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Essen: Stimmig und stilsicher

Wie gut die Cucina povera schmecken kann, zeigt Dominic Lambelet im «Gundeldingerhof». Seine Kreationen überraschen, ohne gesucht zu sein.

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Im «Gundeldingerhof» hinter dem Basler Bahnhof fühlt sich der Gast auf Anhieb wohl. Die kecken Servicefrauen besitzen Witz und Verve, empfangen spontan und ungekünstelt. Das Lokal, eine ehemalige Quartierbeiz, ist unaufdringlich elegant renoviert. Der lichte Saal aus der Jahrhundertwende mit seinen schmalen, hellblauen Säulen und den weissen Kugellampen atmet etwas Grossstädtisches. Die Speisekarte kündet von einer liebevoll bis ins Detail ausgefeilten Bistro-Küche. Die Weinkarte zeigt auf den ersten Blick, dass da einer mit Enthusiasmus und Passion zu Werk gegangen ist; auf den zweiten und dritten Blick kumulieren sich die entzückten Ausrufe ob der Breite und Originalität des Angebots.

Astrid und Dominic Lambelet führen den lebhaften Betrieb mittlerweile im zwölften Jahr. 1995 konnten sie das Eckhaus kaufen und verpassten ihm den frischen Look. Von Müdigkeit und Routine ist nichts zu spüren. Dominic Lambelet wirkt

anfänglich zurückhaltend, ist aber um pointierte Meinungen nicht verlegen und kontert gern mit einem träfen Spruch, dessen Humor den Basler ausweist.

Er bildet regelmässig Lehrlinge aus. Zwei stehen gegenwärtig in der kleinen, engen Küche, und Lambelet lässt sie gerne an langer Leine, damit Gelungenes ihr Selbstbewusstsein stärkt und Misslungenes Stoff zum Lernen bietet.

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Der 40-jährige Koch stammt aus der alternativen Beizenszene, die in den Achtzigerjahren frischen Wind in Basels behäbige Gastronomie gebracht hat. Er absolvierte seine Kochlehre im famosen «Bad Schönenbuch», war Geschäftsführer im «Goldenen Fass» und Gerant im Restaurant «Heimelig» in Bubendorf.

Das professionelle Kochen war zunächst bestimmt kein direkt anvisiertes Ziel. Reisen (als 15-Jähriger nach Amerika und zwei Jahre später zwölf Monate durch Afrika) und Fotografie (Lambelet war dann Schüler an der Schule für Gestaltung F+F in Zürich) trieben den jungen Mann um. Doch die Genussseite, zu Hause im aufgeklärten Elternhaus kundig gefördert, bildete sich immer stärker aus. Lambelet machte sich zunächst in politisch struben Zeiten in der Aktivistenszene einem Namen mit seinem Faible fürs Kochen. Und schliesslich führte sie den Mann dauerhaft in die Küche.

 
Restaurant Gundeldingerhof
Dominic und Astrid Lambelet, Hochstrasse 56, 4053 Basel, Tel. 061 361 69 09, www.gundeldingerhof.ch, 13 «Gault Millau»-Punkte, Menü 72 bis 98 Franken, samstagmittags und montags geschlossen.

Die Neugierde, das stete Unterlaufen des Courant normal bestimmen auch den Koch Dominic Lambelet. Stets ist er auf der Suche nach neuen Produkten oder noch nie erprobten Kombinationen. Die Stilsicherheit lässt ihn dabei selten im Stich, sodass stimmige Kreationen entstehen: So etwa beträufelt er den selbst gemachten Schwartenmagen mit marokkanischem Argan-Öl. Oder ein Hirsenrisotto kommt mit gebratenen Eierschwämmen und Speckstreifen auf den Tisch. Einfach, aber präzise und reduziert im Geschmack, der Cucina povera verpflichtet.

Mit Muscheln und Meerfischen weiss Lambelet gekonnt umzugehen. Bei der Fischsuppe mit Muscheln und Fenchel oder den Spaghetti mit frischen Moules Mont Saint-Michel wähnt man sich an einem ganz anderen Ort als neben den Bahngleisen. Und die Maispoulardenbrust an Tandoorimarinade mit Linsen besitzt Pfiff und Rasse, da kommt keine Langeweile auf wie so häufig bei diesem Stück vom Huhn.

Dominic Lambelet gehört zu den raren Wirten im Land, die ihre Gäste stets von neuem überraschen, wobei diese Surprise nie gesucht oder an den Haaren herbeigezogen wirkt. So erweitert er beständig seine Stammkundschaft und garantiert so etwas wie kulinarisches Glück – vom önologischen Glück ganz zu schweigen.

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