Guten Tag,
(Canis bernensis mur.)
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Idealtypischer Vertreter der grössten Gruppierung von an übergreifenden Angelegenheiten Interessierten, deren Einfluss enorm zugenommen hat. Sollten die herkömmlichen Verkrustungen der Dschungelhierarchien aufbrechen, wird es vor allem sein Verdienst sein.
Herkunft aus agrokulturellem Bereich, wird den Topoi Haus, Hof, Heim und darin speziell der Kuh (Bos domestica) zugerechnet, bei deren Aufsicht er sich für den Aufenthalt in Tieflagen vorbereitet hat, ohne seine Anspruchslosigkeit zu verlieren. Sein Eingeständnis «Seit 20 Jahren hocke ich am Sonntag auf dem Boden und spiele mit Holzkühen» darf ebenso wenig überraschen wie andere Vorlieben: das Lauschen heimatlicher Geschichten («Heidi»), der nationalen Hymne oder seine Naturverbundenheit, der er sich in Hoch- (Engadin) oder Fremdlagen (Kanada) hingibt, auch unter Inanspruchnahme von bescheidenen technischen Hilfsmitteln wie Velo oder Kanu. Wurde mit Artverwandten verglichen (Vulpis ex familia canidae) und antwortete, dass er nur deshalb schlau sei, weil andere dies zuliessen.
Will sich nach Erledigung seiner Aufgaben in der «Scheinwelt» ad fontes zurückziehen («am liebsten irgendwo neben einem Kuhstall») und kann als jemand definiert werden, dem Hüten und Bewahren als Daseinszweck gilt. Weiss den Vorwurf des rückwärts gerichteten Konservativismus unübertrefflich zu kontern: «Wenn Sie zehn Kilo zugenommen haben, versuchen Sie doch auch, den früheren Zustand zu erreichen, als Ihnen wohl war in der Haut.» Wie wahr!
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Ist zugleich Beweis dafür, dass mit unverstelltem Blick und einfachen, jedermann verständlichen Lauten mehr erreicht wird als mit marktschreierischem Gehabe. Dabei setzt er sich vom neben ihm agierenden Alphatier seines Genres, das über Finanz- und Wortkraft verfügt, vorteilhaft ab.
Wurde zu Beginn seiner Karriere, zu der er mehr gedrängt wurde, als er selbst gedrängelt hätte, unterschätzt. Den Spöttern, die ihn mit «Vorschussgülle» überschütteten, blieb rasch das Lachen im Halse stecken. Bei seinen medialen Auftritten sind seine Antworten meist kürzer und präziser als die gedrechselten Fragen. Einen wie ihn bringt nichts aus der Fassung. Er ist medial immun, liest Darstellungen und Kritiken seiner selbst nicht und gibt (nachvollziehbar) an, «höchstens 15 Minuten pro Monat» TV zu gucken.
Haust am Lacus turicensis in einer dürftigen Hütte, zu der jedermann ohne Rituale – also Vorzimmer – Zugang hat. Tritt im Machtzentrum (Civitas bernensis) eher defensiv auf, weiss aber um seinen immensen Einfluss. Kaum ein anderes Geschöpf kennt das Gesamtareal besser, das er unermüdlich durchstreift. Die Versammlungen, die ihn bis zu 16 Stunden am Tag beanspruchen, weiss er mit Hilfe spezieller Techniken (Yoga, Akupressur an den oberen Lefzen) zu meistern.
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Seine Eigenschaften stechen umso positiver hervor, als sie gegen die neumodischen Sitten des Dschungels bürsten: Er ist Frühaufsteher (fünf Uhr), treu, vor allem sich selbst gegenüber, liebt Nachkommenschaft (sechs Welpen), ist verlässlich und bezieht nur die Hälfte anderer Dschungelspitzen. Nennt als Vorbild seine Partnerin, «weil sie nie die Nerven verliert» – was für ihn nicht minder gilt. Zeigt, dass auch «ohne Geld und Götti» viel erreicht werden kann. Viele seiner Art mit den Sennenhund-Attributen «kräftig», «beweglich», «stämmig» und «ausgewogen» wären dem gesamten Habitat zu wünschen.
Anmerkung der Redaktion: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind alles andere als zufällig.
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