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Turmhoch gepokert

Dank Wirtschaftshausse und tiefen Zinsen erlebte der US-Immobilienmarkt einen Boom. Doch seit sich Amerika in einer Rezession befindet, gibt es erste Anzeichen der Schwäche. Viele Banken suchen den vorzeitigen Ausstieg.

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  • Im dritten Quartal 2001 erreichte die Eigenheimquote in den USA mit 68,1 Prozent ein neues historisches Hoch. Wurden 1994 noch durchschnittlich 650 000 Einfamilienhäuser pro Monat abgesetzt, stieg diese Zahl bis 2001 auf rund 900 000 Einheiten. Die Steigerungsrate lag deutlich über derjenigen des Bevölkerungswachstums (25 Prozent).
  • Mit einem Haus oder einer Eigentumswohnung liess sich streckenweise mehr Profit herausschlagen als an den Börsen. Gemäss dem Home Price Index der Federal Home Loan Mortgage Corporation («Freddie Mac») stieg der durchschnittliche Wert eines Hauses zwischen 1996 und 2001 jedes Jahr um 6,6, in den Städten an der Nordostküste gar um 9,3 Prozent. Selbst während der Börsenbaisse ging die Preisinflation ungehindert weiter. So verteuerten sich Häuser in den Metropolen Boston, New York, Los Angeles und San Francisco im letzten Jahr um durchschnittlich zehn bis zwölf Prozent. Wer im Spätsommer 2000 im kalifornischen Santa Barbara ein Haus kaufte und es ein Jahr später wieder verkaufte, löste Traumprofite von 35 Prozent und mehr.
  • Der Wirtschaftsboom heizte auch dem kommerziellen Bau kräftig ein. Zwischen 1995 und 2000 hatten sich der Büro- und der Hotelbau in den USA wertmässig mehr als verdoppelt. Einen vergleichbaren Anstieg hatte es letztmals in der Periode 1980 bis 1985 gegeben.
  • Mit dem Boom kamen auch die Schulden. Gemäss der Vereinigung der amerikanischen Hypothekarbanken, der Mortgage Bankers Association, haben sich die landesweiten Hypothekarschulden auf den Einfamilienhäusern zwischen 1995 und 1999 auf 730 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Ende der Neunzigerjahre erreichte das Verhältnis der Verschuldung zum Immobilienwert im Eigenheimsektor mit 79 Prozent einen neuen Höchststand.
    Waren die stetig steigenden Preise der jüngsten Vergangenheit für die Financiers pures Gold, weil sich dadurch das Finanzierungsrisiko stetig verminderte, lässt die Rezession nun wenig Gutes erwarten. Zwar präsentiert sich der amerikanische Immobilienmarkt im Vergleich zum Rest der US-Wirtschaft immer noch in erstaunlich robuster Verfassung. Doch je länger die Rezession dauert, desto deutlicher wird, dass das Massensterben der Internet- und Telekommunikationsfirmen, die Energiekrise in Kalifornien und die Misere im verarbeitenden Gewerbe die Leerstandsquoten langsam steigen und die Preise sinken lassen. Unter dem Druck des Börsencrashs, der Gewinneinbrüche und Massenentlassungen steigt die Zahl derer, die ihre Schulden nicht mehr bedienen können oder wollen. In der Branche häufen sich die Hiobsbotschaften:
  • Als der texanische Energiemulti Enron im Winter 2001 den Abbau von 4000 Stellen bekannt gab, wurden in Houston auf einen Schlag mehrere Hunderttausend Quadratmeter Bürofläche frei. Ein 40-Etagen-Hochhaus, das ursprünglich für Enron-Mitarbeiter geplant war und voraussichtlich im Februar 2002 fertig gestellt sein wird, droht nun zur grössten Bauruine der Stadt zu werden.
  • Rund ein Drittel der im letzten Jahr in Verzug geratenen Kredite ging auf das Konto der Hotellerie, die mit einem Einnahmenausfall von 8,6 Milliarden Dollar nach der Luftfahrt am stärksten unter Wirtschaftsflaute und Terrorangst leidet. Eines der prominentesten Opfer ist das Hotel- und Kasinounternehmen Trump Atlantic City Associates, das im vergangenen Oktober die Zinszahlungen auf Hpyothekaranleihen im Wert von über 1,5 Milliarden Dollar einstellen musste.
  • Die Rezession zwingt auch immer mehr Haushalte in die Knie. Ende vergangenen Jahres stieg der Anteil der säumigen Hypothekarschuldner auf 4,87 Prozent – den höchsten Stand seit 1991. Bei der MGIC Investment Corporation, einem der grössten Hypothekarversicherer der USA, stieg der Anteil der Not leidenden Kredite im letzten Jahr von 2,58 auf 3,46 Prozent an.
  • Erstaunliches zu Tage gefördert hat eine Studie der US-Maklerfirma CB Richard Ellis über die Auswirkungen des Attentats aufs World Trade Center in New York. So hätten sich die Erwartungen, dass die Zerstörung von rund 2,8 Millionen Quadratmetern Bürofläche zu einer Reduktion der Leerstandsquote in New York führen würde, nicht erfüllt. Im Gegenteil: Ende September lag diese mit 8,1 Prozent sogar um rund einen Prozentpunkt höher als per Ende August. «Viele Firmen sind in Hotels oder in umliegende Städte gezogen», begründen CB Richard Ellis das Phänomen.

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