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CEO von Robeco

«Es ist ein Krieg um weibliche Talente»

Als CEO hat Karin van Baardwijk die Kultur des Vermögensverwalters verändert. Doch es gebe noch viel zu tun.

sdf

2022 hat Karin van Baardwijk den CEO-Posten angetreten – nach 20  Jahren bei Robeco.

2022 hat Karin van Baardwijk den CEO-Posten angetreten – nach 20  Jahren bei Robeco.

zVg / Sander Nagel

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In der Schweiz hat Robeco 100 Mitarbeiter. Ein wichtiger Standort also?

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Robeco ist seit den 1970er Jahren in der Schweiz präsent, doch mit der Übernahme von SAM (Sustainable Asset Management) vor bald 20 Jahren haben wir hier einen starken Standort mit lokalen Investmentteams aufgebaut. Das Büro ist ein Pionier in nachhaltigem Investieren. Dank SAM waren wir die Ersten, die Fonds zu Themen wie Wasser oder Energie lancierten. Heute sind in Zürich die Abteilung für thematische Anlagestrategien und unser Research-Team für nachhaltige Anlagen sehr wichtig.

Sind Investoren nicht ein wenig ermüdet vom Thema Nachhaltigkeit?

Über die Relevanz nachhaltiger Investitionen wird heute häufiger diskutiert. Manchmal im Zusammenhang mit dem Unternehmensauftritt und dem Ruf, manchmal geht es um die Produktlösung. Die Leute haben nicht genug vom Thema, aber die regionalen Unterschiede nehmen zu. Es ist wichtig, für alle Kunden da zu sein, egal wo sie sich auf ihrem Weg zur Nachhaltigkeit befinden. Die Gewinner von morgen werden diejenigen sein, die sich heute schon für Nachhaltigkeit einsetzen. Bei nachhaltigen Investitionen geht es also um das Risiko-Rendite-Profil.

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Blackrock, der grösste Vermögensverwalter der Welt, hat beim Thema ESG eine Strategiewende vollzogen. War dies schädlich für das Segment?

Es steht mir nicht zu, zu kommentieren, was Blackrock tut. Aber die Dynamik in den USA ist eine andere. Es macht einen grossen Unterschied, ob man ein Vermögensverwalter mit einem grossen US-Kundenstamm ist oder ein Akteur wie Robeco. Wir betrachten die USA nicht als einen Markt, sondern unterscheiden je nach Bundesstaat.

Pionier für Nachhaltigkeit

Der niederländische Asset Manager Robeco setzt seit Mitte der 1990er Jahre auf nachhaltige Investments. 2006 übernahm Robeco die Schweizer SAM-Gruppe, den damals führenden Anbieter in dem Segment. Von den heute rund 180 Milliarden Euro an verwalteten Vermögen entfallen 176 Milliarden auf ESG-Anlagen.

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Was beobachten Sie in den USA?

Grosse US-Unternehmen ziehen sich aus ihrem Engagement für das Klima zurück, weil sie befürchten, auf der falschen Seite des politischen Spiels zu stehen. Solange die globalen Probleme rund um das Klima aber nicht gelöst sind, muss Geld in diese Richtung fliessen. Auch wenn es vorübergehend eine andere Haltung zu nachhaltigen Investitionen gibt, wird dies für uns als langfristiger Investor ein relevantes Thema sein. Um die Welt bis zum Jahr 2050 auf ein Netto-null-Ziel umzustellen, sind 125 Billionen Dollar erforderlich.

In der Asset-Management-Branche hapert es beim Thema ESG vor allem am «S», das für Soziales steht. Diversität und Inklusion kommen bei vielen Vermögensverwaltern zu kurz.

Das Thema ist sehr relevant, aber die Branche als Ganzes macht noch nicht genügend Fortschritte. Auch hier gibt es regionale Unterschiede. In England ist das Gespräch über Diversität und Inklusion bereits relativ weit. Andere europäische Länder, wie die Niederlande, holen auf. So fordert beispielsweise die niederländische Regierung die Unternehmen auf, ihre Ziele in Bezug auf die Geschlechtervielfalt transparent zu machen. Bei Robeco haben wir uns ein Ziel von 30 Prozent für die Geschlechtervielfalt in der obersten Führungsebene gesetzt.

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Wie weit sind Sie davon noch entfernt?

Derzeit sind über 25 Prozent der leitenden Angestellten Frauen. Es gibt also noch viel zu tun. Wichtig ist, dass wir uns nicht nur auf Neueinstellungen konzentrieren. Wir wollen weibliche Nachwuchskräfte auf ihrem Karriereweg coachen. Vor allem in der Phase, wenn sie heiraten und Kinder bekommen. In dieser Etappe ihrer Karriere muss man talentierten Frauen nahe bleiben, um sicherzustellen, dass sie das Unternehmen nicht verlassen.

Ist Diversität nicht mehr als Geschlechtervielfalt?

Doch, es geht nicht nur um Gender. Für mich geht es bei der Vielfalt mehr um die Unterschiede im Denken. Also suchen wir Personen mit Unterschieden in Ausbildung, Hintergrund, Nationalität, Alter oder sexueller Orientierung.

Mit so viel Diversität steigt auch die Komplexität innerhalb einer Firma.

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Natürlich, denn je mehr Meinungen es gibt, desto schwieriger wird es, eine Entscheidung zu treffen und einen Konsens zu finden. Andererseits ist eines sicher: Die Entscheidung, die man letztendlich trifft, wird eine besser informierte Entscheidung sein. Das erhöht unsere Erfolgschancen. Aus diesem Grund ist Diversität kein softes Thema. Es ist ein hartes Businessthema, da eben diese Vielfalt die Qualität und die Entscheidungsfindung verbessert und schliesslich zu besseren Geschäftsergebnissen führt.

Im deutschsprachigen Raum sind in den Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten der Asset Manager nur 13  Prozent Frauen. Das ist wenig im Vergleich zu anderen Branchen.

Da stimme ich Ihnen zu. Es liegt in der Verantwortung der Geschäftsleitungen, dieses Erscheinungsbild zu ändern und das Asset Management für weibliche Führungskräfte interessanter zu machen. Denn es ist möglich, hier als Frau Karriere zu machen. Ich bin das lebende Beispiel dafür. Ich habe vor 20  Jahren bei Robeco angefangen, und heute bin ich CEO. Wenn ich das geschafft habe, dann können es andere auch.

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Vorbilder wie Sie sind allerdings sehr selten.

Das stimmt zwar, aber auch Männer können in dieser Hinsicht Vorbilder sein. Ich habe viele männliche Kollegen, die echte Botschafter für weibliche Führungskräfte sind. Es sind also nicht nur die Frauen, die diesen Wandel vorantreiben sollten. Die ganze Branche ist gefragt, mehr Bewusstsein und Attraktivität zu schaffen.

Zahlreiche Analysen zur Performance von Portfoliomanagern zeigen, dass gemischte oder weibliche Teams erfolgreicher sind als reine Männerteams. Reicht das nicht als Anreiz, mehr Frauen zu engagieren?

Der Talentpool besteht immer noch zu 90  Prozent aus Männern, und alle fischen im selben Teich. Es ist ein Krieg um weibliche Talente. Nur diejenigen, die eine moderne Kultur leben, werden in Zukunft erfolgreich sein. All die Unternehmen, die nicht den Umgangston an der Spitze und die Vorstellung von Erfolg und Führung ändern, werden das nicht schaffen.

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Haben Sie als CEO denn wirklich die Kultur bei Robeco verändert?

Ja, es war eine meiner ersten Aufgaben. Ich habe die Definition von Erfolg angepasst und die Kultur und den Umgang miteinander in den Vordergrund gestellt. Unsere Leistung misst sich sowohl an den finanziellen Ergebnissen als auch an unserem Verhalten. Frauen verlassen eine Firma meistens wegen verhaltensbedingter Faktoren, nicht wegen der Karriereaussichten oder der Bezahlung.

Sie haben es trotzdem geschafft.

Ich habe nie versucht, etwas zu sein, das ich nicht bin. Frauen meinen oft, sie müssten sich in einer männerdominierten Umgebung anpassen. Aber wenn man das tut, verliert man seine ganze Kraft und Einzigartigkeit. Genau die Authentizität ist aber das, was wir für mehr Vielfalt brauchen …

… und einen Arbeitgeber, der diese Einzigartigkeit schätzt.

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Natürlich. Ich hatte immer das Glück, bei Firmen zu arbeiten und Vorgesetzte zu haben, die gesehen haben, dass ich andere Fähigkeiten habe als andere, und die genau das an mir geschätzt haben.

Über die Autoren
sdf

Anne-Barbara Luft

Anne-Barbara Luft

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