Guten Tag,
In der Schokoladenfabrik bleibt auch in dritter Generation die Familie am Ruder.
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Zwei Söhne, eine Firma – in der Schokoladenfabrik Camille Bloch in Courtelary ist die Nachfolgegeneration gleich doppelt vertreten. Das muss allerdings kein Vorteil sein, sondern hat schon zu manchem Patt geführt. Denn irgendwann und irgendwo wartet die Frage: Wer ist der Primus?
Rein äusserlich entsprechen Daniel Bloch und sein Bruder Stéphane den Geschäftsbereichen, die sie leiten. Daniel, der Asketischere, ist der Stratege, der Geschäftsführer, zuständig auch für den Export; Stéphane, Verkaufs- und Marketingleiter, ist der Gemütlichere, der die in seine Zuständigkeit fallenden blochschen Produktinnovationen gerne selber probiert. Nachdem sich ihr Vater, der 74-jährige Rolf Bloch, ab 1997 sukzessive auf das Verwaltungsratspräsidium zurückgezogen hatte, übernahmen sie die Geschäftsleitung der Firma.
An diesem Nachmittag vermeiden sie, dass gegen aussen eine Hierarchie unter ihnen erkennbar wird. Sie sind darauf bedacht, dem anderen den Vortritt zu lassen, ihn nicht zu unterbrechen. Bei wichtigen Fragen, welche die ganze Firma betreffen, müssen sie sich denn auch einig sein, ansonsten der Vater den Stichentscheid hat. «Obwohl wir am Anfang fast immer unterschiedliche Standpunkte haben, gelingt es uns meistens, einen gemeinsamen Nenner zu finden», sagt der Jüngere, der 38-jährige Stéphane Bloch.
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Verpflichtung, Verantwortung, Vergangenheit: Beim Karriereentscheid der Gebrüder Bloch haben V-Wörter eine grosse Rolle gespielt – im Wissen, dass es beim Familienunternehmen auch um die Fortführung des grossväterlichen Lebenswerkes und um 150 Arbeitsplätze ging. «Hätte die Familie verkauft, weil wir nicht in die Firma eingetreten wären, würde ich das Gefühl, mich aus der Verantwortung gestohlen zu haben, nicht mehr los», sagt Stéphane. Beide bewegten sich am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn in ganz anderen Gefilden. Stéphane ging in die Werbung, sein Bruder Daniel wurde Anwalt mit MBA-Abschluss der Kaderschmiede Insead. Als «hired gun» einer Investment-Bank hätte der 40-Jährige in London mindestens das Doppelte von dem verdienen können, was ihm die Camille Bloch AG in den Hügeln des Jura auszahlt.
Konflikte mit dem Vater, der bis heute um seine Meinung gefragt werden will, haben die Brüder bisweilen bei der Umsetzung dieser Strategie. Brauchen wir einen Fabrikshop für Besucher? Der Patron warnte vor dem Image eines Busreiseveranstalters, der Heizkissen verkauft. Wäre es nicht Zeit für eine neue Verpackung? Der Vater war «sicher nicht die treibende Kraft».
Doch die Konfliktlinien verlaufen nicht immer entlang der Generationengrenze, «die Koalitionen wechseln», wie Stéphane Bloch sagt. Da wieder die Fragen: Wie weiter, wenn sich der Vater ab 2005 ganz aus dem Unternehmen zurückzieht und die Aktien weitergibt? Wer bekommt sie? Wer hat dann das letzte Wort in der Firma? Die Blochs wollen erst informieren, wenn alles unter Dach und Fach ist – voraussichtlich im Herbst.
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Vielleicht beruhigt den Vater, der nach fünfzig Jahren in der Firma «emotional schon Mühe hat loszulassen», dass sich die Stammhalter im eigentlichen Kerngeschäft immer einig sind. «Wenn Stéphane eine neue Sorte Schokolade mag, muss ich sie nicht mehr probieren», sagt Daniel. «Wir haben denselben Geschmack.»
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