Guten Tag,
Wie nahe an der Realität ist die neue Schweizer TV-Gründershow? Startup-Profi Nicolas Berg schaut genau hin.
Andreas Güntert
«Löwen» in der TV-Sendung – Nicolas Berg: «Besser wäre es, die Teams und die Geschäftsmodelle vertiefter zu zeigen.»
ZVGWerbung
Die Idee ist gut. Aber so richtig unternehmerisch geklappt hat es noch nicht mit seinen selbstwärmenden Sohlen, die für warme Füsse sorgen. Jetzt will Roland Brügger aus Ottenbach ZH mit seinem Produkt «Chili Feet» in der Gründer-Show «Die Höhle der Löwen Schweiz» Investoren und Rat finden.
Wie er sich für den Pitch vorbereitet hat? «Ich habe das in der Familie gemacht», sagt Brügger, «das war wie echt.»
Nicolas Berg kann da nur den Kopf schütteln: «Da hat jemand die Chance auf seine 15 Minuten Unternehmer-Ruhm – und übt den entscheidenden Auftritt im trauten Kreis der Familie? Das kann nichts werden.»
Berg, zwölffacher Schweizer Startup-Gründer (Borsalino), Investor (Xing), Startup-Coach und Kenner der Szene, hat sich für die «Handelszeitung» die erste Folge der Gründer-Show «Die Höhle der Löwen Schweiz» angeschaut. Der Business-Case: Wie nahe an der Schweizer Gründer-Szene spielt das Meccano? Und: Bietet die Sendung attraktives Edutainment?
Grundsätzlich, sagt Berg, wohne Gründershows à la «Höhle der Löwen», «Shark Tank» und «Dragon’s Den» ein Basis-Konflikt inne: «So schnell wie es in diesen Sendungen abläuft, funktioniert es in der Startup-Welt nie». Wenn in nur wenigen Minuten eine Firma vorgestellt, bewertet und gleich noch die Investition festgezurrt werde, dann sei das so wie «wenn zwei Menschen beim ersten Date gleich Sex haben, den Nachwuchs planen und das Taufdatum für die Kinder festlegen.»
Werbung
Der Solothurner Startup-Experte Nicolas Berg war früher Investor und erster Schweizer Länderchef von Xing. Seit 1984 ist er Mitbegründer von zwölf Startups und verfügt über mehr als 18 Jahre Erfahrung im (Mit)-Management von Startups und Early-Stage-Investitionen.
Natürlich muss ein TV-Format attraktiv sein und vor allem auch im Bild überzeugen. Deshalb wird stark abgekürzt. Niemand weiss das besser als Nicolas Berg, der 2007 als Berater für die damalige SRF-TV-Show «Startup» wirkte. Trotzdem: «Besser wäre es, die Teams und Geschäftsmodelle der Startups vertiefter zu zeigen», sagt Berg.
Ein realistischeres Szenario wäre, wenn die Jungunternehmer in drei Folgen auftreten würden, in den Phasen «Kennenlernen, Vertiefen, Verhandeln.»Zweite Präambel: Eigentlich ist das Schweizer Jungunternehmertum vor allem stark in Branchen wie Biotech, Medtech und IT-Anwendungen. Gezeigt werden in «Die Höhle der Löwen Schweiz» aber vornehmlich Tüftler und Unternehmer, die Konsumgüter und Dienstleistungen für den täglichen Gebrauch vorstellen.
Für Berg geht das aber in Ordnung: «Es ist fast unmöglich, eine Blockchain-Anwendung ins Bild zu setzen. Allgemein verständliche und fassbare Produkte geben da natürlich mehr her.»
Werbung
Werbung
In der Welt der Gründerszene-TV-Reality-Shows mag Berg das britische Format «Dragon’s Den» am liebsten. Weil es rasant inszeniert, realitätsnah und unterhaltend sei. Diesbezüglich würde sich der Startup-Kenner auch mehr wünschen beim Schweizer Format: «Mehr Drama, bitte.»
Zu erreichen wäre dies mit «schnelleren Schnitten, Kommentaren aus dem Off und härteren Fragen der Löwinnen und Löwen.» Auch wenn Nicolas Berg in der ersten Folge mehr Unrealistisches als Realistisches gesehen hat in «Die Höhle der Löwen Schweiz»: Der Startup-Pro wird sich die nächsten Folgen live anschauen am Fernsehen. Mit einer Einschränkung: «Falls dann nicht gerade ein gutes Fussballspiel läuft.»
Werbung
Werbung