Guten Tag,
Newcomer mischen eine leicht verschlafene Branche auf: Es ist viel in Bewegung gekommen in der Schweizer Bettwäschebranche.
MARSO LIVING: bietet ein kleines, feines und immer zeitlos unifarbenes Sortiment an Bettwäsche und Bettwaren an.
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Angefangen hat alles in einer Hotelbar im Norden Portugals: Marc Müller und Sofia Seckinger kommen miteinander ins Gespräch. Beide sind studierte Ökonomen und sind zwar aus unterschiedlichen Gründen, aber in derselben Mission in dieser Gegend unterwegs: «Wir waren beide auf der Suche nach Inspiration mit dem Ziel, frischen Wind in die verschlafene Bettwarenindustrie zu bringen», sagt Seckinger.
Sie suchte nach einem Neuanfang, Müller folgte seiner Bestimmung: Als Spross der Inhaberfamilie der Bettwarenfabrik Albis in Affoltern am Albis war er in der Branche aufgewachsen und an ihrem Fortkommen interessiert. Seckinger ihrerseits hatte nach sechs Jahren in einem Zuger Family Office genug von diesem Business gesehen und sich entschieden, mit ihrer Leidenschaft für den Interior-Bereich etwas Eigenes aufzubauen.Die beiden taten sich noch am gleichen Abend zusammen – nicht als Paar, sondern als Geschäftspartner: Ihre Firma, gegründet 2019, heisst Marso Living und bietet ein kleines, feines Sortiment an Bettwäsche und Bettwaren an. Das Design ist zeitlos unifarben, der Stoff Oeko-Tex-zertifiziert.
Auf Zwischenhändler wird verzichtet, die eingesparte Marge im Onlineshop an die Besteller weitergegeben. Ein Set aus Satin gibt es ab 220 Franken, aus Leinen ab 250 Franken. Ihre Kunden sind offenbar happy, taxieren durchs Band mit fünf Sternen und promoten das Start-up mit Inszenierungen unter dem Tag @marsoliving.
MARSO LIVING: Sofia Seckinger und Marc Müller waren zwar aus verschiedenen Gründen, aber mit der gleichen Mission in Portugal unterwegs. Getroffen haben sie sich dort zufällig. Daraus entstanden ist das Interior-Label Marso Living - fein, zeitlos, nachhaltig.
PDMARSO LIVING: Sofia Seckinger und Marc Müller waren zwar aus verschiedenen Gründen, aber mit der gleichen Mission in Portugal unterwegs. Getroffen haben sie sich dort zufällig. Daraus entstanden ist das Interior-Label Marso Living - fein, zeitlos, nachhaltig.
PDÜberhaupt: Schlafzimmer und Bett sind im Bewusstsein vieler eine Stufe höher gerückt. Dank Corona ist das Zuhause für Social-Media-Poser vom Rückzugort zum Ort der Repräsentation geworden, den sie unter #instabed und #bedstagram mit Verve zelebrieren.
Eine aktuelle Studie von McKinsey errechnet, dass Heimtextilien dank der Krise dazugewonnen haben, was andere Textilien einbüssten: 20 Prozent. Kein Wunder, die viele Zeit, die Mensch auf einmal in den eigenen vier Wänden verbringt, und das Geld, das nicht für Ausgang, Reisen und Shopping ausgegeben wird, haben dazu animiert, ins «Schöner Wohnen» zu investieren, wobei dieses «schöner» heute explizit auch nachhaltig heisst.
Und noch ein Trend gibt der Branche Auftrieb: Der Schlaf selbst geniesst inzwischen das Image eines kostbaren Guts. Vier Stunden Schlaf pro Nacht? Out! Wer etwas auf sich hält, bekennt sich zu acht Stunden – und kultiviert den Schlafplatz.
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Davon profitiert auch Oliver Balsiger. Der Inhaber und Lenker von Balsiger Textil in Langenthal, einem KMU mit 17 Mitarbeitenden, das seit 1994 Bettwäsche für Grossverteiler wie Manor, Micasa und Globus produziert, stellt seit 2017 zwei eigene Labels her: Sie heissen Lavie und Journey Living, urban ist das eine, klassisch das andere.
Beide Kollektionen sind unaufgeregt zeitlos; Lavie ist aus vorgewaschenem unifarbenem Leinen gemacht, Journey Living aus edlem 300er-Satin und mit dezenten Mustern bedruckt. «Ich wollte etwas ganz nach meinen Vorstellungen machen», begründet Balsiger seinen Selbstlauf, der ihn gegenüber Manor und Co. vom Lieferanten zum Konkurrenten macht. Böses Blut habe es keines gegeben, sagt er, «wir peilen andere Kunden an».Balsiger hat es auf hippe Städter zwischen 25 und 40 Jahren abgesehen, die ihre Kinder gleich taufen wie er seine Produkte: Linus, Johanna und Finn. Lanciert hat er Lavie online via Social Media und auf Revolve, einer Plattform mit nachhaltiger Mode – ergo mit der richtigen Klientel. «Hat eingeschlagen», sagt Balsiger.
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LAVIE UND JOURNEY LIVING: Oliver Balsiger, CEO des Bettwäscheherstellers Balsiger Textil in Langenthal, beliefert nicht mehr nur Grossverteiler wie Manor und Migros mit Laken und Duvetbezügen, sondern seit 2017 zwei eigene Labels, die genau so sind, wie er sie haben will: Das Design ist zeitlos, die Philosophie zeitgeistig. Seine Labels sind GOTS-zertifiziert und erfüllen damit höchste soziale und ökologische Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
PDLAVIE UND JOURNEY LIVING: Oliver Balsiger, CEO des Bettwäscheherstellers Balsiger Textil in Langenthal, beliefert nicht mehr nur Grossverteiler wie Manor und Migros mit Laken und Duvetbezügen, sondern seit 2017 zwei eigene Labels, die genau so sind, wie er sie haben will: Das Design ist zeitlos, die Philosophie zeitgeistig. Seine Labels sind GOTS-zertifiziert und erfüllen damit höchste soziale und ökologische Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
PDSeine Bettwäsche ist mit dem GOTS-Zertifikat obernachhaltig. Der Global Organic Textile Standard definiert ökologische und soziale Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette, die sich bei Textilien notabene meist über mehrere tausend Kilometer erstreckt: Flachs zum Beispiel wird mehrheitlich in Frankreich und Belgien angebaut, in China zu Garn gesponnen, in Portugal schliesslich zu Stoff gewoben. Mit Baumwolle läuft es ähnlich: Angebaut wird sie in Ländern wie Tansania, zu Garn verarbeitet in Indien, zu Stoff in Portugal.
Zum Selbstverständnis gehört auch der Verzicht auf Plastik. Balsiger verpackt seine Produkte in schöne Stofftüten oder Boxen aus rezykliertem Karton. Sieht super aus und passt auch perfekt in die Lavie-Boutique, die er kürzlich im Zürcher Kreis 4 eröffnet hat, damit er Gleichgeschalteten seine Ware live zeigen und seine Geschichte erzählen kann.
Seine beiden eigenen Marken mit den werthaltigen Add-ons funktionieren offenbar, spielen gemäss Balsiger schon ein Viertel des Umsatzes ein. Gern würde Balsiger ins Ausland verschicken, wäre das nur nicht so kompliziert, «jedes Land hat andere Grössen». Zudem: «In den meisten Ländern sind die Menschen preisempfindlicher als in der Schweiz.»
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Was in der Schweiz Premium ist, ist in vielen Ländern schon Luxus. Und was in der Schweiz Luxus ist, das Nonplusultra. In dieser Liga spielt Christian Fischbacher. Bettwäsche verschickt das St. Galler Traditionsunternehmen in 25 Länder, verkauft wird sie in Edelkaufhäusern wie Jelmoli, Harrods und KaDeWe.
Verarbeitet wird ausschliesslich die langstapelige ägyptische Supima-Baumwolle – Fischbachers USP. Unter dem Etikett «tailor-made» oder «customized» gibt es neben den Standardkollektionen auf Kundenbedürfnisse Zugeschnittenes – ohne Preisobergrenze.
Seit 2019 ist die St. Galler Bettwäsche in französischen Händen: Die Fischbachers haben den Bereich Bed & Bath an die Fremaux-Delorme-Gruppe verkauft, die unter anderem auch Lacoste-, Kenzo- und Ralph-Lauren-Bettwäsche herstellt. Die Öffentlichkeit hat den Deal nicht gross registriert, und das war so gewollt, denn luxuriös an Fischbacher ist ja insbesondere das Schweizerische.
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«Vier Stunden Schlaf pro Nacht? Out! Wer etwas auf sich hält, bekennt sich zu acht Stunden.»
Der neue CEO, Markus Scherrer, setzt für Wachstum mitunter auch auf neue, jüngere Kunden – und bespielt die gängigen Social-Media-Kanäle. Ab nächstem Jahr soll zudem erstmals eine Influencerin Lust auf die Edelbettwäsche machen. Die Felder Nachhaltigkeit und Bettwäsche aus Leinen überlässt er vorderhand den Newcomers.Nicht so der Fischbacher-Konkurrent Schlossberg. Der Tösstaler Bettwäschespezialist ist weltberühmt für seine floralen Motive, mit Blumen, die so naturgetreu gemalt sind, dass man sie fast riechen kann. Da nicht jedermanns Geschmack, werden heute auch andere Sujets – grafische, figurative, erzählerische – gedruckt.
Die Designs sind ausnahmslos von Hand gemalt. «Das ist unsere DNA», sagt Susanne Krebs, seit 2015 Leiterin des Designs, die das Sortiment auch verantwortet, «und das Storytelling unsere USP.» Stolz ist man hier auch auf die Gewebe an sich: «Wir nehmen nie einen Stoff von der Stange», sagt Krebs, «sondern entwickeln ihn selber, damit er unseren Ansprüchen und Vorstellungen entspricht.»
Sie springt vom Stuhl auf und pflückt von einer Wand des Showrooms Muster ihrer Interlocks, Jerseys und Flanells von den Haken, legt sie auf den Besprechungstisch, «fühlen Sie selbst!». Das Gefühl: magisch – fest und weich zugleich.
Schlossberg-Qualitätsgaranten sind langjährige Beziehungen zu Lieferanten in Norditalien, Portugal und der Schweiz. «Wir produzieren alles in Europa und möglichst viel in der Schweiz», sagt Ivar Jeker, seit Mai 2021 CEO im Familienunternehmen, das floriert: «Corona hat einen Boost ausgelöst. Wir verzeichnen eine deutliche Steigerung der Nachfrage bei den Heimtextilien.»
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SCHLOSSBERG: Der Edelfabrikant aus Turbenthal im Tösstal beliefert 700 Verkaufspunkte in 30 Ländern und geniesst mit seinen handgemalten Sujets und der hochstehenden Stoffqualität einen super Ruf.
PDSCHLOSSBERG: Der Edelfabrikant aus Turbenthal im Tösstal beliefert 700 Verkaufspunkte in 30 Ländern und geniesst mit seinen handgemalten Sujets und der hochstehenden Stoffqualität einen super Ruf.
PDAber Jeker ist auch gefordert: In Sachen Nachhaltigkeit können sie den neuen Mitspielern das Wasser nicht reichen, denn mit Langlebigkeit allein ist es heute definitiv nicht mehr getan. Und selbst Initiativen wie die, dass alte Bettwäsche am Hauptsitz in Turbenthal zurückgegeben werden kann und dort, was noch gut in Schuss ist, für die Winterhilfe aufbereitet und der Rest der Forschung fürs Upcycling von Textilfasern zur Verfügung gestellt wird, sind nice to have, aber nicht die Benchmark.
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Andere gehen nämlich noch viel weiter: Bei Atelier Pfister heisst das Konzept der Bettwäschelinie «Seebach» Kreislaufwirtschaft, und sie ist Cradle to Cradle Certified: Die von Alfredo Häberli ganz schlicht designten Kissen- und Duvetbezüge sind rückstandslos abbaubar, vom Faden über die Fasern bis zu den Farbpigmenten. Auch die Knöpfe aus Steinnuss verfallen irgendwann wieder zu Staub.
Die Herstellung ist garantiert chemiefrei, wird CO2-kompensiert und fair bezahlt. Und das zu günstigen Preisen: Kissen kosten ab 25, Duvetbezüge ab 100 Franken. Schlossberg will nun aufholen. «Basic-Artikel stellen wir auf Biobaumwolle um», sagt Jeker. Warum nicht gleich alles? «Einerseits stellen die aktuellen Marktpreise eine Herausforderung dar, andrerseits geht der Umstellung einer Produktkategorie eine Entwicklungsphase voraus.»Dieses Problem haben neue Anbieter nicht. Statt mit Altlasten gehen sie mit Zertifikaten an den Start – und fraglos auch mit einigem Mut. Denn mal ehrlich, welcher Mensch wartet auf noch eine Bettwäschemarke? «Das habe ich erst auch gedacht», lautet die Antwort von Miriam Tyrangiel, «in dem Bereich fand ich bei meiner Recherche aber nicht eine spannende Marke.»
Das war 2018. Nach dem Studium an der London School of Economics und jahrelanger Erfahrung in grossen Designagenturen hatte die Zürcherin in London ihre eigene kleine Brandingagentur mit Aufträgen von Boutiquehotels und Finanzboutiquen für den Markenaufbau und den Webauftritt.
All dieses Know-how verwertet sie nun für ihr Bettwäschelabel Undercover. Ihr Stolz ist ihr Stoff. «Es war schwierig, einen Lieferanten zu finden, der gute Qualität herstellt», sagt sie, wobei «gut» auch für sie klar über das Haptische hinausreicht. Tyrangiel hat sich für ihre kleine, feine Kollektion für 100 Prozent zertifizierte Baumwolle und für ein Gemisch aus 50 Prozent Baumwolle und 50 Prozent Tencel entschieden.
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SCHLOSSBERG: In Sachen Nachhaltigkeit aber gibt es Nachholbedarf, Langlebigkeit allein reicht nicht mehr. Anders als Newcomer, die von Anfang an alles richtig machen können, muss CEO Ivar Jeker beim Traditionsunternehmen Neues erst aufgleisen.
PDSCHLOSSBERG: In Sachen Nachhaltigkeit aber gibt es Nachholbedarf, Langlebigkeit allein reicht nicht mehr. Anders als Newcomer, die von Anfang an alles richtig machen können, muss CEO Ivar Jeker beim Traditionsunternehmen Neues erst aufgleisen.
PDTencel gilt als eine der nachhaltigsten pflanzlichen Fasern überhaupt, hat zudem Eigenschaften wie atmungsaktiv und superweich. Gewonnen wird der Zellstoff aus Fasern von Eukalyptus- und Birkenholz, das seinerseits nach strengen Richtlinien kultiviert wird. In der Modewelt bereits etabliert, ist dieses Garn für Bettwäsche zwar ideal, aber noch nicht gebräuchlich. «Ich dachte, das ist meine Chance», sagt die Quereinsteigerin. Herstellen lässt sie ihre Bettwäsche in einem Kleinbetrieb in Portugal von Menschen, die sie auf ihrer Homepage persönlich vorstellt.
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Tyrangiels Fenster zur Welt ist das Internet, «am Anfang war es schwierig, den Traffic auf der Website zu generieren», sagt sie. «Berichte im ‹Telegraph› und in der ‹Sunday Times› haben geholfen und mir vor allem auch gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.»
Ihre Kollektion – sie besteht aus sieben Varianten – verkauft sie nur online, die Marge, die sie dank Direktverkauf spart, gibt auch sie an ihre Kunden weiter. Das Geschäft sei gut angelaufen, sagt sie, «für mehr und mehr Leute spielt das gute Gewissen beim Konsum eine Rolle.» Bestellungen gehen aus aller Welt bei ihr ein.
Sie selbst lebt seit kurzer Zeit wieder in Zürich, ist Mutter geworden und will nun, da das Familienleben organisiert ist, ihre ganze Energie in Undercover stecken und «eine wertvolle Marke aufbauen». Bisher hat sie alles selbst finanziert und als Ein-Frau-Unternehmen operiert. Das ändert sich gerade.
Tyrangiel hat inzwischen ein kleines Team engagiert. Nun sucht sie Geldgeber und bereitet ihre Vision als Präsentation für potenzielle Investoren auf – mit grösster Zuversicht: «Ich sehe für Undercover grosses Potenzial in der Schweiz und auch im Ausland.»
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«Statt mit Altlasten gehen die neuen Anbieter mit Zertifikaten an den Start - und mit Mut.»
UNDERCOVER: djfka
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