Abo
Drei Strategien gegen Mobbingmanager

Hilfe, mein Chef ist ein kleiner Trump!

Mobbingmanager im Stil des US-Präsidenten gibt es auch in Schweizer Büros. Übertrumpfen kann man sie nicht. Aber drei Strategien helfen.

Andreas Güntert

<p>Chefs à la Trump: Sie stellen sich selbst auf ein Podest – und Mitarbeitende vor Herausforderungen.</p>

Chefs à la Trump: Sie stellen sich selbst auf ein Podest – und Mitarbeitende vor Herausforderungen.

Tessy Ruppert / Midjourney

Werbung

Der Mann ist ein Vorschlaghammer auf zwei Beinen. Wer es als Bittsteller mit einem übelgelaunten Donald Trump zu tun bekommt, holt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Psychoknacks – bei Staatsoberhäuptern geschieht dies nicht selten zur besten TV-Sendezeit.

Derartige Demütigungen daheim am Fernseher mitzuverfolgen, ist das Unbehagliche eine. Das schreckliche andere: wenn man am Arbeitsplatz selber mit solchen Managementmobbern in Kontakt gerät. Was tun, wenn der eigene Chef als kleiner Trump den grossen Auftritt pflegt? Um hier zu tauglichen Strategien zu kommen, muss man zuerst verstehen, wie solche Zeitgenossen (seltener: Zeitgenossinnen) überhaupt ticken.

Hamid Peseschkian kennt den Menschenschlag gut. Der geschäftsführende Institutsleiter der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie (Wiap) und Managementtrainer skizziert die Persona so: «Narzisstische Menschen sind typische Psychovampire – selten zufrieden, von Geltungssucht besessen, immer darauf aus, ihre Hiebe vor Publikum zu verteilen. Dies mit einer scheinbar selbstsicheren Fassade, hinter der sich grosse Unsicherheit verbirgt.»

Für Verhandlungen mit diesem Menschentypus lässt man Vernunft, Fakten und andere Dinge besser im Laptop-Täschli stecken und konzentriert sich auf das, was wirklich erfolgversprechend ist: genau zu wissen, mit wem man spricht. Wie man zu Resultaten gelangt, die einen vernünftig dünken. Und die den Chef blendend aussehen lassen. Weil er das nicht nur will. Sondern weil er das braucht.

Partner-Inhalte

Strategie 1: Nie versuchen, Trumpisten zu übertrumpfen

Sich von der Trump’schen Streitsüchtigkeit anstecken zu lassen, wäre komplett falsch. Denn: Übertrumpfen könne man Trumpisten nicht, weiss Verhandlungsexperte, Unternehmer und Keynote-Speaker Frédéric Mathier: «Wichtig ist, auf Konfrontation zu verzichten, das eigene Ego zurückzunehmen – und die Schmerzgrenze nicht direkt zu testen.» Wer hier mit Kampfgeist und Vernunft komme, so Mathier, «verliert meist schon im ersten Gespräch.»

Buchtipps für ­angehende Trump-Flüsterer

Verstehen Wer Donald Trump verstehen will, ist beim Buch seiner Nichte Mary L. Trump bestens aufgehoben. Die Lektüre von «Zu viel und nie genug» zeigt auf ebenso eindrückliche wie erschreckende Art, wie tief die «hemdsärmlige Entwürdigung» in der patriarchalischen Trump’schen Familienkultur verwurzelt ist. Das Buch stammt aus dem Jahr 2020, ist aber immer noch brandaktuell.

Verhalten Hier hilft das Werk «Psychovampire» des deutschen Autorenduos Hamid Peseschkian und Connie Voigt. Die Leserinnen und Leser lernen, wie man sich verhält, wenn man von nervenden und lähmenden Energieräubern umgeben ist. Das Buch ist 2009 erschienen und mittlerweile auch auf Englisch, Russisch, Albanisch, Litauisch und Rumänisch erhältlich; die türkische und chinesische Auflage sind in Vorbereitung.

So sieht es auch Ursula Bergundthal. Die selbstständige HR-Beraterin und Chefin der Zürcher HR-Beratungsfirma Solution Advisors bringt Erfahrung aus Stationen bei Kuoni und der Valiant Bank mit. Sie ist im Arbeitsleben selber auch schon solchen «Mini-Trumps» begegnet. Ihr Rat: «Ruhig blieben und nicht emotional reagieren. Je mehr Schwäche man zeigt, desto härter wird der Trump’sche Menschentypus dreinfahren. Wer sich einschüchtern lässt, hat schon verloren.» Auch Peseschkian mahnt, dass man mit solchen Menschen keinesfalls in den Clinch gehen solle. «Dieses Machtspiel wird man verlieren.»

Werbung

Strategie 2: Fragen stellen statt Argumente abfeuern

Der beste Ansatz ist laut Ursula Bergundthal, kluge Fragezeichen zu setzen: «Der Spruch ‹Wer fragt, der führt› hat hier seine volle Berechtigung. Wer bei solchen Machtmenschen mit einer gezielten Fragetechnik arbeitet, kann sie meistens sehr gut abholen und auch beeinflussen.» Im Fall der Mini-Trumps sei es wichtig, deren Rolle richtig einzuschätzen: «Es geht darum, dass der Machtmensch im Mittelpunkt steht und an zielführende Lösungen clever herangeführt wird.» Wenn nötig, mit einer gewissen Vorbereitung: «Solche Fragetechniken kann man lernen, und sie müssen entsprechend geübt werden.»

Frédéric Mathier setzt ebenfalls auf eine gut bestückte Fragebatterie, immer fein abgestimmt auf die Persönlichkeit und deren flackernde Aufmerksamkeitsspanne: «Trump-Typen interessieren sich immer nur kurz für eine Sache; ihr Fokus ist wie ein Scheinwerfer, der ständig weiterzieht.» Deshalb braucht es in diesem kleinen Zeitfenster präzise Fragen, die Machtmenschen das Gefühl geben, der Entscheider zu sein. Mathiers Wording-Vorschläge: «Zum Beispiel ‹Lieber Option A oder B?› oder ‹Wie würden Sie das noch verbessern?› – das gibt ihnen Kontrolle, und man steuert trotzdem.» Im Dialog mit Mini-Trumps solle man jedes Wort geschickt wählen, mahnt Mathier: «Niemals ‹aber› sagen, sondern ‹und› verwenden, um ihr Weltbild nicht anzukratzen.»

Werbung

Strategie 3: «Ein bisschen schleimen fürs grosse Ganze»

Für all diejenigen, die mit anderen Menschen stets am liebsten auf Augenhöhe sprechen und sich dabei nicht verbiegen oder verstellen wollen, kann es eine geradezu grausliche Vorstellung sein, dem Gegenüber ständig versichern zu müssen, dass es auf einem hohen Sockel sitze. Dieses Einfordern einer gewissen Gesprächsgnade kann einem unterwürfig, kriecherisch oder gar schleimerisch vorkommen.

Wie sehr sollte man dem Trump-Typ-Gegenüber schmeicheln? Ursula Bergundthal sagt es so: «Wertschätzen ist gut, schmeicheln nicht. Die Kunst besteht darin, einer solchen Person den Platz zu geben, den sie braucht, jedoch ohne unterwürfig zu wirken.» Hamid Peseschkian mag das Wort «schleimen» nicht und formuliert es positiver: «Wer in dieser Art deeskalierend vorgeht, schleimt sich nicht ein, sondern lässt sich auf das Gegenüber ein. Das ist nur dann schwierig, wenn man persönliche ethische Ziele aufgeben muss – in allen anderen Fällen ist es lediglich Mittel zum Zweck und zeugt von strategischem Denken in einer schwierigen Situation.»

Etwas ungehemmter auf das heikle Wort geht Mathier ein: «Ein bisschen schleimen fürs grosse Ganze kann den entscheidenden Vorteil verschaffen.» Lieber aber nimmt der Verhandlungsexperte das Wort «taktische Intelligenz» in den Mund. «In einem Umfeld, in dem Rationalität nicht zieht, bringt einen cleveres Kommunikationsverhalten viel weiter. Und wenn es dazu führt, dass am Ende beide Seiten besser rauskommen – warum nicht?»

Werbung

Wer allerdings immer wieder mit Win-lose-Erlebnissen aus solchen Gesprächen gehe, müsse irgendwann Bilanz ziehen, findet Mathier: Entweder man gestalte aktiv mit – oder man suche sich ein Umfeld, in dem gesunde Zusammenarbeit möglich sei. Er sagts in beinahe Trump’scher Deutlichkeit: «Vielleicht braucht es dann keinen neuen Kurs, sondern einen neuen Chef.»

Über die Autoren
Andreas Güntert

Andreas Güntert

Andreas Güntert

Werbung