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Influencer-Marketing 

Effektivitätsnachweis ist geliefert

Beim Influencer-Marketing wurde die Maturität erlangt, aber eine Satuiertheit hat sich noch nicht eingestellt.

Andreas Lanz

<p>Testimonials ohne eigenen Willen: Künstlich geschaffene Influencer fluten die sozialen Medien.</p>

Testimonials ohne eigenen Willen: Künstlich geschaffene Influencer fluten die sozialen Medien.

AFP via Getty Images

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Geht es um Influencer-Marketing hat sich das Ökosystem in den letzten Jahren professionalisiert und erweitert, wobei die Grundsätze von sozialem Einfluss nun nicht mehr nur Verwendung im B2C-, sondern auch im B2B-Bereich finden. Durch Sprachmodelle wie Chat GPT und andere künstliche Intelligenzen (KI) haben sich zudem neue Türen geöffnet. Heute sieht man zum Beispiel die ersten Influencer auf proprietären Unternehmenswebsites, wie unter anderem Katharina von Württemberg, Gründerin der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und vieler weiterer Institutionen im Südwesten Deutschlands. Sie ist als virtuelle Influencerin wiederauferstanden und spricht die Kundschaft direkt auf der LBBW-Website an. Auch auf Linkedin ist sie präsent. Sie schreibt über sich selbst, dass sie als «seeeehr» erfahrene Leaderin und Gründerin wisse, wie man Macherinnen zusammenbringt: «Und genau deshalb wurde ich von der LBBW nach 200 Jahren wieder zum Leben erweckt.»

Der Autor

Andreas Lanz, Assistenzprofessor für Marketing, Universität Basel, Basel

Es ist erst der Anfang

Mit Sprachmodellen könnte man durchaus noch einen Schritt weitergehen und einen komplett autonomen Influencer aufsetzen, der sich direkt mit der Kundschaft austauscht und diese berät – die neue Art von Chatbot, wie sie bereits in Asien existiert. Aus Markenperspektive ist es wichtig, zu bedenken, dass solche Investitionen zielgerichtet sein sollten. Angela Brötel, Bereichsleiterin Konzernkommunikation, Marketing und Vorstandsstab der LBBW, liess sich in diesem Zusammenhang wie folgt zitieren: «Macht es nicht, weil es schick ist, sondern weil es ein kommunikatives Problem löst.»

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Dass Influencer-Marketing kommunikative Probleme lösen kann – wenn richtig eingesetzt –, ist mittlerweile unbestritten. Dieser Kanal erfreut sich insbesondere auch bei kleineren Unternehmen im Direktvertrieb wachsender Beliebtheit. Dafür muss man sich nicht mehr nur auf Fallstudien aus Firmen stützen, sondern kann auf eine Reihe von akademischen Publikationen zurückgreifen, die bereits verschiedenste Facetten des 33 Milliarden schweren Marktes untersucht haben. Viele dieser Publikationen beschäftigen sich mit dem Auftrag der Marketingfunktion, Bekanntheit zu schaffen und die Aufmerksamkeit potenzieller Kundschaft zu gewinnen (Top of the Funnel), und einige haben zum Thema, wie Influencer helfen sollen, aus dieser potenziellen Kundschaft zahlende Kundinnen und Kunden zu generieren (Bottom of the Funnel).

Es geht um Beziehungen

Aber was ist eigentlich die zugrunde liegende Prämisse, die Influencer-Marketing ausmacht? Auf der einen Seite sehen sich Marken mit einer grossen Heterogenität von Kundenpräferenzen konfrontiert. Auf der anderen Seite die Influencer: unzählige kleine, einige sehr grosse, auf verschiedensten Gebieten tätig, in allen geografischen Märkten, auf jedem sozialen Netzwerk und mit unterschiedlichsten Ansätzen in der Contenterstellung. Dank dieser Diversität lassen sich durch sie die Kundenpräferenzen auf effektive Weise abdecken. Zudem besteht ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen der Followerschaft und den Influencern, eine parasoziale Beziehung, die das Gefühl hervorruft, eine zwischenmenschliche Verbindung aufgebaut zu haben – ohne sich persönlich zu kennen. Die parasoziale Beziehung ist das Alleinstellungsmerkmal des Kanals und ermöglicht sozialen Einfluss via Influencer. Dementsprechend sind Influencer Brückenbauer, die Marken mit ganz bestimmten Segmenten verbinden können – ihrer Followerschaft –, während andere Kanäle starke Streuverluste aufweisen, selbst wenn sie auf ein bestimmtes Segment ausgerichtet sind.

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Wie setzt man Influencer also richtig ein? Die Marketingforschung zeigt, dass kleinere Influencer in verkaufsorientierten Kampagnen über alle sozialen Netzwerke hinweg einen höheren ROI als grössere Influencer erzielen. Grund dafür ist die stärkere parasoziale Beziehung zu ihren Followern. Grössere Influencer eignen sich dagegen besser für Kampagnen, die Bekanntheit schaffen und Aufmerksamkeit erzeugen sollen. Das klare Ziel der Kampagne ist entscheidend. Zudem sollten die Influencer nicht durch zu strenge Vorgaben in ihrer Authentizität beschränkt werden. Authentizität ist ihr Hauptkapital, und Einschränkungen reduzieren ihren sozialen Einfluss und die Effektivität ihres Contents. Zudem erwarten Influencer für Abweichungen eine erhebliche Entschädigung. Und schlussendlich erhöht eine sensorische Sprache im gesponserten Content die Überzeugungskraft, besonders bei grösseren Influencern, deren Authentizität oft stärker angezweifelt wird. Für kleinere ist die Verwendung von emotionalen Ausdrücken und auffälligen Merkmalen wie Ausrufezeichen und Grossschreibung empfehlenswert. Insgesamt ist es wichtig, bei der Influencer-Strategie das Kampagnenziel klar zu definieren und die Authentizität der Influencer zu bewahren, um die Effektivität zu maximieren.

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Es ist nachweisbar effektiv

Somit lässt sich festhalten, dass Influencer-Marketing den Effektivitätsnachweis endgültig geliefert hat und deswegen bei vielen Marken einen hohen Stellenwert geniesst. Diese Erlangung der Maturität heisst aber nicht, dass sich eine Saturiertheit eingestellt hat. Das Gegenteil ist der Fall. Influencer-Marketing – beziehungsweise die Creator-Economy als Ganzes – zieht immer weitere Kreise. Viel Momentum erfährt zurzeit der B2B-Bereich, grosses (Influencer-)Entwicklungspotenzial wird Führungskräften sowie regulären Mitarbeitenden attestiert, und virtuelle Influencer stehen wegen der Entwicklungen von Chat GPT und anderen Sprachmodellen vor dem grossen Durchbruch. Zudem zeichnet sich eine engere Verzahnung von Medien und Onlinehandel ab, mit vielversprechenden Aussichten durch neue Contentformate wie Livestreaming.

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