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Wettbewerb

Die Preis-Schlacht um die Heimelektronik

Mit Tiefstpreisen buhlen Online-Elektronikshops um Kundschaft. Hinter dem Konkurrenzkampf stecken Coop und Migros.

Michael Bolzli

&

Cynthia Castritius

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Parkettböden, stylische weisse Tische, die Produkte mit warmem Licht angenehm in Szene gesetzt: Nichts erinnert heute im Digitec-Laden an die AnfĂ€nge, als das Unternehmen nur im Web existierte. Nur die tiefen Preise sind ein Relikt der Discounter-Zeit. «Wer sich ausschliesslich ĂŒber den Preis definiert, ist letztlich austauschbar. Wir bieten darum sehr tiefe Preise in Kombination mit einem innovativen Onlineshop, stationĂ€ren Filialen und professionellem Service», erklĂ€rt Unternehmenssprecher Lino Bugmann.

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Und dabei muss sich der Klassenprimus treu bleiben – denn der Markt ist hĂ€rter umkĂ€mpft denn je: Seit Jahren unterbieten sich Anbieter wie Brack Electronics, ­Digitec oder Microspot im Preis. Trotzdem schaffte der Onlineverkauf der ­Branche letztes Jahr ein Umsatzvolumen von 1,4 Milliarden Franken. Der Kunde profitiert von der Preisschlacht, auf der anderen Seite kĂ€mpfen die HĂ€ndler mit immer kleineren Margen.

Strippenzieher des harten Wettbewerbs sind Coop und Migros. Jahrelang vernachlĂ€ssigten die grössten Schweizer DetailhĂ€ndler das Onlinebusiness. Bis vor drei Jahren, als Migros bei Digitec einstieg. Der Offline-Riese kaufte sich in den grössten Onlineplayer auf dem Markt ein. Branchenkenner schĂ€tzen, dass Digitec im vergangenen Jahr rund 600 Millionen Franken Umsatz gemacht hat. Damit liegt der Webshop hierzulande vor internationalen Konzernen wie Amazon – mit deutlichem Abstand.

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Nachholbedarf

Coop geriet unter Zugzwang und kaufte 2013 Nettoshop.ch, MarktfĂŒhrer im Bereich Haushaltelektronik – als ErgĂ€nzung zu Microspot.ch. Die beiden GĂŒnstig-Onlineshops bieten kombiniert das gleiche Sortiment wie Digitec. Aber im Direktvergleich ziehen die Coop-Töchter den KĂŒrzeren: Die UmsĂ€tze von Microspot und Nettoshop zusammen sind deutlich tiefer als die von Digitec. Nun zeigt sich der Basler DetailhĂ€ndler kĂ€mpferisch und mischt mit Tiefstpreisen den Markt auf.

Ein Blick auf das Vergleichsportal «Toppreise.ch» zeigt: In ­nahezu jedem Segment ist Microspot ­billiger als Platzhirsch Digitec. «Da in unserer Branche alle Anbieter die gleichen Produkte haben, geht es am Ende um den Preis und die Frage, wann und wie der Kunde das Produkt erhÀlt», lÀsst sich Microspot-Leiter Martin Koncilja in einer Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz zitieren.

Die Kampfpreise des Online-Discounters zeigen Wirkung: Im vergangenen Jahr hat der Webshop den Umsatz von 101 auf 146 Millionen Franken erhöht. Ob die Coop-Tochter Gewinn ­abwirft, ist fraglich. «Wenn ­Microspot auch nur annĂ€hernd schwarze Zahlen schreibt, wĂŒrde mich das wundern. Die sehr tiefen Preise sprechen ­dagegen», glaubt Malte Polzin, ­E-Commerce-Spezialist der Unterneh­mens­beratung Carpathia. Branchenkenner gehen davon aus, dass Microspot einen Teil ihres Sortiments unter dem Einkaufspreis verkauft – nur um die Marktposition zu stĂ€rken. Koncilja und das Mutterhaus Coop wollen sich dazu nicht Ă€ussern.

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Unter Druck

Deutlicher als Platzhirsch Digitec dĂŒrfte Brack Electronics, zweitgrösster IT-Onlineshop, den Preisangriff von Microspot zu spĂŒren bekommen. Als Online-FachhĂ€ndler fĂŒr Unterhaltungs- und Heimelektronik steht das Unternehmen der Firmengruppe Competec unter Druck, seine Position auf dem Markt zu halten. Darauf angesprochen, gibt sich Brack-CEO Markus Mahler gelassen: «Die Frage, ob Microspot schneller wĂ€chst als wir, stellt sich fĂŒr uns nicht. Auch wir mĂŒssen wachsen – aber ich bin mit Platz drei auch zufrieden, wenn UmsĂ€tze und Wachstum stimmen und die ArbeitsplĂ€tze gesichert sind.»

Wie hoch der letztjĂ€hrige Umsatz von Brack ausgefallen ist, kommuniziert das Unternehmen nicht. Der Gesamtumsatz der Competec-Gruppe betrug im Vorjahr 525 Millionen Franken – Branchenkenner schĂ€tzen das Umsatzvolumen des EndkundengeschĂ€fts auf rund 160 Millionen Franken. Wenn diese Zahl stimmt, ist Microspot dem MĂ€genwiler Distributor dicht auf den Fersen.

An einem Preiskampf mit den Tochterunternehmen von Coop und Migros ist der Brack-CEO nicht interessiert. «Wir investieren eher in LeistungsfĂ€higkeit als in Preise. Unser qualitativer Anspruch braucht etwas mehr Marge. NatĂŒrlich gibt es daher Grenzen in der ­Bereitschaft, die Preise zu senken.»

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UnterstĂŒtzung von Coop und Migros ist sicher

WĂ€hrend Mahler seine Margen genau durchrechnen muss, braucht das Digitec und Microspot derzeit wenig zu kĂŒmmern. Denn die UnterstĂŒtzung ihrer Mutterkonzerne Migros und Coop wird wohl nicht so schnell nachlassen.

Selbst Konkurrent Mahler sieht die Marktmacht von Digitec mittelfristig nicht gefÀhrdet. Angst davor, zwischen den ewig konkurrierenden Handelsriesen zerrieben zu werden, hat er keine. Zwar habe sich der Markt in den vergangenen zehn Jahren konsolidiert, stagniere deshalb aber noch lange nicht.

Die Zunahme der OnlinekĂ€ufe gegenĂŒber dem OfflinegeschĂ€ft lĂ€sst sich nicht aufhalten. Studien rechnen damit, dass bis ins Jahr 2020 rund 40 Prozent des stationĂ€ren Umsatzes in den Onlinehandel abwandern. Im Zuge dessen sei auch das Wachstum bei Brack nicht gefĂ€hrdet, im Gegenteil: «Die Competec-Gruppe ist 2014 um 16 Prozent gewachsen», so Mahler. «Und ein Wachstum von mindestens zehn Prozent pro Jahr in den kommenden Jahren ist absolut realistisch.»

Druck von aussen

Dass der Markteintritt fĂŒr auslĂ€ndische Anbieter schwierig ist, zeigt das Beispiel der Media-Saturn-Gruppe: Erst 2011 lancierten die ElektronikhĂ€ndler des Metro-Konzerns ihre ­ersten Onlineshops. WĂ€hrend Saturn ­bereits 2013 das stationĂ€re und das OnlinegeschĂ€ft in der Schweiz wegen mangelnder RentabilitĂ€t aufgeben musste, hat Media Markt mit der OnlineprĂ€senz bisher keine konkurrenzfĂ€higen UmsĂ€tze erzielen können – oder zumindest nicht offiziell kommuniziert.

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Auch von Amazon geht aktuell kaum Gefahr aus. Obwohl der Versandriese in vielen LĂ€ndern fĂŒhrend ist, kommt er in der Schweiz nicht in die GĂ€nge. Zwar ist ein Jahresumsatz von 320 Millionen Franken beachtlich, aber kein Vergleich zu Deutschland: Dort hat das Unternehmen im vergangenen Jahr zehn Milliarden Euro umgesetzt.

Wieso ist das US-Versandhaus hier nicht prĂ€senter? «Amazon mĂŒsste viele Schweiz-spezifische Produkte ins Sortiment aufnehmen. Dieser Aufwand ist nicht zu unterschĂ€tzen», sagt E-Commerce-Spezialist Polzin. Er sieht den verhĂ€ltnismĂ€ssig kleinen Markt im Unterhaltungselektronik-­Segment und den hohen Preiskampf als HĂŒrde. «Trotzdem sollte man damit rechnen, dass Amazon frĂŒher oder spĂ€ter den Schweizer Markt aktiver angehen wird.» SpĂ€testens dann wird der Preiskampf wohl mit noch hĂ€rteren Bandagen ausgetragen.

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