Wermuth/Bloomberg

«Wer einmal Teil der Familie war, bleibt es bis zu einem gewissen Grad» – Josef Ackermann.

STEFAN WERMUTH
Josef Ackermann poses for a Photograph before a Bloomberg Television interview in Zurich, Switzerland, on Monday, Sep. 3, 2018. Photographer: Stefan Wermuth/Bloomberg

«Wer einmal Teil der Familie war, bleibt es bis zu einem gewissen Grad» – Josef Ackermann.

STEFAN WERMUTH

Eng abgesprochen hatte sich Ackermann in dieser Sache mit einem anderen Ex-CS-Mann, dem britischen Investmentbanker Bob Diamond (71), Ex-Chef der Barclays Bank, einem Vertrauten, der von 1992 bis 1996 bei Credit Suisse First Boston war. Mit im Boot sei auch Rudloff gewesen, der Diamond ebenfalls gut kennt und der zudem auch beste Kontakte in Schweizer und internationale Investorenkreise hat.
Das Konzept der CS-Veteranen sah eine tiefgreifende organisatorische Änderung der Bank vor und basierte auf einer Grundidee: Die alte SKA, die Schweizerische Kreditanstalt, sollte in den Grundzügen wiederauferstehen. Gleichzeitig sollte die internationale Investmentbank abgespalten werden und in eine strategische Allianz eingebracht werden – unter Führung von Diamonds Investmentfirma Atlas Merchant Capital.

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Er habe es schon 1996 für einen Fehler gehalten, die vier Einheiten der Bank zu trennen, erklärt Ackermann. Die neue CS hätte nun im Grunde wieder aus dem Kernbereich Wealth Management, dem Schweizer Kleinkunden- und Firmengeschäft, dem Asset Management und dem Schweizer Investmentbanking bestanden, alles unter zentraler Organisationsform und Führung. Die Aufspaltung der SKA in vier getrennte Einheiten war damals von McKinsey erarbeitet worden, im Auftrag des damaligen Präsidenten Rainer E. Gut.

Es war dann nicht Ackermann, sondern Diamond, der im Frühherbst konkret an die CS herantrat und mit Axel Lehmann sprach. Dies war der logische erste Schritt im Plan, denn die Abspaltung des Investmentbankings war das Kernelement, und ohne dies wäre das Ganze obsolet.

Die Vorschläge seien bei der CS aber auf taube Ohren gestossen, so Ackermann. Die Bank hatte fürs Investmentbanking ganz andere Pläne, und diese waren bereits weit fortgeschritten. Mit ihrem langjährigen VR-Mitglied Michael Klein war im Oktober 2022 ein Deal finalisiert worden. Ziel war es, das Kapitalmarkt- und Beratungsgeschäft aus der Investmentbank mit Kleins persönlicher Beratungsfirma zu fusionieren und unter dem Namen CS First Boston auszulagern. Dieser Deal unterschied sich stark von Diamonds Vorschlag, der eine komplette Abspaltung des CS-Investmentbankings vorsah, nicht nur jene der lukrativsten Teile, wie aus Diamonds Umfeld verlautet. Der Klein-Deal ist denn auch bis heute umstritten: Laut jüngsten Presseberichten plant der neue CS-Besitzer UBS, den vor allem für Klein selber guten Deal wieder abzuschiessen.

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«Auf mich wirkte es, als ob die CS sich auf den Klein-Plan festgefahren hatte», sagt Ackermann. Zudem habe bei der CS im Herbst wohl noch das Gefühl vorgeherrscht, dass man auf gutem Weg sei.
Am 27.  Oktober wartete die CS mit einem Paukenschlag auf. Es wurde bekannt gegeben, dass im Rahmen der angekündigten Kapitalerhöhung um vier Milliarden Franken die Saudi National Bank bei der CS einsteige und rund 1,5 Milliarden einbringe. Dafür bekamen die Saudis auf einen Schlag knapp zehn Prozent der Bank. Auch an dieser Lösung soll Klein grossen Anteil gehabt haben, war er doch bestens mit den Saudis bekannt.
Damit war Ackermanns Masterplan vom Tisch, die Milliarden seiner Investoren wurden nicht mehr benötigt. Auch die Lösung mit einer strategischen Allianz im Investmentbanking wurde nur noch in Teilen weiterverfolgt: Wie das britische Branchenmedium «Global Capital» Anfang Dezember berichtete, soll sich Diamonds Atlas Merchant Capital noch überlegt haben, sich an der neu entstandenen CS First Boston unter Klein zu beteiligen, aber auch daraus wurde schlussendlich nichts.
 

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Grübels helvetische Runde

Die Kapitalerhöhung der CS und ihre Umstände waren auch der Todesstoss für die Pläne der zweiten Gruppierung, jener um Oswald Grübel. Dessen Konzept war in Teilen ähnlich wie jenes von Ackermann und seinen Mitstreitern, sah aber eine Einflussnahme nicht nur über ein Milliardeninvestment, sondern zusätzlich auch über eine mögliche spätere Einsitznahme im Verwaltungsrat vor.

Auch Grübel soll sich schon im Sommer 2022 Gedanken gemacht haben, und auch er liess seine Kontakte in Investorenkreisen spielen. In kleiner Runde habe er verlauten lassen, er sei daran, eine Gruppe kapitalkräftiger Schweizer Investoren zusammenzustellen, dies auch als Zeichen eines explizit schweizerischen Engagements, das zusätzlich Vertrauen hätte schaffen können: Auch hier gibt es offiziell keine Namen, aber laut Vermutungen aus dem Umfeld des Ex-CS-Bankers soll der Schweizer Milliardär Hansjörg Wyss einer der Investoren gewesen sein, die unter gewissen Umständen bereit gewesen wären mitzumachen. Auf Zusicherungen seiner Investoren in Höhe von gut einer Milliarde habe Grübel zählen können, heisst es in seinem Umfeld. Das hätte zu jenem Zeitpunkt für rund fünf Prozent an der Bank gereicht.

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Zürcher Tafelrunde: Im Hotel Storchen in Zürich fand vergangenen Herbst das jährliche Treffen der ehemaligen Generaldirektoren der CS statt – die Sorgen um die Bank waren gross.

ZVG
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Zürcher Tafelrunde: Im Hotel Storchen in Zürich fand vergangenen Herbst das jährliche Treffen der ehemaligen Generaldirektoren der CS statt – die Sorgen um die Bank waren gross.

ZVG

Die CS hatte einen grossen Bestand an eigenen Aktien. Diese hätte sie dann an die Investorengruppe um Grübel verkaufen können, so eine der Ideen. Mit dem Grossinvestment wäre offenbar auch die Forderung nach einem Verwaltungsratssitz verbunden gewesen. Diese Aufgabe hätte aber nicht Grübel übernehmen sollen, sondern ein jüngerer Vertreter der Gruppe, der noch hätte bestimmt werden müssen.
Lange standen die Investoren quasi Gewehr bei Fuss. Abgemacht worden war, dass die Gruppe dann investiert, wenn Grübel meint, dass der Zeitpunkt dafür gekommen sei – und den Startschuss gibt.Doch dazu kam es nie. Am 1. November veröffentlichte die CS die Bedingungen der Kapitalerhöhung und legte den Referenzpreis bei 4.07 Franken fest. Man könne doch keine Kapitalerhöhung bei vier Franken machen, soll sich Grübel im kleinen Kreis geärgert haben, die Bank hätte sich besser anders Kapital beschaffen sollen. In der Tat ist eine Kapitalerhöhung zu vier Franken nur schon daher ungünstig, weil man bei einem solch niedrigen Kurs Unmassen von Aktien herausgeben muss für eine vergleichsweise geringe Kapitalzufuhr. Das alles kann dann schnell stark auf den Kurs drücken. Grübel soll seinen Investoren signalisiert haben, er sehe unter diesen Umständen keine Chance für ein lukratives Investment mehr, und blies die Sache ab. Der richtige Entscheid, wie der seither in die Tiefe gestürzte Kurs zeigt.

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Bei den jüngsten Rettungsversuchen rund um das Entscheidwochenende vom 18./19. März und die Übernahme durch die UBS spielten die Gruppierungen keine Rolle. Ackermann traf sich zwar wenige Tage vor dem CS-Untergang doch noch mit Lehmann für ein persönliches Gespräch, aber für die Diskussion neuer Vorschläge sei es dann schon zu spät gewesen, das sei klar gewesen, sagt Ackermann. Den Untergang ihrer ehemaligen Bank haben die CS-Veteranen nicht verhindern können. Als Trost bleibt: An Gesprächsthemen für zukünftige Jahrestreffen wird es ihnen wohl auch in Zukunft nicht fehlen.

Über die Autoren
Erik Nolmans

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