Guten Tag,
Meteoriten, die Einblicke in das frühe Sonnensystem ermöglichen, rücken stärker in den Fokus von Investoren und Kreativen.
Imke Reiher
Eine Scheibe des Fukang-Meteoriten, gefunden in der chinesischen Provinz Xinjiang. Auktionspreis 2021: 525'000 Pfund.
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Eigentlich wollte sich Ann Elizabeth Fowler Hodges am 30. November 1954 nur auf dem heimischen Sofa ausruhen. Stattdessen erlebte sie die wohl grösste Überraschung ihres Lebens – und hatte das Glück, sie zu überleben. Denn die Amerikanerin wurde von einem Meteoriten-Fragment getroffen, das durch ihr Hausdach in Sylacauga, Alabama, gefallen war.
Reichtum brachte ihr der knapp vier Kilo schwere, Grapefruit-grosse Himmelskörper aber trotz seines hohen Alters von geschätzten 4,5 Milliarden Jahren nicht. 1956 verkaufte sie ihn für rund 25 Dollar an das Alabama Museum of Natural History, wo man ihn noch heute besichtigen kann. Das Bruchstück ist heutzutage als Hodges-Fragment bekannt. Der vollständige Meteorit, der bei seinem Einschlag in mindestens drei Teile zerbrach, als «Sylacauga Meteorite».
Für das Museum war der Kauf des Fragments zweifellos ein Schnäppchen. Zwar ist die Klientel der Meteoriten-Käufer im Vergleich zu anderen Sammelgebieten wie Kunst, Uhren oder Taschen deutlich überschaubarer. Doch die Nachfrage zieht weltweit an, beobachtet Francesco Moser, Experte für Mineralien und Meteoriten beim niederländischen Online-Auktionshaus Catawiki: «Neben wissenschaftlichen Instituten, erfahrenen Sammlern und anderen Privatinvestoren entdecken zunehmend auch Designer, Künstler und jüngere Menschen diesen faszinierenden Markt für sich.»
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Meteoriten-Experte Francesco Moser vom Onlinemarktplatz Catawiki.
PRMeteoriten-Experte Francesco Moser vom Onlinemarktplatz Catawiki.
PRDas hat verschiedene Gründe: Zum einen sorgen die Fortschritte in der Weltraumforschung für Schlagzeilen und befeuern das Interesse. Zudem steigt die Kaufkraft vieler Menschen sowie der Wunsch, ihr Geld in physische Assets – gerne auch in etwas Besonderes – zu investieren, das Wertsteigerungspotenzial besitzt.
Hier können Meteoriten punkten: «Sie kombinieren Seltenheit, wissenschaftliche Bedeutung und visuelle Einzigartigkeit», sagt Moser. «Dazu kommt ihre besondere Herkunftsgeschichte – dass sie Fragmente des Universums sind und Minerale, Metalle und Kristalle des Weltalls enthalten.»
Kein Wunder also, dass die Franken-Gebote für besonders seltene und aussergewöhnliche Stücke auch schon mal sechsstellig ausfallen. Zu den wertvollsten Meteoriten zählt der Fukang-Meteorit, der im Jahr 2000 in der Provinz Xinjiang in China gefunden wurde – eingebettet in eine Gesamtmasse von über tausend Kilo. Dabei handelt es sich um ein besonders schönes Exemplar eines sogenannten Pallasiten – eines Stein-Eisen-Meteoriten mit grünen Olivinkristallen – der geschätzte 4,5 Milliarden Jahre alt ist und damit fast so alt wie unser Heimatplanet. Dieser Gesteinstyp ist extrem selten: weniger als 1 Prozent aller auf der Erde gefundenen Meteoriten sind Pallasiten.
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Noch seltener sind Meteoriten, die vom Mond oder Mars stammen. Sie machen schätzungsweise nur 0,2 Prozent aus und sind bei Sammlern entsprechend begehrt, was die Preise nach oben treibt. Hier können schon mal ein paar Hundert Franken pro Gramm anfallen. Am anderen Ende der Preisskala befinden sich die sogenannten Chondrite, die vergleichsweise häufig gefunden werden und mitunter schon für wenige Franken zu haben sind – je nachdem, wie die einzelnen Kriterien ausfallen, die bei der Bewertung von Meteoriten eine grössere Rolle spielen.
Neben dem Gesteinstyp – der sich grob in die drei Oberklassen Eisenmeteoriten, Steinmeteoriten sowie Stein-Eisen-Meteoriten unterteilen lässt – sind dies vor allem die Seltenheit, das Alter, die Grösse, das Gewicht, die Herkunft, der Fundort, der Erhaltungszustand und die Optik des Meteoriten. «Sammler suchen vor allem Meteoriten, die eine Kombination aus Seltenheit, besonderer Herkunft und visuellen Reizen bieten», bringt Catawiki-Fachmann Moser es auf den Punkt. «Einzigartige Formen, natürliche Löcher oder ein besonderes Muster können den Wert eines Meteoriten ebenfalls steigern.»
Eine Scheibe des Fukang-Meteoriten.
PREine Scheibe des Fukang-Meteoriten.
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Hoch im Kurs stehen zudem historische und berühmte Meteoriten oder Teilstücke von diesen – etwa Scheiben des Fukang-Meteoriten. Im Jahr 2021 wurde ein Exemplar bei einer Auktion von Christie’s für rund 525'000 Pfund verkauft. «Und auch Meteoriten mit einer besonderen Geschichte, die durch ein Dach oder an einem besonderen Tag wie Weihnachten gefallen sind, sind bei Sammlern begehrt», weiss Moser.
Ein weiterer Pluspunkt, der den Preis nach oben treibt, ist zudem, wenn der Fall des Meteoriten von Augenzeugen beobachtet und die Sichtung dokumentiert wurde, weil dies eher die Ausnahme ist. Beim Gros der gefundenen Meteoriten und Teilstücke handelt es sich um Zufallsfunde, die erst lange Zeit nach dem Fall entdeckt wurden. Das gilt auch für den Twannberg-Meteoriten, der zu den bekanntesten Fund-Meteoriten in der Schweiz zählt. Vermutlich lag er bereits 160'000 Jahre unbemerkt in der Erdkruste des heutigen Kanton Bern, bevor eine Bäuerin im Mai 1984 zufällig ein erstes, knapp 16 Kilo schweres Bruchstück auf einem frisch gepflügten Gerstenfeld entdeckte. Diesem sollten viele weitere folgen: In toto wurden bereits über sechshundert Teilstücke des Meteoriten im umliegenden Streufeld entdeckt, von denen sich viele im Naturhistorischen Museum Bern befinden.
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Teile des Twannberg-Meteoriten im Naturkundemuseum Bern.
PRTeile des Twannberg-Meteoriten im Naturkundemuseum Bern.
PRWer sich für den Kauf von Meteoriten interessiert, sollte sich gezielt in die Materie einlesen und Hintergrundinformationen sammeln, um Angebote besser einschätzen zu können – auch was rechtliche Aspekte beim Kauf und Verkauf von Meteoriten betrifft, die oft landesspezifisch geregelt sind. Wichtig zu wissen: In manchen Ländern sind der Verkauf und die Ausfuhr von Meteoriten verboten.
Eine gute Informations- und Orientierungshilfe bieten themenspezifische Gruppen wie die Fachgruppe Meteorastronomie, Online-Foren, fachspezifische Messen und Mineralienbörsen, Handelsplattformen wie Aerolite Meteorites sowie abgelaufene Auktionsergebnisse, die sich im Internet finden lassen. Hilfreiche Fachinformationen bieten zudem auch Institutionen wie die Global Meteorite Association (GMA) und die International Meteorite Collectors Association (IMCA), eine internationale Gruppe von Meteoritensammlern. Auktionsexperte Moser rät Kaufinteressenten dazu, grossen Wert auf die nachgewiesene Identifikation eines Meteoriten zu legen, sprich auf die Herkunft, den Gesteinstyp und den Fundort: «Es ist wichtig, dass der Meteorit klassifiziert ist und sich zuordnen lässt.» Konkret heisst das, dass die Oberklasse, der genaue Gesteinstyp und der Untertyp des Meteoriten bestimmt werden. Eine entsprechende fachwissenschaftliche Analyse und Bewertung erfolgt durch wissenschaftliche Einrichtungen wie Naturkundemuseen, geologische Institute oder Universitäten.
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Gut zu wissen: Alle klassifizierten Meteoriten mit einer eindeutigen Bezeichnung sind im Meteoritical Bulletin gelistet, einer Datenbank der Meteoritical Society, die aktuell über 77'000 validierte Meteoriten und Fragmente umfasst. Mit dieser lassen sich auch alle zum Verkauf stehenden Meteoriten abgleichen, da sie eine gezielte Sucheermöglicht.
Dieser Artikel ist im Millionär, dem Magazin der Handelszeitung, erschienen (Juni 2025).
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