Guten Tag,
Vor zehn Jahren brachte Manor den Black Friday in die Schweiz. Wie die Rabattschlacht läuft – und wie sie unsere Köpfe verdreht.

Andreas Güntert
Black Friday in der Schweiz: Das Publikum kennt den Event seit zehn Jahren. Und erwartet jedes Jahr saftigere Rabatte.
KeystoneWerbung
2025 ist ein Jahr der Detailhandelsjubiläen: Die Migros feiert ihren 100. Geburtstag, Aldi Suisse blickt auf 20 Jahre Schweiz-Feldzug zurück. Und: Vor 10 Jahren brachte die Warenhauskette Manor den Black Friday zu uns. Seither hat sich der US-amerikanische Konsumkarneval in der Schweiz fest etabliert. Eine grosse Zahl von Schweizer Detailhändlern tanzt beim Rabatt-Rave mit. Nur schon, weil es (fast) alle anderen auch tun. Es ist der Rhythmus, bei dem vermeintlich jeder mitgehen muss.
In den zehn Jahren seit 2015 hat sich der Schweizer Black Friday entwickelt. Kam anfänglich einfach die Rabattgiesskanne zum Einsatz, planen die Händler ihre Aktionsstrategien längst klüger. Beim Jahrgang 2025 wird jetzt erstmals künstliche Intelligenz richtig wichtig.
Konsum-Archäologen machen die Ursprünge des Black Friday am Beginn der 1960er-Jahre in der US-Stadt Philadelphia aus. Dort gewährten Detailhändler am Freitag nach Thanksgiving Ende November hohe Preisnachlässe. Zur Namensgebung kursieren unterschiedliche Theorien; am häufigsten genannt werden die folgenden vier:
Wer jetzt nicht spart, ist selber schuld – diese Botschaft trifft Konsumentinnen und Konsumenten ganz zentral. Der Schweizer Neuromarketingexperte Philipp Zutt bezeichnet den Black Friday als «dreifachen Blitzeinschlag im Hirn». Die hohen Rabatte setzten Glückshormone frei, sorgten aufgrund der knappen Angebotsspanne für Verlustaversion und auch für Gruppendruck. «Alle drei Programme triggern einander», sagt Zutt.
Für die Händler ist der Black Friday eine zweischneidige Sache. Wohl können sie mit Aktionen mehr Kunden anlocken, müssen aber in einer Zeit, da sie ihre Produkte eigentlich zum vollen Preis verkaufen sollten, hohe Rabatte gewähren. Wer einmal mitmacht, kann sich kaum mehr davon lösen. Die Zusatzverkäufe sind zwar gut für den Umsatz (Top-Line), doch sie schmälern im negativen Fall die Gewinne (Bottom-Line). Für viele Konsumenten und auch Händler, die bei der Rabattschlacht nicht mitmachen, ist der Black Friday ein Hassobjekt. Sie sehen ihn als Ankurbler der Shopping-Gier und als Fanal für einen exzessiven Konsum.
Als Manor 2015 den Black Friday in der Schweiz zum ersten Mal ausrief, kannten die meisten Schweizer dieses US-Konsumritual bestenfalls aus ihren Ferien. Doch er fasste schnell Fuss bei uns, wie sich Julian Zrotz, Gründer und Geschäftsführer der Preisplattform Blackfridaydeals.ch, erinnert: «Von 2015 bis 2017 machten vor allem grossfilialisierte Anbieter wie Manor oder Fust mit, die meist mit der Rabattgiesskanne agierten und Discounts von 20 bis 30 Prozent aufs ganze Sortiment gewährten.
Werbung
Über die Jahre wurde diese anfängliche Kopflosigkeit eingetauscht gegen eine cleverere und von langer Hand geplante Rabattpolitik.» Zweiter Akt: «Ab 2018 kamen neben grossen Anbietern verstärkt kleinere Player ins Spiel. Black Friday beim Metzger, beim Coiffeur und im Kleiderladen im Dorf – die Bewegung war nicht mehr aufzuhalten.» Heute gehört der Black Friday zur Schweizer Konsumfolklore. In Zahlen: 2022 ergab eine Befragung der Credit Suisse und der Beratungsfirma Fuhrer & Hotz, dass 97 Prozent der Schweizer Bevölkerung den Begriff «Black Friday» kennen.
Für die Schweizer Black-Friday-Edition 2025 prognostiziert Julian Zrotz einen Umsatz von 450 Millionen Franken, 10 Millionen Franken weniger als 2024. Aber nicht aufgrund von schlechterer Kauflaune, sondern wegen der stetigen Ausweitung dieses Spezialtages: «In den letzten Jahren hat sich der Black Friday von einem einzigen Tag auf eine ganze Woche und in einigen Fällen auf den ganzen Monat November ausgeweitet. Das hat am namensgebenden Freitag zu einem Umsatzrückgang geführt – aber in absoluten Zahlen ist der schwarze Freitag weiterhin der umsatzstärkste Tag im Schweizer Detailhandel.»
Werbung
Zu Beginn war der Black Friday zusammen mit dem sogenannten Cyber Monday eine viertägige Off- und Onlinerabattschlacht, doch mittlerweile sind viele Händler dazu übergegangen, mit einer Black Week oder gleich einem Black November anzutreten. Der Vorteil einer solchen Ausweitung der Rabattzone: Indem die Retailer die Zahl ihrer Rabatttage ausweiten, können sie ihre Logistikspitzen glätten.
Der Black Friday ist heute ein weltweites Phänomen. Aber er ist nicht der grösste Special Day im globalen Shopping. Dieser Titel gebührt dem chinesischen Singles' Day, der in den 1990er-Jahren in China eingeführt wurde. Chinesische Retailer wie Alibaba, JD.com, Shein und Temu pushen um den 11. November herum – das Hauptdatum des Singles’ Day – endlos Aktionen. Viele Länder in ganz Asien sind dem chinesischen Beispiel gefolgt.
In der Schweiz spielt der Singles’ Day mit geschätzten Umsätzen von etwas über 50 Millionen Franken eine untergeordnete Rolle, im weltweiten Vergleich aber ist der chinesische Event riesengross. Ein Vergleich zwischen Black Friday und Singles Day ist zwar mit einigen Unwägbarkeiten verbunden, weil oft nicht klar ist, wie viele Tage vor und nach dem Hauptdatum untersucht wurden. Grob sagen lässt sich aber, dass der Black Friday weltweit für einen Umsatz von eher unter 100 Milliarden Dollar steht – und der Singles Day deutlich darüber.
Werbung
Der Black Friday ist zehn Jahre nach seiner Einführung – manche sagen auch Einschleppung – nicht mehr wegzudenken aus der hiesigen Handelslandschaft. Die Konsumenten erwarten von den Detailhändlern, dass sie zum Start der Weihnachtssaison hohe Discounts gewähren. Im Laufe der Jahre lernten die Händler, ihre Rabattstrategien so zu gestalten, dass sie in den «schwarzen Tagen» mehr Kunden anlocken, mit gezielten Rabatten aber nicht allzu viel ihrer Marge preisgeben müssen.
Der Retail bekomme es dabei mit Kunden zu tun, die technologisch immer fitter werden, sagt Black-Friday-Experte Julian Zrotz: «Dieses Jahr sehen wir seitens der Konsumenten erstmals einen grossen und gezielten Einsatz von künstlicher Intelligenz: Die Kunden finden mit KI-Hilfe heraus, ob sie online bei echten Stores oder bei Fake-Shops einkaufen, sie vergleichen die Preise und wollen herausfinden, ob es gleichwertige Produkte gibt, die günstiger sind als die im Laden angebotenen.»
An dieser Stelle findest du einen ergänzenden externen Inhalt. Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Werbung