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Die Genfer Privatbanken setzen immer wieder auf Kräfte von aussen, um ihre Teilhabergremien aufzufrischen. Das Risiko ist allerdings gross.
Boris Collardi ist Partner bei Pictet.
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Insgesamt nur 43 Teilhaber zählt die 1805 gegründete Pictet in ihrer langen Geschichte. Geprägt wird das Führungsgremium stark von den Mitgliedern einiger weniger Genfer Bankiersfamilien mit Namen wie Pictet, de Saussure oder Demole. Aber so rund alle zwanzig Jahre holt das Unternehmen eine Person von aussen, die direkt ins erlauchte Teilhabergremium einzieht.
1998 war das Renaud de Planta, der von der UBS kam. Ein Glücksgriff: De Planta führte den ihm anvertrauten Bereich Asset Management in neue Höhen. 2019 wurde er Senior Partner, also der Primus inter Pares im siebenköpfigen Teilhabergremium. 2018 war es dann Boris Collardi, vorher Chef der Bank Julius Bär, der ins Gremium einziehen durfte. Dies allerdings – bisher zumindest – nicht zur ungetrübten Freude.
Denn mit Collardi hat sich Pictet auch einen Schwall von Imageproblemen ins Haus geholt. In Collardis Amtszeit bei Bär fielen jene Geldwäschereiskandale, die der Zürcher Bank jetzt um die Ohren geschlagen werden. Für Pictet aber ist Diskretion oberstes Gebot, Skandale gibt es kaum je. Und nun dies: Teilhaber Collardi fast konstant im Fokus der Presse.
Annika Falkengren ist bei der Genfer Privatbank Lombard Odier.
ZVGAnnika Falkengren ist bei der Genfer Privatbank Lombard Odier.
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Auch die andere grosse Traditionsbank in Genf, Lombard Odier, muss erfahren, dass man mit einem neuen Teilhaber auch immer dessen berufliche Vergangenheit mit ins Haus holt. So musste die Ex-Arbeitgeberin von Annika Falkengren, die schwedische Universalbank SEB, wegen Mängeln in der Geldwäschereiprävention eine Busse zahlen. Die Fälle entwickelten sich in ihrer Amtszeit: Sie stiess 2017 zu Lombard Odier, vorher war sie zwölf Jahre Chefin der SEB. Auch hier gab es kritische Medienberichte.
Richtig unangenehm wird es, wenn man sich einen Störenfried ins Haus holt. Als solcher entpuppte sich bei Lombard Odier Hugo Bänziger, lange Risiko-Chef der Deutschen Bank, Panzeroffizier und eine eher ruppige Persönlichkeit. Er war ein Fremdkörper in der Welt der Banquiers privés und zettelte allerlei Machtkämpfchen an. 2018 verliess er die Bank. Auch Ex-UBS-Banker Anton Affentranger, 1998 der erste externe Partner und CEO in der Geschichte der Bank, lief mit seinem Tempo und Veränderungswillen auf und blieb nur zwei Jahre.
Warum also beschränkt man sich nicht gleich auf den Kreis der Familienvertreter und auf jene internen Talente, die man lange kennt? Das Problem ist: Pictet und Lombard sind inzwischen so gross, dass die Führung sehr hohe Anforderungen stellt. Man kommt gar nicht darum herum, auch von aussen Kompetenz einzukaufen. Das kann auch auf Kosten eines Familienmitglieds gehen.
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Als 2016 etwa Alexis Lombard, Sohn von Thierry Lombard, in die Fussstapfen des Vaters treten wollte, wollten ihm die Teilhaber die Partnerschaft nicht versprechen. Er verliess die Bank. Es gebe Situationen, in denen man «die Interessen der Kunden und der Belegschaft über jene einer einzelnen Person stellen muss», sagte Senior Partner Patrick Odier damals.
Es sei wichtig, dass man die Eigenschaften einer Familienfirma lebe, sagte de Planta jüngst in einem Zeitungsinterview, es sei aber immer «eine Frage der Balance». Man brauche ebenso neue Impulse von ausserhalb. Der «Esprit de Genève» präge die Kultur, Werte wie die humanistische Grundhaltung oder Diskretion: «Diesen Geist nehmen alle unsere Partner auf, auch wenn sie eine andere Herkunft mitbringen.»
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