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Am Schluss blieben 2,2 Milliarden Franken Miese – die zweitgrösste Firmenpleite der Schweiz. Trotzdem erlaubten sich die Verantwortlichen der Erb-Gruppe bis zum absehbaren Bankrott 2003 über Jahre Millionensaläre. Die Vorwürfe der Anklage sind happig.
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Die Firmenpleite zeichnete sich schon lange ab. Dennoch genehmigte sich die Familie Erb Millionenbezüge. Rolf Erb, der sich im Januar 2012 in Winterthur vor Gericht verantworten muss, strich von 1998 bis 2003 bis zu 1,2 Millionen Franken pro Jahr ein.
Sein Vater Hugo Erb, gestorben im Juli 2003, bezog ein Jahressalär von rund einer Million. Bruder Christian, gegen den die Ermittlungen eingestellt wurden, erhielt jeweils eine halbe Million Franken. Dies geht aus der Anklageschrift zum Zusammenbruch des Erb-Imperiums hervor, die am Montag veröffentlicht wurde.
140 Seiten zählt die Anklageschrift, die dem 59-jährigen operativem Leiter Rolf Erb gewerbsmässigen Betrug, Urkundenfälschung und Gläubigerschädigung vorwirft. In den Jahren 1998 bis 2002 soll Erb rund 20 Banken und anderen Kreditgebern falsche Abschlüsse und Revisionsberichte vorgelegt haben, um so die finanzielle Lage und damit die Kreditwürdigkeit der Gruppe massiv zu beschönigen.
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Als Folge davon gewährten viele Banken, darunter die Credit Suisse, die UBS und die Migros-Bank Kredite in Millionenhöhe. Beim Zusammenbruch des komplizierten Firmengeflechtes schuldeten die Erbs ihren Geldgebern rund 2,2 Milliarden Franken.
Systematische Gläubigerschädigung
Ein Gutachten des Erb-Sanierers Hans Ziegler kam nach dem Kollaps zum Schluss, dass ohne diese Täuschung die immense Überschuldung der Erb-Gruppe bereits Mitte der 90er-Jahre ans Licht gekommen wäre – und nicht erst beim Zusammenbruch im Dezember 2003.
Weiter soll Rolf Erb die Gläubiger bewusst geschädigt haben, indem er das Vermögen vor dem Kollaps verkleinerte. Er schenkte erhebliche Summen und das Schloss Eugensberg (TG) seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen Zwillingssöhnen.
Dieses Anwesen hat gemäss Anklageschrift einen Wert von 27 Millionen Franken. Die Knaben waren zum Zeitpunkt, an dem sie zu Schlossherren wurden, gerade mal zehn Monate alt.
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Der Angeklagte habe damals gewusst, dass es bei der Hugo Erb AG in absehbarer Zeit zu einem Zwangsvollstreckungsverfahren kommen würde, schreibt die Staatsanwältin in der Anklageschrift. Er habe somit in Kauf genommen, dass die Gläubiger geschädigt worden seien.
Angeklagter schiebt Schuld auf verstorbenen Vater
Der Angeklagte bestreitet bis heute, dass er sich strafbar gemacht hat. Allerdings räumte er 2006 ein, dass er durchaus eine Mitschuld am Zusammenbruch des Erb-Imperiums trage, weil er bei den Töchtern Volcafé, Uniwood und im Autoimportgeschäft operativ eine leitende Funktion ausgeübt habe.
Im August gleichen Jahres veröffentlichte der Angeklagte im Selbstverlag ein Buch mit dem Titel "Hugo Erb 1918-2003", in dem er Leben und Werk seines Vaters beschrieb. Darin schiebt der Angeklagte die Hauptschuld seinem Vater zu, der nicht habe loslassen können und insbesondere die Finanzen bis zum Schluss kontrolliert habe.
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Die Erb-Gruppe war 1920 in Form einer kleinen Reparaturwerkstätte in Winterthur-Töss gegründet worden. Bei ihrem Zusammenbruch umfasste sie 82 Firmen in vier Holdinggesellschaften und beschäftigte 4900 Mitarbeiter, davon 2500 in der Schweiz.
Nach dem Kollaps konnten einige Unternehmensteile gerettet werden, so etwa der Fenster- und Türenproduzent EgoKiefer und die Küchenfirma Piatti. Das Kerngeschäft mit dem Autoimport ging Ende 2003 an die belgische Firma Alcopa.
Rolf Erb meldete 2004 Privatkonkurs an. Der Zusammenbruch der Erb-Gruppe gilt als zweitgrösste Firmenpleite der Schweiz, gleich hinter der Swissair.
(cms/laf/sda)
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