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Gegen den Trend anlegen birgt ein hohes Risiko – wie auch hohe Gewinnchancen. Drei Valoren sind besonders reizvoll, erfordern aber auch Geduld.
Frank Goldfinger
Kein Grund zur Besorgnis: Swatch-Chef Nick Hayek (r.) und Richemont-Präsident Johann Rupert dürften das Schlimmste bald überstanden haben.
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Seit dem Corona-Crash haben viele Aktien die Kursverluste zu einem guten Teil wettgemacht. Doch lange nicht alle vermochten sich zu erholen. Gute Einstiegschancen für Contrarians: Sie handeln antizyklisch, investieren also in Aktien, die sonst kaum jemand will und die entsprechend billig sind. Diese Anlagestrategie bedingt hohe Risikobereitschaft, finanziellen Schnauf sowie viel Geduld. Doch wenn die Spekulation aufgeht, sind die Gewinne enorm.
Reizvoll für Antizykliker sind die Valoren von Swatch Group und Richemont. Kein Wunder, steht die Uhren- und Schmuckbranche doch schon seit Längerem unter Druck. Die Pandemie hat die Situation noch verschärft – 2020 wird zum Katastrophenjahr. Die Bank Vontobel rechnet bei den Uhrenexporten mit einem Rückgang von rund 25 Prozent.
Die Corona-Krise sei, so Richemont-Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident Johann Rupert (69), wie ein Tsunami über die Branche hereingebrochen. Dabei ist das per Ende März abgeschlossene Geschäftsjahr 2019/20 des Genfer Uhren- und Schmuckkonzerns über weite Strecken recht gut verlaufen. Das Schlussquartal jedoch hat vor allem die Ertragslage verhagelt. Weitaus desaströser fallen die Zahlen für April und Mai aus; der nächste Quartalsausweis wird manchen Aktionär erschrecken.
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Nicht viel besser ergeht es Swatch. Der Uhrenkonzern liefert zwar keine Quartalsberichte. Doch es ist klar, dass die Corona-Pandemie auch hier grosse Löcher in Umsatz und Ertrag gefressen hat. Ein Lichtblick liefert China: Im «Blick» meinte Konzernchef Nick Hayek (65), dass der April in diesem Markt ein Verkaufsplus von 24 Prozent brachte. Angesichts dieser Probleme ist es kein Wunder, dass die Aktien beider Unternehmen zu den Kellerkindern der Börse zählen. Seit Juli 2019 büssten die Valoren je rund 40 Prozent an Wert ein.
Die Schweizer Uhrenindustrie tritt in ein neues Zeitalter ein. Die Einbrüche der Corona-Krise sind erst der Anfang. Mehr dazu lesen Sie hier.
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Die Uhrenbranche erlebt den grössten Einbruch seit 50 Jahren. Immerhin dürfte die schlimmste Zeit bald ausgestanden sein. Die Verkäufe werden über die kommenden Monate leicht anziehen. Frühestens für das übernächste Jahr darf eine Rückkehr zum Business as usual erwartet werden. Die Durststrecke bringt Swatch und Richemont kaum gross in Bedrängnis: Beide Unternehmen sind solide finanziert, verfügen über ein dickes Cash-Polster, berühmte Marken sowie eine erstklassige Marktposition.
Das eröffnet langfristig denkenden und risikobereiten Anlegern Chancen. Wer sich darauf einlassen will, sollte mit dem Einstieg zuwarten; die Aktien dürften im Juli nach Veröffentlichung der Resultate noch billiger zu haben sein.
Jahrelang glänzte Straumann mit hohen Wachstumsraten, zwischen 2016 und Februar 2020 hat sich der Kurs mehr als vervierfacht. Dann kam der Corona-Crash. Trotz der darauf folgenden Erholung notieren die Titel immer noch 30 Prozent unter ihrem Höchstpreis.
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Der Absturz kann nicht verwundern, denn der weltgrösste Dentalimplantatehersteller bekommt die Pandemie mit voller Wucht zu spüren. Im laufenden Quartal dürften Umsatz und Ertrag abstürzen. Die Nachfrage nach Zahnimplantaten ist zusammengebrochen. Alleine im April sackte der Umsatz um 70 Prozent ab. Dieses Jahr kann Straumann abhaken.
Mit der Straumann-Aktie liess sich in den letzten Jahren viel Geld verdienen. Doch nun krankt sie an einer mysteriösen Kursschwäche. cash.ch begibt sich auf die Suche nach den Gründen. Mehr dazu hier.
Guillaume Daniellot (50), erst seit Kurzem Chef des Medizinaltechnikkonzerns, hat Sparmassnahmen eingeleitet, um den Einbruch etwas aufzufangen. Ausserdem sollen insgesamt 660 Stellen gestrichen werden, beinahe jede elfte. Davon nicht betroffen sind zentrale Projekte in Forschung und Entwicklung. Damit behält das Basler Unternehmen seine hohe Innovationskraft.
Das Geschäft dürfte erst 2021 wieder anziehen, im Jahr darauf sollte der Konzern zu alter Ertragsstärke zurückfinden. Für 2022 stellt sich das – grob geschätzte – Kurs-Gewinn-Verhältnis auf 22. Die Aktien sind für Contrarians attraktiv. Doch auch hier gilt: In absehbarer Zeit dürften die Titel noch günstiger zu haben sein.
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Besonders schwer getroffen von der Pandemie ist der Flughafen Zürich. Da geht praktisch nichts mehr; im April brachen die Passagierzahlen um 99 Prozent (sic!) ein. Nicht viel besser sieht es im Mai aus: Frequenzen wie in den fünfziger Jahren, urteilt Flughafenchef Stephan Widrig (47). Der monatliche Verlust bewegt sich im tiefen zweistelligen Millionenbereich. Eine Belebung ist erst ab Juni zu erwarten. Doch auch in den Folgemonaten wird der Flugverkehr nur zögerlich anziehen. Es wird viel Zeit vergehen, bis das Unternehmen wieder in alter Frische aufblüht.
Die Luftfahrt ächzt unter Corona. Das Interview mit Flughafen-CEO Stephan Widrig über den Stillstand, Hygiene und das Geld lesen Sie hier.
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Der Flughafenbetreiber gibt sich zurückhaltend, was die Zukunft betrifft. Vorsorglich wurde die Dividende gestrichen. Das gibt dem Unternehmen, das finanziell solide dasteht, zusätzlich Spielraum für die Zukunft – und die bleibt auch nach Corona schwierig. So verzögert sich das Projekt «The Circle». Auch die Auslandsaktivitäten leiden. Und die Senkung der Flugbetriebsgebühren um 15 Prozent drückt zusätzlich auf den Ertrag.
Die Gewinnschätzungen der Analysten fallen unterschiedlich aus. Einig ist man sich darin, dass erst ab 2023 wieder Erträge wie im vergangenen Jahr anfallen werden. Die Aktien, die seit Anfang Jahr 35 Prozent verloren, sind für risikofreudige Investoren spannend, benötigen jedoch einen sehr langen Schnauf.
Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch
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