Guten Tag,
Der CEO von Garaventa baut die grössten Seilbahngondeln der Welt. Trotz Duopol im Markt herrsche gesunde Konkurrenz. Mühsamer seien die US-Zölle.
Gipfelstürmer und Herr der Seilbahnen: Arno Inauen am Hauptsitz von Garaventa in Goldau.
PD/Garaventa AG/André HergerWerbung
Ein Kind rennt im Badekleid durch das Quartier, zwei Velofahrer grüssen sich beim Vorbeifahren, ein Wanderer macht sich bereit für den Aufstieg auf den Wildspitz. Mitten in diesem Quartier, zehn Gehminuten vom Bahnhof Arth-Goldau entfernt, hat das Seilbahnunternehmen Garaventa seinen Hauptsitz.
Auf dem Vorplatz stapeln sich alte Gondeln, Umlenkräder und Mastenelemente. Herr dieses realen Tetrissystems ist CEO Arno Inauen. Der Garaventa-Chef jettet zwar regelmässig um die Welt, um neue Bahnprojekte zu starten, doch im Herzen ist er Schwyzer geblieben. Vor allem aber Seilbähnler.
Ich war von klein auf damit konfrontiert. Ich bin im Ybrig aufgewachsen, mein Vater war technischer Leiter im Skigebiet. Das hat mich immer interessiert.
Als ich an der ETH Maschinenbau studierte, erhielten mein Vater, mein Bruder und ich die Möglichkeit, das Unternehmen Schätti zu kaufen. Ich hatte zwar damals kein Geld, aber wir kauften trotzdem. Wir bauten das Unternehmen auf und erhielten früh die Vertretung von Doppelmayr für die Schweiz. Bis zur Fusion standen wir in Konkurrenz zu Garaventa, heute gehört das zusammen.
Ja, denn die Fusion stand für die Stärken beider Unternehmen. Zwar brachte Doppelmayr rund zwei Drittel des damaligen Unternehmensvolumens ein, Garaventa etwa einen Drittel, doch die Fusion erfolgte auf Augenhöhe. Man nahm von beiden Unternehmungen das Beste und segmentierte die Produktbereiche. Ausserdem geniesst die Marke Garaventa weltweit ein hohes Ansehen.
Garaventa steht für Spezialbahnen, also Pendel- und Standseilbahnen, Materialseilbahnen und komplexe Seilzugarbeiten. Doppelmayr ist verantwortlich für die Umlaufbahnen – also Gondelbahnen, Sesselbahnen und Schlepplifte.
Seilbahn ist richtig – oder Seilbahnsysteme.
Nein. Das wäre, wie wenn heute jemand Fräulein sagen würde.
(lacht) Sozusagen. Wir verhindern Doppelspurigkeiten, jeder hatte von Beginn weg seinen Fokus. Wir machen die Spezialbahnen, also Unikate für jeden Kunden. Doppelmayr arbeitet mit einem Baukasten; diese Umlaufbahnen sind hoch standardisiert.
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Gipfelstürmer Das ganze Leben von Arno Inauen dreht sich um Seilbahnen. Von Kindesbeinen an war er in Kontakt mit dem Transportmittel. Davon beeinflusst, studierte er Maschinenbau an der ETH. Heute setzt er als CEO von Garaventa Seilbahnprojekte auf der ganzen Welt um. Wo möglich, gerne auch mit einem Rekord.
André HergerGipfelstürmer Das ganze Leben von Arno Inauen dreht sich um Seilbahnen. Von Kindesbeinen an war er in Kontakt mit dem Transportmittel. Davon beeinflusst, studierte er Maschinenbau an der ETH. Heute setzt er als CEO von Garaventa Seilbahnprojekte auf der ganzen Welt um. Wo möglich, gerne auch mit einem Rekord.
André HergerBei der Fusion stand der konsolidierte Umsatz bei 400 Millionen Franken. Heute sind es 1,1 Milliarden.
Wir haben bereits grosse Produktionen in den USA und bauen diese aktuell stark aus.
Das hat nichts mit den Zöllen zu tun. Wir planen das seit einigen Jahren. Und wir bauen nicht nur in den USA aus, sondern auch in Kanada , in China und an unseren Hauptstandorten. Um die hohen Kosten aufgrund der neuen Einfuhrzölle zu reduzieren, werden wir für US-Aufträge vermehrt in den USA und bei den Unternehmungen unserer Gruppe im EU-Raum produzieren.
Über alle Standorte sind es rund 150 Millionen Franken.
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Nein, ihre Telefonnummer habe ich nicht. Wir hätten auch so investiert.
Ja, das Unternehmen gehört zu 100 Prozent der Doppelmayr-Familienstiftung und Michael Doppelmayr.
Nein.
Unser Ziel ist immer, mit unseren Spezialbahnen die Kundenbedürfnisse optimal zu decken – wie es damals Willy Garaventa tat. Die Stoosbahn ist ein gutes Beispiel dafür: Die Standseilbahn ist die steilste der Welt, und der Kunde wünschte sich horizontale Ein- und Ausstiege an den Stationen. Deshalb entwickelten wir eine spezielle Lösung mit drehbaren Fahrzeugabteilen.
Leitner ist noch etwas grösser als wir, da sie auch Pistenmaschinen, Schnee- und Windanlagen liefert. Bei den Seilbahnen sind wir Marktführer und halten weltweit rund 55 bis 60 Prozent des Weltmarkts, die HTI-Gruppe etwa 40 Prozent. Den Rest teilen sich eine Handvoll andere Firmen, etwa die grössten chinesischen Produzenten. Die Chinesen sind auch in Russland gewachsen, da wir dort wegen der Sanktionen nicht mehr liefern.
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Duopolisten Auf dem Weltmarkt der Seilbahnen werden rund 2 Milliarden Franken umgesetzt. Mit gegen 60 Prozent ist das Konstrukt Doppelmayr-Garaventa, das bereits im Jahr 2002 fusionierte, der Platzhirsch. Auf Platz zwei folgt mit einem Anteil von 40 Prozent die Südtiroler HTI-Gruppe. Ihre Hauptmarken sind Leitner, Poma und Bartholet. Daneben produziert HTI allerdings auch noch Pistenfahrzeuge und Beschneiungsanlagen.
PD/Garaventa AGDuopolisten Auf dem Weltmarkt der Seilbahnen werden rund 2 Milliarden Franken umgesetzt. Mit gegen 60 Prozent ist das Konstrukt Doppelmayr-Garaventa, das bereits im Jahr 2002 fusionierte, der Platzhirsch. Auf Platz zwei folgt mit einem Anteil von 40 Prozent die Südtiroler HTI-Gruppe. Ihre Hauptmarken sind Leitner, Poma und Bartholet. Daneben produziert HTI allerdings auch noch Pistenfahrzeuge und Beschneiungsanlagen.
PD/Garaventa AGWir vereinen viele Firmen unter unserem Dach: Habegger, Bell, Küpfer, Städeli, Von Roll. Sie alle gehören mittlerweile zu uns. Da kommt viel Wissen zusammen, das wir weitergeben können.
Unser Markt mit rund 2 Milliarden Franken Umsatz ist beispielsweise im Gegensatz zum viel grösseren Automarkt relativ klein. Aufgrund der Schwankungen, Projekt- und Prozessrisiken gab es eine gewisse Konsolidierung. Deswegen findet aber nicht weniger Innovation statt, und es herrscht ein intensiver Wettbewerb. Insofern glaube ich, dass die aktuelle Konstellation gesund ist.
(lacht) Und ich sage, wir waren sehr günstig! Das waren zähe Verhandlungen, aber am Schluss haben wir uns gefunden. Von den ausgeschriebenen Bahnen liefern wir vier Stück, und unser Mitbewerber liefert eine Neuanlage.
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Die Anzahl Neuanlagen kann von Jahr zu Jahr variieren, ist aber langfristig konstant. Das Volumen der einzelnen Projekte nimmt jedoch zu, da die Ansprüche an die Leistungsfähigkeit und an den Komfort steigen.
Durchschnittlich sind es rund hundert Seilbahnprojekte pro Jahr, vom kleinen Schlepplift bis zur grossen Pendelbahn.
Das ist sehr unterschiedlich. Wir arbeiten projektbasiert und auf der ganzen Welt. Pauschal kann ich die Frage nicht beantworten.
Es passiert, dass die kalkulierten Kosten höher ausfallen. Die Bahn stellen wir trotzdem fertig, das gehört zu unserem Auftrag.
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La Paz war ein Meilenstein. Der damalige Präsident Morales realisierte ein komplett neues Stadtnetz mit einer Seilbahn, weil er der indigenen Bevölkerung an den Stadträndern den Zugang zum Zentrum ermöglichen wollte. Das löste in ganz Südamerika eine Bewegung aus; die Seilbahn etablierte sich erfolgreich als urbanes System. Wir bauen aktuell urbane Anlagen in Mexiko, Kolumbien, Chile, Brasilien und Guatemala!
Rekordhalter Der Schweizer Ableger Garaventa hält weltweit dreissig Rekorde im Bereich Seilbahnen – was wiederum ebenfalls ein Rekord ist. Das Unternehmen baute unter anderem die grösste rotierende Bahn, erstellte die höchstgelegene Seilbahn und die steilste Pendel- sowie Standseilbahn. Und sie kreierte die längste Seilbahn unter dem Meeresspiegel, von minus 220 auf minus 50 Meter Seehöhe.
André HergerRekordhalter Der Schweizer Ableger Garaventa hält weltweit dreissig Rekorde im Bereich Seilbahnen – was wiederum ebenfalls ein Rekord ist. Das Unternehmen baute unter anderem die grösste rotierende Bahn, erstellte die höchstgelegene Seilbahn und die steilste Pendel- sowie Standseilbahn. Und sie kreierte die längste Seilbahn unter dem Meeresspiegel, von minus 220 auf minus 50 Meter Seehöhe.
André HergerEs gibt in Europa viele Projekte, aber die Realisierung ist hier wesentlich anspruchsvoller.
Es gibt zwei Gründe. Erstens ist der Leidensdruck im Vergleich zu Südamerika weniger gross. Der Stau ist auch bei uns mühsam – aber wollen Sie beispielsweise in La Paz Ihr Kind ins Spital bringen müssen, wenn Sie dafür einen halben Tag benötigen? Jetzt sitzen die Leute für acht Minuten in der Gondel und befinden sich danach im Zentrum.
Der liegt in den Rechten, die wir hier in Europa haben – und auch schätzen.
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Ja. Wir alle schätzen diese Möglichkeit. Sie hat aber auch zur Folge, dass jeder, der auch nur am Rande betroffen sein könnte, ein Projekt verhindern kann. Stellen Sie sich das im urbanen Raum vor: Dort sind oft sehr viele Leute betroffen. Urbane Unterfangen sind in Europa schwierig.
Irgendjemand geht immer in Opposition.
Die Schweizer sind nicht seilbahnfeindlich, aber wir leben auf engem Raum. Da gibt es klare Restriktionen bezüglich dessen, wo man eine Seilbahn bauen kann und wo nicht. Es ist wichtig, dass man Räume hat, die man für den Tourismus nutzen und in denen man mit vernünftigem Aufwand Projekte realisieren kann.
Auf jeden Fall. Die Schweiz ist unser grösster Markt. Auch wenn man schaut, wie sich der Tourismus in der Schweiz und die Nachfrage entwickeln, bleibt das spannend.
Das ist die absolute Ausnahme. Der Schnitt liegt bei zwei bis drei Jahren. Das Bauen selbst dauert nicht so lange, aber die Bewilligungsphase, zum Beispiel die Anpassung der Zonenpläne und so weiter, braucht Zeit.
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In Mitteleuropa werden keine neuen Berge erschlossen. Die Zugspitze ist ein gutes Beispiel: Die Anlage ist bereits in der dritten Generation, sie wird höchstens durch eine Seilbahn mit mehr Leistung und vor allem mehr Komfort ersetzt.
Ja. Ich finde es moralisch vertretbar, dass jemand mit dem Rollstuhl auf eine Zugspitze kann und dort Berg und Aussicht geniesst. Doch ich bin mit Ihnen einig: Jemand, der in Flipflops wandert, ist unvernünftig. Dass aber jemand die Zugspitze besucht, wo eine Infrastruktur besteht, finde ich durchaus legitim. Das heisst jedoch nicht, dass man auf jeden Berg eine Seilbahn bauen muss.
Seilbahnen sind in diesen Regionen wichtig, um die touristischen Highlights zu erschliessen. Beim Neubau solcher Seilbahnen geht es oft nicht nur um eine Erhöhung der Förderleistung, sondern auch um eine Steigerung von Qualität und Komfort.
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Wir suchen keine spezifischen Rekorde. Oft ist das durch die Topografie bedingt, wie es etwa in Mürren mit der steilsten Pendelbahn der Welt der Fall ist. Solche Herausforderungen nehmen wir gerne an.
Die Ha-Long-Queen-Seilbahn hat eine 188,88 Meter hohe Stütze. Das ist die höchste ihrer Art, und gleichzeitig ist die Acht die Glückszahl der Vietnamesen. Der zweite Turm ist übrigens 123,45 Meter hoch. Solche Spielereien machen wir möglich, wenn der Rahmen es zulässt.
Die beiden Stützen der Ha-Long-Queen-Bahn in Vietnam sind beide speziell: Die eine ist 188,88 Meter hoch, die zweite 123,45 Meter.
ZVGDie beiden Stützen der Ha-Long-Queen-Bahn in Vietnam sind beide speziell: Die eine ist 188,88 Meter hoch, die zweite 123,45 Meter.
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Zum Flemxpress kann ich nichts sagen, dieses System führen wir nicht. Wir fokussieren uns auf die Automatisierung. Ein Hauptkostentreiber beim Betrieb von Seilbahnen sind die Personalkosten. Dank unseren Innovationen können Seilbahnen ohne Personal und mit genauso hoher Sicherheit autonom betrieben werden. Dafür entwickelten wir etwa mit dem ETH-Start-up Mantis eine neue Technologie unter Einsatz von KI.
Der erfolgreiche Betrieb einer Seilbahnunternehmung bedingt regelmässige und hohe Investitionen in die gesamte Infrastruktur, wie zum Beispiel Seilbahnen, Gastronomie, Beschneiungsanlagen. Dies schlägt sich letztlich in den Ticketpreisen nieder. Und der Kunde wünscht sich heute Komfort am Berg: Sitzheizung, Kuppelhaube am Sessel oder Infotainment.
Die Gäste möchten das, und als Bergregion will man dieses Bedürfnis erfüllen. Wir liefern, was gewünscht wird.
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Seit rund zehn Jahren ist eine Tendenz zum Sommer da. Die Prognosen sagen, dass dieser Sommer einer der besten wird. Wenn es so heiss ist, gehen die Leute lieber in die kühlen Berge. Die Regionen wollen das für sich nutzen, und wir als Seilbahnbauer passen unsere Produkte entsprechend an.
Das war vielleicht mal so. Aber die Schweiz hat die letzten Jahre gleichgezogen.
Es ist tatsächlich so, dass die USA lange zurückhaltend waren mit dem Investieren. Das hat sich verändert: Wir sehen klare Trends der Investitionen in moderne Anlagen und Komfort. Nordamerika war in den letzten Jahren einer der am stärksten wachsenden Märkte.
Selbstverständlich! Die ersten Pioniere, die Seilbahnen gebaut haben, kamen aus der Schweiz. Seilbahnen prägen unser Image. Das merken wir auch, wenn wir unterwegs sind im internationalen Raum.
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Das ist schwierig. Sicherlich die Hòn Tho’m in Vietnam: eine beeindruckende Seilbahn, die auf eine Inselgruppe führt. Dann natürlich die erwähnte Stadtbahn in La Paz. Und als dritte Bahn würde ich die neue TRI-Line Hoch-Ybrig empfehlen, eine Weltneuheit. Die Bahn wird im kommenden Winter eröffnet.
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