Guten Tag,
Die Schweiz schlittert in die Corona-Rezession. Im besten Fall wirds ein kurzer, heftiger Schock. Doch nur, wenn der Staat beherzt handelt.
Bastian Heiniger
&Florence Vuichard
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Valentin Vogt hat schon etliche schwierige Momente erlebt, als Sulzer-Manager, als Präsident von Burckhardt Compression oder als oberster Arbeitgeber des Landes. Seinen Humor hat er dabei nie verloren. Doch als er am Montag, dem 16. März, am Bildschirm die Pressekonferenz des Bundesrats verfolgte, lief es ihm kalt den Rücken runter. «Was passiert jetzt mit uns?» Mit der Wirtschaft, mit der Gesellschaft.
So ging es vielen. Dabei lief alles so rund. Der Frühling stand vor der Tür, die erwartete wirtschaftliche Delle schien weniger tief als befürchtet, die Börsen eilten von Allzeithoch zu Allzeithoch, alles deutete darauf hin, dass auch 2020 für die Wirtschaft ein Spitzenjahr würde. Nun ist alles anders. Meetings, Messen und Konferenzen fallen aus. Die Fussball-EM wird auf 2021 verschoben, die Eishockey-WM in der Schweiz abgesagt. Die Flugzeuge bleiben am Boden, Kinos, Restaurants und Läden sind geschlossen, Züge fahren leer durchs Land, das öffentliche Leben steht still.
Nun herrscht Notrecht, Krisenstäbe rotieren, Unternehmen kämpfen ums Überleben – und Spitäler gegen den Kollaps des Gesundheitssystems. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wird die Armee derart mobilisiert. Die Gesellschaft rüstet sich für eine Schlacht gegen ein unbekanntes Virus. Einen Feind, den betreffend sich Wissenschaftler nicht einig sind, ob man ihn überhaupt als Lebewesen klassifizieren kann.
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Niemand hatte eine solche Pandemie vorausgesehen. Und niemand rechnete mit der Wucht, wie sie zuerst an den Finanzmärkten einschlug: Trotz Zinssenkung der amerikanischen Notenbank Fed erlitt der US-Leitindex Dow Jones am 16. März den grössten Punkteverlust in der Geschichte der Wall Street. Weltweit wurden Milliarden an Börsenwert vernichtet, die beiden Schweizer Grossbanken sind fast nur noch halb so viel Wert wie ein paar Tage zuvor.
Die Ökonomen kommen gar nicht nach mit Nachrechnen. Fast täglich müssen sie ihre Prognosen nach unten korrigieren. Prophezeiten die Auguren vor Jahreswechsel für 2020 ein Wachstum von über 1,5 Prozent, liegen die Schätzungen der verschiedenen Institute heute deutlich unter null. Auch in der Schweiz scheint eine Rezession, zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum, unausweichlich. Sie zu verhindern, werde «extrem schwierig», sagt auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Und fügt leise hinzu: «Und das ist ein Euphemismus», also eine Beschönigung.
Es hätte nicht so kommen müssen. An Silvester informierten chinesische Behörden das China-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO), seit Anfang Dezember 2019 gebe es mehrere Fälle von schweren Lungenentzündungen in Wuhan – der Erreger: nicht identifiziert. Die Öffentlichkeit interessierte das kaum. Am 9. Januar publizierte das Nachrichtenportal «Nau.ch» in seiner Rubrik «Restliches Ausland» eine Meldung der französischen Nachrichtenagentur AFP über eine «mysteriöse Lungenkrankheit» in Wuhan: Es dürfte der erste Artikel im deutschsprachigen Raum sein. Kaum zwei Wochen später vermeldet China bereits 9 Tote und 440 Infizierte.
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Am WEF in Davos versichert Gesundheitsminister Alain Berset, dass die Schweiz die Situation genau verfolge, und versprach: «Wir sind sehr gut vorbereitet.» Doch trotz frühen Warnrufen aus China und auch dem heftigen Ausbruch in Italien wurden in der Schweiz noch bis vor Kurzem munter Cafés frequentiert, wurde Ski gefahren und in Clubs getanzt.
Die Behörden zauderten, hielten sich zurück mit Massnahmen, um das Virus früh einzudämmen. Massnahmen, welche die Wirtschaft nun schier abwürgen, jedoch nötig sind. Damit das Gesundheitssystem nicht kollabiert. Damit sich hierzulande nicht, wie in italienischen Spitälern, die Frage über Leben und Tod stellt. Die Frage, wer noch behandelt werden soll. Und wer an eines der zu knapp gewordenen Beatmungsgeräte darf.
Nun also sind wir in der «guerre sanitaire», wie der französische Präsident Emmanuel Macron in seiner Fernsehansprache an die Nation festhielt – im Gesundheitskrieg. Und mitten «in einer Weltwirtschaftskrise», wie Jan-Egbert Sturm, Direktor der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, sagt.
■ 31. Dezember 2019: Chinesische Behörden informieren das China-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über mehrere Fälle von schweren Lungenentzündungen in der Stadt Wuhan.
■ 1. Januar 2020: Der Huanan Seafood Wholesale Market in Wuhan wird geschlossen. Die Infektion soll hier von Wildtieren auf den Menschen übergesprungen sein.
■ 7. Januar 2020: Experten identifizieren ein neuartiges Coronavirus. Drei Tage später erhält die neue Krankheit den offiziellen Namen Covid-19, kurz für «Coronavirus Disease 2019».
■ 23. Januar 2020: Wuhan wird abgeriegelt – Flughafen und Bahnhöfe werden geschlossen. 56 Millionen Menschen in der Region Hubei werden unter Quarantäne gestellt.
■ 24. Januar 2020: Erste Fälle treten in Europa auf. In Frankreich erkranken drei Menschen in Bordeaux und Paris.
■ 9. Februar 2020: In China sind bereits mehr als 37 000 Menschen infiziert, weltweit sind schon über 800 gestorben – mehr als zur Zeit der SARS-Epidemie 2002.
■ 24. Februar 2020: In Italien hat sich das Virus rasant verbreitet. Bereits 53 000 Menschen sind betroffen. Elf Städte in der Lombardei und in Venetien werden abgeriegelt.
■ 25. Februar 2020: In der Schweiz wird der erste Corona-Fall bestätigt.
■ 5. März 2020: Der erste Todesfall in der Schweiz. Eine 74-jährige Frau erliegt der Krankheit.
■ 16. März 2020: Der Bundesrat erklärt den Notstand. Die Zahl der Infizierten steigt täglich rapide an.
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Dass früher oder später auch hierzulande eine Pandemie ausbrechen wird, war sich Krisenexperte Laurent Carrel sicher. 2005 führte er, gestützt auf Szenarien um epidemische Krankheiten wie Sars, Vogel- und Schweinegrippe, eine Pandemieübung mit dem Bund durch. Sein Buch «Leadership in Krisen» von 2010 gilt noch heute als Standardwerk im Krisenmanagement. Dennoch sagt auch er: «Die globale Dimension hat uns alle überrascht. Als die Krankheit im Januar in China ausbrach, dachte niemand, auch die Behörden nicht, dass sie uns so rasch ergreift.» Entscheidend sei nun, dass der Bundesrat seinen Führungswillen markant wahrnehme. «Er muss der Bevölkerung eine Vision aufzeigen, wie wir durch diese Krise kommen.»
Steigen die Ansteckungen derart exponentiell weiter, und davon gehen diverse Experten aus, droht uns eine Situation wie in Italien. «Das wird ein nationaler Stresstest, wie ihn die Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat.» Die grösste Schwierigkeit sieht Carrel in der enormen Komplexität im Vergleich zu früheren Krisen. So löst die Bekämpfung der Pandemie eine Reihe von weiteren Teilkrisen aus – auf politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene. Wird etwa die Wirtschaft komplett runtergefahren, droht Unternehmen die Pleite, die Arbeitslosigkeit steigt, Steuereinnahmen sinken, der Konsum nimmt ab, und wenn zu viele Kredite ausfallen, gerät auch das Finanzsystem unter Druck. «Gefragt sind deshalb systemisches Denken und eine Vielfalt an Lösungsansätzen.»
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Zu denken, dass Bund und Behörden das alleine managen könnten – ein Irrglaube. «Die gesamte Gesellschaft muss einen Beitrag leisten.» Und sei es nur, sich an die Anordnungen zu halten. Carrel pocht auch immer darauf, dass Unternehmen Krisenvorbereitungen treffen, Entscheidungsprozesse durchspielen und diverse Szenarien vorausdenken. Mit der Basler Chemie führte er schon vor Jahren Pandemie-Übungen durch. «Unternehmen, die sich nie darauf vorbereitet haben, wurden nun auf dem linken Fuss erwischt.»
««Das wird ein nationaler Stresstest, wie ihn die Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt hat.» »
Laurent Carrel, Krisenexperte
Doch selbst die beste Vorbereitung hat ihre Grenzen. Und kann gegen einen Lockdown wenig anrichten. Und auch die Notenbanken, die Feuerlöscher in der Banken- und Finanzkrise, können diesmal nicht die Hauptrolle übernehmen. Sie tun zwar alles, um die Liquidität der Finanzmärkte sicherzustellen, aber diesmal sind die Staaten gefragt, in der Schweiz ist das vor allem Parmelins Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).
Das Amt tut sich schwer mit der Situation, erkennt es doch in jeder staatlichen Handlung eine Sünde. Es warnt auch diesmal vor Strukturerhaltung und vor potenziellen Trittbrettfahrern, droht in seiner Angst vor zu viel Grosszügigkeit, sich im Klein-Klein zu verlieren. So wollte das Seco, wie gut informierte Kreise wissen, zur Abfederung der Corona-Krise ursprünglich gerade mal einen zweistelligen Millionenbetrag in Aussicht stellen. Eine Zahl, die der Bundesrat in einem ersten Schritt auf 10 Milliarden und in einem zweiten auf 42 Milliarden Franken hochgeschraubt hat. Und gut möglich, dass das nicht genug ist.
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Klotzen statt kleckern ist jetzt gefragt. Darin sind sich die meisten Ökonomen einig. Die ETH-Professoren Jan-Egbert Sturm und Hans Gersbach plädieren für Schaffung eines «Schweiz-Fonds» mit 100 Milliarden Franken zur Unterstützung der hiesigen Wirtschaft. Wie viel es letztlich braucht, weiss niemand. Wichtig ist hier wohl eher das Signal, ein klares Zeichen des Bundes an die Unternehmen, dass man sie grosszügig unterstützen werde.
Bund und Banken wollen die Unternehmen vor Zahlungsausfällen und Konkursen bewahren. Wie Zehntausende KMU jetzt zu Geld kommen, lesen Sie hier.
«Whatever it takes» lautet auch Aymo Brunettis Rat. «Jetzt muss man genügend Mittel in die Hand nehmen», betont der Ökonomieprofessor der Universität Bern. Denn nun gehe es darum, einen permanenten Schaden für die Volkswirtschaft abzuwenden. «Um die epidemiologische Kurve zu brechen, musste ein gesundes Wirtschaftssystem runtergefahren werden. Nun müssen wir sicherstellen, dass es durch den Lockdown nicht nachhaltig geschädigt wird.» Oder anders gesagt, der Staat darf nicht zuschauen wie Tausende von Unternehmen unverschuldet in den Konkurs getrieben werden – und riskieren, dass plötzlich die Probleme des Realsektors auf den Finanzsektor überschwappen und diesen auch noch in den Negativstrudel mitreissen.
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Wie lang und tief die Rezession wird, ist heute schlecht abschätzbar. Die Frage ist: Gibts eine V-, U- oder L-förmige Rezession?, wie es Nationalbank-Präsident Thomas Jordan formuliert. Oder anders gesagt: Folgt auf den rasanten Abschwung ein schneller Aufschwung, oder muss sich die Wirtschaft auf eine längere oder gar eine sehr lange Durststrecke einstellen? Die Prognoseunsicherheit ist sehr hoch. Sicher ist nur eines: Je schneller sich die Pandemie eindämmen lässt, je schneller Medikamente und Impfstoffe im Kampf gegen das Coronavirus gefunden werden, desto früher herrscht wieder Normalbetrieb, desto schneller kann sich die Wirtschaft erholen.
China ist durch das Gröbste durch. Bleibt die Frage, ob eine zweite Welle anrollt, sobald das öffentliche Leben wieder hochgefahren ist. Die Spanische Grippe um 1918 dauerte mehr als ein Jahr. Sie kam in zwei grossen Wellen. Damals jedoch war Europa geschwächt vom Krieg und die Wirkung der Arzneimittel fragwürdig. Die Ökonomen der wirtschaftsnahen Denkfabrik Avenir Suisse rechnen mit einem Lockdown von drei Monaten – und mit Finanzbedarf aus den öffentlichen Kassen von 12 Milliarden Franken pro Monat oder insgesamt 36 Milliarden Franken.
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Relativ optimistisch ist man bei der Credit Suisse: Sie geht davon aus, dass die aktuelle Ausnahmesituation bis Mitte Mai andauert. Ende Jahr sollte das Wachstum dank den weltweit angedachten Stimulierungs- und Stützungsmassnahmen anziehen – und 2021 könnte es durchaus zu einem Überschiessen des Wachstums kommen.
Skeptischer ist UBS-Chefökonom Daniel Kalt: Er erwartet eine «ausgeprägte Rezession». Und sollte der Lockdown im Mai und darüber hinaus andauern, dann dürfte die Wirtschaft im laufenden Jahr um 3 Prozent schrumpfen. Für 2021 erwartet Kalt dann wieder ein Wachstum von 2,2 Prozent. Die Konjunkturforschungsstelle der ETH wiederum rechnet in drei Szenarien, wobei KOF-Direktor Sturm bereits nur noch das mittlere oder das negative als realistisch erachtet. Im mittleren «Basisszenario» geht er davon aus, dass 2021 das Bruttoinlandprodukt (BIP) um 17,7 Milliarden Franken tiefer sein wird und es fast 60 000 Vollzeitstellen weniger gibt, als man ohne Pandemie erwartet hätte. Im «Negativszenario» würde sich die Rezession noch bis Ende Jahr hinziehen, das BIP würde einbrechen wie zur Zeit der Finanzkrise.
Doch es geht um mehr als um Wirtschaftsfragen, die Pandemie hat auch einen Kampf der Systeme ausgelöst. Es ist die Zeit, in der sich herausstellen wird, wer die Krise besser bewältigt, totalitäre Staaten wie China oder freiheitlich-demokratische wie in Europa. UBS-Chefökonom Kalt spricht von einem «Stresstest für die verschiedenen Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme».
Ist die Krise durchgestanden, wird auch die Schweiz nicht darum herumkommen, über die Bücher zu gehen. Insbesondere in Bezug auf das Gesundheitswesen «braucht es nach der Krise eine tief greifende Analyse», sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister. Denn obwohl sich die Schweiz gerne als Musterschülerin profiliert, zeigen sich doch etliche Schwachstellen: bei der Gesundheitsversorgung, bei anderen Basisinfrastrukturen, wie etwa dem Swisscom-Netz, und bei der Zusammenarbeit mit den Kantonen.
Und auch sonst dürfte die Corona-Zeit nicht so schnell in Vergessenheit geraten. Es ist die Zeit, in welcher der Bundesrat über alle SRG-Kanäle die Bevölkerung aufruft, zu Hause zu bleiben. Und in der jeder Brief und jede Mail mit dem Zusatz «bleiben Sie gesund» endet. «Für meine Generation und für alle anderen, die nach 1970 geboren sind und die Ölkrise nicht bewusst miterlebt haben, ist das ein Schock», sagt SP-Chef Christian Levrat. «Das ist die erste richtige Krise, die wir erleben und die uns in unserem Leben einschränkt. Das wird Spuren in der Gesellschaft hinterlassen.»
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So wie der Terroranschlag auf das New Yorker World Trade Center vom 11. September 2001 die Sicherheitspolitik weltweit gestärkt hat oder so wie die Lehman-Brothers-Pleite letztlich den Bankensektor eingedampft hat, so dürfte auch die Corona-Pandemie einschneidende Spuren hinterlassen: Erstens, indem sie die Tendenz zu mehr nationaler Selbstständigkeit zusätzlich verstärkt. «Die Unzufriedenheit mit der ungeplanten, unkontrollierten Globalisierung war schon vorher da», sagt der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann. «Aber jetzt wird die Schwäche dieser konzeptlosen Globalisierung offensichtlich.»
Es werde Korrekturen geben, auch, was die starken Abhängigkeiten von einzelnen Ländern betrifft. «Und das ist auch gut so», betont Straumann. Die Folgen dürften etwas mehr nationalstaatliche Eigenversorgung sein, etwas mehr Lagerbestände und etwas weniger Just-in-Time-Produktionen, bei denen Einzelteilchen zigmal um den ganzen Planeten verschickt werden.
Etwas mehr Planung bedeutet aber nicht das Ende der Globalisierung. Kurzfristig würden wir zwar einen Rückgang erleben, sagt Handelsökonom Simon Evenett von der Universität St. Gallen. Ihn beunruhigt vor allem, dass in den letzten Wochen bereits 54 Länder die Exporte für Seife, Medikamente und Desinfektionsmittel eingeschränkt haben. «Doch vom Medizinalsektor abgesehen, wird sich der internationale Handel in anderen Sektoren mittelfristig erholen und wachsen.» Daran ändere die Krise wenig.
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««Das ist die erste richtige Krise, die wir erleben und die uns derart einschränkt. Das wird Spuren in der Gesellschaft hinterlassen.»»
Christian Levrat, SP-Chef
Der zweite, vielleicht viel fundamentalere Wandel betrifft die Digitalisierung. Der Onlinehandel erlebt einen gewaltigen Schub – Migros-Tochter Digitec Galaxus sucht derzeit 200 neue Mitarbeiter, Amazon gar 100 000. Auch traditionelle Unternehmen stellen nun gezwungenermassen um: Statt Businesstrips gibts Skype-Sessions, statt Konferenzen neu Gruppenchats, und statt Präsenzzeiten im Büro findet Homeoffice breite Akzeptanz. Und Schulen und Universitäten rüsten in Bezug auf die Digitalisierung auf, schaffen in Monaten, wofür sie sonst Jahre gebraucht hätten. Gemäss dem Motto «Never let a good crisis go to waste» – lasse eine Krise niemals ungenutzt – sieht Soziologe Dirk Helbing von der ETH Zürich Chancen: «Die Pandemie hat die Kraft, das System so zu erschüttern, dass wir auf neue Bahnen kommen und uns nachhaltiger organisieren.» Was zuvor kaum möglich schien, wird plötzlich Realität: Der weltweite CO2-Ausstoss geht rapide zurück. «Nach der Krise werden wir nicht einfach zur alten Normalität zurückkehren», sagt Helbing. Firmen dürften auch danach digitale Kanäle stärker nutzen.
Auch sieht er Chancen für Innovationen auf lokaler Ebene. In der Not wird der Mensch erfinderisch – und neue Solidarität blitzt auf. Nachbarschaftshilfen organisieren sich dank digitalen Tools, Start-ups setzen auf Crowd-basierte Hilfe für die Lieferung von Lebensmitteln, Hygieneartikeln oder für den Transport zum Arzt. Die gemeinsame Krisenerfahrung dürfte das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken. Gesellschaft, Politik und Wirtschaft werden lernen, mit neuen Bedrohungen umzugehen. Sie werden besser vorbereitet und widerstandsfähiger sein.
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Mittlerweile ist Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt wieder etwas zuversichtlicher – weil der Bundesrat seinen Willen bekräftigt hat, den durch den Lockdown in existenzielle Nöte geratenen Unternehmen zu helfen, weil die Wirtschaft immer wieder bewiesen hat, dass sie mit schwierigen Situationen umgehen und kreative Lösungen entwickeln kann. Und vor allem, weil Vogt positive Signale aus China vernimmt, konkret vom Management der Tochtergesellschaft von Burckhardt Compression in Shenyang und Shanghai. «Sie klingen am Telefon und an den Videokonferenzen wieder viel optimistischer als noch vor Wochen.»
Das gibt Hoffnung. Für Vogt. Und für alle anderen.
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