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Forschung

Schweizer Pharmafirmen forschen lieber anderswo

Die Pharmaindustrie lässt immer häufiger neue Medikamente im Ausland testen. Die Branche klagt über zu langsame Bewilligungsverfahren in der Schweiz.

Holger Alich

Holger Alich

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Wenn es um Forschung und Entwicklung geht, gibt es weltweit keinen Pharmakonzern, der mehr investiert als die beiden Schweizer Riesen Roche und ­Novartis: Laut ihren Geschäftsberichten wenden sie je rund neun Milliarden Franken auf für die Entwicklung von neuen Wirkstoffen.

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Dennoch ist die Schweiz bei der klinischen Forschung im Rückwärtsgang. Laut den Daten der Zulassungsbehörde Swissmedic ist die Zahl der klinischen Versuche für neue Medikamente in der Schweiz seit 2005 um 43 Prozent auf zuletzt 207 gesunken. Um 75 Prozent ging gar die Zahl der Phase-I-Versuche zurück; hierbei werden neue Wirkstoffe an gesunden Freiwilligen getestet. Diese Tests, bei denen das Wirkkonzept eines neuen Medikaments getestet wird, gelten als besonders interessant.

Zwei Hürdenschritte

«In der Schweiz dauert die Zulassung für klinische Tests im Schnitt doppelt so lange wie in den USA», klagt Dominik Escher, Präsident von Swiss Biotech. Auch der Branchenverband Interpharma bemängelt zu langsame Genehmigungsverfahren. «Vor allem für die innovativen Phase-I-Studien, die an einer kleineren Patientenzahl durchgeführt werden, könnte die Schweiz mit dem hohen Wissen an unseren Universitätsspitälern attraktiver sein, wenn die Rahmenbedingungen verbessert würden», erklärt Interpharma.

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In der Schweiz müssen klinische Studien von einer kantonalen Ethikkommission und anschliessend von Swissmedic genehmigt werden. Swiss Biotech und Interpharma sehen in den Ethikkommissionen einen Bremsfaktor.

Spezialisten vs. Kantönligeist

«Je nach Kanton sind die Anforderungen unterschiedlich, zum Teil sitzen dort Menschen ohne Branchenkenntnisse», kritisiert Escher. Das ­erschwere vor allem die Studien, die an verschiedenen Krankenhäusern in unter­schiedlichen Kantonen durchgeführt werden sollen. In den Vereinigten Staaten bestehe dagegen landesweit eine profes­sionelle Ethikkommission, bei der sich Fachausschüsse jeweils mit bestimmten Krankheiten befassen. Laut Escher gebe es daher Unternehmen, die ihre gesamte frühklinische Forschung in die USA verlegt hätten.

Das Problem ist eigentlich bekannt. So hatte das 2014 in Kraft getretene Humanforschungsgesetz zum Ziel, die Bewilligungsprozesse zu beschleunigen und die Verfahren zu vereinheitlichen. Das Gesetz fordert zum Beispiel, dass die Entscheide zwei Monate nach Einreichung des 
Gesuchs vorliegen sollten. Laut Interpharma sei dies aber nicht immer der Fall. Die Branchenlobby fordert daher ein «Fast Track»-Verfahren, also beschleunigte 
Bewilligungsverfahren für multizentrische Studien für neue Wirkstoffe.

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