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CEOs und Wirtschaftsgrössen sollten auch in ihrem Auftritt vorbildlich sein. Welche Chefs überzeugen mit Stil?
Dirk Ruschmann
Jörg Wolle, Verwaltungsratspräsident von Kühne+Nagel, beeindruckt die Jury mit seinem Mut zur Farbe.
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Erinnert sich noch wer an die abgelatschten Loafer von Überbanker Brady Dougan, der allein 2009 mit gut 90 Millionen Franken von der Credit Suisse bezahlt wurde? Da hätten durchaus neue Schuhe dringelegen, sogar welche mit Schnürung. Doch Dougan ist nur der krasseste Vertreter einer stilfernen Managerkaste, auch wenn es bei einem Banker, der täglich Kunden trifft, noch seltsamer und deplatzierter daherkommt als ohnehin schon.
Immerhin: Wir beobachten immer mehr Schweizer Chefs, die wissen, wie mans besser macht. So entstand die Idee zu diesem Ranking: Wer sind die Vorbilder der Teppichetagen, für einmal nicht punkto Ebit und Wachstum, sondern in Stil und Auftritt? Eine hochkarätige Jury von Mode- und Stilexperten wählte aus einem Sample von mehr als 50 männlichen Topshots, darunter die 20 SMI-Bosse, die wichtigsten Chefs der Nichtkotierten und Unternehmerpersönlichkeiten wie Peter Spuhler oder Philippe Gaydoul die «most sharp-dressed men» aus – anhand öffentlich zugänglicher Bilder. Denn so präsentieren sich die Herren der Wirtschaft selbst dem Publikum.
Strenges Urteil: Die Jury sieht bei den Chefs noch ordentlich Luft nach oben.
Suse HeinzStrenges Urteil: Die Jury sieht bei den Chefs noch ordentlich Luft nach oben.
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Und diese drei kristallisierten sich, ziemlich klar, als Sieger heraus: Jörg Wolle, Georges Kern und Sergio Ermotti. Ein Triumvirat. Eine gepflegte Dreifaltigkeit. Ein Trio mit viel Stilgefühl. Dass die Herren nicht alphabetisch geordnet erscheinen, liegt daran, dass die Jury sich einig war: Kühne+Nagel-Präsident Wolle investiert ersichtlich Zeit und Interesse in sein Erscheinungsbild, er ist auch «einer der wenigen, bei denen es etwas farbenfroher zugeht», sagt Juror Benjamin Oczko, und «offensichtlich überlegt er sich etwas, bevor er sich anzieht», ergänzt Roberto Quaglia. Breitling-Vormann Kern und Swiss-Re-Chairman Ermotti bestachen ebenso mit lässigem, aber ausgesucht gepflegtem Stil.
Knapp hinter dem Podium fand sich Investor und Ex-Denner-Chef Philippe Gaydoul ein, der stets klassisch antritt und bei dem die Schnitte immer exakt passen, dazu Roberto Cirillo, den Juror Oczko «für einen Pöstler echt gut angezogen» findet, und auch Swiss-Chef Dieter Vranckx.
Was auffiel: «Die SMI-CEOs treten heute vorwiegend ohne Krawatte auf», sagt Roberto Quaglia, der in Zürich edle Bekleidung für Damen und Herren verkauft, ready-to-wear wie auch massgefertigt – er kann klassisch und lässig. Bei offenen Hemden seien, registrierte er auf den Chefbildern, die Krägen meist zu klein. Dann verschwinden sie oft unter den Revers – nicht so schön. Punkto Farbwahl war sich die Jury einig: «Schwarz ist für Anzüge immer schwierig», konstatiert Designerin Noële Nana Schaffner. In der Herrenmode melden sich zwar Schwarz und Grau allmählich zurück, aber der ultimative Tipp von Roberto Quaglia lautet dennoch: «Mit Dunkelblau ist man immer richtig angezogen.» Es dürfen aber gern auch einmal Hose und Veston sein, und auch braune Schuhe sind erlaubt. An Ermotti zeigt sich beispielhaft, dass Männer offenbar optisch freier werden, sobald sie nicht mehr Geschäftsleiter eines börsenkotierten Konzerns sind: Amt weg, Krawatte weg. Nicht von ungefähr rangieren keine SMI-Chefs unter den Gewinnern.
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Sergio Ermotti, Vereinspräsident bei Swiss Re, ist ohne Krawatte optisch lässiger unterwegs,
Marc Wetli / 13 PhotoSergio Ermotti, Vereinspräsident bei Swiss Re, ist ohne Krawatte optisch lässiger unterwegs,
Marc Wetli / 13 PhotoAllgemein sieht die Jury noch ordentlich Luft nach oben. «Grundsätzlich sind oft die Anzüge zu gross, die Schnitte nicht mehr modern und auch die Hosen zu lang», sagt PKZ-Chefin Manuela Beer. Die Hose sollte nur leicht auf dem Schuh aufliegen, ergänzt Quaglia, der kleiner gewachsenen Männern zu Hosen ohne Umschlag rät, denn «der Umschlag verkürzt durch den optischen Querbalken». Zudem werde «oft zu wenig auf die Schuhe geachtet», sagt Beer, zu allem Überfluss passe häufig der Gürtel nicht zu den Schuhen.
Überhaupt die Schuhe, nicht nur bei Brady Dougan. Häufig fehle es hier ein wenig an Hingabe, sagt Quaglia, «ich putze ja auch die Felgen an meinem Auto, genauso pflege ich meine Schuhe». Ausserdem täte bei der Auswahl von Brillen und Gürtel hier und da eine kleine Stilberatung not. «Es ist oft ein Sichanziehen ohne Passion, ohne Individualiät», fasst Benjamin Oczko zusammen.
Kleines Aperçu: Am Krawattenknoten sollst du sie erkennen! Exemplarisch unterscheiden sich die beiden Sieger Jörg Wolle und Georges Kern. Wolle, der ansonsten durchaus mutige Optiken wählt, bevorzugt beim Binder den eher konservativen Windsorknoten. Die etwas lässigere Variante, einfach gebunden, womöglich mit kleiner Falte und nicht vollständig symmetrisch, findet man eher bei Kern.
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Georges Kern, CEO von Breitling, rundet das Sieger-Trio mit seinem Stil ab.
Thomas BuchwalderGeorges Kern, CEO von Breitling, rundet das Sieger-Trio mit seinem Stil ab.
Thomas BuchwalderWundern Sie sich übrigens bitte nicht, dass keine Frauen auftauchen! Natürlich gibt es inzwischen mehr als eine Handvoll im Topmanagement. Allerdings haben sie mehr Spielraum in der Garderobe als die Anzug-pflichtigen Herren, also fanden wir einen direkten Vergleich nicht ganz fair – diskutierten allerdings ausgiebig, etwa über Bauunternehmerin Daniela Spuhler-Hoffmann («eine Frau mit coolem Style») oder Rebecca Kull, Inhaberin und COO beim Immobilienunternehmen HRS («farbenfroh und gut durchdacht»), auch über Mobiliar-CEO Michèle Rodoni oder Ems-Chefin Magdalena Martullo. Fürs nächste Mal lassen wir uns dazu etwas einfallen.
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