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Wahlkampf 2019

It’s the Crowd, Stupid!

Ohne Team läuft nichts. Wer ins Parlament will, muss Fans um sich scharen. Vier Beispiele eines personalisierten, digitalisierten Wahlkampfs.

Florence Vuichard

Florence Vuichard

Tennwil 17.8.2019 - Cedric Wermuth, Nationalrat SP AG,mit seinem Wahlkampfteam im Arbeiterstrandbad Tennwil. © Annette Boutellier

Einer für alle: SP-Nationalrat Cédric Wermuth mit Helfern am «Fest der Solidarität» im Arbeiterstrandband Tennwil.

Annette Boutellier für BILANZ

Arbeiterstrandbad Tennwil. Das letzte der Schweiz, errichtet 1935 mit dem Ziel, den Arbeitern zwischen all den neu entstehenden Villen den Zugang zum Hallwilersee zu sichern, also jenem See, der heuer mit seinem «Kaiman» mithalf, das mediale Sommerloch zu füllen. Die Festbänke sind aufgestellt, ebenso die roten und weissen Zelte der Sozialdemokraten und Gewerkschaften, der Grill ist angeworfen, die Hüpfburg von den Jüngsten in Beschlag genommen. Die Älteren treffen nach und nach zum «Fest der Solidarität» ein, rund 350 werden es letztlich sein. Heimspiel für den Wahlkämpfer und SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Und die perfekte Kulisse, um noch mehr anzusprechen: 500 verfolgen an diesem Samstagabend im August seine rund zehnminütige Facebook-Liveschaltung aus dem Strandband an ihren Bildschirmen.

Wir-Gefühl auf allen Kanälen – analog und digital. Darum geht es letztlich im Wahlkampf 2019. Fans, Komitee- und Teammitglieder, Wahlbotschafter und freiwillige Helfer sollen sich als Teil einer Bewegung fühlen. Wie Emmanuel Macrons «Marcheurs», auch wenn diese in jüngster Zeit etwas von ihrem Elan eingebüsst haben. «Heute gewinnt, wer die Crowd mobilisieren kann», sagt Daniel Graf, Gründer der digitalen Unterschriftensammel-Plattform Wecollect und Netzaktivist.

Botschafter und Fans

Und so scharen die Kandidierenden möglichst viele Leute um sich: Familienmitglieder, Freunde, Berufskollegen und natürlich die Freunde der Freunde und Kollegen. Jeder aktive Helfer, so die Berechnung der Strategen, kann mehrere Personen in seinem privaten oder beruflichen Umfeld für eine Stimmabgabe motivieren. Die sozialen Medien dienen als zusätzlicher Multiplikator, erweitern sie doch die Macht der Stimmbürger: Diese sind nicht mehr nur Wähler, sondern auch Influencer, welche die Botschaften ihres Kandidaten teilen können. «Ein magischer Moment», betont Graf. Der Absender ist dann nicht mehr der Politiker, sondern der Kollege, mit dem man auf Facebook befreundet ist. «It’s the Crowd, Stupid!», könnte man in Anlehnung an Bill Clintons berühmten Wahlkampfslogan von 1992 sagen.

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