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Die gross angelegte Untersuchung der Ära Vincenz droht zu einer Alibiübung zu werden – und kostet mehr als der Schaden.
Raiffeisen-Interimspräsident Pascal Gantenbein (Bild) und Ex-Swiss-Life-Präsident Bruno Gehrig wollen die Ära Vincenz akribisch aufarbeiten.
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Der neue Präsident tritt vollmundig auf. «Sämtliche Beteiligungskäufe seit 2005» solle der externe Gutachter Bruno Gehrig beleuchten, teilte Raiffeisen-Interimspräsident Pascal Gantenbein Mitte April der «NZZ am Sonntag» mit. Dabei solle die Anwaltskanzlei Homburger den Ex-Swiss-Life-Präsidenten unterstützen und «mehrere Millionen E-Mails auf verdächtige Merkmale absuchen». Die Botschaft: Brutalstmögliche Aufklärung.
Doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass das gross angelegte Verfahren kaum mehr als eine Alibiübung wird. Zum Vergleich: Allein die Untersuchung der ominösen Investnet-Beteiligung, die auf Raiffeisen-Seite die Strafklage gegen Ex-Chef Pierin Vincenz auslöste, hat acht Monate gedauert – Raiffeisen-Chef Patrik Gisel hatte dafür im Dezember 2016 die Kanzlei Prager Dreifuss beauftragt.
Pierin Vincenz sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft.
Kellenberger KaminskiPierin Vincenz sitzt nach wie vor in Untersuchungshaft.
Kellenberger KaminskiMehr als hundert Beteiligungen, darunter an so grossen Firmen wie Notenstein, Leonteq oder Avaloq, bis Ende Jahr abschliessend durchleuchten zu wollen, scheint da ein extrem ambitioniertes Unterfangen. «Das ist seriös gar nicht machbar in neun Monaten», betont ein Beteiligter.
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Dafür schenken die Kosten umso mehr ein. Die ersten Gutachten zu den dubiosen Vincenz-Geschäften hatte der damalige Raiffeisen-VR-Präsident Franz Marty 2009 zusammen mit Vincenz in Auftrag gegeben. Damals ging es um die Übernahme der Minifirma Commtrain Card Solutions durch den Zahlungsanbieter Aduno, bei dem Vincenz VR-Präsident und sein Komplize Beat Stocker CEO war. Drei Gutachten bestellte Raiffeisen, das bekannteste beim Rechtsprofessor Peter Forstmoser, die Kosten dürften bei einer Million Franken gelegen haben.
Doch richtig teuer wurde es erst durch die folgenden Untersuchungen. Das Prager-Dreifuss-Gutachten hat laut einem Branchenprofi geschätzte zwei Millionen Franken gekostet. Kommt hinzu, dass auch die Finma für ihr Gutachten, das sie der Prüfgesellschaft Deloitte übertragen hat und bei dem es ebenfalls vorrangig um Investnet geht, der Raiffeisen in Rechnung stellen wird. Geschätzte Kosten: 2,5 Millionen. Und meinen es die Homburger-Anwälte auch nur ansatzweise ernst mit ihrer Untersuchung, dürften die Kosten bei mindestens zehn Millionen liegen.
Damit übertreffen sie den Schaden: Dieser liegt – bisher noch hypothetisch – in einer zu hohen Bewertung von Investnet, von der Pierin Vincenz verdeckt profitiert haben soll. Die kolportierte Maximalsumme für ihn liegt bei 6 Millionen Franken. Die Gutachten kosten mindestens 15 Millionen.
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