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Krypto

Vom digitalen Geld zur digitalen Welt: die neuen Spielarten im Kryptobusiness

NFTs spielen in Zukunft nicht nur im Metaverse eine Hauptrolle. Für Ethereum und Co. ein wahrer Glücksfall.

Erich Gerbl

3D-Render, Visualisierung eines Mannes mit Virtual-Reality-Brille, elektronisches Gerät, Kopf umgeben von virtuellen Daten mit neongrünem Gitter. Spieler eins bereit für das vr Spiel. Virtuelle Erfahrung.

NFT: Im Metaverse werden die digitalen Zwillinge der Besitztümer mit Hilfe von NFTs zur Schau gestellt.

PantherMedia / wacomka

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Noch wird dem zierlichen Franzosen wenig Beachtung geschenkt. Sébastien Borget ist einer von fast 70  Experten, die an der Crypto Finance Conference im St. Moritzer «Suvretta House» Mitte Januar vor vielen Millionären und einigen Milliardären zur Lage der Kryptoindustrie Auskunft gaben.

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Einen Rucksack umgehängt, schlenderte er im schwarzen Hoodie unbehelligt durch die mit Kryptofans bevölkerte Lobby des Luxushotels. «In wenigen Jahren könnte Borget zu den Stars der Kryptoindustrie zählen», sagt Investor Marc Bernegger, einer der Organisatoren der Konferenz.

Schon als Bernegger vor Jahren Ethereum-Gründer Vitalik Buterin zu Events in Zürich einlud, fragte ihn so mancher, warum er diesen autistisch wirkenden Jugendlichen auf die Bühne hole. So wie Buterin könnte auch Borget zum Star aufsteigen, womöglich über die eingeschworene Dezentralisierungsszene hinaus.

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Denn Borget ist einer der Gründer von The Sandbox, einem sogenannten Metaverse. So werden digitale Welten bezeichnet, in der sich die Menschen in Zukunft virtuell begegnen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Digitalisierungswelle den Menschen selbst erfasst.

Mark Zuckerberg nannte Facebook kurzerhand in Meta um und richtet den Social-Media-Giganten unter Milliardeneinsatz auf eine Verschmelzung der Nutzer mit der Welt aus Bits und Bytes aus.

In der Covid-Krise nahm der Trend zur Digitalisierung deutlich Fahrt auf. Entwicklungen, die sonst Jahre in Anspruch genommen hätten, gingen in Monaten über die Bühne. Rasch an Kommunikationskanäle wie Zoom gewöhnt, geht die Menschheit nun den nächsten Schritt und betritt in Form des persönlichen Avatars eine Welt, in der alles möglich scheint.

Mit Zuckerberg konkurrieren dezentrale Plattformen wie die auf Spiele ausgerichteten Decentraland, Axie Infinity oder Borgets The Sandbox. Sie kreieren ein dezentrales Ökosystem mit eigenen Kryptowährungen, das von den Geschäftsmodellen der dominanten zentralisierten Social-Media- oder Gameplattformen nicht beeinflusst wird.

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««Die NFT-Revolution ist da. Kunst und Medienfiles sind erst der Anfang.»»

William Quigley, Mitgründer des ­Stablecoins Tether

Inhalte werden von den Nutzern selbst kreiert, und das zu ihrem Vorteil. «Werden Erlöse erzielt, gehen die zu 100 Prozent an die Hersteller der Inhalte zurück», sagt Sébastien Borget. Seine Metaworld verdient unter anderem mit dem Landverkauf. Obwohl noch in Entwicklung, wurden bereits Zehntausende digitale Grundstücke als Non-Fungible Tokens (NFTs) an 18 000 User verkauft.

Die günstigsten Grundstücke werden auf der NFT-Plattform Open Sea für 3.18 Ether, umgerechnet rund 10 000 Franken, angeboten.

Was die neuen Eigentümer mit den Grundstücken machen, steht ihnen frei. Der Fantasie sind in dieser optisch an «Minecraft» erinnernden Welt aus Bauklötzen nur wenig Grenzen gesetzt. Shops, Galerien, Schulen und Spielplattformen werden wohl entstehen – sowie jede Menge digitale Jobs: «Es braucht in unserem Metaverse Architekten, Fashiondesigner, Gameentwickler, Immobilienmakler, Spielmanager, Dating-Planer, Coaches, Eventmanager, Tour Guides, Kuratoren», sagt Borget.

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Althergebrachte Beschränkungen lösen sich auf.

quigley

WILLIAM QUIGLEY: Laut dem Mitgründer des wichtigsten Stablecoins Tether sind die Anwendungsbereiche von NFTs unvorstellbar gross.

PD
quigley

WILLIAM QUIGLEY: Laut dem Mitgründer des wichtigsten Stablecoins Tether sind die Anwendungsbereiche von NFTs unvorstellbar gross.

PD

Die physische Konstitution oder Behinderungen spielen keine Rolle mehr. Borget: «Man kann sich nicht aussuchen, wo man geboren wird, aber die digitale Nation wählen, in der man mit seiner digitalen Identität Zeit verbringt.»

Auf solchen dezentralen Plattformen werden Kindheitsträume wahr. «Play to earn», heisst das neueste Kryptophänomen. Auf den Philippinen gibt es einen regelrechten Hype um das dezentralisierte Metaverse-Spiel «Axie Infinity». Besonders in ärmlicheren Gegenden bestreiten Tausende ihren Lebensunterhalt etwa mit dem Verkauf von Spielfiguren.

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««Für Unikate mit Wert brauchen wir die Blockchain-Technologie»»

Marcus Dapp, Research-Chef von Bitcoin Suisse.

Für die Kryptoindustrie ist die Aussicht auf eine digitale, dezentrale Parallelwelt eine gute Nachricht. Und das nicht nur weil die Kryptowährungen der Metaverse-Plattformen an den Börsen haussieren. Im Metaverse besitzen Privatpersonen Dinge, und sei es nur den eigenen Avatar.

Der Blockchain mit der zugehörigen Kryptowährung kommt daher eine entscheidende Rolle zu.

Sie stellt Vertrauen zwischen Parteien her, die sich nicht kennen, und kommt bei der eindeutigen Zuordnung von Eigentum zum Einsatz. «Für Unikate mit Wert brauchen wir die Blockchain-Technologie», sagt Marcus Dapp, der neue Research-Chef von Bitcoin Suisse.

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Ein neues Zeitalter beginnt

Während das Internet der Gegenwart (Web2 genannt) von Internetgiganten wie Google und Facebook dominiert wird, soll das World Wide Web der Zukunft wie in den Anfangszeiten wieder ein dezentralisiertes sein. «Web3» lautet das von Gavin Wood, dem Gründer der Blockchain Polkadot 2018 ins Leben gerufene Schlagwort. In diesem Internet gehen die Kontrolle und der Besitz wieder verstärkt an private Besitzer über.

NFTs, die durch ihre ersten Vertreter in Form der naiv anmutenden digitalen Cryptopunks-Pixelgemälde Bekanntheit erlangten, spielen dabei eine zentrale Rolle.

Kryptogiganten

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Denn Tokens machen Asset transportierbar, und dies über Blockchains hinweg. NFTs werden genutzt, um jede Art digitaler Dateien zu markieren. «Das ist, als ob in der Ecke der Mona Lisa ein Siegel angebracht wäre, das bestätigt, dass es sich um die echte Mona Lisa handelt. Zudem sieht man den aktuellen und alle vorherigen Besitzer», sagt Marcus Dapp.

Während jeder Bitcoin gleich und damit austauschbar ist, repräsentiert jedes NFT ein Unikat mit unterschiedlichen Charakteristika. Die Bewertung kann weit auseinandergehen.

«Das Siegel bestätigt die Echtheit eines Unikats, sagt aber überhaupt nichts über dessen Qualität aus. Die Leute verwechseln Einzigartigkeit mit Seltenheit», sagt Désirée Velleuer. Die Beraterin eines Kryptowährungsfonds versteht viel von Kunst und ist selber als Malerin aktiv. Velleuer hat dem klassischen Asset Management den Rücken gekehrt und sich mit Reto Stiffler selbstständig gemacht.

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«Hier werden viele Leute sehr viel Geld verlieren», sagt Stiffler. 80 Prozent der NFTs werden nur einmal gehandelt – mutmasslich aber nicht deshalb, weil die Besitzer besonders an den Unikaten hängen, sondern weil sich kein Käufer findet. «Wie bei einem ICO ist die Firma nicht automatisch interessant, nur weil sie über ein ICO leichter handelbar wird. 99 Prozent der NFTs sind irrelevant», sagt Marc Bernegger.

Das Risiko, mit dem Kauf von NFTs im aktuellen Hype Geld zu verlieren, ist gross. Auch ob die zu Berühmtheit gelangten Cryptopunks weiter an Wert zulegen, muss sich erst zeigen.

Hervorragend einsetzbar

«Cryptopunks sind für viele uninteressant. Aber die Technologie dahinter ist ein riesiger Fortschritt», sagt Yves Longchamp, Research-Chef bei der Kryptobank SEBA. Eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten sei denkbar. Dieser Meinung ist auch William Quigley, ein Blockchain-Investor und Mitgründer des Stablecoins Tether, der den US-Dollar kopiert.

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«Die NFT-Revolution ist da. Kunst und Medienfiles sind erst der Anfang», sagt der Amerikaner. Man solle sich NFTs wie Computer oder ein iPhone vorstellen, die man mit Inhalten füllen und diese jedem senden kann. Quigley: «Wird einem das Spiel ‹Angry Birds› langweilig, wirft man das iPhone auch nicht weg.» Das Konzept NFT sei «here to stay», die Anwendungsbereiche unvorstellbar gross.

Der Konsument sei in erster Linie an Shopping, Trading und Gaming interessiert. «NFTs sind in allen drei Bereichen hervorragend einsetzbar», so Quigley.

««Das Risiko, mit dem Kauf von NFTs im aktuellen Hype Geld zu verlieren, ist gross.»»

Während die Rolex, die Handtasche, die neuen Sneakers und der Massanzug zu Hause blieben, kann man sie im Metaverse zur Schau stellen. «Das klingt lächerlich, aber das kommt», sagt Longchamp. Theoretisch kann alles, ob digital oder real, zum NFT werden.

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«Wir tokenisieren Dinge, die wir noch nie tokenisiert haben, etwa die Werke von Autoren», sagt Computerwissenschaftler und Blockchain-Investor Jake Brukhman.

Bitcoin-Suisse-Experte Dapp kann sich etwa vorstellen, dass in Zukunft Tickets, Geburtszertifikate oder die eindeutige Herkunft von Diamanten als NFTs ausgestellt werden. «Mit dem Konzept ist alles möglich. Ich rechne 2022 mit einer Welle von nützlichen NFTs» sagt er. Brukhman sagt wie andere Experten die Einbindung von NFTs in die Finanzwirtschaft voraus: «Es gibt Tausende Dinge, die wir tokenisiert als Sicherheiten für Kredite einsetzen könnten.»

Teure Uhren und Immobilien sind nur die vordergründigsten Beispiele. Brukhman schätzt, dass der Kreditmarkt der auf solchen NFTs beruht, Dutzende von Billionen Dollar gross wird.

Heute werden NFTs zum grössten Teil von privaten Entwicklern erstellt. In Zukunft werden Firmen eine grössere Rolle spielen. Über 50 000 Patente wurden in der Blockchain-Welt beantragt, häufig in China. «Viele Firmen stossen in den NFT-Bereich vor», sagt Quigley. Kurz vor Weihnachten kaufte Nike das NFT-Start-up RTFKT.

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Dan Keyworth, Director of Business Technology beim Formel-1-Rennteam McLaren, arbeitet an NFT-Projekten für Fans: «Denkbar sind NFTs, die ihrem Besitzer das Recht geben, unsere Fahrer zu treffen.»

Wood

GAVIN WOOD: Der ehemalige CTO von Ethereum glaubt an Web3, wo die Kontrolle des Internets wieder verstärkt an seine Nutzer übergeht.

PD
Wood

GAVIN WOOD: Der ehemalige CTO von Ethereum glaubt an Web3, wo die Kontrolle des Internets wieder verstärkt an seine Nutzer übergeht.

PD

Ein Profiteur der digitalen Parallelwelt steht jetzt schon fest: NFTs laufen zum grössten Teil auf der Ethereum-Blockchain. «NFTs wie die Cryptopunks haben einen enormen Einfluss auf die Kryptowelt. Schon heute stellen NFTs den Grossteil der Transaktionen in der Ethereum-Blockchain dar», weiss Quigley.

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Ethereum ist die grösste aller digitalen Plattformen, auf der dezentrale Anwendungen erstellt werden. Die von Vitalik Buterin erfundene Blockchain ist auf Smart Contracts spezialisiert, kleine Programme, um Verträge automatisch auszuführen. «Ethereum ist der Platzhirsch, umringt von Start-ups, die verschiedene Aspekte angreifen», sagt Marcus Dapp.

Zu den aussichtsreichsten zählen Solana, Polkadot, Avalanche, Luna, Cardano. Zuletzt haben sich die Herausforderer immer besser positioniert – vor allem Solana und Polkadot. Ethereum punktet mit einer sechsjährigen und damit für Krypto langen Geschichte, dem grössten Ökosystem und hat die meisten Entwickler auf seiner Plattform.

Mit 340 Milliarden Franken bewertet, ist Ethereum inzwischen eine Art dezentral organisierter Grosskonzern mit über 3000 dezentralisierten Programmen, sogenannten dApps, auf der Blockchain.

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Buterins Vision eines Weltcomputers wird greifbarer.

««Krypto befindet sich noch am Anfang, etwa dort, wo das Internet 1993 stand.»»

Gavin Wood, ehemaliger CTO von Ethereum

Dennoch haben die Herausforderer eine Chance, denn Ethereum hat ein echtes Problem: Aufgrund der hohen Nachfrage sind die Gebühren, die Gas Fees, sehr hoch und das Tempo der Plattform gering. Um 50 digitale Dollar auf einer dezentralisierten Lending-Plattform wie Aave zu deponieren, werden schon mal Gebühren von umgerechnet 140 Franken fällig. Auf der Avalanche-Blockchain kostet die Transaktion zurzeit einen Dollar.

Doch so einfach ist Ethereum nicht vom Thron zu stossen. «Die Plattformen gleichen Betriebssystemen, Entwickler sind in Vorleistung gegangen, sie wechseln nicht so schnell», sagt Sébastien Borget. Auch seine virtuelle Welt The Sandbox befindet sich auf der Ethereum-Blockchain. «Ein Wechsel würde unseren Start um zwei Jahre verschieben», sagt er.

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Alle Entwicklungen sind auf Ethereum zugeschnitten. Es müsste ein neues, auf die neue Plattform geschultes Entwicklerteam gefunden werden. Borget: «Projekte, die auf der Ethereum-Plattform starteten, bleiben dort.»

Das entscheidende Update

Auch arbeitet Ethereum an der Behebung des Problems. Ethereum 2.0 ist das grösste Update in der Geschichte der Plattform, das im zweiten Quartal 2022 über die Bühne gehen soll. «Ein sehr grosses und komplexes Projekt im laufenden Betrieb, wie es so noch nie durchgeführt wurde», sagt Marcus Dapp von Bitcoin Suisse. Zentral ist der Wechsel vom energiefressenden «Proof of Work», dessen sich auch Bitcoin bedient, zum nachhaltigen «Proof of Stake».

Der Wechsel ist auch aus Sicht der Anleger interessant: «Dann verdienen nicht mehr nur die Miner, sondern die Besitzer der Tokens», sagt Désirée Velleuer. Zumindest jene, die im sogenannten «Staking» ihre Tokens hinterlegen. «Wir rechnen mit einer Dividende von sieben Prozent», sagt Velleuers Kollege Reto Stiffler.

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Das Wort Dividende ist bei Kryptowährungen gewöhnungsbedürftig.

Borget

SÉBASTIEN BORGET: Für den Gründer von The Sandbox sind NFTs eine Offenbarung. Plötzlich ist sein Traum von einem fairen Metaverse umsetzbar. 

Sven Schnyder
Borget

SÉBASTIEN BORGET: Für den Gründer von The Sandbox sind NFTs eine Offenbarung. Plötzlich ist sein Traum von einem fairen Metaverse umsetzbar. 

Sven Schnyder

Doch auch steuerlich werde diese Staking-Rendite als Dividende eingestuft. Stiffler glaubt aber, dass das Problem der Skalierbarkeit – gemessen an den möglichen Transaktionen – durch das Update noch lange nicht behoben sei und Ethereum noch Jahre beschäftigen werde. Er setzt daher auf Layer-2-Lösungen wie Polygon. Diese nutzen zwar die Ethereum-Blockchain, punkten aber mit Speed und tieferen Kosten.

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Die geringere Dezentralität wird in Kauf genommen. «Polygon ist mit Ethereum eng verknüpft. Die Symbiose gefällt mir. Eine der beiden wird sich in den nächsten Jahren bewähren», sagt er. Polygon ist auch als Kryptowährung erhältlich.

Stiffler vergleicht die Blockchain-Plattformen wie Ethereum mit Betriebssystemen, die wie Android, iOS oder Windows miteinander konkurrieren. Die Frage ist, ob sich ein System durchsetzt oder ob verschiedene wie bei den Handys parallel existieren.

In den Kursen ist eine sogenannte «Multichain-Welt» eingepreist, in der mehrere Blockchains für unterschiedliche Bereiche Verwendung finden.

««Die Erlöse in unserem Metaverse gehen zu 100 Prozent an die ­Content-Hersteller zurück.»»

Sébastien Borget, Gründer von The Sandbox

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Bitcoin: Die 88 000-Dollar-Prognose

Mit dem Metaverse und NFTs hat Bitcoin derzeit wenig zu tun. Die Blockchain wird nach wie vor dazu verwendet, Bitcoins ohne Finanzdienstleister via Internet von A nach B zu senden. Eine Bewährungsprobe meisterte die Blockchain mit Bravour: Nachdem China Bitcoin-Mining verboten hatte, packten die Miner ihre Server und wanderten ab, nicht zuletzt in die USA.

Die Leistung des Netzwerks schwächelte nur ein halbes Jahr. Bitcoin ist seither grüner und noch dezentraler.

Für den Kryptoexperten Reto Stiffler ist Bitcoin wie Gold, nur noch nicht voll adaptiert. Mit der Adaption entlang der S-Kurve und Regressionsanalysen ermittelt er für Bitcoin einen fairen Wert. Für Ende 2022 sagt er 88 000 Dollar je Bitcoin voraus, bis Ende 2024 eine weitere Zunahme auf 120 000 bis 130 000 Dollar.

«Je gesättigter der Markt, desto grösser die Bedeutung der Realzinsen», so Stiffler.

Zuletzt setzte die Aussicht auf einige Zinserhöhungen in den USA dem Kurs von Bitcoin stark zu. «Aber die Realzinsen sind so niedrig wie seit den 1940er Jahren nicht mehr und sollten auf Jahre hinaus tief bleiben.»

Viele Faktoren fliessen in den Bitcoin-Kurs ein. Etwa wenn ein Land wie El Salvador oder ein grosser Vermögensverwalter auf die Kryptowährung setzt. «Die Nachfrage von Vermögensverwaltern dürfte in den nächsten Jahren massiv zunehmen», sagt Crypto-Finance-CEO Jan Brzezek.

Es gebe ein extrem grosses Interesse von Family Offices, Banken und zunehmend auch Pensionskassen.

Die investieren in regulierte Produkte. Zuletzt listete Invesco einen Bitcoin-ETF für institutionelle Anleger an der SIX. «Wir rechnen damit, dass Institutionen, die investieren, etwa ein bis zwei Prozent ihrer Portfolios digitalen Vermögenswerten zuweisen», sagt Gary Buxton, Head of ETF EMEA bei Invesco.

«Es braucht auch in Zukunft verschiedene Blockchains für verschiedene Anwendungen», sagt Crypto-Finance-CEO Jan Brzezek. Ähnlich sieht es Yves Longchamp: «Es wird verschiedene Layer-1-Lösungen geben.

Wie bei Migros M-Budget, Migros Classic oder auch Migros Sélection.» Marcus Dapp erklärt es so: «Bei manchen stehen Sicherheit und Dezentralität im Vordergrund, bei anderen geht es eher um tiefere Kosten.»

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So gelte für die diversen Blockchains das «Blockchain-Trilemma». Nicht alle drei Ziele – Dezentralität, Sicherheit und Skalierbarkeit – können gleichzeitig erreicht werden. Daher entscheiden die einzelnen Protokolle darüber, welche Ziele sie priorisieren.

Bewährungsprobe steht an

In einer Welt, in der mehrere Blockchains laufen, machen Projekte wie dasjenige von Gavin Wood besonders Sinn. Mit seiner Blockchain Polkadot können Blockchains miteinander kommunizieren.

Stiffler ist bezüglich einer Multichain-Welt skeptisch. «Der Wert der meisten dieser Betriebssysteme wird wohl gegen null gehen. Ethereum, Solana als eine Art Linux und Polygon als Layer  2 dürften bestehen», sagt er. Ethereum bleibe ein Luxusprodukt mit hohen Margen.

Solana zählt allerdings nicht zu den Favoriten. Die Blockchain brauche unglaublich viele Transaktionen, um den aktuellen Preis zu rechtfertigen. Mache Ethereum Umsätze von 50 Millionen am Tag, erzielten rivalisierende Projekte solche Erlöse in einem ganzen Jahr. «Da ist viel Fantasie drin», sagt Stiffler. Die Plattformen müssen sich erst bewähren.

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Erst wenn wie erhofft viele Entwickler auf die Plattformen kommen, zeige sich, ob die Skalierbarkeit so gross sei wie versprochen.

««Ethereum bleibt ein Luxusprodukt mit hohen Margen.»»

Angesichts der zahlreichen Smart-Contract-Plattformen hat der Anleger die Qual der Wahl. Wer eine aussichtsreiche finden will, muss laut Dominic Williams, Gründer und Chief Scientist der Dfinity Foundation, das Hintergrundrauschen der zumeist begeisterten Community ausschalten und sich auf die Fundamentaldaten fokussieren. So können vielversprechende Plattformen nicht über Nacht entstehen.

Gute Projekte zu entwickeln, dauert. «Schauen Sie, wie lange die R&D-Projekte schon laufen und wer dabei ist», rät Williams. Für eine grobe Selektion reiche schon der Blick auf das technische Team: «Bei 98 Prozent der Projekte ist kein Kryptograf dabei.» Für Plattformen, die sich der Blockchain-Technologie bedienen, sind das denkbar schlechte Voraussetzungen.

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Als Ex-CTO von Ethereum bringt Polkadot-Gründer Gavin Wood einen beeindruckenden Leistungsausweis mit. Gemäss dem Briten ist es für den Einstieg in die Kryptowelt noch nicht zu spät: «Das Kryptozeitalter befindet sich noch am Anfang, etwa dort, wo sich das Internet um 1993 befand, als sich gerade E-Mails verbreiteten und nicht Google, sondern Altavista die Suchmaschine war.

Es gibt noch viel zu entdecken.» Anlegern, die ein langfristiges Engagement suchen, rät er, nach Projekten Ausschau zu halten, die Plattformen bauen, auf denen nicht die Produkte von heute, sondern jene von morgen laufen.

Über die Autoren
Erich Gerbl

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