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Soll ich mein Altersguthaben als monatliche Rente oder als einmalige Kapitalauszahlung beziehen? BILANZ liefert Entscheidungshilfen.
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Bisher konnten viele Versicherte gar nicht darüber entscheiden, ob sie ihr Altersguthaben als monatliche Rente oder als Ganzes beziehen möchten. Bei vielen Vorsorgeeinrichtungen war diese Option nicht vorgesehen. Das ändert sich ab dem Jahr 2005. Denn mit der 1. BVG-Revision kann man sich bei allen Pensionskassen zumindest ein Viertel des Kapitals ausbezahlen lassen. Damit stellt sich für viele Versicherte die wohl schwierigste Frage in der beruflichen Vorsorge: Kapital oder Rente?
Eine allgemein gültige Empfehlung dafür gibt es nicht. Für die Rente spricht, dass der Versicherte sich um nichts kümmern muss. Er erhält bis an sein Lebensende garantiert seine monatliche Rente, egal, wie alt er wird. Zudem ist eine anwartschaftliche Hinterbliebenenrente in der Höhe von 60 Prozent für den Ehepartner mitversichert.
Dies gilt künftig für beide Geschlechter, weil mit der 1. BVG-Revision auch die Witwerrente obligatorisch eingeführt wird. Zudem profitiert man heute immer noch von den zu hohen Umwandlungssätzen im Obligatorium. Obwohl der Umwandlungssatz von 7,2 Prozent innerhalb der nächsten zehn Jahre auf 6,8 Prozent gesenkt wird, ist er dann versicherungstechnisch immer noch zu hoch; von dieser Situation profitiert der Rentner.
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Für den Bezug des Kapitals wiederum spricht, dass das Vorsorgekapital ins Privatvermögen übergeführt wird und dort frei verwendbar ist. Grössere finanzielle Verpflichtungen wie zum Beispiel die Rückzahlung einer Hypothek können so erfüllt werden. Zudem kann das Restkapital nach dem Tod weitervererbt werden, was für viele ein wichtiges Argument ist. Bei der Rente dagegen verbleibt das Restkapital nach dem Tod in der Pensionskasse, sofern keine Witwen- oder Witwerrente ausgelöst wird. Mit dem Kapitalbezug ist man hier ganz klar flexibler.
Vom Sicherheitsaspekt aus betrachtet, ist die Rente die bessere Option. Diese garantiert ein lebenslängliches Einkommen. Auch sind die Renten der Pensionskassen im Rahmen des Sicherheitsfonds vor allfälligen Insolvenzen geschützt. Der Versorgerpflicht dem Ehegatten gegenüber kommt man ebenfalls nach, weil dieser ja 60 Prozent der ursprünglichen Altersrente als lebenslängliche Hinterbliebenenrente erhält.
Stellt man die Rendite in den Vordergrund, so hängt die Wahl von verschiedenen Faktoren ab. Je nach Finanzmarktsituation kann der Kapitalbezug vorteilhaft sein. Als Bundesobligationen mit jährlich über sieben Prozent rentierten, konnte man risikolos einen praktisch gleich hohen Betrag wie die Rente als Zinsertrag erhalten. Das Kapital wurde dabei nicht verzehrt. In der heutigen Tiefzinsphase dagegen ist es schwierig, Geld renditeträchtig und dennoch einigermassen sicher anzulegen. Bundesobligationen werfen nur noch magere 2,6 Prozent ab. Die Dreijahresfrist, in der man sich für das Kapital oder die Rente entscheiden muss, macht die Wahl auch nicht einfacher. Denn der Kapitalmarkt könnte in dieser Phase schwanken und sich stark verändern.
Mit der 1. BVG-Revision kann man bei allen Pensionskassen ein Viertel des Altersguthabens in Kapitalform beziehen. Damit ergeben sich interessante Kombinationsmöglichkeiten für die Aufteilung des Alterskapitals in Rente und Kapital. Die Komplexität geht aber noch weiter: Viele Pensionskassen splitten den Umwandlungssatz in einen obligatorischen Teil von gegenwärtig 7,2 Prozent sowie einen überobligatorischen Teil von 5,4 bis 5,8 Prozent. Für den Versicherten ist es attraktiv, für den Rententeil den höheren Umwandlungssatz zu erhalten. Regeln gibt es hier jedoch keine; deshalb sollte der Versicherte dies vorgängig abklären. Korrekterweise müssten Pensionskassen zuerst den höheren Umwandlungssatz auf dem BVG-Obligatorium und dann auf dem restlichen Kapital den tieferen Umwandlungssatz gewähren, soweit es überobligatorische Anteile betrifft. Ein Teilkapitalbezug erfolgt idealerweise zu Lasten des Überobligatoriums.
Beim Kapitalbezug stellt sich für jeden Versicherten die zentrale Frage: Auf welches theoretische Sterbealter hin soll ich mein Kapital verzehren? Was ist, wenn ich den Kapitalverzehr bis zum Alter 85 geplant habe, aber dann doch 100 Jahre alt werde? Dieses so genannte Langleberisiko kann man durch eine Versicherung abdecken, die aufgeschobene Leibrente heisst. Das ist insbesondere für allein stehende Versicherte empfehlenswert und funktioniert wie folgt: Man bezieht das gesamte Kapital, versteuert dieses und teilt es dann auf. Eine Tranche für den Kapitalverzehr von Alter 65 bis 85, also für 20 Jahre. Den restlichen Teil investiert man in eine so genannte lebenslängliche Leibrente, die ab Alter 85 bis zum Tode eine jährliche Rente ausbezahlt.
Dazu ein Beispiel: Kauft man im Alter 65 für 100 000 Franken eine aufgeschobene Leibrente, erhält man ab Alter 85 bis zu seinem Tode eine garantierte Rente in der Höhe von rund 14 000 Franken pro Jahr. Dazu kommen noch Überschüsse von fast 4000 Franken, womit man insgesamt etwa 18 000 Franken jährliches Renteneinkommen erhält. Stirbt man vor dem Alter 85, wird die einbezahlte Prämie von 100 000 Franken an die Erben ausbezahlt. Dieses interessante Produkt kann man bei jeder Schweizer Lebensversicherung kaufen.
Bei der Frage, ob Rente oder Kapital, spielen auch steuerliche Überlegungen hinein. Die Rente der Pensionskasse wird vollständig als Einkommen besteuert, während auf dem theoretischen Vorsorgekapital keine Vermögenssteuern anfallen. Die Kapitalauszahlung wird einmalig bei der Auszahlung besteuert (siehe «Krasses Steuergefälle» auf dieser Seite), danach sind die Kapitalerträge (Zinsen) als Einkommenssteuer steuerbar. Je nach Anlageform, beispielsweise bei Einmaleinlagen oder Kapitalgewinnen bei Aktien, fallen keine Einkommenssteuern an. Das gesamte Vorsorgekapital unterliegt jedoch der Vermögenssteuer. Kauft man mit einem Teil des Kapitals eine aufgeschobene Leibrente, so wird diese zu 40 Prozent als Einkommen besteuert. Der Kapitalwert der Rente ist in den meisten Kantonen steuerfrei.
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