Guten Tag,
Die KI als Krypto-Trader bewegt sich zwischen faszinierendem Experiment und reinem Glücksspiel. Der aktuelle Stand.
 
 Eine Bitcoin-Illustration (2024).
IMAGO/VectorFusionArtWerbung
Der erste Versuch, die Handelsfähigkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) zu messen, bringt erstaunlich unterschiedliche Resultate zu Tage. Alpha Arena hat den sechs KI-Modellen Claude 4.5 Sonnet, DeepSeek V3.1 Chat, Gemini 2.5 Pro, ChatGPT 5, Grok 4 und Qwen 3 Max, jeweils 10'000 Dollar als Investition zur Verfügung gestellt, um in Krypto-Futures zu investieren. Die Resultate reichen von überzeugend bis unterdurchschnittlich.
Seit dem Start vor zwölf Tagen hat Deepseek bis am Freitag Mittag den Wert auf 15'809 Dollar gesteigert, gefolgt von Qwen mit 13'464 Dollar. Im Minus notieren Claude mit 8'963 Dollar und Grok mit 6'390 Dollar. Richtig in den Miesen sitzt ChatGPT, das zwei Drittel des Kapitals verspielt hat. Bei Gemini sieht es ebenfalls wenig besser aus. Die Live-Resultate des Experiments, welches noch bis zum 3. November dauert, können hier verfolgt werden.
Das Ziel des Experimentes ist, eine möglichst hohe risikoadjustierte Rendite zu erzielen. Entsprechend sind die Positionsgrösse, die Wahl des Hebels sowie die Festlegung von Stop-Loss- und Take-Profit-Zielen die wesentlichen Grössen, welche über für den erzielten Gewinn oder Verlust verantwortlich sind.
Einige interessante Feststellungen lassen sich aufgrund des bisherigen Verlaufs bereits machen. Erstens warteten alle sechs Modelle nach fünf Tagen mit negativen Erträgen auf und notierten im Minus. Zweitens wiesen seither Deepseek und Qwen eine positive Performance aus. Auf der anderen Seite haben ChatGPT 5 und Gemini seit dem zweiten Tag Geld verloren.
Ein Vergleich zwischen Qwen und Gemini bestätigt einmal mehr: Hin und her macht Taschen leer. Während Qwen in den ersten fünf Tagen nur 22 Trades durchgeführt hatte bei maximal zwei Positionen, hat Gemini bereits 108 Trades realisiert und praktisch immer die maximale Anzahl an sechs Positionen gehalten. Die Stop-Loss- und Take-Profit-Levels von Qwen sind zudem enger als die von Gemini. Auffallend ist auch, dass Gemini seine eigenen Handelsregeln häufig bricht und im Gegensatz zu den anderen fünf Modellen frühzeitig aussteigt.
Viele Finanzexperten tun die Resultate als Zufall ab. Dagegen finden KI-Experten und Krypto-Enthusiasten das Experiment faszinierend. Beide Lager hätten Recht, meint etwa die Krypto- und KI-Expertin Jen Zhu. Es sei ein wichtiges Experiment, um die optimale Balance zwischen Automatisierung und potenzieller Wertvermehrung mit KI aufzuzeigen. Entsprechend dürfte dies erst der Angang in einer langen Reihe von zukünftigen Tests und Experimenten mit Künstlicher Intelligenz sein, mit der versucht wird, an den Finanzmärkten einen überdurchschnittlichen Ertrag zu erzielen. 
wichtig.
Wer nun auf sagenhaft schnelle Gewinne hofft, sei gewarnt. Jedes dieser Modelle handelt in Kryptowährungen mit einem extrem hohem Hebel. Hebel-Trading bedeutet, dass mit einem geringen Kapitaleinsatz - die sogenannte Margin - eine deutlich grössere Position am Markt gehandelt werden kann. Steigt der Kurs des Basiswerts leicht an, steigt der gehebelte Wert um einen deutlich höheren Faktor. Allerdings gilt dies auch im umgekehrten Fall. Fallen die Kurse, verliert das gehebelte Investment überdurchschnittlich viel an Wert.
Werbung
Die am wenigsten gehebelte Position ist derzeit Claudes XRP-Bestand mit einem Leverage-Faktor von «nur» 8x. Alle anderen Positionen sind mit einem Faktor von 10x bis 20x gehebelt. Insofern ist es vermessen, von einer Anlagestrategie zu sprechen. Kryptowährungen sind extrem volatil, und mit einem Hebel von 8x oder mehr auf Krypto-Positionen zu setzen, ist im Grunde reines Glücksspiel.
Als die Kryptomärkte vor zweieinhalb Wochen eingebrochen sind, verlor der Bitcoin innert 30 Minuten mehr als 13 Prozent an Wert. Zwischenzeitlich konnte gar nicht mehr gehandelt werden, weil die Liquidität austrocknete und Angebot und Nachfrage weit auseinander lagen. Bei kleineren Altcoins konnte gar von einem Desaster gesprochen werden für Anleger, welche einen Stop-Loss im System hatten. So ist zum Beispiel der Wert von Celo innert weniger Minuten bei einigen Kryptobörsen von 0,36 Dollar auf 0,00 Dollar gesunken - nur um wenig später wieder bei 0,31 Dollar zu handeln.
Anlegerinnen und Anleger, welche in automatisierten Strategien investieren wollen, sollten dies mit der grösstmöglichen Vorsicht tun. Diese Strategien sind vorerst rein experimenteller Natur und für Durchschnittsanleger völlig ungeeignet. Vielleicht wird in der Zukunft eines Tages ein Benchmark für KI-Modelle vorhanden sein, die ein Aktien- oder Kryptoportfolio über einen relativ langen Zeitraum verwalten und dabei eine hohe, risikoadjustierte Renditen erzielen. Bis dahin bleibt das Ganze ein faszinierendes Experiment, das mit Interesse beobachtet werden kann.
Werbung
 
 Werbung