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Tamedia-Mann Christoph Brand übernimmt als Branchenfremder den Axpo-Chefposten und trifft dort auf einen alten Bekannten. Das ist sein Machtnetz.
Florence Vuichard
Vom Medienhaus an die Spitze des Energiekonzerns Alpiq: Christoph Brand.
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Es ist das zweite Mal, dass Christoph Brand (50) und Thomas Sieber gemeinsame Sache machen: Beim ersten Mal wollten die beiden vor rund zehn Jahren «ihre» Telekommunikationsfirmen zusammenlegen. Aber ohne Erfolg, die Wettbewerbshüter untersagten die Fusion von Sunrise und Orange.
Nun schmieden sie zum zweiten Mal gemeinsame Pläne: Sie wollen den mit rund fünf Milliarden Franken Umsatz grössten Schweizer Stromkonzern Axpo wieder auf Vordermann bringen – Sieber als Präsident, Brand als neuer CEO, der seinen Job im zweiten Quartal 2020 übernehmen wird. Er folgt auf Andrew Walo, der die Axpo per Ende Jahr verlässt.
Einfach wird die Aufgabe nicht, Probleme gibts zuhauf. Dazu gehören etwa das Gezerre um den neuen Aktionärsbindungsvertrag, die AKW-Altlast und der Ausschluss der Schweiz aus dem europäischen Strommarkt. Branchenneuling Brand muss sich erst mal einarbeiten.
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Das scheint den Swisscom- und Tamedia-Manager nicht zu beunruhigen, ebenso wenig wie der starke Einfluss der Politik. Sonst hätte er sich nicht vor gut einem Jahr um den Post-Chefposten bemüht. Finanziell jedenfalls ist der Job bei der Axpo interessanter: Walo erhielt 1,2 Millionen Franken, während das Salär des Post-CEO die Millionengrenze nicht übersteigen darf.
Die letzten sieben Jahre verbrachte Brand im Tamedia-Reich von Pietro Supino (r.), seit 2019 ist er stellvertretender CEO unter Christoph Tonini (l.).
KeystoneAls Marktplätze-Chef trifft er immer wieder auf Robin Lingg, sein Gegenüber bei Ringier. Die beiden sind zwar Konkurrenten, stemmen sich aber gemeinsam gegen die grossen internationalen Plattformen, wechseln sich regelmässig beim Verwaltungsratspräsidium des Ringier-Tamedia-Joint-Ventures JobCloud ab und «verstehen sich auch persönlich sehr gut», wie Brand betont.
Valeriano Di DomenicoEbenfalls im JobCloud-Verwaltungsrat trifft er auf den Ringier-Chef Marc Walder.
Remo NägeliBefreundet ist Brand mit den beiden Verwaltungsräten der Kommunikationsagentur CRK, Thomas Löhrer (Bild) und Frank Marthaler.
ZVGAuf Druck von Justizminister Christoph Blocher untersagt der Bundesrat im November 2005 der Swisscom den Kauf der irischen Eircom. Ein Rückschlag für Brand, der die Internationalisierungsstrategie der Swisscom vorangetrieben hatte.
@Salvatore Vinci,All Rights Reserved / 13 PhotoIn der Folge wechseln Jens Alder und Brand zu Sunrise, was wiederum den damaligen Swisscom-Präsidenten Anton Scherrer (l.) schwer enttäuscht. Brands abrupter Rollenwechsel vom Mitstreiter von Swisscom-Chef Carsten Schloter (r.) zu dessen grösstem Konkurrenten sorgt auch in der Branche für viel Kopfschütteln.
KeystoneBei Sunrise wird Brand wieder von Behörden gestoppt: Er will Sunrise mit Orange fusionieren, scheitert aber 2010 am Veto der von Walter Stoffel präsidierten Wettbewerbskommission.
KeystoneAls Axpo-Chef muss sich Brand nun gegen neue Konkurrenten durchsetzen, etwa gegen BKW-Chefin Suzanne Thoma und…
Keystone… Alpiq-Lenker Jens Alder.
KeystoneUnd er muss sich auf verschiedene politische Kämpfe einstellen: etwa mit dem neuen Gewerkschaftsboss und Nationalrat Pierre-Yves Maillard in Fragen der Strommarktliberalisierung…
Keystone…oder mit dem SP-Energieexperten Roger Nordmann…
Keystone…und der Grünen-Präsidentin Regula Rytz, wenn es um den Axpo-AKW-Park geht.
KeystoneWas die Stilllegung und den Rückbau der AKWs angeht, hat Energieministerin Simonetta Sommaruga jedenfalls schon mal die Vorgaben verschärft: Angesichts der Tiefzinssituation und der zu erwartenden, nach unten korrigierten Anlagerendite zwingt sie die Stromkonzerne, ab 2020 mehr in die beiden Fonds zur Stilllegung und Entsorgung von AKWs einzuzahlen.
KeystoneSeine Nachfolge bei Tamedia als Chef der Marktplätze übernimmt nun Olivier Rihs, der Direktor des Genfer Auto-Salons und langjährige Geschäftsführer der Scout24-Familie, welche mittlerweile in die JobCloud-Gruppe integriert worden ist.
KeystoneChristoph Brand wird am 26. August 1969 in Bern geboren, wo er als Einzelkind auch aufwächst. Sein Vater ist Doktor der Zoologie und Lehrer, seine Mutter arbeitet in der Verwaltung der Schule für Gestaltung Bern. Er besucht das Wirtschaftsgymnasium und studiert danach an der Universität Bern Betriebswirtschaft.
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Heute wohnt Brand mit seiner Frau Rahel, einer Zahnärztin, und seinen zwei Söhnen im schulpflichtigen Alter im Raum Zürich. Seit zehn Jahren reduziert der Technikfan und Tesla-Fahrer Brand den ökologischen Fussabdruck seines Hauses, wie er betont, mit Hilfe von Solarpanels und vielen anderen smarten Hilfsmitteln. Und er hört gern Musik, zum Jazzsaxofon-Spielen fehlt ihm, der während des Studiums in Bern auch die Jazzschule besucht hat, aber die Zeit.
Zwar war es Tony Reis, der Brand 29-jährig zum Chef der Swisscom-Tochter Bluewin machte, aber…
Keystone…die zentralste Rolle in Brands Berufsleben spielte Jens Alder – bei Swisscom wie auch später bei Sunrise. Doch Alder ist bei Weitem nicht der einzige Swisscom-Mann in Brands Netzwerk, viele seiner Freunde und Bekannte kennt er aus der Zeit bei dem Staatskonzern.
Salvatore Vinci / 13 PhotoDa ist etwa Adrian Bult, heute Swissgrid-Präsident, Multi-Verwaltungsrat und Investor. Er war zuerst Brands Chef, dann sein Kollege in der Swisscom-Geschäftsleitung.
ZVGAuch Lorne Somerville (Bild), Partner bei der britischen Beteiligungsgesellschaft und Sunrise-Besitzerin CVC Capital Partners, startete seine Karriere bei der Swisscom, ebenso wie Marcel Oertig, der Gründer der Personalentwicklungsfirma Avenir Group.
ZVGGut befreundet ist Brand mit Dominique Reber von Hirzel. Neef. Schmid. Konsulenten. Der PR-Profi arbeitete zuerst mit Brand bei der Swisscom, dann bei Sunrise.
ZVGAuch von seinen Swisscom-Zeiten her kennt Brand den Economiesuisse-Präsidenten Heinz Karrer. Die beiden sassen kurz zusammen in der Geschäftsleitung: Karrer als Marketingchef, Brand als Bluewin-CEO.
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Brand studierte an der Universität Bern Betriebswirtschaft – unter anderem beim Wirtschaftsinformatiker Joachim Griese und beim mittlerweile verstorbenen Professor für Personal und Organisation Norbert Thom.
Nebenbei arbeitete Brand als Werkstudent bei Ascom, bevor er 1995 nach dem Studium zu Swisscom wechselte, wo er unter den Konzernchefs Tony Reis, Jens Alder und Carsten Schloter verschiedenste Positionen innehatte – vom Projektmanager über den Bluewin-Chef bis zuletzt zum Strategiechef.
Nachdem der Bundesrat den Eircom-Deal untersagt hatte, folgte er Alder, verliess die Swisscom und ging nach einem Sabbatical zu Sunrise, wo er den Chefposten übernahm. Nach dem Nein der Weko zur Fusion mit Orange verliess er die Telekommunikationswelt, weil er mal eine andere Industrie habe kennenlernen wollen, wie er sagt.
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Avaloq-CEO Francisco Fernandez holte Brand als Chef zum Versicherungssoftware-Hersteller Adcubum, keine zwei Jahre später heuerte er bei Tamedia an und übernahm von Christoph Tonini, der zum Chef des Medienhauses aufstieg, die Leitung der nichtpublizistischen digitalen Angebote.
Dieser Text erschien in der Dezember-Ausgabe 12/2019 der BILANZ.
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