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Chefin von Luxushotelgruppe im Interview

Die Hotel-Suite für 30'000 Euro pro Nacht – wer bucht so etwas, Frau Muckermann?

Die Kempinski-Chefin Barbara Muckermann über neue Wunschstandorte in der Schweiz und darüber, was Hoteliers von Kreuzfahrten lernen können.

Andreas Güntert

Muckermann

Barbara Muckermann, Group CEO Kempinski Hotels: «Booking.com ist eine Plattform, die die Hotelwelt wohl irgendwie braucht, aber sie trägt nicht so viel Wert zum ganzen Ökosystem bei, wie sie an Provisionen verlangt.»

PR Kempinski Hotels

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Übernachtet man als Chefin einer Luxushotelkette häufiger auswärts oder mehr daheim?

In meinem Fall derzeit mehr im Hotel.

Vier Tage pro Woche auswärts und drei zu Hause?

Das kommt in etwa so hin. Mein Mann hat jedenfalls angemahnt, dass es ihm recht wäre, wenn ich etwas mehr zu Hause wäre. Das war vor zwei Wochen. Ich habe das als offizielle Warnung wahrgenommen.

Wenn man Ihren Wohnort und Ihre Wirkungsorte kartografiert, sieht man Sie unterwegs in einem Dreieck zwischen Monaco, Genf und Dubai, korrekt?

Grundsätzlich stimmt das so – und ist doch etwas zu kurz gegriffen. Mein Zuhause und meine Familie sind in Monaco. Beruflich verbringe ich viel Zeit in den Golfstaaten, um mich bei strategischen Themen mit unseren Besitzern aus dem Mittleren Osten abzustimmen. Und natürlich bin ich oft an unserem Hauptsitz in Genf. Zu diesem Dreieck kommen aber auch noch unsere 78 Hotels, wo ich immer mal wieder auf Visite bin.

Soll das Hotel «a home away from home» sein – oder im Gegenteil ein Ort, der sich ganz deutlich abhebt vom eigenen Daheim?

Da gibt es verschiedene Philosophien. Meiner Meinung nach sollte es zweierlei sein. Erstens sollte ein Hotel ein Upgrade des eigenen Zuhauses sein. Und zweitens die beste Interpretation der bereisten Destination.

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Bezogen auf die Kempinski-Hotels heisst das also: Kennst du eins, dann kennst du keins – oder?

In dieser Art, ja. Aber auch hier gibt es verschiedene Ansichten. Für eine stark genormte Hotelkette kann es wichtig sein, dass die Gäste in den Häusern dieser Gruppe weltweit überall die gleiche Erfahrung machen. Bei uns ist das anders. Kempinski ist eine Kollektion aus Individuen. Keines unserer 78 Häuser ist gleich wie das andere.

Zur Person

<p>Barbara Muckermann, CEO der Hotelkette Kempinski, die ihr globales Hauptquartier in Genf haben. Bilder © PR</p>
PR Kempinski Hotels
<p>Barbara Muckermann, CEO der Hotelkette Kempinski, die ihr globales Hauptquartier in Genf haben. Bilder © PR</p>
PR Kempinski Hotels

Die Hotels Kempinski Hotels ist eine globale Luxushotelgruppe mit 78 Hotels und Residenzen in 33 Ländern weltweit. Aktuell befinden sich weitere 38 Objekte in Planung. Die Gruppe, deren Name auf den deutschen Gastronomen und Weinhändler Berthold Kempinski zurückgeht, wurde 1897 in Berlin gegründet und gilt als Europas älteste Luxushotelkette. Die Firma hat den Hauptsitz in Genf und gehört der Königsfamilie von Bahrain.

Legendäre Häuser Zu den bekanntesten Hotels der Gruppe gehören das Hotel Adlon Kempinski in Berlin, das «Vier Jahreszeiten Kempinski» in München und das «Çırağan Palace» in Istanbul. In der Schweiz sind es aktuell zwei Hotels: das Grand Hotel des Bains Kempinski in St. Moritz und das «Kempinski Palace Engelberg».

Treue Gäste Kempinski betreibt kein eigenes Loyalitätsprogramm, sondern führt zusammen mit anderen Hotelgruppen die Global Hotel Alliance (GHA). Diese repräsentiert 45 Marken mit 850 Hotels in hundert Ländern. Die GHA gehört zu 31 Prozent Kempinski und zu je rund 10 Prozent dem IT-Konzern Oracle sowie den Schweizer Manz Privacy Hotels.

Die Chefin Barbara Muckermann ist seit Mai 2024 Group CEO von Kempinski. Zuvor war die gebürtige Italienerin viele Jahre im Kreuzfahrtgeschäft aktiv, bei MSC Cruises, bei Norwegian Cruise Lines und zuletzt als CEO von Silversea Cruises. In der 128-jährigen Firmengeschichte ist Barbara Muckermann die erste Frau an der Spitze von Kempinski. Sie hat einen Doktortitel in Politik- und Wirtschaftswissenschaften sowie einen übergreifenden MBA-Abschluss der New Yorker Columbia Business School und der London Business School.

Wie hat sich der Luxusbegriff in den letzten Jahren gewandelt? Weniger Marmorprotz und dicke Säulen?

Das kommt darauf an. Sie sprechen jetzt vor allem die Hardware an, aber genauso wichtig ist auch die Software, der menschliche Service. Ich bin seit mehr als dreissig Jahren in der Luxusreisebranche tätig. Dazu gehört auch, operative Servicestandards für das Personal zu definieren, damit die Gäste positive und vorhersehbare Erfahrungen machen. 2003 setzte ich bei Silversea Cruises 1600 solche Standards fest, davon allein 130 für den Galatee am Nachmittag. Dieses starke Prozessdenken ist nicht mehr en vogue. Heute sind es in einem Luxushotel maximal noch 800 bis 900 Standards. Was bedeutet: Der Service ist einfacher geworden. Statt einem steifen Ablauf wünschen sich Gäste heute mehr Menschlichkeit und Simplizität.

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Und was ist mit tiefen Teppichen, Giganto-Gardinen und anderen Hardware-Insignien der Opulenz?

Niemand will heute noch eine Hotelwelt, die museal und komplett in Beige erscheint. Aber man sollte nicht allzu sehr generalisieren. Luxus ist kontextuell. Je nach Gästetypus, Lage des Hotels und Reisemotiv zeigen sich Ansprüche und Wünsche anders. Wenn Sie in der Grossstadt logieren, allenfalls auch im beruflichen Zusammenhang, erwarten Sie andere Dinge und Services, als wenn Sie auf den Seychellen oder in St. Moritz ausspannen. Je nachdem kann auch heute mal noch eine palastähnliche Ausstattung zum richtigen Angebot zählen. Unsere Gäste bezahlen 1000 Euro und mehr pro Nacht. Da geht es darum, die perfekte Erfahrung zu bieten.

Wie definieren Sie eine «perfekte Erfahrung»?

Bei uns basiert die Luxuserfahrung auf drei Säulen. Erstens geht es in der Hotellerie und beim Gastgebertum um Menschen. Es ist immer ein People-Business. Was bedeutet: Unsere Hotels brauchen Angestellte, die in hohem Mass verstehen, was der Gast möchte. Gefragt ist hier viel mehr als die Verinnerlichung von Prozessen, unsere Leute sollen auch eine gewisse emotionale Intelligenz an den Tag legen. Die zweite Säule ist der Hedonismus. Wir bieten Genuss in allen Variationen, da spielt die Gastronomie im Hotel eine wichtige Rolle. Und drittens ist die Innovation wichtig. Das war schon immer ein Teil unserer DNA. Kempinski war zum Beispiel das erste Hotel der Welt, das tief im 19. Jahrhundert in seinen Restaurants offenen Wein, also «wine by the glass», eingeführt hat.

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Was bedeutet Innovation hundert Jahre später? Mehr Technologie im Zimmer? Roboter als Cocktailmixer?

An Roboter glaube ich eher weniger, weil bei uns der Mensch im Mittelpunkt steht. Aber sonst sind wir immer noch sehr offen. Seit einem halben Jahr läuft bei uns eine grosse firmenübergreifende Innovationsrecherche. Sie ist noch nicht fertig. Um genauer zu wissen, was hier für die Gäste relevant ist, brauche ich noch mehr Daten.

Wie alt sind die Kempinski-Gäste im Durchschnitt?

Merken Sie sich etwas: Durchschnitt funktioniert nicht. Schon gar nicht bei einem Unternehmen, das 78 so verschiedene Hotels hat. Was ich sagen kann: Zu 77 Prozent liegen unsere Hotels in Städten, und bei diesen urbanen Angeboten sind die Gäste etwas jünger als jene, die in Resorthotels, also an Ferien- und Freizeitlagen, absteigen.

Sind Ihre drei Luxussäulen auch das, was die Generation Z und die Millennials mögen?

Das ist die falsche Frage. Was für ein Luxusunternehmen viel wichtiger ist als die Ausrichtung auf spezifische Generationen, ist dieses Thema: Wer sind wir ganz genau? Was müssen wir tun, um auch in den nächsten hundert Jahren relevant zu sein? Wenn man weiss, wer man ist, dann kommen die Gäste zu einem. Machen wir etwas Spezielles für die Generation Z? Nein. Die Generation Z wird uns finden – wenn wir unseren Job richtig machen. Wir setzen nicht so sehr darauf, unser Angebot bei allen beliebt zu machen, sondern wir wollen die Gäste anziehen. Wir machen Pull statt Push. Wer eine Marke sein will, weiss, dass man für etwas ganz Bestimmtes steht. Und somit nicht alles für alle macht. Auch das ist Luxus.

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Die 200-Quadratmeter-Suite im «Vier Jahreszeiten Kempinski München» kostet 30 000 Euro pro Nacht. Wer bucht so etwas?

Zum Beispiel Ministerpräsidenten oder andere Staatsoberhäupter. An der jährlichen Münchner Sicherheitskonferenz zum Beispiel sind wir immer voll gebucht.

Aber das sind nur drei Tage im Februar. Bleiben noch 362 weitere Hotelnächte im Jahr.

Die auch gut gebucht sind. Kürzlich hatten wir ein Paar, das eine Kinderwunschklinik in München besuchte und sich gleich für einen ganzen Monat in der Suite einmietete.

Würden Sie selber auch so viel Geld fürs Hotel ausgeben?

Nein. Ich kann mir unsere teuerste Suite nicht leisten.

Apropos Innovation: Wie viel Technologie braucht es im Hotel?

Das finden wir derzeit noch heraus. Was für mich aber klar ist: Die Hotellerie neigt dazu, gewisse Tech-Anwendungen zu kompliziert zu gestalten.

Vielreisende erzählen uns, dass entweder die Bedienung der Klimaanlage, die Beleuchtung oder die Duscharmatur sie in den Wahnsinn treiben kann. Was ist es bei Ihnen?

Mich regt es auf, wenn Funktionstafeln im Hotelzimmer, sogenannte Paneele, zu viele Schalter, Regler und Knöpfe aufweisen. Ein gut verständliches Schalterprogramm sollte mit maximal vier Tasten auskommen. Auch da können wir noch besser werden. Und von der Kreuzfahrtbranche lernen.

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Wie das?

In der Cruise-Welt planten wir ein neues Kabinendesign in der Regel zwei Jahre lang und erstellten danach ein sogenanntes Cabin-Mock-up, also eine Attrappen- oder Probekabine. Da habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, selber sieben Tage in der Probekabine zu wohnen. Damit ich schon vor den Gästen jedes Detail der Erfahrung selber spüre – und allenfalls noch Änderungen anregen und durchsetzen kann. Das wird in der Hotelwelt zu wenig gemacht.

Die Kreuzfahrtwelt hat ein paradiesisches Modell: Wenn man die Leute auf dem Schiff hat, können sie nicht mehr weg. Mindestens auf hoher See. Richtig?

Das stimmt absolut.

Was kann die Luxushotellerie sonst noch von der Kreuzfahrtszene lernen?

Kommerzielle Disziplin. Ein weiterer grosser Unterschied zwischen Hotels und Kreuzfahrten ist ja, dass Hotels zu einem gewissen Teil von einer sogenannten Walk-in-Kundschaft leben. Also von Leuten, die – vor allem in Städten – einfach mal beim Hotel vorbei- und dann auch hineingehen. Das hat man bei Kreuzfahrten so nicht. Man muss deshalb alle Kabinen schon im Vorfeld der Reise verkaufen. Kommerzielle Disziplin heisst zum Beispiel: Strategien entwickeln, um für jede Zimmerkategorie die richtige Kundschaft zum richtigen Preis anzusprechen – und so auf eine möglichst hohe Auslastung zu kommen.

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Zugabe

Was essen Sie am liebsten?

Fisch.

Was wollten Sie werden, als Sie ein Kind waren?

Ägyptologin. Oder Archäologin. Oder beides.

Welche historische Frauenfigur bewundern Sie am meisten?

Marie Curie. Und Margaret Thatcher.

Drei Gäste für das perfekte Dinner, lebendig oder tot?

Alain de Botton, Coco Chanel, Marco Polo.

Wovon hängt Erfolg ab?

Persistenz und Glück.

Was führt zu Misserfolg?

Faulheit.

Ein komplett unterschätztes Reiseziel?

Sizilien. Food, Kultur, Meer, Geschichte – alles da. Hoffentlich bald auch ein Kempinski.

Ihre erste grosse Reise ohne die Eltern? In welchem Alter und wohin?

In die USA – gleich nach dem Abitur in der deutschen Schule in Genua.

Auf der Welt herrscht Krieg, alte Gewohnheiten verändern sich, die Unsicherheit wächst: ein guter oder ein schlechter Nährboden für eine Luxushotelgruppe wie Kempinski?

Genaue Zahlen veröffentlichen wir nicht. Was ich sagen kann: Aktuell laufen wir über Budget und liegen sowohl beim Umsatz als auch bei der Profitabilität leicht über dem Vorjahr. Es ist schwierig, dazu eine Prognose fürs ganze Jahr abzuleiten. Für uns haben vor allem die weiteren Entwicklungen im Nahen Osten grosse Bedeutung.

Kempinski hat in der Zeit vor Ihnen einige herausragende Hotels verloren. Etwa das «Emirates Palace» in Abu Dhabi, aber auch das «Kempinski» in Genf und das «Le Mirador» auf dem Mont Pèlerin im Kanton Waadt  …

Diese Verluste machen mich teilweise sehr traurig. Aber man muss das im Detail anschauen. Teils hat sich Kempinski in der Vergangenheit an Standorten und bei Objekten engagiert, bei denen man es vielleicht besser gar nicht getan hätte. Für mich ist Qualität wichtiger als Quantität.

Was bedeutet das bezüglich Wachstum?

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Wir werden zwar nicht kleiner werden, prüfen aber das Wachstum ganz genau. Ich nehme jedes neue Projekt unter die Lupe.

In der Schweiz hat Kempinski aktuell noch zwei Hotels, eines in St. Moritz, eines in Engelberg. Was planen Sie hier?

Ich würde sehr gern mehr Schweizer Standorte haben. Zum Beispiel je ein Hotel in Genf und in Zürich. Dazu aber auch Häuser, die alpinen Luxus bieten. Derzeit aber haben wir das passende Objekt noch nicht gefunden. Wir suchen weiter.

Kempinski hat seinen Hauptsitz in Genf – wie viel Swissness steckt in der Firmen-DNA drin?

Das Unternehmen hat eine deutsche Herkunft und gehört heute Investoren aus dem Mittleren Osten. Da ist der Schweizer Anteil ehrlich gesagt nicht allzu gross. Einmal abgesehen von unseren neunzig tollen Schweizer Angestellten natürlich.

Bleibt der Hauptsitz in der Schweiz?

Aktuell prüfen wir die Frage, wo unser Hauptsitz in Zukunft sein soll. Was sicher ist: Wir werden immer ein Verkaufsbüro in der Schweiz haben. Aber ich glaube nicht, dass der Hauptsitz in der Schweiz bleibt. Es wäre naheliegender, das Headoffice nach Dubai zu verschieben. Auch deshalb, weil wir dort einfacher international erfahrene Manager finden.

In der Touristik kursieren viele Buzzwords. Dürfen wir drei davon an Ihnen ausprobieren?

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Gerne, nur los!

«Coolcation», also die Flucht in den Norden vor den heissen europäischen Sommern.

Den Coolcation-Trend spüren wir ganz massiv. Vor allem natürlich von unseren Gästen im Nahen und Mittleren Osten, die schon lange Aufenthalte in der Schweiz und in Deutschland buchen, weil sie sich nach Sommerfrische sehnen. Vermehrt etablieren sich auch die Seychellen als Coolcation-Ferienort für Gäste aus den Golfstaaten – weil es dort im Sommer verhältnismässig kühl ist. Oder jedenfalls nicht allzu heiss.

Zweitens: «Grandymoon», die Häufung von Mehrgenerationen-Trips. Wenn also Grosseltern mit ihren Kindern und Kindeskindern zusammen verreisen.

Multigenerationen-Reisen – ein wichtiger Trend! Das sehen wir vor allem im Freizeitbereich, oft auch verbunden mit mehrtägigen Familienzusammenkünften.

Sind Ihre Luxushotels überhaupt eingerichtet für Gästegruppen, die Mehrbettzimmer und Verbindungstüren wünschen?

Auf jeden Fall. Bei solchen familiären Kleingruppenreisen profitieren wir davon, dass wir es uns seit Jahrzehnten gewohnt sind, politische Delegationen unterzubringen. Auch für diese Gäste ist es wichtig, nahe beieinander zu sein und unkompliziert Kontakt herzustellen. Für «Grandymoons» sind wir definitiv gut ausgerüstet.

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Drittens: «Overtourism». Kürzlich stellte uns das Easyjet-Chef Kenton Jarvis im Interview als Medien-Hype dar. Wie sehen Sie das – existiert Übertourismus?

Overtourism ist eine Realität – an einigen Hotspots zu einigen wenigen Zeiten. Was wir aber auch sehen müssen: Tourismus ist ein wichtiger ökonomischer Faktor, den man nicht per se schlechtreden sollte.

Wer ist schuld am Overtourism? Die Billigflieger, der Kreuzfahrtboom oder Airbnb?

Ich möchte nicht in Schuldkategorien antworten. Sondern bei den Gästen anregen, vermehrt in der Nebensaison zu reisen und so die überfüllten Zeiten zu entlasten. Auch die Hotels können etwas dafür tun, beispielsweise die Nebensaisons preislich attraktiver machen. Daraus entsteht eine Win-win-Situation: Die Gäste erleben in der Nebensaison keinen Dichtestress und reisen erst noch günstiger.

Booking.com – Freund, Feind oder Freundfeind?

Da sollte ich wohl eine politisch korrekte Antwort geben … Ich sags mal so: Es ist eine Plattform, welche die Hotelwelt wohl irgendwie braucht, aber sie trägt nicht so viel Wert zum ganzen Ökosystem bei, wie sie an Provisionen verlangt.

Europäische Hotels führen eine Sammelklage gegen Booking.com und wollen Geld zurückholen, das sie mutmasslich zu viel gezahlt haben. Macht Kempinski mit?

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Nein, Kempinski beteiligt sich nicht an der Sammelklage gegen Booking.com. Wir sollten zwar über unsere Differenzen sprechen, aber nicht öffentlich. Und wir sollten uns generell beide vermehrt als Teil der ganzen Hospitality-Industrie sehen.

Wie hilft Ihnen das Studium der Politik- und Wirtschaftswissenschaften im aktuellen Job?

Ökonomie ist natürlich «key» – man kann nicht CEO sein, ohne die Financials im Griff zu haben. Ein gewisses Politikverständnis hilft, Eigenheiten der einzelnen Quellmärkte, deren Systeme und Entscheidungsträger zu verstehen.

Sie sprechen Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. In welcher Sprache loben Sie?

Im Geschäftsleben in Englisch. Weil das alle verstehen. Sollte das Lob einem meiner drei Enkelkinder gebühren, so wäre es auf Italienisch.

Und in welcher Sprache schimpfen Sie?

Immer auf Deutsch.

Wenn man sich umhört zu Ihrem Führungsstil in der Cruise-Welt, fallen die Wörter «tough cookie» und «Eiserne Lady, wie Margaret Thatcher». Ein Lob für Sie?

So konkret hab ich das jetzt noch nie gehört. Aber ja, das mit Frau Thatcher ist für mich ein schönes Kompliment. Eine prägende Figur mit einer Strategie. Passt.

Wenn Sie mit den Kempinski-Eigentümern aus dem Mittleren Osten sprechen, dann ist das wohl eine reine Männerwelt. Wie kommen Sie damit zurecht?

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Es sind auch zwei Frauen darunter, doch ich habe sie leider noch nicht getroffen. Für mich ist es eine grosse Auszeichnung, als erste Frau in der ganzen Kempinski-Geschichte als CEO zu amten. Der Chairman hat mich angerufen und hat gesagt: «Sie sind kein Mann, Sie sind kein Hotelier, Sie sind nicht aus Deutschland. Sie sind nicht der typische Kempinski-Kandidat. Können wir Sie trotzdem haben?»

Sie passten komplett nicht ins Profil. Warum haben die Scheiche Sie denn überhaupt genommen?

Die Besitzer haben wohl gewusst, dass die Marke bereit ist für eine gewisse Evolution. Ich habe einen guten Dialog mit dem Chairman. Wir sprechen uns jede Woche, und alle drei oder vier Wochen sehen wir uns einen Nachmittag lang.

Wenn ich urplötzlich 30 000 Euro im Sack hätte: Soll ich mir eine Nacht in der Zweihundert-Quadratmeter-Suite im «Vier Jahreszeiten» in München gönnen oder auf eine fette Cruise gehen?

Sie sollten besser fünf verschiedene Kempinski-Hotels ausprobieren.

Sie weichen aus.

Aber nein doch. Die Kreuzfahrt, die ich Ihnen wirklich empfehlen würde, gibt es nicht für 30 ’000 Euro. Eine Reise in die Antarktis mit Privatflugzeug – das müsste es schon sein. Aber da sollten es dann auch 60’000 Euro sein.

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Für zwei Personen?

Nein, für eine. Wobei: Besser wären 70’000 Euro.

Über die Autoren
Andreas Güntert

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