Guten Tag,
Der Chairman Valentino Cè hat die Basler Ikone entstaubt. Firmenkäufe sollen nun schnelleres Wachstum bringen.
Dirk Ruschmann
Höchst verschwiegen die Firma, der Chairman ein zugänglicher Charakter: Valentino Cè.
Remy Steiner für BILANZWerbung
Mitten in der Basler Innenstadt, oben in einem schmucklosen Bürohaus, versteckt sich die Markenikone Doetsch Grether. Darin modernes Mobiliar, offene Flächen für die Teams, überall sind die berühmten Grether’s Pastillen in diversen Geschmacksrichtungen ausgestellt – und viele weitere Gesundheitsprodukte, die zum verzweigten Markenreich der Basler Traditionsfirma gehören.
Ja, das stimmt. Wir haben es uns nicht einfach gemacht, zahlreiche Teams der Firma waren beteiligt, viele Mitarbeiter haben Hirnschmalz dazugegeben, inhaltlich hat das keine Agentur entwickelt, sondern wir. Das war toll.
Er ist unser Versprechen. Wir stärken mit dem Purpose die Identifikation der Mitarbeiter und der Kunden mit unserer Firma.
Frau Grether hatte sich vor rund zehn Jahren entschieden, sich aus der Firmenleitung zurückzuziehen. Der Basler Anwalt und Notar Benedikt Suter wurde beauftragt, ihre Interessen wahrzunehmen. Er hat in der Folge einen neuen Verwaltungsrat rekrutiert.
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Der erste Schritt war natürlich, dass man sich von einem Familienunternehmen zu einer unternehmerisch geführten Firma in Familienbesitz wandelt. Ich kannte das Unternehmen von früher, als ich bei Johnson & Johnson Deutschland war – wir haben gegenseitig Produkte vertrieben.
Valentino Cè (66) führt Doetsch Grether als Chairman seit 2015. Zuvor arbeitete er in leitenden Funktionen im In- und Ausland bei Feldschlösschen, beim Pharmariesen Johnson & Johnson und beim Konsumgütermulti Mars. Bei Doetsch Grether verantwortet Cè eine Palette von rund 20 Marken der Bereiche Medizin und Gesundheit. Die grössten dürften in absteigender Reihenfolge sein: Magnesium Diasporal, Vita, Grether’s Pastillen, Ceylor, Neo-Angin (gegen Halsschmerzen) und Sulgan (gegen Hämorrhoiden). Die grössten Konkurrenten in der Schweiz sind Verfora (Teil der Galenica-Gruppe), Bayer Consumer Health und der unter dem Namen Haleon abgespaltene Consumer-Health-Teil von GlaxoSmithKline.
Es brauchte einen Strategiewechsel. Eine Hauptproblematik war: Wir waren zu wenig fokussiert. Wir haben klar gesagt, wir müssen back to the roots, uns auf den Schweizer Markt konzentrieren. Und: Wir sind ein Handelsunternehmen – und sicher nicht eine Produktionsfabrik.
Das war notwendig, auch wenn es schwerfiel. Im gleichen Schritt trennten wir uns von geliebten Kosmetikbrands, mit denen wir Geld verbrannt hatten. Mir war wichtig, einen Käufer zu finden, der sie dank tiefer Produktionskosten in den Gewinn zurückführen konnte. Das ist gelungen.
… die 85 Prozent ihres Umsatzes in Deutschland machten und jetzt auch dort produziert werden. Der Preiskampf war aussichtslos angesichts der Produktionskosten in der Schweiz. Also haben wir verkauft, uns auf unseren Kern konzentriert. Wir hatten zusätzlich Währungsdruck, weil uns genau damals die Parität mit dem Euro belastete. Der Ausstieg war hart, aber richtig und wichtig.
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Wir haben allen Mitarbeitern gesagt, wir investieren und bauen jetzt wieder etwas auf. Neben meiner Hochachtung für Frau Grether sind es die Menschen in der Firma, für die ich mich seit zehn Jahren einsetze. Was Frau Grether geleistet hat, kann man nur bewundern. Ich fand immer, hier muss etwas Grosses weitergehen.
Ja. Ich war in meiner letzten Funktion davor bei Feldschlösschen in der Geschäftsleitung, sah aber schnell: Wenn man das hier richtig machen will, ist es mehr als part-time. Ohne die richtigen Leute funktioniert kein Geschäft. Vor vier Jahren konnten wir Marc Wannhoff von Streuli als CEO gewinnen, der mitten in Corona seinen Start hatte.
Ich sage jetzt mal, wir sind nicht immer gleicher Meinung, eigentlich selten, aber wir ergänzen uns gut. Er würde das bestätigen. Wir sind wirklich ein Top-Team.
Wir haben uns drei Sparten gegeben: verschreibungspflichtige Medikamente, frei verkäufliche Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel, und um die herum die Teams strukturiert. Der Erfolg gibt uns recht, und wie sagt man: «Erfolg macht sexy.»
Rund eine Dekade amtet Cè bereits als Verwaltungsratspräsident. Und Ruhestand ist bisher nicht in Sicht.
Remy Steiner für BILANZRund eine Dekade amtet Cè bereits als Verwaltungsratspräsident. Und Ruhestand ist bisher nicht in Sicht.
Remy Steiner für BILANZWerbung
Nein, aber wir konnten neue Leute rekrutieren, die hätten uns vor zehn Jahren nicht auf dem Radar gehabt. Heute kommen viele auch von Grossunternehmen zu uns, weil sie sehen: Hier ist eine Substanz, ich kann etwas umsetzen. Wir entscheiden schnell. Viele, die zu uns kommen, sind müde von langwierigen Konzernstrukturen und Prozessen. Das ist unsere Chance.
Etwa bei der Übernahme der Schweizer Kondommarke Ceylor. Eine solche Akquisition dauert üblicherweise vom ersten Gespräch bis zum Closing rund ein Jahr. Wir haben das in genau acht Wochen gemacht. Und bei Vita Health Care …
… auch da waren es nur sechs Monate. Wir haben in diesem Markt jetzt eine sehr starke Position. Und einer der früheren Eigentümer, Christoph Nussbaum, ist immer noch für uns tätig.
Wir sagen immer, wir wollen im jeweiligen Produktsegment Nummer 1 oder Nummer 2 sein. Vita-Collagen-Produkte, Diasporal Magnesium, Ceylor-Kondome oder Sulgan gegen Hämorrhoiden sind Marktführer, viele andere wie die Grether’s Pastillen oder Neo-Angin liegen auf Rang zwei.
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Wir haben in unsere Marken investiert. Unser Wachstum kommt nicht nur aus Zukäufen, sondern wir wachsen auch organisch, und zwar über dem Markt. Gemäss extern erhobenen Marktdaten gehören wir zu den am stärksten und schnellsten wachsenden Firmen für frei verkäufliche Produkte in Schweizer Apotheken und Drogerien. So etwas macht unsere 80 Leute auch stolz.
In den vergangenen Jahren im Schnitt zwischen fünf und zehn Prozent. Organisch.
Gerade mit Ceylor. Als wir starteten, waren wir Nummer zwei im Schweizer Kondommarkt und weit hinter unserem grössten Wettbewerber. Und heute sind wir die klare Nummer eins im Detailhandel. Unser Team treibt das Thema auch stark in den neuen Medien, auf TikTok waren wir einer der Ersten in der Schweiz.
Der Schutz vor HIV und Aids ist noch immer Thema – Kondome geben den bestmöglichen Schutz. Auch die Verhütung mit der Pille geht zurück. Ausserdem hat heute kaum jemand mehr Hemmungen, im Detailhandel oder der Apotheke Kondome zu kaufen. Vielleicht sind die jungen Leute heute auch aktiver als wir damals (lacht). Der Absatz von Kondomen wächst sowohl von der Menge wie vom Umsatz her.
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Beides. Zum Beispiel bei Vita Health Care entwickeln wir unsere Produkte selbst, und produziert werden sie auch in der Schweiz. Das gilt für fast alle unsere Produkte.
Nicht als Gruppe, doch wir nutzen die Kapazitäten der übernommenen Firmen. Aber wir entscheiden, welche Produkte auf den Markt kommen, etwa neue Geschmacksrichtungen bei Grether’s Pastillen. Wir können in den Produktionsstätten viel mitbestimmen.
Wir sehen uns heute weniger als Handelsfirma, die mal für zwei Jahre eine Marke vertreibt, sondern als langfristiger Anbieter von Markenprodukten. Und der Grossteil unserer Marken gehört uns ohnehin.
Da sind wir im 36. Jahr, und wir wachsen Jahr für Jahr zweistellig.
Unser Business Development screent den ganzen Markt, permanent. Wir sehen, wo Targets sind. Und wir sind überzeugt, dass wir in den nächsten 12 bis 18 Monaten einen grösseren Kauf stemmen können. Aber in den vergangenen Jahren hatten die Bewertungen ein zu hohes Niveau erreicht. Wir zahlen nicht, um ein bisschen Umsatz zu addieren. Und es muss im Gesundheitsbereich sein und echtes Potenzial haben.
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Vernünftige Bewertungen liegen beim Sechs- bis Achtfachen des Betriebsgewinns Ebitda. Zuletzt hat man Faktor zehn und mehr gesehen. Aber wir bleiben vernünftig.
Als ich anfing, haben wir im Jahr fünf bis sechs Targets gescreent. Das Problem war damals: Wir haben die Arbeit für die grossen Wettbewerber gemacht. Die haben an der Seitenlinie zugesehen und geschaut, was wir aufschreiben, und uns dann gern überboten.
Sind wir raus. Wir haben stattdessen auf unseren Beziehungen aufgebaut und Firmen direkt angesprochen. Wir beobachten drei, vier Unternehmen intensiv, dort sind wir auch in intensivem Austausch.
Ganz offen gesagt: Vielen Firmen geht es natürlich gut in der Schweiz. Die sagen dasselbe wie wir: wieso verkaufen, wenn wir erfolgreich sind? Aber ich denke, es wird früher oder später einiges in Bewegung kommen.
Wir könnten uns sicher vorstellen, ein Unternehmen zu akquirieren, das umsatzmässig in unserer Grössenordnung ist. Fokus ist aber klar die Schweiz. Unsere Swissness ist uns wichtig, und hier verstehen wir den Markt. Hier können wir uns auch mit grösseren Mitbewerbern messen, da haben wir gewisse Vorteile.
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Doetsch Grether blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück. Da kommt einiges für die Historien-Wand zusammen.
Remy Steiner für BILANZDoetsch Grether blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück. Da kommt einiges für die Historien-Wand zusammen.
Remy Steiner für BILANZBeides geht. Bei sinnvollen Geschäften können wir auf die Stakeholder zugehen. Die würden das sicher wohlwollend anschauen.
Wir haben mit einigen Brands kleinere Aktivitäten im Ausland, aber wir versuchen uns wirklich hauptsächlich auf die Schweiz zu konzentrieren. Wir meiden ohnehin Märkte, wo die Preise zu tief sind und ein ruinöser Preiskampf stattfindet.
Da sind wir dran, die Marke gross zu machen. Wir sind überzeugt, Grether’s ist eine Ikone. Und die gehört auch in andere Länder.
An die USA zum Beispiel.
Nein, nein. Wir haben natürlich auch Teile verkauft. Wir sind noch nicht dreistellig, aber wir nähern uns.
Konservativ geschätzt: im Jahr 2026. Ohne Akquisition.
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Da sehen wir gut aus! Ich würde mal sagen, in den zurückliegenden zehn Jahren haben wir den Wert versechsfacht.
Ist keine schlechte Schätzung, die ich aber nicht bestätigen kann.
In unserer Branche sind wir durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich profitabel.
Das schon. Aber genauer kann ich nicht werden.
Ja, wir wollen an unserer Strategie festhalten. Natürlich wären auch Partnerschaften mit Grösseren denkbar. Aber unsere Eigentümerstrategie sagt klar, welche Ziele wir erreichen müssen. Eines lautet: Selbstständigkeit. Und das heisst auch Unabhängigkeit.
Klar. In der Schweiz gibt es nicht mehr so viele Targets neben uns, die für grosse Konzerne von Relevanz sind. Und wir sind hier gut aufgestellt, haben sehr gute Leute und Erfolg am Markt. Also ja, ich sehe unsere Zukunft sehr positiv.
Wir rapportieren ja an die Grether AG, und gemeinsam wird die Eigentümerstrategie immer wieder angeschaut. Ich kenne Frau Grether zwar sehr gut, aber wir haben hier keine direkte Beziehung mit der Familie. Ich persönlich bin ohnehin finanziell wie familiär unabhängig.
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Wir alle wünschen Frau Grether ein langes Leben. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
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