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Wenn der Kopf streikt

Strategien, die die Kreativität beflügeln

Wegen Hitze oder fehlender Motivation – manchmal fehlen einem die Ideen. Dabei ist Kreativität trainierbar. Tipps für Sie und Ihr Team.

Tina Fischer

<p>Keine Idee? Helfen Sie Ihrem Team auf die Sprünge.</p>

Keine Idee? Helfen Sie Ihrem Team auf die Sprünge.

Midjouney / Tessy Ruppert

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Marc Benioff kam auf die Idee für Salesforce, während er mit Delfinen vor Hawaii schwamm – die inspirierenden Unterwassererlebnisse führten zur Gründung der heute milliardenschweren Softwarefirma. Jeff Bezos entwickelte seine Amazon-Idee während einer Autofahrt: Er erkannte das explosive Wachstum der Internetnutzer um 2300 Prozent jährlich und entschied, einen Onlinebuchhandel zu gründen. Airbnb entstand aus purer Not: Brian Chesky und Joe Gebbia konnten ihre Miete nicht bezahlen und stellten deshalb drei Luftmatratzen ins Wohnzimmer, die sie inklusive Frühstück an Kongressbesucher vermieteten. Der Name «Airbnb» steht noch heute für «Airbed and Breakfast».

Die besten Geschäftsideen entstehen selten im Büro – und noch seltener in Meetings. Und trotzdem sitzt man nach den Ferien sofort wieder vor dem Bildschirm. Drei Wochen Entspannung während der Ferien haben den Kopf zwar frei gemacht, die Ideenliste war reichlich gefüllt. Doch kaum flimmert der Bildschirm, herrscht im Kopf schnell Leere. Die Probleme sind die gleichen, viele Termine stehen an und das Team wartet auf frische Impulse. Was kann man tun, um die eigene Kreativität wieder anzukurbeln? Und wie können Führungskräfte die eigenen Leute motivieren, wenn diese gerade eine Ideen-Baisse durchleben?

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Eingefahrene Muster durchbrechen

Routine ist der grösste Feind der Kreativität. Wer jeden Morgen den gleichen Kaffee trinkt, stets die gleiche Route zur Arbeit fährt und kaum neue Personen trifft, erhält keine neuen Inputs. Der erste Schritt zu mehr Ideen ist das Brechen von eingefahrenen Mustern. Fahren Sie einen anderen Weg ins Büro. Setzen Sie sich in ein anderes Café. Und sprechen Sie mit jemandem, mit dem Sie sonst nie reden – das kann die Nachbarin sein, aber auch der Hausmeister, der Praktikant oder eine Kollegin aus einer anderen Abteilung. Es geht dabei nur um die Ideensammlung, nicht darum, Geschäftsgeheimnisse mit Externen zu diskutieren. Oft hilft bereits das objektive Beschreiben einer festgefahrenen Situation, damit der Ideensprudel wieder startet.

Der Kreativitäts-Quick-Check

Ein Wechsel des Settings kann helfen, eine Blockade zu lösen. Tun Sie etwas, was Sie auf andere Gedanken bringt.

  • Einen anderen Arbeitsweg wählen
  • Mit Fremden sprechen
  • 15 Minuten ohne Handy verbringen
  • «Was wäre, wenn ...?»-Frage stellen

Ein bewährter Ansatz ist auch die 15-Minuten-Regel. Kreativität lässt sich nicht erzwingen, aber trainieren. Das funktioniert, indem man täglich 15 Minuten bewusst nichts tut – kein Smartphone, keine To-do-Liste, kein konkretes Ziel. Neumodische sprechen von Achtsamkeit, Mindfulness und Fokus-Booster. Dabei geht es darum, zu beobachten, was im Kopf passiert. Berühmte Firmenbosse machen das Gleiche: Bill Gates zieht sich zweimal jährlich zu seinen «Think Weeks» in eine Waldhütte zurück, um fernab aller Störungen über die Zukunft nachzudenken. Die wenigsten werden diesen zeitlichen Luxus haben, aber dann hilft zumindest schon die tägliche 15-Minuten-Pause zum freien Denken.

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Statt sich zurückzuziehen, kann auch bewusst der Horizont mit branchenfremden Inputs erweitert werden: Wie organisiert sich ein Spital? Wie funktioniert eine Bäckerei? Wie löst ein Tiefbauingenieur Probleme? Möglicherweise lassen sich Ansätze aus anderen Branchen auf eigene berufliche Herausforderungen ummünzen. Ein prominentes Beispiel ist Starbucks: Grundlage des Konzepts ist die italienische Kaffeebar; sie wurde in ein Take-away-System für Amerikaner umgewandelt. Oder Ray Kroc, der Gründer von McDonald’s, der Henry Fords Fliessbandprinzip auf die Küche anwandte: standardisierte Abläufe, gleich geschulte Mitarbeitende, identische Produkte: Das «Speedee Service System» war geboren.

Sitzungen beflügeln Ideen – wenn vor Ort

Ein Kreativitätskiller im heutigen Arbeitsalltag sind Meetings. Eine Gruppe trifft sich online, doch eigentlich sitzt jeder allein zu Hause. Zwar lockern Programme wie Miro Boards den digitalen Redefluss etwas auf, doch sie ersetzen nicht das Gespräch an der Kaffeemaschine oder das gemeinsame Brainstormen vor einem Whiteboard. «Wir Menschen brauchen sensorische Stimuli», sagte Erika Meins vom Mobiliar Lab für Analytik an der ETH Zürich der Handelszeitung. Starren wir hingegen den ganzen Tag auf Bildschirme, fehlt die Abwechslung – neue Eindrücke und Ideen bleiben aus.

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SOS-Plan bei einer Blockade

  1. Fünf Minuten in einem anderen Zimmer mit geöffneten Fenstern sein
  2. 15 Minuten spazieren ohne Podcast, ohne Musik, ohne Handy
  3. Eine Stunde lang einer völlig anderen Tätigkeit nachgehen (Kochen, Sport)
  4. Das Problem einen Tag lang ruhen lassen

Zudem klagen Arbeitnehmende darüber, dass ein Grossteil der angesetzten Meetings überflüssig sei. Laut einer Studie von Economiesuisse sehen 93 Prozent der Mitarbeitenden einen Nutzen darin, Sitzungen zu streichen, sie zu kürzen oder effizienter zu gestalten. Würde das geschehen, könnten so im Schnitt 8 Prozent der Arbeitszeit – oder rund drei Stunden Sitzungszeit pro Woche – eingespart werden. «Hochgerechnet auf die Volkswirtschaft ist das maximal mögliche Reduktionspotenzial bei Sitzungen riesig und entspricht rund 650 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr», hält die Studie fest.

Techniken für kreativere Sitzungen

Manchmal muss ein Meeting aber doch sein. Wenn es unvermeidlich ist, machen diese Techniken die Sitzung kreativer: Der Schweige-Regel folgend notieren sich während einer definierten Zeit alle Teilnehmenden ihre Ideen auf einem Blatt Papier. Danach stellt jeder mindestens eine der Ideen vor – so kommen auch ruhige Mitarbeitende zu Wort.

Oder man bestimmt vor jedem Termin einen «Devil’s Advocate» – die Aufgabe kann auch im Turnus vergeben werden. Aufgabe dieses «Anwalts des Teufels» ist es, jede Idee kritisch zu hinterfragen. Was destruktiv klingt, ist hocheffektiv. Es zwingt die anderen, ihre Vorschläge zu durchdenken und zu verbessern. Ausserdem garantiert es, dass man auch im Onlinemeeting miteinander diskutiert.

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Die drei Meeting-Kreativitätskiller

Es gibt drei Mitarbeitertypen, die in jeder Sitzung dabei sind: den Dominierer, der 80 Prozent der Zeit redet. Die Perfektionistin, die jede Idee sofort bewertet. Und den Druckmacher, der sofort eine Lösung will. Führungspersonen identifizieren diese Leute und nutzen als «Gegenmittel» eine der im Text genannten Techniken. So kommen auch leise Stimmen zu Wort, laute werden zurückgebunden.

Zwei weitere Vorschläge sind das Reverse Brainstorming oder das Fragen-Storming: Beim ersten werden keine Lösungen gesucht, sondern Probleme und Hindernisse gesammelt. Das hilft, die eigentliche Herausforderung abzustecken. Beim zweiten sucht man ebenfalls keine Antworten, sondern die Fragen rund um ein Thema. Das öffnet neue Perspektiven und Denkrichtungen.

So viele Ansätze es gibt: Manchmal erleben selbst kreative Köpfe Durststrecken. Oder sie ertrinken in der Informationsflut aus E-Mails, Push-Nachrichten und Instant Messages. Dann hilft nur eines: Pause einlegen, Computer ausschalten, rausgehen. Ein Spaziergang, ein Gespräch mit Fremden oder ein Museumsbesuch – Hauptsache, die gewohnten Muster werden durchbrochen und man erhält neue Inspiration.

Über die Autoren
Tina Fischer

Tina Fischer

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