Guten Tag,
Die zunehmende Regulierungsdichte im Gesundheitswesen treibt uns geradezu an, ungehorsam zu sein. Das ist meist günstiger, effizienter und macht mehr Spass.
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Peter Joller brauchte für einen medizinischen Labortest Kaninchenserum. Als gesetzestreuer Bürger hielt er sich an die Bestimmungen und schrieb ein Gesuch an die kantonale Tierschutzkommission. Es wurde genehmigt. Daraufhin bestellte Peter im Tierspital einen Rammler, der narkotisiert und dann ausgeblutet wurde. Das geronnene Blut wurde Peter übergeben, die Tierleiche verbrannt. Insgesamt bezahlte Peter für zehn Milliliter Serum 542 Franken. Eine solch groteske Überregulierung kostet nicht nur unsinnig viel Geld, sondern vernichtet auch produktive Arbeitszeit, Enthusiasmus und Engagement.
Tom Hornbein, jetzt 73 Jahre jung, der in seinen Sturm-und-Drang-Jahren 1961 als Erster den Mount Everest überschritten und dabei drei Freunde gerettet hat, ist eine Ikone der amerikanischen Medizinszene. Als ich ihn unlängst nach einem langen Abend mit angeregtem Gespräch zum Flugplatz brachte, schüttelte er noch immer den Kopf und wiederholte: «I cannot understand this.»
Ich hatte ihm erzählt, dass die Arbeitszeit unserer Assistenzärzte demnächst auf 50 Stunden pro Woche beschränkt werde und dass es mit der drohenden Anwendung des Arbeitsgesetzes künftig Assistenz- und Oberärzten verboten sein solle, mehr als zwölf Stunden am Stück und mehr als sechs Tage hintereinander zu arbeiten. Nicht nur lerne der junge Arzt künftig weniger, weil er nicht mehr so viele Patienten sehe, sondern es werde ihm Beamtenmentalität vermittelt, weil der Job eben innert zwölf Stunden getan sei. Solches töte Engagement und Enthusiasmus, nie mehr dürften diese jungen Ärzte das stolze Gefühl erleben, 24 oder 36 Stunden durchgearbeitet und dies bewältigt zu haben, meinte Tom.
Die zunehmende Regulierungsdichte bringt das Gesundheitswesen ins Taumeln, und dies ist Teil des Taumelns der ganzen Schweiz. Die schlimmsten Kostentreiber im Gesundheitswesen sind nämlich nicht masslose Ärzte, sondern eine variable Allianz aus Gewerkschaften, Juristen, Ethikern, Tierschützern, Parlamentariern und so weiter.
Je nach Interesse führt die eine oder die andere dieser Lobbygruppe beim Aufstellen neuer Regeln und Gesetze die Feder, beschränkt Arbeitszeiten, erhöht Löhne sowie Kompensationen und verbietet die medizinisch verantwortbare Wiederverwendung von Einwegartikeln. Mit der zunehmenden Behinderung von Tierversuchen können neue Operationstechniken nicht mehr erprobt und geübt werden, die Nichtmehr-Sache Tier darf nur nach tief schürfenden ethischen Diskussionen und Anästhesien für medizinische Tests verwendet werden.
Man stelle sich als Kontrast ein Komitee von Füchsen vor, das besorgt über ethisch korrektes Jagen und Verzehren von Hasen nachdenkt. Nur würden bei Nahrungsverknappung die Füchse nicht antizyklisch wie helvetische Interessengruppen agieren, die offenbar noch immer meinen, es sei bei uns alles zum Besten bestellt und man müsse nur munter weiterregulieren. Nein, die Füchse würden Margret Thatcher rufen, die das von Gewerkschaften und ihren Regulierungen fast erstickte Grossbritannien befreite. Nur ist so eine Fuchsführerin weit und breit nicht in Sicht.
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Also rufe ich zum zivilen Ungehorsam auf und gebe als Beispiel Peter Joller. Als er wieder Kaninchenserum brauchte, bestellte er es bei einem Italiener in der Nachbarschaft. Dieser hackte einem seiner Rammler den Kopf ab und sammelte das Blut für Peter. Die Frau bereitete ein köstliches Coniglio mit Polenta zu, und Peter revanchierte sich mit zwei Flaschen Wein. Er wurde zum Chüngel-Schmaus eingeladen.
Und jeder, der noch wirklich Lust dazu hat, kann ungehorsam noch immer so viel arbeiten, wie er will.
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