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BILANZ-Briefing

Schweizer Banken verlieren ihre Führungsposition

Gemäss einer Studie wächst das Wealth-Management anderer Banken schneller. Der BIP-Anteil des Finanzplatzes schrumpfte von 14 auf 9 Prozent.

Dirk Schütz

Dirk Schütz

«Wenn die Schweiz ihre Krone behalten will, sind die neuen Kapitalregeln kaum hilfreich», schreibt Dirk Schütz.

BILANZ

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Es gibt sie also doch: Studien über die heimische Wirtschaft, die Sorgen machen. Gewiss, die Schweiz ist noch immer die Nummer eins in ihrer Paradedisziplin. Aber gemäss dem jüngst veröffentlichten «Global Wealth Report» der Boston Consulting Group bleibt sie das nicht mehr lange: Im Wealth Management wird sie ihre Führungsstellung bis in vier Jahren an Hongkong verlieren. Auch Singapur und die Emirate wachsen schneller.
 
Da haben wir für unsere heute erscheinende Ausgabe die Zahlenfetischisten von Bloomberg konsultiert und sind ebenfalls auf verstörende Werte gestossen. Welche Bank war vor zwanzig Jahren gemäss Bilanzsumme die grösste der Welt? Die UBS – vor allen Amerikanern, Japanern und Europäern. Die Credit Suisse kam auf Platz 7, zusammen lagen sie beim Börsenwert weltweit auf Platz 3. Und heute: Die vermeintliche Monsterbank kommt selbst nach der CS-Übernahme gerade auf Platz 25, beim Börsenwert liegt sie auf Platz 13. 330 Banken gab es 2005, der Finanzplatz trug 14 Prozent zum BIP bei. Heute sind es nur noch 220 Banken, der BIP-Anteil ist auf 9 Prozent geschrumpft.
 
Vor zwanzig Jahren zeigte sich der FDP-Finanzminister Hans-Rudolf Merz noch sichtlich stolz über «unsere zwei Banken unter den Top Ten». Heute betont selbst die von FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Auftrag gegebene Studie der Beratungsfirma Alvarez & Marsal, die neuen Kapitalregeln für die UBS bedeuteten «einen signifikanten kompetitiven Nachteil global und im Heimmarkt». Das härteste Regime der Welt fordert die diesjährige Präsidentin dennoch. Sagen wir es so: Wenn die Schweiz ihre Krone behalten will, ist das kaum hilfreich. 

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Grieder vs. Brenna

Kann Egon Zehnder nur McKinsey? Die Frage stellt sich nach der überraschenden Kür von Ex-Salt-Chef Pascal Grieder zum neuen Post-CEO. Gerade hatte Zehnder auch den neuen Raiffeisen-Chef Gabriel Brenna aufgespürt. Es ist auffällig, wie stark sich die Lebensläufe ähneln: ETH-Ingenieur mit Doktorat, Quereinsteiger, viele Jahre bei McKinsey. Die Strategieberater sind noch immer der grösst-mögliche Hedge für Headhunter und Verwaltungsräte: Man kauft die Strategie-Expertise gleich mit (wenn auch die Ex-McKinsey-Leute gern ihre Ex-Kollegen mit Aufträgen beglücken) – und reüssiert der oder die Neue nicht, hat der Verwaltungsrat stets eine Ausrede: Die Referenz war doch über alle Zweifel erhaben.
 
Wer hat den schwierigeren Job? Brenna muss im verzweigten Genossenschaftsreich mit 212 selbstbewussten Bankchefs klarkommen, Grieder in der hochpolitisierten Behörde mit Gewerkschaften und Parlamentariern. Brenna findet beim Hypotheken-Marktführer sein Wachstumsfeld vor: Firmenkunden und Wealth Management. Die im Kerngeschäft bröckelnde Post wagt sich dagegen in privatwirtschaftliche Digitalisierungs-Gefilde, was als Staatsbetrieb ein No-Go sein sollte und dazu defizitär ist. Auch Grieders Vorgänger Cirillo war branchenfremd, ETH-Ingenieur und kam natürlich ebenfalls von McKinsey. Lief doch gut mit ihm, deshalb gilt offenbar: Copy-Paste, Zehnder approved. Doch am Ende war Cirillo das Verwalten zu wenig, und viel mehr liegt auch für Grieder kaum drin. Punktsieger bei den Gestaltungsmöglichkeiten: Brenna.

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Schwabs Gründerrecht

In das WEF-Drama kommt Bewegung: Wie die NZZ berichtet, soll die Untersuchung gegen den Gründer Klaus Schwab bis zur alljährlichen Strategiesitzung des Stiftungsrates Ende August abgeschlossen sein. Offensichtlich will man sich wieder vertragen. Dafür, dass Interims-Präsident Brabeck die Vorwürfe in der «Aargauer Zeitung» als «lang und detailliert» bezeichnete und die Untersuchungsdauer im Ermessen der beauftragten Kanzlei Homburger liegt, ist ein derart öffentlich ausgerufener Stopp eher ungewöhnlich.
 
Dazu passt ein Artikel, den wir ebenfalls in unserer neuen Ausgabe veröffentlichen. Wie das WEF bestätigt, sind die bisherigen Statuten weiterhin gültig. In Artikel 11 der Satzung heisst es: «Der Gründer bestimmt seinen Nachfolger selbst.» Wenn man sie ändern wollte, wäre das kaum ohne die Zustimmung Schwabs möglich. Seine Rechte könnten ihm nur aus schwerwiegenden Gründen entzogen werden, heisst es von seiner juristischen Vertretung. Der Rücktritt am Osterwochenende reicht dazu nicht aus.
 
Das verstärkt die bizarre Ausgangslage: Obwohl Brabeck und seine Mitstreiter institutionell dem Wohl des WEF verpflichtet sind, haben sie ein Interesse, dass die Untersuchung belastendes Material gegen Schwab hervorbringt. Sonst hätten sie nicht nur durch ihr radikales Vorgehen gegen Schwab den Ruf des WEF beschädigt und damit ihre Treuepflicht verletzt, sondern könnten auch die Nachfolge kaum selbst regeln. Es gilt die alte englische Fussballer-Weisheit: It ain’t over until it’s over.

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Nächste Woche: Fourth of July

Nächster Freitag ist der erste Nationalfeiertag in Donald Trumps zweiten Amtszeit – ein Jahr vor den pompösen Feiern zum 250. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung –, und plötzlich steht der wirtschaftlich irrlichternde US-Präsident so triumphal da wie noch nie: Seine zum Zwölf-Tage-Krieg deklarierte Israel-Unterstützung darf als bisher grösster Erfolg seiner Amtszeit gelten – für den ewigen Isolationisten ausgerechnet auf aussenpolitischem Gebiet.
 
Besonders zentral für die Wirtschaft: Die Märkte bleiben hoffnungsvoll, selbst der Ölpreis sinkt. Wenn da bloss nicht das ewige Zollchaos wäre. Am Tag vor dem grossen Feiertag wird nächsten Donnerstag der frische Wert des Handelsdefizits veröffentlicht. Hoffentlich reizt es den Don nicht in zu viel Übermut zu einer Rückkehr des Zollwahns.

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Über die Autoren
Dirk Schütz

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