Guten Tag,
Die angepeilte Übernahme von UPC wird nun vollends zur Nagelprobe für Sunrise-Präsident Peter Kurer. Das sind seine Verbündeten und Widersacher.
Marc Kowalsky
Rückschlag erlitten: Sunrise-Präsident Peter Kurer.
NZZ-Photographen-TeamWerbung
Es hätte der Showdown des Jahres werden sollen: Sunrise-Spitze gegen Freenet-Spitze. Und jetzt fand die mit Spannung erwartete Generalversammlung nicht einmal statt. Nachdem absehbar wurde, dass sich die Aktionäre von Sunrise gegen die Kapitalerhöhung entscheiden würden, blies Verwaltungsratspräsident Peter Kurer die Generalversammlung ab.
Ohne Kapitalerhöhung aber wackelt der Zusammenschluss der Nummer zwei im Schweizer Telekommarkt, Sunrise, mit der Nummer drei, UPC.
Und damit wiederum dürfte die Position von Peter Kurer (70) als Sunrise-Präsident unsicher geworden sein.
Der Kampf um den Deal war auch ein Machtkampf. M&A-Spezialist Kurer hatte die Transaktion selber strukturiert: 6,3 Milliarden Franken würde Sunrise für UPC bezahlen – und dafür das eigene Kapital erhöhen. Christoph Vilanek, der Chef des Grossaktionär Freenet (24,5 Prozent der Anteile), fand das zu viel und begann, die Übernahme zu bekämpfen.
Werbung
Das Klima war bald vergiftet: Kurer warf den beiden Freenet-Vertretern im Verwaltungsrat Unehrlichkeit und Interessenkonflikte vor. Er schloss sie aus allen Sitzungen aus, in denen die Übernahme traktandiert war. Freenet warf Kurer vor, «extrem persönlich und aggressiv» in den Sitzungen gewesen zu sein, und kündigte an, gegen den Ausschluss mit allen juristischen Mitteln vorzugehen.
Die Verbündeten:
Wichtigster Verbündeter im Übernahmekampf sind Sunrise-CEO Olaf Swantee, der zeitgleich mit Kurer beim Telekomprovider anfing, und …
KeystoneDie Verbündeten:
… CFO André Krause.
KeystoneDie Verbündeten:
Im Sunrise-VR sitzt auch Ingrid Deltenre, früher Direktorin des Schweizer Fernsehens und heute Verwaltungsrätin bei der Waadtländer Kantonalbank und Givaudan.
KeystoneDie Verbündeten:
Auch UPC-Verkäufer Liberty Global unter Mike Fries will am Deal festhalten – kein Wunder angesichts des ausgehandelten Preises. Von den Grossaktionären, die die Übernahme unterstützen sollen, hat sich bisher keiner geoutet.
Getty Images for WICTDie Verbündeten:
Seit 2013 sitzt Kurer im Board des Softwaredistributors SoftwareOne von Gründer und VRPräsident Daniel von Stockar. Vizepräsident ist Unternehmer (und BILANZ-Gründer) Beat Curti, Kurer amtet als Chairman des Audit Committee. Der demnächst anstehende Börsengang dürfte auch für ihn finanziell lukrativ sein.
KeystoneDie Verbündeten:
Zudem ist Kurer Partner bei der Beteiligungsgesellschaft BLR. Dort arbeitet er zusammen unter anderem mit Ulf Berg, Präsident Ems-Chemie, und den Multi-VRs Ulrich Looser und Felix Weber.
KeystoneDie Verbündeten:
Kurer amtet zudem als Präsident des Verlages Kein & Aber von Peter Haag.
KeystoneDie Verbündeten:
Im Board trifft er auf Komiker Viktor Giacobbo.
DukasDie Verbündeten:
Seit Kurer im VR von Holcim gesessen ist (1998 bis 2002), ist er auch privat befreundet mit Zementbaron Thomas Schmidheiny.
KeystoneDie Verbündeten:
Auch Weidmann-Chefin Franziska Tschudi gehört zum Freundeskreis.
KeystoneDie Widersacher:
Grossaktionär Freenet stellt mit CEO Christoph Vilanek und CFO Ingo Arnold zwei Vertreter im Verwaltungsrat. Beide haben nach eigenen Worten nie für die Fusion gestimmt, was Sunrise anders darstellt. Auch Aktionär Active Ownership Capital (AOC) unter Florian Schuhbauer lehnt den Deal ab. Der luxemburgische Aktionär Axxion fordert gar Kurers Abwahl.
picture alliance/dpaDie Widersacher:
Auf dem Markt wichtigste Konkurrenten sind die Swisscom unter Urs Schaeppi …
© KEYSTONE / WALTER BIERIDie Widersacher:
… sowie im Mobilfunk Salt unter Pascal Grieder.
KeystoneDie Widersacher:
Bis die Fusion in trockenen Tüchern ist, muss Sunrise auch noch gegen UPC unter Severina Pascu kämpfen. Abzuwarten, was von ihrem Managementteam noch übrig bleibt, sollte die Transaktion zustande kommen.
© KEYSTONE / GAETAN BALLYKurer ist mit Mentaltrainerin Susi verheiratet. Sie wohnen in Herrliberg an der Zürcher Goldküste. Das Paar hat drei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder – «das Zentrum meines Lebens», wie er sie nennt. Kurer ist Fan des HC Davos und unterstützte regelmässig die Junioren des Schlittschuhclubs der Nachbargemeinde Küsnacht. In seiner Freizeit fährt er Velo und Ski. Er interessiert sich für Jazzmusik und Literatur: Der englische Rechtsprofessor und Autor Richard Susskind inspirierte Kurer nach eigenen Worten zum Schreiben seines Buchs über «Legal and Compliance Risk».
Werbung
Peter Kurer mit Gattin Susi.
ZVGPeter Kurer mit Gattin Susi.
ZVGNach der Klosterschule in Feldkirch und im Appenzellischen sowie dem Jus-Studium begann Kurer bei der Kanzlei Baker McKenzie. Er spezialisierte sich auf Fusionen und Übernahmen. Dort arbeitete er mit Christine Lagarde zusammen, der zukünftigen EZB-Präsidentin. Später war Kurer entscheidend daran beteiligt, die Baker-Abspaltung Homburger in der Schweiz gross zu machen.
Engster Kollege war Senior Partner Daniel Daeniker, sie arbeiten bis heute zusammen. Befreundet ist Kurer seither auch mit Urs Schenker, heute Partner bei Walder Wyss. Seit dem Zusammenschluss von BBC und Asea zu ABB ist Kurer in engem Kontakt mit dem damaligen ABB-Chefjuristen und heutigen Lafarge-Holcim-Präsidenten Beat Hess.
Werbung
Der Deal machte Kurer als Fusionsspezialisten bekannt. 1996 schmiedete er aus Ciba-Geigy und Sandoz den Pharmagiganten Novartis und half bei der Abspaltung von Ciba SC unter Rolf Meyer. Für die Swissair unter Otto Loepfe fädelte Kurer die gescheiterte Fusion mit AUA, KLM und SAS («Projekt Alcazar») ein, für dessen Nachfolger Philipppe Bruggisser den Sabena-Kauf.
Lafarge-Holcim-Präsidenten Beat Hess.
KeystoneLafarge-Holcim-Präsidenten Beat Hess.
Keystone2001 wechselte Kurer als Chefjurist zur UBS – sehr zum Missfallen der Swissair unter Mario Corti, für die er quasi als Hausanwalt fungiert hatte. Beim Grounding wenige Monate später sahen sie sich auf entgegengesetzten Tischseiten wieder. Bei der Grossbank arbeitete Kurer mit dem heutigen Finma-Chef Mark Branson zusammen. Später war er wichtiger Ansprechpartner von Philipp Hildebrand, damals Vizepräsident der Nationalbank und heute Vice Chairman von BlackRock.
Werbung
In Kurers UBS-Zeit machte sich die Grossbank wegen ihrer Hilfe für amerikanische Steuersünder in den USA strafbar. Als die Bank 2008 in der Finanzkrise in Schieflage geriet und man auf Druck der Eidgenössischen Bankenkommission in aller Eile einen Nachfolger für Marcel Ospel suchte, wurde Kurer überraschend zum Verwaltungsratspräsidenten berufen. Vizepräsident Sergio Marchionne war Königsmacher – und ein Jahr später Königmörder, als er in einem BILANZ-Interview Kurers Eignung für den Job relativierte. Kurze Zeit später musste Kurer abtreten.
Mit dem damaligen UBS-Verwaltungsrat Jörg Wolle, heute Präsident von Kühne + Nagel, ist Kurer befreundet, später beriet er ihn bei den Börsengängen von DKSH und Klingelnberg. In der Finanzkrise arbeitete er eng mit Walter Kielholz zusammen, damals wie heute Präsident der Swiss Re.
Werbung
Swiss-Re-Präsident Walter Kielholz.
Gian-Marco Castelberg für BILANZSwiss-Re-Präsident Walter Kielholz.
Gian-Marco Castelberg für BILANZDieser Artikel erschien in der Oktober-Ausgabe 10/2019 der BILANZ. Aktualisiert am 22. Oktober 2019.
Werbung