Abo

Finanzen: Die wirklich wahren Werte

Unternehmenskennzahlen aus Geschäftsberichten sagen nicht viel aus. Exakter ist die Bewertung eines Unternehmens durch die Finanzgemeinde selbst. Die neue Methode.

Werbung

OLZ & Partners
OLZ & Partners Asset and Liability Management ist ein Team aus unabhängigen Finanzspezialisten mit Sitz in Murten (www.olz.ch). Das Unternehmen wurde von ehemaligen Mitarbeitern des Instituts für Finanzmanagement der Universität Bern gegründet mit dem Ziel, faire, transparente und wissenschaftlich fundierte Finanzdienstleistungen anzubieten. Neben der Beratung von Unternehmen in Fragen des Finanzmanagements werden Gutachten und Entschädigungspläne erstellt sowie Vermögen von Privatkunden, Family-Offices und institutionellen Kunden verwaltet.


Geschäftsführer Pius Zgraggen ist Dozent an der AZEK/CFPI im Bereich Equity Analysis and Valuation und Co-Autor des Lehrmittels «Handbuch der Bewertung» (Verlag NZZ, Zürich 2000).

In den vergangenen Jahren basierte die Berechnung der top 100 auf diversen Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn, Wachstum und vielen weiteren Kriterien, die miteinander in Verbindung gesetzt und in einem speziellen Verfahren rangiert wurden.

So verständlich und nachvollziehbar diese Methodik auch ist, blieb doch wie bei den meisten Verfahren ein Nachteil: Das Ranking basiert auf Zahlen, die das Unternehmen veröffentlichte – und dadurch sind diese Finanzkennzahlen nicht mehr «neutral». Je nachdem, welche Vorgaben der CEO macht, werden sie von kreativen Finanzspezialisten geschönt und verändert. Das ist alles ganz legal und im Rahmen der gesetzlichen Spielregeln.

BILANZ entschied sich deshalb, gemeinsam mit dem Unternehmen OLZ & Partners eine neue Methodik zur Bewertung der Unternehmen durchzuführen (siehe Box rechts). Der Fokus wird neu ganz auf die Wertschaffungskennzahl und somit die Bewertung durch die Finanzgemeinde gesetzt.

Die Grundidee für die Berechnung ist simpel: Wie hätte sich das Vermögen eines Anlegers verändert, wenn er beispielsweise letztes Jahr in einen SPI-Titel mit einer Börsenkapitalisierung von über 100 Millionen investiert hätte?

Zur Berechnung dieser Zahl wird die Dividendenausschüttung gemeinsam mit dem Kursgewinn herangezogen. Nun kommt auch bereits der anspruchsvolle Teil der Berechnung. Denn Aktienkurse spiegeln nicht allein den Marktwert eines Unternehmens, sondern enthalten auch allgemeine Börsenbewegungen, verursacht durch Übertreibungen, Wechselkurs- und Zinsschwankungen, Ölpreisveränderungen, Attentate und Ähnliches. Deshalb muss die erzielte Rendite – im Fall des Reiseunternehmens Kuoni zum Beispiel 60 Prozent im letzten Jahr – um die Markteinflüsse und Risiken korrigiert werden. Dies erfolgt, indem die Marktrendite mit dem Beta-Faktor des Unternehmens multipliziert und von der Titelrendite abgezogen wird. Der Beta-Faktor misst, wie riskant eine Aktie im Vergleich mit dem Markt ist beziehungsweise wie sensitiv eine Aktie auf derartige Bewegungen reagiert.

Ist der Beta-Faktor grösser als eins, weist die Aktie ein höheres Risiko auf als der Markt, ist er kleiner als eins, trifft das Gegenteil zu. Das Ergebnis ist die Überschussrendite.

Die Risikokorrektur ist notwendig, zumal ein Investor, der in risikoreichere Branchen investiert, auf Grund dieses höheren Risikos auch eine höhere Rendite verlangt. Zu diesen Branchen gehören beispielsweise Unternehmen aus den Bereichen Technologie, Biotech oder Versicherungen. Die Methodik ermöglicht ebenfalls, dass kleine Unternehmen gegenüber grossen nicht bevorzugt werden. Denn es ist einfacher, mit zehn Millionen Franken zweistellige Gewinnsteigerungen zu verzeichnen als mit einer Milliarde Franken – immerhin müssen bei einem eingesetzten Kapital von einer Milliarde viel mehr gute Projekte vorhanden sein.

Eine Firma hat somit Wert geschaffen, wenn die erzielte Rendite grösser ist als die Vorgabe. Im Fall von Kuoni sind dies 39,8 Prozent. Auch der umgekehrte Fall ist möglich, sollte ein Unternehmen weniger Rendite erwirtschaften, als vom Markt gefordert wurde – ein «schlechtes Geschäft» für die Anleger freilich. Im Anschluss wird die Überschussrendite mit der Marktkapitalisierung multipliziert und um die Dividendenausschüttung korrigiert.

Diese Korrektur ist notwendig, weil in der Bruttowertschaffung für die Investoren die Auswirkungen von Kapitalzu- und -abflüssen innerhalb des Jahres unberücksichtigt bleiben. Ein Kapitalfluss beispielsweise durch Kapitalerhöhung steigert die Kapitalbasis.

Auf dem zusätzlichen Kapital muss die Rendite ebenfalls erwirtschaftet werden, nicht bloss auf dem zu Jahresbeginn investierten Eigenkapital. Die anteilige Wertschaffung durch das aufgenommene Kapital muss daher zur Bruttowertschaffung hinzugezählt werden. Anders sieht es bei Kapitalabflüssen aus, wie etwa Dividenden, Nominalwertrückzahlungen, Aktienrückkäufe oder Abspaltungen. Solche Transaktionen schmälern die Kapitalbasis, weshalb auf diesen Beträgen keine Rendite mehr erwirtschaftet werden muss.

Als Ergebnis erhält man den Wert, den das Unternehmen im letzten Jahr geschaffen oder auch vernichtet hat. Diese Kombination von Rendite und eingesetztem Kapital erlaubt eine objektive Beurteilung aller Unternehmen.

Die Berechnung zeigt, dass die Namenaktie B von Kuoni im Jahr 2003 eine Rendite von 60,1 Prozent aufweist (siehe rechts oben). In der gleichen Periode stieg der SPI um 22,1 Prozent. Der Beta-Faktor von Kuoni lag Anfang 2003 bei 0,92. Folglich ist bei Kuoni eine Rendite von 20,3 (0,92≈22,1) Prozent auf die allgemeine Marktbewegung zurückzuführen.

Bereinigt man die Rendite um diesen Wert, resultiert eine Überschussrendite von 39,8 (60,1–20,3) Prozent. Diese Überschussrendite wird auf die Börsenkapitalisierung zu Jahresbeginn von 835,2 Millionen Franken erzielt (Marktwert Namenaktie B und theoretischer Marktwert Namenaktie A). Die absolute Überschussrendite beziehungsweise Bruttowertschaffung liegt demnach bei 332,8 (0,398≈835,2) Millionen Franken.

Kuoni schüttete per 20. Mai 2003 eine Dividende von 3 Franken pro Namenkatie B beziehungsweise 0.60 Franken pro Namenaktie A aus. Ein Kapitalabfluss (Dividenden, Nominalwertrückzahlungen, Aktienrückkäufe, Abspaltung) schmälert die Kapitalbasis, weshalb auf diesen Beträgen keine Rendite mehr erwirtschaftet werden muss. Für Kuoni ergibt dies eine Korrektur der Bruttowertschaffung von 2,2 Millionen. Die Nettowertschaffung von Kuoni liegt somit bei 330,6 Millionen Franken. Auf diese Weise wurden alle andern Unternehmen bewertet.

Auch interessant

Werbung