Abo

Corporate Governance: Schweizer Firmen holen auf

Bei der Corporate Governance haben Schweizer Firmen im internationalen Vergleich lange keine gute Figur gemacht. In den letzten zwei Jahren jedoch machten sie Fortschritte.

Werbung

Heidrick & Struggles
1953 gründeten Gardner Heidrick und John Struggles in Chicago das Unternehmen Heidrick & Struggles. Der Geschäftszweck war für die damalige Zeit aussergewöhnlich: die Vermittlung von Führungskräften. Das Unternehmen ist heute das weltweit grösste Executive-Search-Unternehmen; 2003 erwirtschafteten 311 Berater in 27 Ländern Einnahmen von 318 Millionen US-Dollar. In der Schweiz ist die Gesellschaft seit 1995 vertreten.

Die Bilanzskandale der letzten Jahre haben klar gezeigt: Der Aufsicht von Unternehmen, bekannt geworden als Corporate Governance, kommt ein hoher Stellenwert zu. Auch in der Schweiz hat diesbezüglich ein Umdenken stattgefunden. Bei der zweijährlich von Heidrick & Struggles durchgeführten Corporate-Governance-Studie lassen sich für Schweizer Firmen wesentliche Fortschritte feststellen. 2001 belegte das Land im europäischen Vergleich noch den zweitletzten Platz. Anhand der überprüften Geschäftsberichte ist erkennbar, dass die Unternehmen mittlerweile nach den Leitsätzen der Corporate Governance agieren, die vor zwei Jahren festgelegt wurden: dem Swiss Code of Best Practice und den Richtlinien betreffend Informationen zur Corporate Governance der SWX Swiss Exchange.

Die Grundlage für die Beurteilung der Corporate Governance, die Heidrick & Struggles im Rahmen der Top-100-Kür für die BILANZ vorgenommen hat, bildet ein Fragebogen. Darin wurden drei Hauptkriterien der Corporate Governance anhand von acht Fragestellungen untersucht: die Aussagekraft des Geschäftsberichts, die Kompetenzen sowie die Organisation des Verwaltungsrats. Die Resultate variieren in einer engen Bandbreite auf einem hohen Niveau. Nur gerade bei sechs Prozent der Firmen ist eine unterdurchschnittliche Corporate Governance zu bemängeln, während 16 Prozent die allgemein üblichen Erwartungen betreffend Transparenz, Kompetenz und Organisation ihres obersten Leitungsgremiums übertreffen.

Der Grad an Transparenz, den die Geschäftsberichte aufweisen, unterscheidet sich weniger im Informationsgehalt über die Verwaltungsräte als vielmehr in der Berichterstattung über die Unternehmensstrategien und -ziele. Während einige Firmen in ihrem Jahresbericht diesem Thema ein eigenes Kapitel widmen und manche ihre Ziele bezüglich Umsatz oder Marktanteil sogar quantifizieren, begnügen sich andere Verwaltungsratspräsidenten im Vorwort an die Aktionäre mit einem vagen Blick ins nächste Jahr.

Als ein unverändert heikler Punkt erweist sich die Information über die Entschädigungen an den Verwaltungsrat. Seit die Richtlinien der SWX die summarische Angabe der Vergütungen verlangen, werden diese zwar aufgeführt; allerdings sind die Zahlen mitunter im Finanzteil unter dem Kleingedruckten versteckt. Nur acht der hundert Unternehmen legen die Entschädigungen an die Verwaltungsräte detailliert offen. Immerhin deutet dieser Sachverhalt darauf hin, dass sich bei den meisten Gesellschaften tatsächlich ein allgemein akzeptierter Code of Practice durchzusetzen beginnt, was den Grad der Offenlegung betrifft.

Was die Gesamtkompetenz der Verwaltungsräte anbelangt, so zeigt sich ein erfreuliches Bild. Die drei untersuchten Kompetenzen (Kernkompetenz, Finanz- und Markt-Know-how) waren in den Verwaltungsräten meist vertreten. Wenn eine allgemeine Schwachstelle genannt werden muss, dann ist es die Besetzung von Verwaltungsräten mit Fachkenntnis aus dem Finanzbereich. Hier zeigt sich nicht selten eine zu schwache Vertretung dieses Know-how, was im Gegensatz zum wachsenden Einfluss der Finanzmärkte auf die Unternehmen steht.

Zur Organisation der Verwaltungsräte ist zu erwähnen, dass die Schweiz zusammen mit Finnland, Frankreich und Norwegen zu jenen Ländern zählt, in denen mehrheitlich die Form der so genannten Two-Tier-Struktur zu finden ist, also der Trennung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung. In nur 17 der untersuchten Schweizer Firmen amtet der CEO gleichzeitig auch als Verwaltungsratspräsident. Da sich die Trennung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung europaweit und vermehrt auch in den USA durchsetzt, wurde dieser Umstand in der Studie mit einer höheren Punktzahl bewertet.

Die BILANZ-Untersuchung der Corporate Governance hat insgesamt ein positives Ergebnis geliefert. Dies lässt hoffen, dass sich die Schweiz im internationalen Ranking der Corporate-Governance-Studie, die zurzeit erhoben wird, weiterhin verbessern kann.

Auch interessant

Werbung