So mussten Roche und Novartis diese Woche bereits Kurszielsenkungen für Ihre Aktien hinnehmen, da der tiefe Dollarkurs gegenüber dem Schweizer Franken auf das Unternehmensergebnis drücken dürfte. Bei Novartis entfallen rund 40 Prozent des Umsatzes auf die USA, bei Roche sind es gar 48 Prozent. «Wenn wir alle übrigen Schätzwerte unverändert lassen, hat sich der stark negative Währungseffekt, der sich über die letzten Monate herauskristallisiert hat, spürbare Folgen für das Kursziel», begründete Vontobel-Analyst Stefan Schenider beide Kurszielanpassungen.
Roche habe in Vorbereitung auf die Halbjahresergebnisse die negativen Währungseffekte auf den Konzernumsatz erhöht und rechne damit, dass diese von zuvor minus 1 Prozent auf minus 4 Prozent für das erste Halbjahr 2025 belasten dürften. Laut Analyst Schneider könnte die aktuelle Dollarschwäche das Kernbetriebsergebnis um minus 5 Prozent für die ersten sechs Monate und sogar minus 8 Prozent fürs ganze Geschäftsjahr 2025 drücken.
Auch Nestlé erwirtschaftet rund ein Drittel des Umsatzes in Dollar. Der Lebensmittelmulti hält zwar an seinem Ziel für organisches Umsatzwachstum fest, muss jedoch konstatieren, dass die Währungseinflüsse 2025 einen spürbar negativen Effekt auf die Geschäftsentwicklung haben. Die britische Bank Barclays reduzierte ihre Gewinnwachstumsprognosen für Nestlé. Finanzchefin Anna Manz sagte mit Blick auf die Erstquartalsergebnisse, dass die Kombination aus schwachem US-Dollar und starkem Franken die Profitabilität belaste.
«Trotz globaler Diversifikation führen Währungsverschiebungen zu Ergebniseffekten, auch wenn das Unternehmen versucht, diese über Hedging-Strategien teilweise auszugleichen», meint Stratege Gattiker von Julius Bär zur Situation von Nestlé. Laut Branchenexperten ist es für das Wachstum des Konzerns entscheidend, die Preise so zu erhöhen, dass die Produkte nach wie vor erschwinglich sind.
Finanzinstitute wie die UBS sind von der Dollar-Thematik ebenfalls betroffen. Die Grossbank rechnet im Kerngeschäft Vermögensverwaltung mit Gegenwind durch die Währungsentwicklung. An der Investorenkonferenz von Goldman Sachs im Juni sagte Finanzchef Todd Tuckner, die Dollarschwäche wirkte sich insbesondere auf die Division Global Wealth Management aus, deren Kosten im Gegensatz zu den Erträgen zu einem beträchtlichen Teil in Schweizer Franken anfielen. «Daher erwarten wir für Global Wealth Management, dass die Abschwächung des Dollars einen negativen Einfluss auf die zugrundeliegenden operativen Kosten in Höhe von etwa 150 Millionen Dollar haben wird.» Im Investmentbanking erwarte er zudem auf einer einzelnen Position eine Bewertungskorrektur von 75 Millionen Dollar.
Ein weiterer «Dollar-sensibler» Kandidat ist Swatch. Der Uhrenkonzern produziert seine Produkte grösstenteils in der Schweiz, wodurch so gut wie allen Kosten in Schweizer Franken anfallen. In den letzten zwei Geschäftsjahren kosteten negative Wechselkurseffekte den Konzern knapp 750 Millionen Franken. Der Konzern sei es gewohnt, «bestraft» zu werden angesichts der starken hiesigen Währung, wie CEO Nick Hayek im Dezember sagte. Der US-Markt bleibe jedoch wichtig für Swatch, betont Julius Bär-Experte Gattiker, nicht zuletzt für Touristenkäufe. Die Aktie von Swatch befindet sich auf dem tiefsten Stand seit dem Jahr 2003
Besser läuft es dem Branchennachbarn Richemont. Immerhin hat die Aktie in diesem Jahr 13 Prozent gewonnen, obwohl auch Richemont von der Dollarschwäche betroffen ist. Die typischen Luxusgüterhersteller generieren zwei Drittel ihrer Umsätze in Dollar und in Dollar-gekoppelte Währungen. Die Bank Vontobel reduzierte ihre Gewinnschätzungen für Swatch und Richemont wegen des abgeschwächten Dollars bereits im April.
Auch in der Industrie sind Konzerne ABB, Belimo, Accelleron oder SFS betroffen. Für Metallverarbeiter senkte Octavian diese Woche das Kursziel in Anbetracht des Währungsgegenwinds, der auch in der zweiten Jahreshälfte anhalten dürfte. ABB dagegen dürfte davon profitieren, dass der Konzern in Dollar bilanziert und weniger als fünf Prozent des Gesamtumsatzes in Franken generiert.
Gattiker erwähnt auch Georg Fischer und Stadler Rail. Die Firmen dürften den Währungseffekt je nach Lieferkettenstruktur ebenfalls spüren. Bei Stadler Rail belasteten allein die Währungsentwicklungen das Ergebnis im Jahr 2022 mit 140 Millionen Franken. Mit gezielten Strategien wie Standortausbau in den USA, Natural Hedging und finanziellen Absicherungen will der Zugbauer den Effekt abfedern.
Holcim dagegen habe seine Dollar-Abhängigkeit über den Spin-off des US-Geschäfts, Amrize, markant verringert. Zuvor entfielen doch fast ein Drittel des Umsatzes auf Nordamerika, während es nun nur noch ein kleiner Prozentsatz ist. Somit entkommt der Zementkonzern der Problematik zu einem grossen Teil.